Hart verVOLKt

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Von Ramona Ambs

Kürzlich traf ich bei einer Nachbarschafts-Party auf eine Frau, die, als ich sie nach ihrem Beruf fragte, nebulös antwortete, sie sei im Bereich Völkerverständigung tätig. Da sie mir nicht sonderlich diplomatisch vorkam, fragte ich sie weiter, was sie denn konkret tue und sie erzählte, dass sie für eine Stiftung arbeite und auf verschiedenen Messen für die Förderung internationaler Gesinnung, der Toleranz auf allen Gebieten der Kultur und des Gedankens der Völkerverständigung werben würde. Was so schön klang wurde rasch zum Horrortrip, als sie ohne weiteren Anlass auf Israel zu sprechen kam, den kolonialen Apartheidstaat und seine Greueltaten…

Seither ist der Begriff Völkerverständigung für mich auf die Liste der Wörter gerutscht, bei deren Erwähnung man möglichst rasch das Weite suchen sollte…

Dabei ist der Begriff Völkerverständigung in gewisser Weise ein Klassiker, denn das Wort „Volk“ ist eigentlich ein in allen seinen Variationen und seit endlosen Zeiten ein Begriff, der gegen Juden eingesetzt wurde.

Einst musste die arische Volksgemeinschaft vor uns Volksschädlingen beschützt werden.  Der deutsche Volkskörper musste sich von den Juden befreien, um wieder arisch rein werden zu können… Kurz: das völkische Denken war eher suboptimal für uns….

Kurz danach hieß es „Wir sind das Volk“, was ein „Ihr seid es nicht“ inkludierte, was auch dann den ein oder anderen antisemitischen Anschlag zur Folge hatte…

Heute sind es wahlweise der Bevölkerungsaustausch, also den Austausch der germanischen Honks durch fremdländische Monks, die man uns Juden unterstellt, oder ein bis zwei Völkermorde, die Israel angeblich begeht…

Der neuste geile Scheiß ist das Völkerrecht, dass wir angeblich brechen und weswegen wir für die Weltgemeinschaft eine echte Gefahr darstellen. Außerdem sind wir Volksverhetzer, zumindest behaupten dies einige Kommentatoren über Maxim Biller, dessen erst publizierte und dann depuplizierte Polemik ganz offenbar das gesunde Volksempfinden stört, weil er mit seinen Buchstaben einen entzündeten Enkel-Nerv getroffen hat… Da tobt natürlich der versammelte Volkszorn im Internet!

Wann immer ich also etwas von und mit „Volk“ höre, wird mein Fluchtreflex aktiviert… aber immerhin versteh ich langsam, warum der Begriff Volk im hebräischen mal goy und mal am ist. Und dass goy mittlerweile einen pejorativen Klang hat, -nun- how to say it?- das hat man sich redlich verdient.

1 Kommentar

  1. Wort für Wort gelesen & mitgelitten, danke dafür!
    Auffällig, diese völkische Berufung auf ein nicht klar definiertes Rechtsgut im Vergleich diverser sozialer Felder und Hierarchien:
    (1) „Kleine Leute“ und moralisierende Spiesser begnügen sich fern des realen Kriegsgeschehens damit, die grossformmatigen Slogans der favorisierten Agenturen mit den anscheinend unbezwingbaren Worten „Völker“ sowie deren „Rechte“ nachzuplappern und im übrigen Heimat-Tümelei zu pflegen, wo Juden oder gar Israelis ausgeschlossen sind.

    (2) Die in den westlichen Medieninhalten dominanten Befürworter und Unterstützer der Märtyrer-Brigaden massen sich an, im Namen einer fiktionalen arabischen Volksfront die Kriegführung mit Geiselmorden bzw. menschlichen Schutzschilden als notwendiges Opfer zu propagieren und sich darob bejubeln zu lassen.

    (3) Theokratische Führer erlassen im Namen der von ihnen unterjochten Gesellschaften bzw. einer anzustrebenden Weltherrschaft Mordaufrufe plus ballistische Geschosse gegen Israel als Symbol des verhassten Westens – mit ebenderselben faschistischen Ideologie von „Völkern“ und „Recht“.

    ∑ – So abgedroschen es anmuten mag:
    Das integrale Element all dieser völkischen Anmassungen in den jeweiligen Milieus, zugleich das psychosoziale movens für die Satisfaktion, die Schadenfreude und das Vergnügen des Antisemitismus entspricht durchgängig dem Muster, das Adorno 1951 in seiner Studie über die Charakteristik der ‚Volksgemeinschaft‘ beschrieben hatte.
    https://drive.google.com/file/d/1Zatlc45iSyfsEEdEWyHSWcF3SNKhjYUD/view
    1942 wurde daraus logischerweise, so ein NS-Protagonist, die ‚Wehrgemeinschaft‘ – und als Ableger dieses Produkts könnte die heutige Entrüstungsgemeinschaft einzustufen sein, die sich heute – so besessen und borniert wie einst – wenig an iranischer plus jihadistischer Kriegführung, umso heftiger dagegen an israelischen Verletzungen des Völkerrechts zu stossen pflegt.

    In einer (noch) nicht umkämpften Randzone bleibt wohl nur, dieses Völkische zu kennen, sich davon ab- und dorthin zu wenden, wo schon etwas mehr Übung in der Gegenwehr entwickelt wurde, um womöglich dort „das Rettende“ zu finden…