Digitale, partizipative Erinnerungsformate wirken

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Zehntausende Freiwillige machen bei dem Projekt #everynamecounts mit, Foto: Arolsen Archives

Digitale und partizipative Projekte wie #everynamecounts können das Engagement für Gedenkprojekte, Demokratie und Menschenrechte nachhaltig fördern. Das bestätigt erstmals eine neue wissenschaftliche Studie, durchgeführt von Forschenden der Hertie School und des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung (WZB) in Zusammenarbeit mit den Arolsen Archives.

Im Mittelpunkt der Untersuchung steht das Crowdsourcing-Projekt #everynamecounts der Arolsen Archives, bei dem Freiwillige Informationen über NS-Opfer digitalisieren. Das zentrale Ergebnis: Wer aktiv mitarbeitet, zeigt deutlich mehr Bereitschaft, sich gesellschaftlich zu engagieren – besonders im Kampf gegen Antisemitismus.

In zwei randomisierten Studien mit rund 1.500 Teilnehmenden verglichen die Forschenden
die Wirkung aktiver Projektarbeit mit reiner Informationsvermittlung. Aktiv Teilnehmende waren nach Projektabschluss stärker motiviert, Initiativen zu unterstützen, Petitionen zu unterschreiben und mehr zu spenden.

Vertrauen in Wirksamkeit und langfristiges Engagement

„Unsere Ergebnisse belegen das Potenzial partizipativer Ansätze im Vergleich zu traditionellen Methoden, die sich auf reine Informationsvermittlung konzentrieren. Sie stärken das Vertrauen in die eigene Wirksamkeit – ein zentraler Motor für bürgerschaftliches Engagement“, erklärt Studienkoordinatorin Prof. Ruth Ditlmann von der Hertie School. Die Studie verdeutlicht zudem, dass partizipative Erinnerungsarbeit das Vertrauen in die eigene Handlungsfähigkeit stärkt – ein entscheidender Faktor für anhaltendes gesellschaftliches Engagement. Teilnehmende berichteten, dass sie durch ihre Mitarbeit das Gefühl entwickelten, aktiv zur Bewahrung des Gedenkens und zum Aufbau einer offenen Gesellschaft beizutragen.

Erinnerungsarbeit fördert breites historisches Bewusstsein

Floriane Azoulay, Direktorin der Arolsen Archives, betont: „Die aktive und niedrigschwellige Einbindung von Menschen in digitale Erinnerungsprojekte ist uns extrem wichtig. Die Studie zeigt nun sogar: Wenn Menschen sich bei #everynamecounts engagieren, entsteht eine kollektive und wirkungsvolle Gedenkarbeit, die in dieser Form bisher nicht möglich war – persönlich und gleichzeitig global verbunden und mit anderen im Austausch. Das bietet Raum für Reflexion und Erfahrung und zeigt Wege zum Handeln auf.“

Darüber hinaus zeigt die Studie, dass die Auseinandersetzung mit der NS-Verfolgung auch das Bewusstsein für andere historische Ungerechtigkeiten – wie Kolonialverbrechen – stärken kann. Dies steht, zumindest auf der individuellen Ebene, im Gegensatz zur Annahme, Erinnerungsarbeit sei ein Nullsummenspiel, bei dem unterschiedliche Gedenkanlässe um Aufmerksamkeit konkurrieren.

Die vollständige Studie „Participating in a Digital-History Project Mobilizes People for Symbolic Justice and Better Intergroup Relations Today“ von Ruth Ditlmann, Berenike Firestone und Oguzhan Turkoglu können Sie hier lesen. Gefördert wurde das Projekt von der Volkswagen Stiftung.

Über die Arolsen Archives
Die Arolsen Archives sind das weltweit größte Archiv zu den Opfern und Überlebenden des Nationalsozialismus. Die Sammlung mit Hinweisen zu rund 17,5 Millionen Menschen gehört zum UNESCO-Weltdokumentenerbe. Sie beinhaltet Dokumente zu den verschiedenen Opfergruppen des NS-Regimes und ist eine wichtige Wissensquelle für die heutige Gesellschaft.

Mehr unter: arolsen-archives.org und everynamecounts.arolsen-archives.org