Rechte(s) von A-Z

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Folge 10: K bis Kutzleb, Hjalamar 

Von Christian Niemeyer

Dieses Lexikon gibt Informationen in kompakter Form sowie weitergehende Literaturhinweise, basierend auf Forschungsliteratur sowie allgemein zugänglichen Nachschlagewerke, zumeist in Printversionen. Internetquellen, etwas das Belltower-Lexikon sowie Wikipedia, wurden konsultiert. Ersteres ist aber zu unspezifisch und im Übrigen schlecht aufgebaut und unvollständig. Letzteres ist zu spezifisch, mitunter unzuverlässig. Das Handbuch Rechtsradikalismus (2002) von Thomas Grumke & Bernd Wagner setzte in beiden Hinsichten neue Maßstäbe. Es hat nur einen Nachteil: es ist zu alt, im Vergleich zum im Folgenden dargebotenen Material (Redaktionsschluss: Juli 2021), das ab jetzt auf hagalil.com in mehreren Folgen erscheinen wird und dem Online-Anhang meines Schwarzbuch Neue / Alte Rechte (2021) entnommen wurde. Am Ende eines jedes Eintrags finden sich in eckigen Klammern in Fettdruck die Seitenzahlen, auf denen die jeweilige Person oder Sache in der Printversion erwähnt wird. Damit gewinnt dieses Lexikon den Charakter eines Sach- und Personenregisters im Blick auf jene Printversion. Literaturhinweise finden sich in jenem kostenlos auf der Homepage des Verlags Beltz Juventa (Weinheim) als Download verfügbaren Online-Material.

 

Kaiser, Benedikt (*1987). Politikwissenschaftler, Lektor des Verlags Antaios, Autor der Sezession, mit durchgängig haltlosen Beiträgen, etwa im von Erik Lehnert edierten Bd. 5 (2017) des Staatspolitischen Handbuchs, hier zum (unentschuldbaren) Agieren der Neu-Rechts-Ikone Carl Schmitt nach dem Röhm-Putsch. [266, 400, 415 f., 449]

 

Kalbitz, Andreas (*1972), aus München. AfD-Landesvorsitzender in Brandenburg und enger Freund von Björn Höcke, AfD-Mitglied seit 2013, seit Mai 2020 mit seiner Partei im Rechtsstreit befindlich wg. der Für-Nichtig-Erklärung seiner Mitgliedschaft durch den Bundesvorstand wg. angeblich verschwiegener vorheriger Mitgliedschaften bei den Republikanern (1993/94) sowie bei der – vom Verfassungsschutz moniert – Heimattreuen Jugend (HDJ). K.s Gesinnungsgenosse Stefan Räpple (AfD-MdL Baden-Württemberg) bemühte sich erfolglos um Abschaffung der hinter dieser Entscheidung stehenden Unvereinbarkeitsliste. (SP Nr. 48/23.11.2019: 14) Tatsächlich weist K.s Vita ihn als Rechtsradikalen aus: Schon früh Mitglied einer schlagenden Schülerverbindung, war er 1993 im rechtsextremen Witikobund, schrieb im Witikobrief, lobte das Freundschafts- und Hilfswerk Ost, wurde im Thule-Netz als „junger Kamerad“ gelobt, trat 1994 der Jungen Landsmannschaft Ostpreußen (JLO) bei. Januar 2007 auf Einladung der „Patriotischen Allianz“ um die neonazistische Partei „Goldene Morgenröte“ bei einem Neonaziaufmarsch in Athen mit NPD-Größen wie Udo Voigt, mit der Folge, dass sich sein Namen 2007 auf einer NPD-Interessentenliste fand. „Gegen einen der 14 [Athener] Reiseteilnehmer wurde später jahrelang ermittelt, weil er im Verdacht stand, einen zweiten Nationalsozialistischen Untergrund (NSU) aufzubauen.“ (SP Nr. 36/31.8.2019; auch: SP Nr. 22/23.5.2020: 11 f.) Im August 2020 unterlag K. mit seinem von Alexander Gauland unterstützen Antrag auf einstweilige Verfügung gegen die Entscheidung des Bundesvorstandes unter Jörg Meuthen, auch wurden staatsanwaltschaftliche Ermittlungen wg. Falschaussage, die Mitgliedschaft bei der HDJ betreffend, aufgenommen, außerdem solche wg. Körperverletzung im Blick auf einen ominösen, angeblich durch K. verschuldeten Milzriss bei einem Parteigenossen. [79, 99, 140, 153, 448, 648]

 

Kaltenbrunner, Ernst (1903-1946), aus Ried/A. Rechtsanwalt in Linz, 1930 NSDAP, 1931 SS, SS-Obergruppenführer und General der Polizei und der Waffen-SS. Am 12.5.1945 Verhaftung bei Altaussee, am 16.10.1946 in Nürnberg als Kriegsverbrecher hingerichtet (vgl. Klee 2003: 297; Eberle/Uhl 2005: 577), wird mit Gerüchten um die „Kernfestung Alpen“ in Verbindung gebracht. (s. Essay Nr. 13.3.5) [440 f., 449]

 

Kammler, Hans (1901-1945), aus Stettin. Ingenieur, NSDAP 1931, SS 1933, Generalmajor der Waffen-SS, ab 1942 zuständig für das Bauwesen der SS, auch für Vergasungsanlagen in Auschwitz, ab August 1943 verantwortlich für Produktion von Jagdflugzeuge und V-Waffen (vgl. Klee 2003: 297; Eberle/Uhl 2005: 577 f.), auch, im März 1945, für Massaker an Zwangsarbeitern in Arnsberg. (vgl. Hahnwald 2015; s. Essay Nr. 13.3.3) [407]

 

Kandel (Pfalz). Am 27. Dezember 2017 erstach Abdul D., ein im April 2016 (als unbegleitet) gekommener Flüchtling aus Afghanistan, aus Eifersucht seine 15-jährige Freundin. Der Täter wurde wg. Mordes zu einer Jugendstrafe von acht Jahren und sechs Monaten verurteilt und erhängte sich im Oktober 2019 in seiner Gefängniszelle. Der Fall wurde insbesondere 2018 von AfD-Politikern und -Sympathisanten, darunter Maximilian Krah sowie Michael Klonovsky, zwecks Skandalisierung der Flüchtlingspolitik Merkels aufgegriffen. (s. Prolog Nr. 11) [101-103]

 

Kapke, André (*1975), aus Jena. Neonazi, mehrmals vorbestraft, in den 1990er Jahren enge Kontakte zu Ralf Wohlleben (NSU-Unterstützer), auch zu Karl-Heinz Hoffmann (vgl. Laabs 2021: 259 ff.), Thüringer Heimatschutz, Freie Kameradschaft „Nationaler Widerstand Jena“, Burschenschaft Normannia Jena, NPD. K. kaufte 2002 eine Gaststätte, seitdem, als „Braunes Haus“, Parteizentrale der NPD. K. verteidigte dieselbe 2002 mit Eisenstange, Verfahren gegen Geldstrafe eingestellt. 2010, nach einem Vortrag Hoffmanns, Durchsuchung wg. Verdacht der Vorbereitung eines Sprengstoffanschlags. [449]

 

Kappler, Herbert (1907-1978), aus Stuttgart. Ingenieur, Kriminalkommissar, 1931 Kommandeur der Sicherheitspolizei und des SD in Rom 1943, als solcher plante er nach dem Rücktritt und der Verhaftung Mussolinis die Deportation sämtlicher Juden aus Rom, nahm 50 Kilo Gold für die Zusage, dies nicht zu tun, um vier Wochen später, in der Nacht vom 15. zum 16. Oktober 1943, 1.007 von 1.259 festgenommenen Juden und Jüdinnen gleichwohl nach Auschwitz zu transportieren. Verantwortlich für das als Vergeltung anzusehende Massaker (per Genickschuss) an 335 Geiseln in den Ardeatinischen Höhlen – eines von 152 mit 9.180 Opfern – in Rom vom 24.31.1944. (Thema im ital. Spielfilm Das Massaker [1973] m. Richard Burton in der Rolle K.s) Im Mai 1945 wurde K. von US-Truppen in Meran festgenommen, 1948 wurde in Rom wg. Erpressung des Goldes zu 15 Jahren und wg. der Erschießung von fünf Geiseln mehr als von Hitler gefordert zu lebenslänglich verurteilt, beschimpft von Angehörigen der Opfer. K. verbüßte seine Haft in einer Festung, einer der wenigen Besucher ist Alois Hudal, inniger Kontakt besteht zu Prinzessin Isenburg, beide sind unermüdlich in der Mobilisierung von Gnadengesuche zahlreicher westdeutscher Politiker, im August 1970 von zahlreichen Bischöfen, darunter Martin Niemöller, spektakuläre Flucht aus Krankenhaus im August 1977, wohlmöglich unter Beteiligung der ODESSA Otto Skorzenys, wie spätere Aussagen der die Flucht organisierenden Gattin Anneliese Kappler-Wenger deutlich machen. Die Unterstützung der Gesuche um Freilassung K.s durch die Bundesregierung kontrastierte deutlich der zeitgleich zu beobachtenden Härte in der Verfolgung der RAF sowie möglicher Sympathisanten („Deutscher Herbst“), so dass im Ausland das Bild vom ‚häßlichen Deutschen‘ aufkam. (vgl. https: //www.spiegel.de/politik/ein-mer-als-bedrueckendes-schauspiel-a-eO3da9e-0002-0001-000; Klee 1991: 145 ff.; 2003: 299; Bohr 2018: 36 ff.) Dem arbeitet offenbar auch der im November 2020 zur NPD gewechselte Ex-AfD-Abgeordnete Kay Nerstheimer mit seiner K.-Unterstützung zu. [434, 439 f., 454 f.]

 

Kappler-Wenger, Anneliese (1934-2019), aus Soltau. Heilpraktikerin. Kriegserfahrene Rote-Kreuz-Schwester, hatte im Krieg mit ihrem Vater befreundeten Juden zur Flucht in die USA geholfen, erfuhr nach ihrer Ehescheidung 1955 zum ersten Mal vom Fall Herbert Kappler, in den sie sich bei einem Besuch verliebte und den sie 1966 heiratete und jährlich besuchte. 1975 Hungerstreik, 1977 spektakuläre Befreiung ihres an Krebs erkrankten Gatten in Rom (vgl. Bohr 2018: 306 ff.), eventuell unter Mithilfe von ODESSA. [439 f.]

 

Karolinger Verlag. 1980 in Wien gegründet, neu-rechtes Profil, gemeinsamer Vertrieb m. Antaios in Schnellroda sowie dem rechtsextremen Aula-Verlag in Graz (vgl. Weidinger 2015: 385), Autoren wie Léon Blum, Hans Freyer, Carl Schmitt, Armin Mohler, Ernst Jünger, Günther Maschke sowie Siegfried Gerlich.

 

Kern, Erich (1906-1991), aus Graz/A. SS-Untersturmführer der Waffen-SS, Gaupresseamtsleiter in Wien, NS-Schriftsteller, SS-Einsatz in Ungarn 1944, nach 1945 Dokumentation alliierter Grausamkeiten, 1960 GfP. (vgl. Dudek/Jaschke 1984, Bd. I: 46; Klee 2007: 273; s. Essay Nr. 13) [452]

 

Kern Erwin (1898-1922), aus Gumbinnen. Von Goebbels 1926 glorifizierter und vom ‚Reichsarbeitsdienstführer‘ Konrad Hierl geehrter Mörder Walther Rathenaus. (vgl. Niemeyer 2013: 35, 52; s. Essay Nr. 23.3. sowie Nr. 11) [411 f.]

 

Kessler, Leo, s. unter Charles Whiting.

 

Keuter, Stefan (*1972), aus Essen). AfD-MdB seit 2017, der in seinem Büro in und wieder als Hitler-Imitator auftritt sowie durch Versendung von Hitler-Bildern aus Wien zu Halloween („Hallo Wien“) (vgl. Bensmann / Löer 2018; stern.de vom 0. Oktober 2018) provoziert. Nach K.s Besuch der Gedenkstätte Lindenstraße in Potsdam (in der NS-Zeit Sitz eines Erbgesundheitsgerichts und Gerichtsgefängnisses für politisch und rassisch Verfolgte) erstattete die Gedenkstättenleiterin 2019 gegen K. wg. dessen Spott über die Euthanasie Anzeige wg. Volksverhetzung. (s. Prolog Nr. 5 u. 16) [49, 154 f., 648]

 

Kiesinger, Kurt Georg (1904-1988), aus Ebingen. Rechtsanwalt. NSDAP 1933, ab 1940 im AA. 1945 CDU, Ministerpräsident von Baden-Württemberg 1958-1966, Bundeskanzler 1966-1969, Bundesvorsitzender CDU 1967-1971. Legendär die Ohrfeige von Beate Klarsfeld wg. K.s NS-Vergangenheit bzw. die mangelnde Thematisierung derselben am 7. November 1968. [168, 438 f.]

 

Kindt, Werner (1898-1981), aus Stralsund. Nach 1945 wg. seines einschlägigen Wissens, aber auch der fehlenden NS-Belastung, der entscheidende Mann hinter der dreibändigen Dokumentation zur deutschen Jugendbewegung (= Kindt-Editon [1963, 1968, 1974]), heftig gegen Kritik der Jugendbewegung wie Harry Pross und Walter Laqueur polemisierend. Das Problem: Das Quellenmaterial ist von (zumeist als solche gekennzeichneten) Auslassungen durchzogen, die, zumal im Zusammenhang der Kürzungen in den Kurzbiographien, erkennen lassen, dass Kindt und seine Zuarbeiter der Nachwelt eines geschöntes Bild der von ihm verantworteten Sache hinterlassen wollten. (vgl. Niemeyer 2013: 38 ff.; s. Essay Nr. 22.2) Keinerlei Kritik an K. selbst in neueren Kurzbiographien, etwa jener von Rüdiger Ahrens (2015: 402). [151, 169 f., 182, 197, 227, 288-290, 464, 472 f., 476 f., 496, 503 f., 564, 590, 609, 611, 623 f., 629, 652]

 

Kindt-Edition. Abkürzende Redeweise bzgl. der von Werner Kindt besorgten dreibändigen Dokumentation der Jugendbewegung (1963, 1968, 1974), der schon von ihren ersten Planungen an (1956) aufgetragen war, verfäschenden Darstellungen der Wandervogel- bzw. Jugendbewegung entgegenzutreten, dies insbesondere den Themenkomplex „Nationalsozialismus und Jugendbewegung“ betreffend. (vgl. Niemeyer 2013: 19 ff.) Dies gelang am Ende unter Aufsicht NS-belasteter Historiker wie Theodor Schieder und Günther Franz derart gründlich, etwa durch Streichung problematischer Stellen in den Quellentexten, auch durch Kommentierung der Texte sowie ausgesprochen verschiegener – was die NS-Zeit angeht – Kurzbiographien, dass diese über 3.000 Druckseiten an sich makuliert werden könnten, zumindest aber nur nach genauer Prüfung zitiert werden dürfen. Nachweise in dieser Hinsicht (s. Essay Nr. 21 sowie Essay Nr. 22) sind bis auf den heutigen Tag bei Jugendbewegungsveteranen nicht sehr beliebt, werden geahndet, als handele es sich um Störungen der Totenruhe, mindestens aber um Nestbeschmutzung. [169-173, 182, 234, 270 f., 287 f., 292-296, 299 f., 303, 311, 356 f., 359, 361, 366, 369, 472, 491, 496-498, 565 f., 568-570, 577, 579 f., 585 f., 589-592, 595, 599-610, 615-620, 623, 626 f., 629] 

 

Kinzel, Till (*1968), aus Berlin. Historiker u. Literaturwissenschaftler, neu-rechter Ideologe. 2002 bis 2008 Referent am Institut für Staatspolitik, Autor für Sezession (bis 2008), eigentümlich frei und Junge Freiheit. Übersetzer bei Antaios, Referent in der Bibliothek des Konservativismus. Spezialität sind gesinnungskonforme Rezension, etwa zu Gregor Fröhlichs Dissertation über Ernst von Salomon. (s. Essay Nr. 13.3.3) [77, 238, 415]

 

Kirchner, Oliver (*1966), aus Magdeburg. 2014 AfD, zum Flügel um Björn Höcke gehörend, im März 2018 Nachfolger von André Poggenburg als Fraktionsvors. in Sachsen-Anhalt, Spitzenkandidat dort 2021 m. Kritik an der 5-jährigen Hetze gegen die AfD, fiel seinerseits durch hetzerische Facebook-Posts auf, etwa Anne Frank auf einer Pizzaschachtel mit der Aufschrift „Die Ofenfrische“ u. Bezeichnung des Holocaust resp. Auschwitz als „Lüge“ oder Vorschlag, man solle einem Reporter des Deutschlandfunks (Stichwort Lügenpresse) „den Schlips mal etwas enger ziehen.“ (zit. n. Schumann 2018) (s. Prolog Nr. 5) [49]

 

Kissler, Alexander (*1969), aus Speyer. Rechtslastiger Journalist. 2013 bei Cicero, in jenem Jahr Kritik an Bischof Robert Zollitsch wg. seiner Kritik an der AfD, seitdem immer wieder auffällig, etwa mit seiner demonstrativen Parteinahme für Peter Sloterdijk wg. dessen Äußerungen zum Flüchtlingsproblem. (s. Glosse Nr. 8) [746, 748]

 

Klebnikow, Paul (1963-2004). US-amerikanischer Journalist, Opfer eines in Moskau ausgeführten Auftragsmordes, drei tatverdächtige Tschetschenen wurden zunächst freigesprochen, danach konnten ihre Adressen nicht mehr ermittelt werden, die Spur weist auf einen Oligarchen und damit auch auf Putin. (s. Prolog Nr. 10; Unger 2010) [90]

 

Kleist, Peter (1904-1971), aus Marienwerder. Diplomat, ab 1942 Ministerialrat der Abt. Ostland im Ostministerium, von Mitte 1945 für zwei Jahre interniert, danach Mitarbeiter der Zeitschrift Nation Europa, Mitbegründer der GfP, rechtsradikaler Autor. [452]

 

Klonovsky, Michael (*1962), aus Bad Schlema. Publizist, Aphoristiker, Politiker (AfD), Journalist (bei Focus, 1992-2016), Blogger (Acta diurna) mit einigen Qualitäten im Bereich des Hate Speech, des Polen-Bashing, des Antisemitismus sowie des Verächtlichmachens von NS-Gegnern (wie Niklas Frank), erst Pressesprecher Frauke Petrys, danach Alexander Gaulands, publiziert seit 2017 auch auf Deutschland-Kurier, Donald-Trump-Fan und Angela-Merkel-Verächter, AfD-Bundestagskandidat in Chemnitz für 2021. (s. Prolog Nr. 11) [32, 35 f., 47 f., 50, 54, 57 f., 66, 68, 71 f., 80, 95, 97-124, 128 f., 179, 192, 200, 203, 209, 260, 265, 281 f., 297, 312, 326, 348-351, 436, 507-510, 547, 632, 648, 655, 666, 668, 701, 705, 713, 716, 783]

 

Koch, Erich (1896-1986), aus Elberfeld. NSDAP 1922, Gauleiter Ostpreußen, Nov. 1941 Reichskommissar der Ukraine, gilt als der brutalste aller Gauleiter, 1945 untergetaucht, Mai 1949 Festnahme durch brit. Militärpolizei, 1950 Auslieferung an Polen, 1959 Todesstrafe wg. Beihilfe zum Mord an 400.000 Polen, Urteil wg. Krankheit nicht vollstreckt, im Gefängnis gestorben. (vgl. Klee 1991: 147 f.; Eberle/Uhl 2005: 581) [434, 609]

 

Köhler, Gundolf (1959-1980), aus Schwenningen a. Neckar. Rechtsterrorist, der Wiking-Jugend entstammend und der Wehrsportgruppe Hoffmann um den Neonazi und Rechtsterroristen Karl-Heinz Hoffmann zugehörend, starb bei einem von ihm, womöglich zusammen mit WSG-Mitgliedern, herbeigeführten Sprengstoffanschlag auf das Oktoberfest am 26. Oktober 1980 m. 13 Toten und 221 Verletzten. Galt den Ermittlern zunächst, wider besseres Wissen wohl auf politischen Druck hin, als Einzeltäter o. politische Absichten. Aufgrund von Recherchen insbesondere des Journalisten Ulrich Chaussy (32020) eingeleitete weitere Ermittlungen (ab 2014) wurden 2020 eingestellt mit dem Befund, die rechtsextremen Motive seien unleugbar, Mittäter ließen sich weder beweisen noch ausschließen. [160, 434, 448]

 

König-Preuss, Katharina (*1978), aus Erfurt. MDL Thüringen für Die Linke seit 2009, Mitglied im NSU-Untersuchungsausschuss. Zu ihren härtesten Kritikern gehört Björn Höcke. Wurde mehrmals von Rechtsradikalen bedroht und angegriffen, auch ein Sprengstoffanschlag auf sie wurde debattiert. (s. 13.3.5) [449]

 

Kolbenheyer, Erwin Guido (1878-1962), aus Budapest. Hochdekorierter NS-Dichter, an seinem 75. Geburtstag zur Freude der Anwesenden, darunter Hermann Burte, mit Hitler-Gruß dankend, in seiner Autobiographie (1957/58) einen KZ-Häftling als denkbar ungeeignet als Richter/Kläger in Entnazifizierungsverfahren der Lächerlichkeit preisgebend (vgl. Niemeyer 2013: 159 f.). 1960 GfP. (vgl. Loey 1966: 317; Dudek/Jaschke 1984, Bd. I: 44; Klee 2007: 295; s. Essay Nr. 13) [171, 173, 452]

 

Kondomari. Ort auf Kreta sowie eines Massakers deutscher Soldaten, die am 2. Juni 1941 im Rahmen des Unternehmen Merkur auf Grundlage des von General Karl Student am 31. Mai 1941 erteilten Erlaubnis von Vergeltungsmaßnahmen sowie eines am 2. Juni erteilten Befehls von Oberleutnant Horst Trebes in Kondamari mindestens 23 männliche Zivilisten erschossen. Nichts davon erwähnt Gerald Franz 2014 im Staatspolitischen Handbuch des IfS, in Nachahmung der diesbezüglichen Geschichtsklitterung neo-nationalsozialistischer Autoren wie Franz Uhle-Wettler (2004). (s. Essay Nr. 13.3.2) [403-405, 430]

 

Kopp Verlag. Im Sog des Erfolgs von Thilo Sarrazin hatte dieser von Jochen Kopp gegründete rechtspopulistische Verlag zur Zeit von Pegida große Erfolge insbesondere mit den marktschreierisch daherkommenden Büchern von Markus Gärtner, Udo Ulfkotte, Michael Grandt sowie, zunächst als Ulfkotte Co-Autor, Stefan Schubert. Inzwischen, erkennbar auch am allerletzten, posthum erschienen Ulfkotte-Titel, hat der Verlag Antaios größere Bedeutung, auch Manuscriptum mit Michael Klonovsky (auch Blog), auch das auf einen Ulfkotte-Titel zurückgehende Internetformat „PI-News“. Letzteres ist kaum noch den Kriterien seriösen Journalismus unterwerfbar; praktiziert wird das von der Bild-Zeitung übernommene und von K. systematisch gepflegte Prinzip des Sensationsheischenden, das unter gezielter Einbringung von Fake News perfektioniert wird, bei gleichzeitigen beharrlichen Werfen der Nebelkerze „Lügenpresse“ nach dem „Haltet-den-Dieb-Prinzip‘. Aus diesem Sumpf entsteigen immer neue Ressentiments, die „den Anderen“ zum Vorwurf zu machen gleichfalls zum diabolischen Kalkül des K.-Verlags sowie der Neuen als auch Alten Rechten gehört. [61, 64, 66-68, 72, 426]

 

Kositza, Ellen (*1973), geb. Schenke aus Offenbach, eigentl. Kubitschek, Ehefrau von Götz Kubitschek, 1992 Autorin der Jungen Freiheit (JF), aktiv beim Verlag Antaios, nach dem Bruch mit der JF 2014 Redakteurin Sezession. (vgl. Breuer et al. 2015: 114) Mit ihren neu-rechten Buchempfehlungen, u.a. auf YouTube, erweist sie sich, zusammen mit Caroline Sommerfeld, als „antifeministische Botschafterin“ mit Vorlieben für Jack Donovan, und ihren „Lieblings-Deutschtürken“ Akif Pirinçci. (vgl. Heide 2020a: 172 f.; s. Glosse Nr. 2) [30, 32, 36, 68, 98, 135 f., 153, 400, 648, 655-659]

 

Kotzde, Wilhelm (1878-1948), aus Gohlitz/Brandenburg. K., eigentl. Kottenrodt, Volksschullehrer und (seit 1908) freier Schriftsteller mit Engagement für die Heimatschutzbewegung, versuchte ab 1913 Einfluss zu nehmen auf den 1894 von Friedrich Lange gegründeten Deutschbund, um diesen zu einen größeren Engagement in der Jugendbewegung zugunsten der völkischen Sache zu drängen (vgl. Breuer/Schmidt 2010: 17 ff.). In der Folge blieb K.s antisemitische Grundhaltung unübersehbar und leitete ihn bei der Gründung der Adler und Falken, deren Bundesführer er bis 1928 blieb (vgl. Ki II: 1775), ehe ihm Alfred Pudelko nachfolgte. 1926 betrieb K. die Gründung der mit Attributen wie ‚völkisch‘ und ‚großdeutsch‘ zu belegenden bündischen Zeitschrift Die Kommenden. K., der auch Führer der Artamanen war (s. Essay Nr. 24) und dem 1921 die Ehrenmitgliedschaft im Bund völkischer Lehrer Deutschlands verliehen wurde, ist der Linie Otger Gräffs zuzurechnen. Im Mai 1933 wurde er Mitglied der NSDAP (ebd.: 362), Silvester 1933 erklärt er sich beglückt darüber, dass er nun „am Reiche Adolf Hitlers mitbauen darf.“ (ebd.: 124 f.) (vgl. Harten / Neirich / Schwerendt 2006: 417) [151, 270 f., 574, 603 f., 1,2,3,4,5]

 

Kreta, s. Unternehmen Merkur.

 

Krah, Maximilian (*1977), aus Räckelwitz, verwitwet m. sechs Kindern. Rechtsanwalt mit fragwürdigen Mandanten (etwa die Piusbrüderschaft mit dem Holocaustleugner Richard Williamson; vgl. Müller et al. 2019). K. verließ 2016 wg. Merkel die CDU zugunsten der AfD, er ist aktuell stellvertretender Vors. der AfD Sachsen und, seit 2019 AfD-Europaabgeordneter. Spottete im Januar 2018 in Chemnitz anhand zweier Fälle über die Eltern der von Flüchtlingen Ermordeten und Vergewaltigten (vgl. Klonovsky 2019: 47 f.), verbreitete im September 2018 Fake News über nicht-deutsche Vergewaltiger in Chemnitz (s. Prolog Nr. 7). Gilt Marcus Pretzell als Drahtzieher und Dirigent des Abrutschens der AfD in den Extremismus. Bestätigt durch K.s Einstellung Guillaume Pradouras als EU-Abgeordneten-Mitarbeiter, da dieser zuvor wg. einer antisemitischen Karikatur aus der frz. Neu-Rechts-Partei Rassenblement Nationale ausgeschlossen worden war. K. publiziert auf Deutschland-Kurier unter Hier kräht der Krah. [99-103, 401, 648]

 

Kranz, Uwe G. Ex-Chef LKA Thüringen mit auffälligem Versagen in der NSU-Affäre, inzwischen im neu-rechten Lager angekommen. [649]

 

Kraus, Hans-Christof (*1958), aus Göttingen. Historiker an der Universität Passau mit neu-rechter Orientierung. [130 f.]

 

Kraus, Josef (*1949), aus Kipfenberg. Gymnasiallehrer, Präsident des Deutschen Lehrerverbandes (1987-2017), inzwischen im neu-rechten Lager angekommen. [145]

 

Krautkrämer, Felix (*1979), aus Freiburg i.Br. Neu-rechter Journalist, seit 2007 bei der Jungen Freiheit. Verfasser von Die offene Flanke der SPD (2007), das mit einer Liste angeblich linksextremistischer Verfehlungen (etwa von Albert Scherr) aufwartet, ähnlich wie Das linke Netz (2010). [104, 416, 446]

 

Kretschmer, Ernst (1888-1964), aus Wüstenrot. Psychiater, 1926 Direktor der psychiatr. Nervenklinik Marburg, Beisitzer Erbgesundheitsgericht, Vortragender im NS-Dozentenlager. 1946-1959 Prof. Uni. Tübingen. (vgl. Harten / Neirich / Schwerendt 2006: 419; s. Glosse Nr. 10) [684]

 

Krieck, Ernst (1882-1947), aus Vögisheim/Müllheim. Lehrer, 1928 Prof. f. Pädagogik Päd. Akademie Frankfurt/M., Kampfbund dt. Kultur 1931, NSDAP u. NSLB 1932 1933 Prof. Uni Frankfurt/M., 1934 Heidelberg, 1937 Rektor, Schriftleiter Volk im Werden, starb im US-Internierungslager. (vgl. Harten / Neirich / Schwerendt 2006: 420) [230, 267]

 

Kuashev, Timur (um 1988-2014). Russ. Menschenrechtsaktivist u. Blogger, mutmaßlich ermordet, Hinweise gehen in Richtung des als Nawalny-Attentäter verdächtigten Putin-Agenten Konstantin Kudrjawzew. (s. Prolog Nr. 10; vgl. Dobrokhotov / Grozev / Schmid 2021) [90]

 

Kubitschek, Ellen, s. Kositza, Ellen.

 

Kubitschek, Götz (*1970), aus Ravensburg. Bundeswehrsoldat und Reserveoffizier, zusammen mit Dieter Stein bei der Deutschen Gildenschaft, Redakteur von Steins Junge Freiheit (JF) in deren Ressort „Sicherheit und Militär“ K. zwischen 1995 und 1997 publizierte, mit der Folge seiner Entlassung durch die Bundeswehr 2001 wg. „rechtsextremistische Bestrebungen“. Nach einer von zahlreichen Offizieren unterzeichneten Petition wurde K. im April 2002 rehabilitiert, anders als Brigadegeneral Reinhard Günzel von der KSK, der sich für Martin Hohmann eingesetzt hatte und fortan bei der JF publizierte und beim IfS vortrug. (vgl. Dornbusch 2007) Mitbegründer desselben: K. (2000), der 2003 auch den Verlag Antaios sowie die Zeitschrift Sezession aufgebaut hatte. Ab 2013 Distanzierung von Stein und der JF unter Hinwendung K.s zum rechten Flügel (auch der AfD) (vgl. Breuer et al. 2015: 114 f.; Kellershohn 2016: 98 ff.) (s. Glosse Nr. 2) [25, 27 f., 30-32, 51, 68, 99, 119 f., 174, 253-255, 264, 282, 397 f., 400, 412, 447, 449, 452, 464, 510, 648, 656, 658 f., 676, 743, 771]

 

Kuby, Erich (1910-2005), aus Baden-Baden. Journalist u. Publizist. Folgte 1933 seiner jüdischen Freundin per Fahrrad in die Emigration nach Jugoslawien, kehrte nach wenigen Monaten zurück und heiratete 1938 eine Bildhauerin. War Wehrmachtssoldat, erlebte die Vernichtung von Brest 1944 mit und verfertigte darüber ein Hörspiel, das ihm eine Beleidigungsklage des dafür verantwortlichen und als Kriegsverbrecher in Frankreich verurteilten Generals Hermann-Bernhard Ramcke eintrug, die 1959 abgewiesen wurde – zu Recht, wie skandalöse antisemitisch-antiamerikanische Äußerungen Ramckes aus Brest 1944 (vgl. Stimpel 2009: 92) sowie aus der Zeit seiner Kriegsgefangenschaft in Trent Parks 1944/45 (ebd.: 240; vgl. Neitzel 2005) dartun. K. war von 1963 bis 1980 beim Stern, davor bei der Welt und beim Spiegel, auch bei der Süddeutschen Zeitung. Spektakulär war sein Kriegstagebuch, auch sein Buch über Hitler/Mussolini (K. 1982), vor allem aber das ihm im Sommersemester 1965 an der FU Berlin erteilte Redeverbot. Es gilt als Startsignal der Studentenbewegung – und wird von seiner Tochter Gabriele Kuby als Begründung für ihre Rechtswende – gleichsam als Sühne – angeführt. Im Sog derselben: Gabrieles Tochter Sophia Kuby. [144, 516]

 

Kuby, Gabriele (*1944), aus Konstanz. Tochter des Vorgenannten, Publizistin und Übersetzerin mit radikal-fundamentalistischer Kritik an ihrem vorgenannten Vater, der 1965 die Studentenbewegung mit aufs Gleis geschoben habe und damit auch die Frühsexualisierung. Ein Leierlied dieser Art singt sie seit Jahren (s. Essay Nr. 17), zuletzt im neu-rechten Magazin Cato, hier (vgl. K. 2021) in Gestalt einer Attacke auf die „emanzipatorische Sexualpädagogik“ und das Bemühen, Kinderrechte im Grundgesetz zu verankern. [144, 516]

 

Kuby, Sophie (*1981), aus Starnberg. Tochter der Vorgenannten, Kath. Aktivistin der ‚Generation Benedikt‘, Autorin bei kath.net, Referentin beim Studienzentrum Weikersheim und in der Bibliothek des Konservativismus, Abtreibungsgegnerin, gegen Pille danach, pro Alleinverdienerhaushalt und Karriereverzicht der Frau, zum Frauen- und Familienbild der extrem Rechten (vgl. Bitzan 2016: 342 ff.; Wamper 2016) sind damit erhebliche Schnittmengen gegeben. (s. Prolog Nr. 15) [144]

 

Kudrjawzew, Konstantin (*1980). Pseudonym Konstantin Sokolow, russ. Agent, hat im Fall Alexej Nawalny diesem gegenüber in Unwissenheit über dessen Identität Täterwissen preisgegeben. Wird verdächtigt, auch an der Tötung des regierungskritischen Journalisten Timur Kuashevs 2014 sowie der Ermordung des Menschenrechtlers Ruslan Magomedragimow 2015 beteiligt gewesen zu sein. (s. Prolog Nr. 10; vgl. Dobrokhotov / Grozev / Schmid 2021) [90]

 

Kutzleb, Hjalmar (1885-1959), aus Siebleben. Jung-Wandervogel, Studienrat für Deutsch und Geschichte in Berlin (1912) und Minden (1919), Prof. f. Geschichte an der Hochschule für Lehrerbildung in Weilburg (1935-1949), Schriftsteller. K. war aktives Mitglied im Stahlhelm, Bund der Frontsoldaten, im Nationalsozialistischen Lehrerbund und in der Reichsschrifttumskammer. Warum sein Beitritt zur NSDAP von 1936 zwei Jahre später für ungültig erklärt wurde, geht aus den Parteiakten nicht hervor. K. war ein sehr erfolgreicher NS-Autor mit völkischer und antisemitischer Grundorientierung (vgl. Niemeyer 2013: 139 ff.), sein Spott, etwa über den von Rechtsradikalen halb totgeschlagenen Maximilian Harden, war unfassbar. K.s dunkle Seiten wurden von Jugendbewegungshistoriographen wie Jürgen Reulecke unterschlagen, die Kind-Edition teilt bevorzugt Hagiographisches mit nach dem Muster: „Er war ein wunderbarer Erzieher, der ständig bemüht war, uns zu zeigen, wie reich in allen Beziehungen die Heimat war, in der wir lebten.“ (Ki III: 218) [151, 277. 473, 628]

 

[Zum Autor: Christian Niemeyer, Prof. (i.R.) für Sozialpädagogik an der TU Dresden. Zum Text: Dieses Lexikon wurde, wie die noch ausstehenden Folgen, wurde dem Online-Material (S. 21-106) meines Schwarzbuch Neue / Alte Rechte. Glossen, Essays, Lexikon (= Bildung nach Auschwitz 1). Mit Online-Materialien. Weinheim Basel 2021 entnommen. Der Wiederabdruck erfolgt mit freundlicher Erlaubnis des Verlages Beltz Juventa.]

Bild: V.l. Hans Kammler; Herbert Kappler; Götz Kubitschek, (c) Metropolico.org / CC BY-SA 2.0