Das Linke Bündnis gegen Antisemitismus München (LBGA) veröffentlichte einen Artikel, in dem es eine auf den 14. Mai 2025 angesetzte Veranstaltung der Jungen Union (JU) München Nord mit dem Publizisten Thilo Sarrazin kritisiert. Dass ausgerechnet in München, der ehemaligen „Hauptstadt der Bewegung“, in der sich heute die größte jüdische Gemeinde mit einer Shoa-Überlebenden als Präsidentin befindet, die JU München Nord einem solchen unserer Auffassung nach rechtsextremen Akteur eine Plattform bietet und die CSU – in Bayern die Regierungspartei – diese Veranstaltung auch noch bewirbt, ist nicht nur besorgniserregend, sondern auch eine Schande und konterkariert alle Aussagen bezüglich des Schutzes jüdischen Lebens, ist im Artikel zu lesen.
Begründet wird diese Einschätzung mit dem Verweis auf die Mediendebatte, die Sarrazins Buch „Deutschland schafft sich ab“ bei seiner Veröffentlichung 2010 ausgelöst hat, das vielfach als rassistisch und eugenisch aufgefasst wurde, sowie mit der Nähe Sarrazins zur extremen Rechten, die das LBGA u. a. an häufigen Interviews für die Szenezeitung „Junge Freiheit“ festmacht. Unserer Auffassung nach ist Sarrazin wegen der von ihm verbreiteten Inhalte und seines persönlichen Netzwerks selbst als rechtsextremer Akteur aufzufassen, heißt es im Artikel weiter.
Das LBGA fokussiert sich in seinem Artikel auf Aussagen Sarrazins, die als antisemitisch klassifiziert werden. Dazu zählt nicht nur seine 2010 in der Berliner Morgenpost getätigte Äußerung, dass „[a]lle Juden […] ein bestimmtes Gen“ teilen würden, was damals Kritik des Zentralrats der Juden evozierte. Vielmehr werden Stellen aus seinem Buch beanstandet, in denen Jüdinnen*Juden eine höhere Intelligenz aus genetischen Gründen unterstellt wird. Das LBGA macht darauf aufmerksam, dass sich Sarrazin dabei ausdrücklich auf den rechtsextremen Evolutionspsychologen Kevin MacDonald bezieht, der dieselben Thesen vertritt, eine jüdische Verschwörung zur Umvolkung der US-amerikanischen Bevölkerung postuliert und dabei als eine Art Stichwortgeber für die extreme Rechte der USA fungiert. Das Stereotyp einer genetisch bedingten höheren Intelligenz der jüdischen Bevölkerung reicht historisch bis ins 19. Jahrhundert zurück und wurde im Kontext des damals virulenten biologischen Rassismus entwickelt, konkludiert das LBGA. Auch der Nationalsozialismus imaginiere das Judentum als eine überlegene, gefährliche und mächtige Verschwörung, für das er radikale Lösungen gefunden hätte, heißt es weiter. In der Anfang des Jahres erschienenen kommentierten Neuausgabe von Sarrazins Buch wären die vom LBGA beanstandeten Stellen nicht abgeändert worden. Offenkundig haben sich seine Vorstellungen von der genetisch bedingten jüdischen Intelligenz bis heute nicht geändert, schlussfolgert der Artikel.
Der Artikel des LBGA ist hier einsehbar.