Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma erinnert anlässlich des „Internationalen Holocaust-Gedenktags“ an die 500.000 von den Nationalsozialisten ermordeten Sinti und Roma Europas und alle Opfer der Terrorherrschaft des Naziregimes. Die Gedenkveranstaltung des Zentralrats Deutscher Sinti und des Dokumentations- und Kulturzentrums Deutscher Sinti und Roma inklusive Kranzniederlegung findet am 31. Januar am Denkmal für die ermordeten Sinti und Roma Europas in Berlin statt.
Romani Rose sagte: „Die Erinnerung an den Holocaust ist 79 Jahre nach der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz heute umso wichtiger, nachdem rechtsnationale Netzwerke und neue Nazis wieder Umsturzpläne schmieden. Bei den wenigen Überlebenden des Holocaust an unserer Minderheit löst es Fassungslosigkeit und Sorge aus, wenn bekannt wird, dass Nationalisten und Rechtsextremisten wie zuletzt in Potsdam wieder konspirative Pläne für massenhafte Deportationen auch deutscher Staatsbürger schmieden.“
Hier seien die Gesellschaft und die Politik aufgefordert, Verantwortung zu übernehmen, die Demokratie und den Rechtsstaat zu verteidigen und den Rechten nicht wieder unsere Zukunft zu überlassen. Der Zentralrat begrüße es, dass fast eine Million Menschen in den vergangenen Wochen auf die Straße gegangen seien. Dies habe bewiesen, dass die Menschen in Deutschland sich gegen die wieder aufkommenden nationalistischen Fantasien eines völkischen Staates der neuen Nazis stellten. Davon gehe ein wichtiges Signal in die europäischen Nachbarländer aus, dass Demokratie und Rechtsstaat in Deutschland gefestigt seien. Die Bedrohung des äußeren und inneren Friedens werde von der großen Mehrheit der Bevölkerung ernst genommen.
Der Zentralrat unterstrich: „Ein gemeinsames Erinnern an die Schrecken der nationalsozialistischen Diktatur hat eine hohe Bedeutung für den Schutz unseres Rechtsstaats. Die lebendige Erinnerungskultur ist ein starkes Zeichen für eine wehrhafte Demokratie, die aus dem Bewusstsein über ihre Vergangenheit entschlossen ist, die Würde aller Menschen in Gegenwart und Zukunft mit allen rechtsstaatlichen Mitteln zu verteidigen.“
Rose rief dazu auf, aufmerksam und engagiert für die Werte des Grundgesetzes einzutreten und ein weiteres Erstarken des radikalen Nationalismus zu verhindern. Daher sei es auch zu begrüßen, dass die Demokratie nicht bereit sei, mittels Parteienfinanzierung diejenigen zu unterstützen, die sich gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung wenden.
Renaldo Schwarzenberger, der Vorsitzende des Zentralrats der Jenischen, einer lange verleugneten Opfergruppe des Nationalsozialismus, die weiterhin nicht als nationale Minderheit in Deutschland anerkannt ist, erklärte in seiner Rede die Bedeutung des Minderheitenschutzes für eine funktionierende Demokratie: „Es ist wichtig, die Demokratie zu schützen und die Minderheiten unter dem Schutz der Demokratie zu wissen. Die Bedeutung des Minderheitenschutzes wird besonders deutlich, wenn er nicht gegeben ist, so wie bei uns Jenischen.“
Zum Abschluss wies Prof. Dr. Andreas Nachama, der langjährige Vorsitzende der Allgemeinen Rabbinerkonferenz Deutschland, auf die zahlreichen Gemeinsamkeiten in der Geschichte von Jüd*innen und Sinti und Roma hin: „Juden und Roma und Sinti teilen viele gemeinsame Erfahrungen – nicht nur die Schoa, der jeweilige Versuch der Ermordung ihres Volkes. In der europäischen Geschichte waren Roma und Sinti genauso wie die Juden immer „die Anderen“ – die „Fremden“, auch wenn sie schon seit Jahrhunderten hier lebten, mitunter sogar noch vor den jeweiligen Völkern, die das Land dann als ihre Heimat beanspruchten.“
Bild oben: Denkmal für die ermordeten Sinti und Roma Europas, die steinerne Stele in der Mitte erinnert in der Draufsicht an den KZ-Wimpel; Foto: Zentralrat Deutscher Sinti und Roma