Es war die Reise mit einem Containerschiff, die zum Schicksal eines vergessenen Gegners des NS-Regimes, nichtjüdischen Zionisten und Retters polnischer Juden führte.
„Der deutsche Kapitän Gustav Pietsch (1893–1975) aus der ehemaligen Freien Stadt Danzig, Veteran der Kaiserlichen Marine und in seiner Jugend noch deutschnational eingestellt, habe sich 1933 geweigert, in die NSDAP einzutreten, 1935 den Schutz der Danziger Synagoge durch 150 nichtjüdische Veteranen organisiert und sei nach seinem vergeblichen politischen Kampf gegen die Danziger Nationalsozialisten im benachbarten polnischen Gdynia im Auftrag der Jewish Agency/Maritime Department als Ausbilder an der ersten und weltweit einzig gebliebenen zionistischen Seefahrts- und Fischereischule (Hachschara) tätig gewesen. Damit sei er zum Retter von 400 polnischen Juden geworden. Ende 1938 hätte er selbst ins britische Mandatsgebiet Palästina fliehen müssen, dort zu den Gründern des ersten Fischerei Kibbuz Neve Yam gehört und wäre 1958 als erster nichtjüdischer Hafenverwalter in Eilat tätig gewesen, bis er 1961 vom Berliner Senat als »Unbesungener Held« geehrt worden- und schließlich nach Australien ausgewandert sei.
Dieser Eintrag las sich faszinierend. Aber kann man dem Internet trauen? Wurde hier ohne Quellenbelege eine Heldenlegende gestrickt? Was war hier Dichtung und was Wahrheit?“
Die Historikerin Susanne Zeller ging in israelischen, polnischen und deutschen Archiven den Spuren dieses „unbesungenen Helden“ nach. In einer Buchreihe der Berliner „Gedenkstätte Deutscher Widerstand“ trug sie in ihrem neuen Buch die Puzzlesteine eines ungewöhnlichen Schicksals zusammen.
Susanne Zeller, Der Unbeugsame. Der Seemann Gustav Pietsch im Widerstand gegen das NS-System in der Freien Stadt Danzig und Polen, Lukas Verlag Berlin 2025; ISBN 978-3-86732-467-0, Bestellen?