Heute: Götz Kubitschek, Ellen Kositza & Co.
Von Christian Niemeyer
Götz Kubitschek, die Hauptperson dieser Folge, wurde am 17. August 1970 in Ravensburg geboren. Mehr zu übernehmen aus dem vergleichsweise langen und schockierend häufig aufgerufenen Wikipedia-Artikel über ihn schien mir nicht geboten – nicht, weil erneut „Jergen“ unter den Autoren dieses Artikels mit einem Beitragsanteil von 0,2 % vertreten ist. Sondern weil mir die übrigen 99,8% zwar ganz Okay zu sein scheinen. Aber letztlich vergleichsweise belanglos sind wie diese ganze Figur. Die, wie in Folge VI über Erik Lehnert im Vergleich zu diesem angedeutet, nicht wirklich Anspruch erheben darf auf die Vokabel „Think“ in seinem „Tank“. Und für den ein Wikipedia-Artikel wie der folgende vollkommen ausgereicht hätte:
Kubitschek, Götz (*1970), Bundeswehrsoldat und Reserveoffizier, zusammen mit Dieter Stein bei der Deutschen Gildenschaft, Redakteur von Steins Junge Freiheit (JF) in deren Ressort „Sicherheit und Militär“ K. zwischen 1995 und 1997 publizierte, mit der Folge seiner Entlassung durch die Bundeswehr 2001 wg. „rechtsextremistische Bestrebungen“. Nach einer von zahlreichen Offizieren unterzeichneten Petition wurde K. im April 2002 rehabilitiert, anders als Brigadegeneral Reinhard Günzel von der KSK, der sich für Martin Hohmann eingesetzt hatte und fortan bei der JF publizierte und beim IfS vortrug. (vgl. Dornbusch 2007) Mitbegründer desselben: K. (2000), der 2003 auch den Verlag Antaios sowie die Zeitschrift Sezession aufgebaut hatte. Ab 2013 Distanzierung von Stein und der JF unter Hinwendung K.s zum rechten Flügel (auch der AfD) (vgl. Breuer et al. 2015: 114 f.; Kellershohn 2016: 98 ff.) (s. Glosse Nr. 2)
Verarzten wir, einmal in Schwung, auch noch die Gattin, vergleichbar unverständlich häufig mit ihrem Wikipedia-Artikel aufgerufen und hier in noch kleinerer Münze gewürdigt:
Kositza, Ellen (*1973), geb. Schenke aus Offenbach, eigentl. Kubitschek, Ehefrau von Götz Kubitschek, 1992 Autorin der Jungen Freiheit (JF), aktiv beim Verlag Antaios, nach dem Bruch mit der JF 2014 Redakteurin Sezession. (vgl. Breuer et al. 2015: 114) Mit ihren neu-rechten Buchempfehlungen, u.a. auf YouTube, erweist sie sich, zusammen mit Caroline Sommerfeld, als „antifeministische Botschafterin“ mit Vorlieben für Jack Donovan, und ihren „Lieblings-Deutschtürken“ Akif Pirinçci. (vgl. Heide 2020a: 172 f.; s. Glosse Nr. 2)
Sie, liebe Leser*innen, wissen aus Folge VI, was jetzt kommt? Richtig: Wow! Toll! Kompakt! Informativ! Wo man derlei nachlesen könne? Und Sie wissen auch um meine Antwort: Für das Buch, aus dem ich eben zitierte – das Online-Lexikon als Bestandteil meines Schwarzbuch Neue/Alte Rechte (2021), in zwanzig Folgen dereinst auch hier erschienen[1] –, bot mir Momox soeben 0,15 €; hätte ich – um die Sache etwas abzukürzen – Tristesse Droite (2015) im Angebot, könnte ich glatt 300 € verlangen. Für ein Buch also. dass „FuenfPlusEins“ am 17. April 2016 unter der Headline „Grauenhaft“ per amazon[2] urteilte:
Pseudophilosophisches rechts-verquastes Gefasel völkischer Wirrköpfe.
Ich muss zugeben: Auf diese treffende Umschreibung bin ich fast neidisch – zumal sie jener Kubitscheks von 2015 diametral zu kontrastieren scheint:
Der weitaus größere Teil – mindestens fünfundneunzig Prozent – ist neu-rechter Geist in seiner ganzen Breite und Tiefe. (Kubitschek 2015: 183)
Oder ist dem einen hier nur „Uhl“, was dem anderen „Nachtigall“ ist? Deutlicher: Ist „neu-rechter Geist in seiner ganzen Breite und Tiefe“ letztlich nichts anderes als „pseudophilosophisches rechts-verquastes Gefasel völkischer Wirrköpfe“?
Als Test auf diese These scheint mir Kubitscheks Einordungsversuch von Tristesse Droite geeignet: Keiner, so tönte er 2015 laut, könne nach Lektüre dieses Buches „mehr behaupten, er hätte es nicht wissen können“ – ein Fazit, das tatsächlich, wie die Faust aufs Auge, nur auf ein weiteres Werk in der Buchgeschichte passt: Hitlers Mein Kampf (1925/26), insbesondere die Ausreden jener betreffend, die nach 1945 sich darauf herausreden zu können meinten, sie hätten ja nicht wissen können, was dieser staatenlose Ex-Gefreite mit Deutschland vorhätte. Was also hat Kubitschek, dieser Ex-Bundeswehrsoldat, mit Deutschland vor, dieses Buch als Maßstab genommen? Das mit dem Attribut „Rechtsextremer Irrsinn!“, so Johanna Jung am 21.2.2020[3], schleunigst vom Markt genommen zu werden verdiene.
Ohne hier Thilo Sarrazin zu einem Unschuldslamm erklären zu wollen – aber man muss, um dieses Gerede in Tristesse Droite verstehen zu können, schon einige Etagen tiefer herabsteigen in den völkischen Abgrund. Zurück etwa hin zu Hitlers 50. Geburtstag (1939), als der NS-Schriftsteller Hans Grimm dem „Vorrecht der Auswahl“ das Wort redete und widrigenfalls den Untergang aller an die Wand malte, in den kräftigen Worten des Dichters gesprochen:
Menschenhorden […] entstehen und machen die ratlose Erde häßlich und fressen sie kahl. (zit. n. Loewy 1966: 135)
So ähnlich lauten auch die Klagen Ende 2013 in Schnellroda im Zuge der Inszenierung des Sieben-Personen-Stand-up-Stückes Tristesse Droite, wo eigentlich alle Darsteller ihr Schärflein dazu beisteuern, ihre „Zeitgenossen“ verächtlich zu machen, etwa unter den Vorzeichen des Fremdgewordenseins infolge des Zuwachses im Bereich des Heterogenen.
Beispiele sind hier leicht bei der Hand: Thorsten Hinz setzt das Leitmotiv mit seinem Satz: Wir sind die „Guten“, die anderen, die „Linken, Multikulturalisten, Bewältigungsfanatiker“ sind die „Bösen“ (zit. n. Kositza/Kubtischek 2015)[4]. Und Martin Lichtmesz assistiert:
Wenn ich an die wichtigen Orte meiner Kindheit denke, und mir ansehe, was seitdem alles dazu kam […], ist es immer häßlich, alles reingequetscht, schief unpassend, lieblos.
Und natürlich fehlt Götz Kubitschek nicht mit seinem Spott auf jene
die anfangen, furchtbare Musik zu hören, sich furchtbar zu tätowieren, sich furchtbar zu durchlöchern, und sich im gewissen Sinne auf furchtbare Trips begeben, die aber alle destruktiv sind, Kasteiungen sind.
Einen Tag darauf, Silvester 2013, folgt Kubitscheks bemerkenswert aggressives Porträt eines aus der Gruppe der ‚Bösen‘:
Ob sichtbar mit Ringen und Gehängen und durchschossenen Ohren oder keine Ahnung was, bis hin zur letzten Gülle, die aus dem Maul tropft, wenn sie es öffnen. Und dies alles mit einer frechen, auch auftrumpfenden Arroganz.
Nahtlos anschließbar: Der Spott „auf die drei verrotteten Kinder hier im Dorf […], die alles, was wir hier erwirtschaften in einem Jahr [verbrauchen], dadurch, daß sie mit Taxis in Sonderschulen für Schwererziehbare gekarrt werden.“ Oder? „Oder daß man mit sieben Mann um sie herum sitzt und versucht, sie irgendwie doch auf den rechten Weg zu führen. Dabei wäre das gar nicht so schwierig. Aber die Eltern versagen eben vollständig, weil sie Tag für Tag zu faul sind, das anders zu machen.“ Sieht Kubitscheks Gattin Ellen Kositza übrigens ähnlich; die ihrem Götz manchmal boshaft sage, wenn wir unter Leuten sein müssen:
Aha, für diese Leute kämpfen wir jetzt also, für die haben wir uns den Arsch aufgerissen.
Hinzugerechnet jene, so darf man hier wohl noch ergänzen mit Thorsten Hinz, die namens der „Gleichmacherei“ als Negation der Bildung behaupten, die afrikanische Stammeskunst haben den gleichen Wert wie Casper David Friedrich oder Michelangelo. Denen, so Hinz, müsse man einfach mal ganz frech sagen:
Das stimmt nicht, es gibt eine Hierarchie, und wenn du zu blöd bist, das zu begreifen, bist du nicht wert, mitzureden.
„Nicht wert, mitzureden“ sagt er – in letzter Minute realisierend, dass die Endung „… weiterzuleben“ vielleicht doch etwas zu krass gewesen wäre?
Ich weiß es nicht, ahne aber nun, warum und mit welchen Spätfolgen Ellen Kositza als Neunzehnjährige Julius Langbehn (1851-1907) las, also ein schweres Opfer auf sich nahm zwecks Verhinderung ihrer Einvernahme in den Sprachcode derer, die, so ihr Gatte Götz Kubitschek, „den Weißen […] das Mark aus dem Rücken gesaugt [haben]“, „durch die Menschenrechts- und alle-Menschen-sind-gleich-Ideologie.“ Denn dieses Zieles wegen Langbehn zu lesen, verdient fürwahr, ein schweres Opfer geheißen zu werden, muss man dochr bedenken, dass dieser ‚Rembranddeutsche‘ schlicht schizophren war. Wie eigentlich jedem seiner Sätze aus seinem Longseller Rembrandt als Erzieher (1890) entnehmbar ist bzw. hätte entnommen werden müssen (vgl. Niemeyer 2018a).
Dass Kositza davon nicht erfuhr als Neunzehnjährige, wird man nicht ihr, wohl aber den sie damals Anleitenden zum Vorwurf machen dürfen. So derlei Rede mit Rechten Sinn machte, woran ich arg zweifele. So bleibt nur der Fakt selbst, nämlich dass Kositza diesem ihrem Jugendidol noch 2013 die Treue hielt.
So also sieht sie aus, diese, mit Nietzsche geredet, „blutige Art“ zu lästern sowie die „Begeisterung in der Bosheit“ (IX: 47) Silvester 2013, beim Reden der Neuen Rechten über die „bösen“ Linken, wenn sie sich unter sich wissen.
Eine Rede, deren Neuigkeitswert gegen Null geht, wenn man Sie mit jener des Martin Wiltfeber 1912 vergleicht. Zu welchem der Unschuldsblick des anderen Martin, jenes mit dem angeblichen Nachnamen „Lichtmesz“, passen könnte, den man sich hinzudenken muss zu dessen Bemerkung:
Ich kann auch nichts dafür, wenn sich die letzten Menschen ausbreiten.
Der Topos „letzter Mensch“, als Gegenentwurf zum „Übermenschen“, steht, in völkischer Lesart, für Niedergang und Verfall, den nur ein arischer Übermensch aufhalten kann.
*
Nach diesem ganzen Unsinn habe ich mir wohl das Recht auf ein wenig Rache verdient, oder?
Also: 2014 erschien als Vorabdruck aus Tristesse Droite im neu-rechten Antaios-Theorieorgan Sezession (Nr. 61) folgender Gesprächsauszug aus der Silvestersitzung:
Kositza: Wo sind dann noch Anknüpfungspunkte, wo noch Hoffnung?
Lichtmesz: Es gibt keine irdische Hoffnung mehr.
Lehnert: Irdische oder jüdische?
Lichtmesz: Irdische?
Lehnert: Hab jüdisch verstanden.
Kubitschek: Ich auch, hehe!
Lichtmesz: Ihr seid ja lustig… (zit. n. Kositza/Kubitschek 2015: 159)
Lustig? Dazu fällt mir etwas sehr viel Lustigeres ein. Nietzsche sei mein Zeuge: Eigentlich war ich guten Willens, wollte den Ergüssen vom 31. 12. 2013 ab 16.00 in der Bibliothek Schnellroda zu „Grog und Konfekt“ getreulich Sinn abgewinnen.
Das erste Problem: Martin Lichtmesz hatte die Eröffnungsfrage von Götz Kubitschek, ob er fit sei, mit einer gekonnten Obelix-Parodie, über die sich „Asterix“ (= Björn Höcke; vgl. Kap. 3.3) fraglos gefreut hätte, beantwortet:
Voll [lies: ‚Voll fit‘; d. Verf.]. Bin vorhin durch den Wald gejoggt, habe ein Wildschwein gerissen, mit bloßen Händen. (Kositza/Kubitschek 2015: 143)
Toller, vielversprechender Auftakt, dachte ich also im ersten Moment, hungrig wie ein Wolf auf einen Lachbrocken wartend; im zweiten allerdings: Passt derlei eigentlich zu der Headline dieser Silvestersitzung „Es geht doch nicht darum, daß wir glücklich sind“? Sondern, sann ich nach, auf der Suche nach einem Komplementärstück zu „wir“? Ihr? Die Deutschen? Deutschland? Österreich? Als mir unversehens eine Antwort zu Teil wurde, von Raskolnikow:
Also ich hab‘ keine Hoffnung, daß es in Deutschland oder Europa wieder so wird wie im Mittelalter. Aber ich habe Hoffnung, daß ich den Grundstein lege dafür, daß irgendwann mal ein Urenkel von mir stolz ist, weil er eben auf einem alten Hof noch stehen kann, und sagen kann, hier standen meine Vorfahren schon seit soundsovielen Jahren. Wir sind vielleicht nicht so glanzvoll wie das Römische Imperium, aber da haben sich während des Niedergangs der Adligen…
Spätestens an dieser Stelle hielt ich’s einfach nicht mehr aus, rief verzweifelt nach einem Therapeuten für diesen Sozialisationsgeschädigten, sah Pest und Hexenverbrennungen vor mir und abgehackte Gliedmaßen als Glaubwürdigkeitsnachweise von Bettlern – und fühlte mich auf einmal von einer irrsinnigen Wut erfasst auf den Verlag Klett-Cotta sowie auf Per Leo[5], der ja den „Löwenanteil“ (Lichtmesz/Sommerfeld 2019: 332) des Büchleins Mit Rechten reden (2017) verfasst haben soll. Und den ich hier öffentlich frage:
Warum, werter Kollege Leo, haben Sie zusammen mit dem Juristen Maximilian Steinbeis sowie dem promovierten Philosophen Daniel-Pascal Zorn zwecks Erstellung des bis heute sehr erfolgreichen Leitfadens Mit Rechten reden in jenen Abgrund geblickt, für den das Buch Tristesse Droite steht, offenbar zu lange und mit der Folge, dass dieses Machwerk hier und da als lesenswertes Gesprächsangebot gilt?
Die wahrscheinlichste Antwort, auf die mich David Meiering (2022: 10) gebracht hat, unter Verweis auf ein in sie eingebautes Zitat der Delinquenten (vgl. Leo/Steibeis/Zorn 2017: 182), könnte lauten: „Don’t worry, Kollege Niemeyer, ‚in Wirklichkeit this is no Inhalt, it’s just part of a fucking rechtes Sprachspiel.‘“
Meine Antwort: Rechte spielen nicht. Und dies gilt auch für das von Ihnen, euch – dann offenbar aus Spaß – zur Lektüre anempfohlene Buch. Es ist der Abgrund, in welchen ihr Drei von der Zankstelle (Lessenich), offenbar zu lange geblickt habt. Am Ende gar vergessend, wofür dieses Buch aus dem Verlag Antaios in Schnellroda mit dem Titel Tristesse Droite steht: für „pseudophilosophisches rechts-verquastes Gefasel völkischer Wirrköpfe“, um welches Neo-Nazis auf Metapedia ein wildes Bohei machen – und nichts außerdem.
War das jetzt, Herr Niemeyer, die Rache, von der Sie eben sprachen?
Nein! Sie verbirgt sich im Stichwort „Metapedia“, in Gänze: „Metapedia, destroyed“. Und zu diesem Titel passt wiederum mein Schlusswort:
Fortsetzung folgt.
–> Die AfD und ihr Think Tank im Sog von Trumps und Putins Untergang
[1] Sowohl zu Kubitschek als auch Kositza unter dem Link www.hagalil.com/2022/01/rechtes-von-a-z-10/
[2] www.amazon.de/product-reviews/39444222X/ref. (abgerufen am 17.12.2022, 10:21)
[3] www.amazon.de/product-reviews/39444222X/ref. (abgerufen am 17.12.22, 11:01)
[4] Ab hier Seitenzahlen zu nennen, wäre geschäftsschädigend.
[5] Einzelheiten unter dem Link www.hagalil.com/2022/12/spott-light-oh-zeit/ sowie in meinem Buch Die AfD und ihr Think Tank im Sog von Trumps & Putins Untergang (2023).