„Feibelmann muss weg“

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Die sehr sehenswerte Ausstellung „Feibelmann muss weg. Ein antisemitischer Vorfall aus der schwäbischen Provinz“ im Jüdische Museum Augsburg Schwaben wird bis zum 29. Oktober 2023 verlängert.

Jakob und Irma Feibelmann, Memmingen ca. 1932. © Amira Korin

Die Ausstellung zeigt auf, dass der Antisemitismus nach der nationalsozialistischen Machtübernahme nicht allein von Berlin ausging. Auch persönliche Antipathien spielten weiter eine wichtige Rolle. Durch sie entwickelten die antijüdischen Maßnahmen auf lokaler Ebene eine eigene Dynamik. Die Ausstellung erinnert beispielhaft an die Geschichte Jakob Feibelmanns. Der Memminger Kaufmann wurde ab 1933 mit anonymen Drohschreiben überschüttet, die ihn massiv anfeindeten und zur Emigration drängten. Als die Hetzkampagne 1934 immer unerbittlicher wurde, sah sich Feibelmann gezwungen, Memmingen zu verlassen. Er flüchtete mit seiner Familie nach Palästina und nahm die Drohschreiben mit, die er als Beweismittel gesammelt hatte.

In der Ausstellung sind Reproduktionen erhaltener Briefe und Postkarten zu sehen. Sie führen nicht nur den Hass und die Drangsalierungen vor Augen, denen Jakob Feibelmann permanent ausgesetzt war. Gleichzeitig zeigen sie auch exemplarisch die Mechanismen auf, mit denen Jüdinnen und Juden nach dem Beginn der NS-Gewaltherrschaft vielerorts ins Exil getrieben wurden. Die Ausstellung verschränkt deshalb die Täter- und Opfergeschichte. Sie nimmt sowohl die Urheber*innen der Drohschreiben, deren Motive und mögliche Mitwisser*innen in den Blick, als auch die Auswirkungen der Hassbotschaften auf das Leben von Jakob Feibelmann. Schließlich werden auch der lange Weg bis zur Aufarbeitung des Falls und Feibelmanns mühevolle Wiedergutmachungsverfahren thematisiert. Ziel der Ausstellung ist es, die Debatte über die lokalen Anfänge der nationalsozialistischen Judenverfolgung um neue Perspektiven zu erweitern und eine stärkere Auseinandersetzung mit NS-Täterschaft und Mitläufertum anzuregen.

Jakob und Irma Feibelmann auf ihrem Hof in Nahalat Yitzhak bei Tel Aviv, späte 1930er Jahre. © Amira Korin

Anlässlich der Verlängerung finden weitere Veranstaltungen im Rahmenprogramm zur Ausstellung statt. Am 18. Oktober ist Staatsanwältin Teresa Ott zu Gast. Seit 2022 ist sie die Hate-Speech-Beauftragte der Bayerischen Justiz. Bei der Veranstaltung „Die Macht der Worte – gemeinsam gegen Hate Speech im Netz“ wird Teresa Ott einen Einblick in ihre Arbeit geben und aufzeigen wie auch Einzelne gegen Hate Speech aktiv werden können. Bis Ende Oktober sind zudem mehrere Führungen für Einzelpersonen und eine Führung für Lehrkräfte in Gymnasien und Realschulen geplant.

„Feibelmann muss weg. Ein antisemitischer Vorfall aus der schwäbischen Provinz“ ist eine Wanderausstellung des Jüdischen Museums Augsburg Schwaben in Kooperation mit dem Netzwerk Historische Synagogenorte in Bayerisch-Schwaben.

Ausstellungsort: Jüdisches Museum Augsburg Schwaben, Museumsstandort Ehemalige Synagoge Kriegshaber, Ulmer Straße 228, 86156 Augsburg
Laufzeit: Verlängert bis 29. Oktober 2023
Öffnungszeiten: Donnerstag – Sonntag: 14.00 – 18.00 Uhr
Eintritt: 6,00 € | 3,00 € ermäßigt

Veranstaltungen im Rahmenprogramm zur Ausstellung:

Die Macht der Worte – gemeinsam gegen Hate Speech im Netz
DenkRaum mit Staatsanwältin Teresa Ott
18. Oktober, 19.00 Uhr | Jazzclub Augsburg, Philippine-Welser-Str. 11, 86150 Augsburg

Öffentliche Führungen mit Kuratorin Monika Müller:

• Sonntag, 3. September, 12.00 Uhr im Rahmen des Europäischen Tages der jüdischen
Kultur (keine Führungsgebühr, Spende erwünscht)
• Mittwoch, 11. Oktober, Feierabendführung um 18.00 Uhr
• Sonntag, 29. Oktober, Führung zum Ausstellungsende um 15.00 Uhr
Führungsgebühr inkl. Museumseintritt: 8,00 € | 5,00 € ermäßigt
Anmeldung jeweils bis 15 Uhr am Freitag zuvor unter Tel. 0821-44428717 oder kh@jmaugsburg.de

Führung für Lehrkräfte
• Donnerstag, 21. September, 15.00 Uhr
In Kooperation mit den Dienststellen der Ministerialbeauftragten für die Realschulen und Gymnasien in Schwaben. Anmeldung über das Fortbildungsportal FIBS

Bild oben: Kuratorin Monika Müller bei einer Führung durch die Ausstellung, © JMAS