Aus dem Archiv – zum 20. Todestag von Sammy Speier.
Die Studie stellt wesentliche biografische Phasen aus dem Leben und Wirken des jüdischen Psychoanalytikers vor. Speier, der in Israel geboren wurde aber in Frankfurt am Main wirkte, verstand sich als ein politischer Psychoanalytiker; sein theoretisches, klinisches und gesellschaftliches Denken und Handeln war aufs Engste mit der Schoa verknüpft.
Das Schweigen insbesondere von politisch links orientierten Menschen sowie seiner Berufskollegen verstand er als eine seelische Einfühlungsverweigerung. Die Umkehrung dieser Verweigerung entspricht der Hypothese des israelischen Psychoanalytikers Zvi Rix: „Die Deutschen werden den Juden Auschwitz nie verzeihen.“ Für den Autor steht das Vergessen dieses undogmatisch-kämpferischen jüdischen Psychoanalytikers symptomatisch für die Verweigerung der Deutschen, die Verantwortung für ihre mörderische Vergangenheit zu übernehmen wie auch die schwierige Lebenssituation in Israel angemessen zu verstehen.
Ein Leben mit dem Verlust. Oder: „Kehrt erst einmal vor der eigenen Tür!“[1]
Von Roland Kaufhold
Erschienen in: Roland Kaufhold & Bernd Nitzschke (Hg.) (2012):Jüdische Identitäten nach dem Holocaust in Deutschland. Schwerpunktband der Zeitschrift Psychoanalyse – Texte zur Sozialforschung Heft 1/2012, S. 96-112. Wir danken für die Genehmigung zur Veröffentlichung.
„Wie halten Sie es nur aus,“ wurde der jüdische Psychoanalytiker Sammy Speier einmal von einer zartfühlenden deutschen Seele gefragt, „wie halten Sie es nur aus, in Deutschland zu leben?“ Sammy Speier gab die Frage prompt zurück: „Und Sie? Wie halten Sie es aus?“
„Die Phantasie vieler Linker, man könne nach ‚Auschwitz’ Israel gegenüber objektiv sein, ist der Fluchtversuch vor der eigenen Vergangenheit“
Sammy Speier (1988, S. 187)
Vorbemerkung
Ich habe den vor Jahren, 2003, viel zu früh verstorbenen Psychoanalytiker Sammy Speier – ich habe Sammy – nie kennengelernt. Ich kannte einige seiner psychoanalytischen und gesellschaftspolitischen Texte – sie hatten mir in ihrer Vitalität, in ihrer kämpferischen Grundhaltung und inneren, seelischen Kontinuität gut gefallen. Auch wusste ich von seiner mehrjährigen Tätigkeit als Supervisor bei AMCHA. 2002 schrieb ich den in Frankfurt am Main lebenden Psychoanalytiker an und bat ihn um einen Beitrag für das psychosozial-Heft „Deutsch-israelische Begegnungen“ (Kaufhold/Lieberz-Groß, 2001). Ich erhielt keine Antwort. Da ich keinerlei persönliche Beziehung zu ihm hatte und er mich gewiss auch nicht namentlich kannte, maß ich dem keine Bedeutung zu. Ein Jahr später ist Sammy Speier im Alter von 59 Jahren verstorben.
Kindheit und Jugend in Israel und in Frankfurt am Main
„Meine Mutter konnte sehr gut (Klavier) spielen. Sie wäre vielleicht Pianistin geworden. Ich versuch’s. Ich übe ein bisschen.“
Sammy Speier (2002, S. 159)
Sammy Speier wurde 1944 im damaligen Palästina geboren, seine Eltern waren als Juden rechtzeitig aus Deutschland geflohen. Bei seiner Geburt brannten die Verbrennungsöfen von Auschwitz und Treblinka Tag und Nacht. Sein Heimatland Israel sollte erst vier Jahre später als Staat entstehen.
Über seine Mutter Rosa, geborene Wolfsohn, hat Sammy Speier einen sehr lebendigen Beitrag verfasst: „Sie war eine Überlebenskünstlerin“ ist er betitelt. Das Erinnerungsstück erschien 2002 in einem Sammelband über jüdische Biographien, ein Jahr vor seinem eigenen Tod. Er erinnert sich darin des begeisterten Klavierspiels seiner aus Riga gebürtigen Mutter. Es wurde deutsch zu Hause gesprochen, sie wuchs als jüngstes von zahlreichen Geschwistern in einer jüdischen Familie auf. Sie verlor ihre Mutter im Alter von sechs Jahren, ihren Vater mit zwölf Jahren. Zwei Jahre später ging sie nach Berlin, für zwölf Jahre, wurde Modeberaterin, studierte Klavier am Konservatorium. 1931 emigrierte sie nach Palästina, wo sie einige Jahre später, in Tel Aviv, ihren Ehemann kennen lernte. Der in Frankfurt am Main Geborene – er lebte dort die ersten 26 Jahre – floh 1936, zwanzigjährig, allein nach Palästina, lebte „das erste Jahr in Tel Aviv unter Pappkartons […], ein Obdachloser“ (Speier 2002, S. 160).
Sammy Speier kommt als zweites von drei Kindern in Tel Aviv zu Welt, seine Brüder Mosche und Dani sind zwei Jahre älter bzw. drei Jahre jünger als er. Sie leben beengt, arm, aber glücklich: „Wir Kinder hatten die Straße und gutes Wetter“ (Speier 2002, S. 160). Die Folgen der Schoa sind für ihn immer spürbar: Nachts hört er die Schreie einiger KZ-Überlebender, tagsüber jedoch „war die Weite, das Meer, die Sonne“ (ebd., S. 161). Seine Eltern vermitteln ihm Werte, treten ein für Pluralität, Besuche eines befreundeten Arabers sind eine Selbstverständlichkeit. Seine Mutters schenkte ihm Milch, für dessen Kind: „Es wurde uns Kindern damit etwas gezeigt, nicht demonstriert“ (Speier 2002, S. 161).
Die Übersiedlung nach Deutschland – ein Trauma
„Die Erinnerung an das Weggehen von Israel (1958) ist mit ungeheuren Schamgefühlen verbunden; es war eine Nacht- und Nebelaktion meiner Eltern – selbst mein damals bester Freund durfte nicht wissen, dass meine Eltern auswandern, denn es war Verrat an dem jüdischen, israelischen Volk und Staat […]“
Sammy Speier (1986, S. 183)
Seine Mutter erlebt er als beschützend – und dennoch vermag sie ihm die traumatischste Erfahrung seines Lebens nicht zu ersparen: 1958, die unerwartete, vor dem Umwelt verheimlichte Übersiedelung nach Deutschland, ins Land der ehemaligen Mörder – eine zutiefst traumatische Erfahrung, vergleichbar einer Vertreibung aus dem Paradies, einer Ausstoßung: „[…] in Tel Aviv durfte ich alles, in Deutschland war Schluß damit. In Tel Aviv konnte ich Rollschuh fahren, Fahrrad fahren, Blumen austragen, um Geld zu verdienen. Ich war auf der Straße, bis es dunkel wurde – und freie Auswahl von Freundschaft. Hier in Frankfurt waren es dann die Kinder der Nazis. Hier war Angst“ (Speier 2002, S. 162).
Sein Vater hatte berufliche Schwierigkeiten in Israel gehabt, es fehlte ihm an dem in Israel weit entwickeltem Durchsetzungsvermögen; über eine „Ellenbogenmentalität“ verfügte er wohl nicht. Eine Erfahrung, die er mit vielen Jeckes teilte. Hinzu kam: Der allgegenwärtige Spott vieler Israelis über diese so fremden, förmlichen, ordnungsliebenden Jeckes wurde als herabsetzend, verletzend erlebt. Von Teilen seiner Familie, die in Palästina bereits Fuß gefasst hatten, fühlte er sich nicht ausreichend unterstützt. Die Übersiedlung nach Deutschland wurde erwogen, dann in die Tat umgesetzt, musste jedoch geheim bleiben: Selbst Nachbarn und Freunde durften nichts davon erfahren.[2] Sie war mit tiefster Scham verbunden – wohl bei seinen Eltern, vor allem jedoch bei Sammy Speier: „Offiziell machten wir einen Ausflug nach Europa. Die Leute haben es natürlich gerochen. Für mich war es eine Zwangsemigration, darin war es eine Wiederholung. Es war mit Scham verbunden. Auswandern aus Israel! Ich war böse auf meine Eltern“ (ebd., S. 162).
Und in seinem autobiographischen Beitrag „Von der Pubertät zum Erwachsenendasein. Bericht einer Bewußtwerdung“ (Speier 1988) erinnert er sich an seine damaligen Gefühle nach seiner „Zwangsumsiedlung“: „Die Erinnerung an diese Zeit löst bei mir Traurigkeit, ungeheuren Schmerz und eine wahnsinnige Sehnsucht aus, Sehnsucht nach einem damals noch intakten Zuhause, nach Geborgenheit, Familie, hebräischer Sprache, vertrauter Umgebung und Jam = Meer, Sonne, Wärme“ (Speier 1988, S. 182). Monatelang muss er weinen, erlebt seine Eltern als ohnmächtig, hilflos.
Dort, in Frankfurt, hatten seine Großeltern gelebt, die er jedoch nie kennen lernen durfte. Und es lebten dort ein Onkel und eine Tante seines Vaters; diese waren zugleich die erste Anlaufstelle der Remigranten. Sie erhielten ein Begrüßungsgeld von 10.000 DM, die Basis für einen ökonomischen Neuanfang; eine Grundlage, die ihnen die USA, als weiteres mögliches Emigrationsland, nicht zu bieten vermochte. Eine spätere Übersiedlung in die USA war ein Fantasma, wurde jedoch nie konkret unternommen. Nun lebt er im Land der Mörder, fast der gesamte Teil der mütterlichen Familie ist in der Nazizeit „verschollen“, die Mutter des Vaters ist in Theresienstadt ermordet worden. Seine Eltern „sind so der Vernichtung entronnen, aber sie haben ihre Familie verloren“, betonen Markert & Schapiro (2003).
In der Schule scheint er ein Fremder geblieben zu sein, fühlt sich gegenüber den deutschen Kindern fremd, das autoritäre Schulklima hinterlässt in ihm bedrückende Gefühle. Einer seiner Lehrer war bei der SS gewesen, aber was war die SS, fragte sich der Jugendliche? Im Geschichtsunterricht wird darüber nicht gesprochen. Dafür klingelt nachts regelmäßig das Telefon, seine Eltern werden als Juden beschimpft, gelegentlich geht Sammy selbst ans Telefon, „weil meine Eltern Angst haben: ‘Geht zurück nach Israel, Ihr Judenpack!’– ‚Ihr Saujuden,’. Nacht für Nacht, und kein Ende in Sicht“ (Speier 1988, S. 183) – eine Erinnerung, die er 40 Jahre später niederschreibt, zu einer Zeit, als er schon lange als Psychoanalytiker arbeitet. Seine Eltern wenden sich nicht an die Polizei, hierfür fehlt das Vertrauen gegenüber deutschen Behörden. Immer wieder schleicht sich das Misstrauen ein. Als er einem Schulfreund einmal mitteilt, dass er Jude sei, bricht dieser den Kontakt sofort ab: „Damit war das Gespräch beendet“ (Emmerich 2000). Die Rückkehr nach Deutschland ist Sammy Speier wohl zeitlebens als ein Fehler erschienen: „Meine Eltern waren in Israel viel weniger depressiv gewesen. Es war ein Fehler wegzugehen“ (Speier 2002, S. 162).
Als Jugendlicher sucht Sammy für mehrere Jahre Zuflucht im Jugendzentrum seiner jüdischen Gemeinde, ist in dieser Zeit u.a. mit dem drei Jahre jüngeren Micha Brumlik befreundet, ist dessen Madrichim: „Ich habe wenige deutsche Freunde, verbringe meine Nachmittage fast immer im Jugendzentrum der Jüdischen Gemeinde, jahrelang gehe ich dahin, suche etwas, finde Israelis, Sprache, Vertrautheit, aber auch Unvertrautes, Fremdes. Parallel beginnt das Rausgehen aus dem `Ghetto´, Hingehen zu deutschen Freunden“ (Speier 1988, S. 184).
Seine Mutter macht in Frankfurt einen Schnellimbiss auf, die Oase, sie war bei ihren Kunden sichtlich beliebt. Ihr Mann arbeitet mit. Sammy Speier studiert, engagiert sich kurzzeitig politisch links in der 68er Studentenbewegung, tritt voller Hoffnungen dem SDS bei, taucht in den Traum von der Solidarität, in die „Illusion vom Kollektiv“ (Markert & Schapira, 2003) ein. Hier fühlt er sich endlich zugehörig, persönlich und politisch: „[…] Den Linken natürlich, die sind koscher, keine Faschisten, keine Nazis, vielleicht dachte ich auch damals: keine Kinder von Nazis“ (Speier 1988, S. 186). Er kämpft um das Gefühl einer Zugehörigkeit, endlich möchte er einmal „dazu“ gehören.
In dieser Phase stirbt sein Vater im Alter von 57 Jahren. Sammy ist 21, muss das Studium für ein Jahr unterbrechen, um im mütterlichen Schnellimbiss mitzuarbeiten; sein älterer Bruder hilft ebenfalls mit: „Mein Studium legte ich für ein Jahr auf Eis. Ich war damals in der linken Szene. Morgens besetzte ich die Uni, abends ab sieben Uhr stand ich hinter der Theke. Der Imbiß war Tag und Nacht geöffnet“ (Speier 2002, S. 164). Danach nimmt er sein Studium wieder auf, versucht sich durchzuschlagen, nicht klein beizugeben. Anschließend macht er beim renommierten Frankfurter Sigmund Freud Institut eine Ausbildung zum Psychoanalytiker.
Seine Mutter lebte noch viele Jahre, pendelte zwischen Frankfurt und Tel Aviv, lebenslustig, optimistisch, die Kinder stützend. Sie stirbt 87-jährig. Solange sie noch lebt, traut er sich nicht, sie auf ihre Erlebnisse während der Nazizeit, ihr früheres Leben in Riga zu befragen. Sie könnte Schaden nehmen, daran zerbrechen. Das Fragen könnte Schaden anrichten, das Schweigen jedoch sperrt ihn von seiner eigenen, seiner familiären Vergangenheit aus – ein unlösbares Dilemma. Kein Ort, nirgends. Die innerfamiliäre Aggression bleibt verborgen, ob es ihm deshalb später leichter fiel, sich mit seiner deutschen Umwelt in kämpferischer Weise auseinanderzusetzen?
In seiner psychoanalytischen Praxis in Frankfurt stand in all den Jahren ein Klavier, in Erinnerung an seine Mutter, die gerne Pianistin geworden wäre, die er jedoch nie hat Klavierspielen hören. Sehr spät beginnt Sammy Speier mit dem Klavierspiel. Zaghaft, zögernd. Ein Versuch. Eine biographische, eine seelische Kontinuität.
Sammy lebt eine für jüdische Jugendliche in Deutschland typische Doppelexistenz: Er lebt und orientiert sich vor allem in den kleinen jüdischen Kreisen, fährt mit diesen in zionistische Ferienlager. Innerlich verspricht er sich als Jugendlicher: Später, wenn er erwachsen ist, wird er zur israelischen Armee gehen, vermutlich ganz in Israel bleiben. Den Eid hierauf jedoch, den Eid auf die „nationale Sache“, der im kleinen, jüdischen Kreis erwartet wird, die absolute Identifikation, verweigert er.[3]
Ich mache hier biographisch einen kleinen Sprung: Sammy Speier geht wenige Jahre später nach Israel, um den Militärdienst anzutreten. Jedoch – auch dort bleibt das Gefühl der Nicht-Zugehörigkeit, der Fremdheit. Speier (1988, S. 185) erinnert sich: „Ich gehe nach Israel, starte den Versuch, zum Militär zu gehen – ohne Eid – erschrecke aber, als ich erfahre, dass ich nicht – wie von mir erhofft und phantasiert – Bürohengst werden soll, nein, ich bin körperlich so gesund, trotz Brille, dass ich zur kämpfenden Truppe soll: Genau das halte ich nicht aus, will ich nicht, ich will nicht töten müssen, selbst wenn es der Selbstverteidigung dient.“[4]
Kehren wir zu seiner Jugend zurück: Eine Rückkehr nach Israel hätte auch eine Trennung von den Eltern bedeutet. Speier erinnert sich an die Urlaube: „Juden, kein einziger Urlaub mit Deutschen, erst viele Jahre später mit meiner Freundin, heutigen Ehefrau, davor nie“ (Speier 1988, S. 184).
Vorsichtig, schrittweise durchbricht er diese Grenzen, sucht Kontakte mit politischen Jugendlichen – mit offenkundig doch tiefer Ambivalenz, Misstrauen. Denn diesen Jugendlichen gegenüber betont er sogleich: „Ich bin aus Israel“ (Speier 1988, S. 184) – auch, um antisemitischen Äußerungen, Zurückstoßungen vorzubeugen. Er orientiert sich kurzzeitig an der radikalen jüdischen, den „nationalen Konsens“ in Israel zurückweisenden politischen Gruppe Mazpen (dt.: Kompass)[5] – „Da gehöre ich hin“ (Speier 1988, S. 185) –, deren Mitglieder eine Zusammenarbeit mit Arabern suchen und, die Trennung zwischen Juden und Arabern verweigernd, den selbstschädigenden Kreislauf der wechselseitigen Gewalt durchbrechen wollen. Die Gruppe Mazpen – der kurzzeitig auch Uri Avnery (vgl. Kaufhold 2003b) nahe stand und deren prominentester Vertreter der langjährige Leiter des Alternativen Informationszentrums, Michael Warschawski war, – gehörten nur einige Dutzend Aktivisten an– und doch wurde ihr in Israel eine außergewöhnliche Bedeutung und Macht zugeschrieben. Mazpen war in dieser Hinsicht ein Fantasma, eine Projektionsfläche für abgrundtiefe Ängste[6], weil sie als erste politische Gruppierung in Israel den „nationalen Konsens“ zurückgewiesen hatte. Ein Tabubruch, der bis ins ferne Deutschland reichte: In Frankfurt wurden Sammy und einige seiner jungen jüdischen Freunde wegen ihrer Sympathie für die Mazpen von jüdischen Zuhältern aus dem Bahnhofsviertel verprügelt; gerade KZ-Überlebende fühlten sich durch sie existentiell bedroht, in ihrer Identität erschüttert.
Studium, politisches Engagement und Enttäuschungen
„Was ich nicht aushalte, ist das Schweigen auf deutscher Seite. Ich muss einfach in meiner nächsten Umgebung wissen, wer die Eltern meiner Freunde sind. […] Und, was ich bis heute nicht aushalte, aber auch an- und ausspreche, ist die Rede von einem ‚gesunden’ deutschen oder sonstigen Nationalbewusstsein“
Sammy Speier (1988, S. 192)
„Ich kenne Kinder von SS-Männern, die aus der linken Bewegung heraus, aus dem SDS heraus, sich im Libanon von der Al Fatah ausbilden ließen – ohne Bewusstsein dafür, ohne es überhaupt zu bemerken – hochintelligente Leute, die sich wieder auf die Seite des Feindes der Juden, auf der Seite dessen, der die Juden zu vernichten trachtet, befanden. Ich frage mich oft, was wohl dahintersteckt?“
Sammy Speier (1997, S. 99)
Sammy Speier absolviert in Frankfurt am Main ein Studium der Psychologie. Kurzzeitig engagiert er sich beim SDS (s. o.), nimmt jedoch – wenn wir seinen diesbezüglichen Veröffentlichungen folgen dürfen – voller Schrecken die antiisraelischen Affekte gerade vieler linker politischer „Aktivisten“ wahr. Sein Engagement in der linken, internationalistisch ausgerichteten Studentenbewegung, der 1968-er Protestbewegung, hält offenkundig nicht lange an: Der allgegenwärtige Antisemitismus eines nicht unbeträchtlichen Teils der Linken stößt ihn ab, empört ihn zutiefst. Sie, die Kinder der Mörder, wählen die gleichen „Erklärungsversuche“, die gleichen Feindbilder, die gleichen wahnhaften, mörderischen Projektionen wie ihre eigenen Väter. Eine Ausflucht aus der Geschichte, der historisch gewachsenen Verantwortung. Was ihnen selbst als Rebellion erscheinen mochte, war, psychologisch betrachtet, eine Fortsetzung des Vernichtungswillens: „Begin sei Hitler“, „Israel sei ein imperialistischer Staat“: Sammy Speier fühlt die Verlogenheit, die projektive Abwehr vieler befreundeter Studenten – aber auch die eigene, existentielle Bedrohung:
„Unerträglich für mich wird es […] wenn Klagen und Anklagen gegen die Juden, gegen Israel, Vergleiche zwischen Hitler und Begin, zwischen Sabrah und Shatila und Auschwitz gezogen werden, alle aus dem verzweifelten Versuch, die Taten der Eltern, Großeltern zu entschulden“ (Speier 1997, S. 99; vgl. Speier 1988, S. 191). Zur Verdeutlichung führt Speier das Verhalten vieler linker deutscher Mitstudenten an, die die Elterngeneration verbal anzugreifen schienen: „Während der SDS-Zeit beobachtete ich folgendes Phänomen: Man setzte sich mit seinen Nazi-Eltern auseinander, fuhr aber an Weihnachten nach Hause. Aber genau das geht eben nicht! Aber es macht Angst, genauer hinzusehen“ (Speier 1990, S. 101).
Viele seiner Mitstudenten hatten, auf einer verborgenen Ebene, die Loyalität zu ihren Nazi-Eltern bewahrt, allem scheinbaren Protest zum Trotz – so empfindet er es zumindest. Später sollte Speier dieses ihn zutiefst verletzende und beunruhigende Thema in seinen kulturkritisch-politischen Texten – in denen er Freuds kulturkritische Schriften, dessen Mahnung vor den absolut zerstörerischen Kräften im Menschen, aufgriff –, diskutieren (vgl. Speier 1990).
Bereits 1959 hörte Sammy Speier von den Nazischmierereien an der Kölner Synagoge, zehn Jahre später, ausgerechnet am 9. November 1969, sollten einige Protagonisten der selbst ernannten „radikalen politischen Elite“ eine Bombe im Jüdischen Wohlfahrtshaus – der Zufluchtsstätte der wenigen noch in Deutschland verbliebenen deutschen Juden – in Berlin legen, die nur durch Zufall nicht hochging (Kraushaar 2005). Und drei Monate später, am 13. Februar 1970, wurden bei einem Brandanschlag auf die Israelitische Kultusgemeinde München, Reichenbachstraße, sieben jüdische Hausbewohner getötet, alles Überlebende der deutschen Shoah. Wenn es auch keine endgültige strafrechtliche Klärung dieses Mordes gegeben hat – ein Mord, der übrigens nahezu vollständig aus dem kollektiven Gedächtnis Deutschlands gelöscht wurde – so ist gemäß den Studien von Wolfgang Kraushaar (u.a. 2013) davon auszugehen, dass gleichfalls Linksradikale aus dem Umfeld der Westberliner „Tupamaros“ bzw. der Berliner „Apo-Rebell“ Dieter Kunzelmann persönlich – (vermutlich in Kooperation mit palästinensischen Terrorgruppen) – für diesen Mord an jüdischen Shoah-Überlebenden verantwortlich sind. Kraushaar betont in der taz: „Den Auftakt zum linken Terrorismus in Westdeutschland machte ein antisemitischer Anschlag“.
Ausläufer der Studentenbewegung ernannten sich in einem Akt des selbstgerechten, destruktiven Größenwahns zu Terroristen, unterstützten palästinensische Terrorgruppen in ihrem Kampf gegen den demokratischen Staat Israel – und teilten bei der Entführung einer Air France Maschine in Entebbe zwischen jüdischen und nicht-jüdischen Passagieren, selektierten die Juden – eine sehr deutsche, sehr mörderische Kontinuität.
Sammy Speier vollzog den Bruch mit diesen antisemitischen Tendenzen wohl schon zu einem sehr frühen Zeitpunkt, als die größenwahnsinnigen und totalitär-destruktiven Motive dieses Agierens von vielen noch nicht wahrgenommen, in ihrer Natur akzeptiert wurden.
Sammy Speiers Veröffentlichungen sind durchzogen von diesen leidenschaftlichen Auseinandersetzungen zwischen – ja, wie sollen wir es formulieren? – sich selbst als Jude und seiner nichtjüdischen Umgebung. Immer wieder sucht er den Dialog, die offene, tabufreie Auseinandersetzung, als ein Mensch, der „in diesem Land verzweifelt […] um eine gemeinsame Zukunft kämpft, sie sucht!“ (Speier 1997, S. 99) – in der ihm eigenen Weise. Über die Motive für sein nicht enden wollendes Bemühen als Jude in Deutschland bemerkt er: „Für mich ist der Sinn, einen solchen Beitrag zu schreiben, ein Bewusstsein zu schaffen, das die Nichtjuden dazu bewegt, gegen all diese Erscheinungsformen selber zu kämpfen, sensibel zu werden. Aber genau diese Sensibilität ist hier – häufig – nicht vorhanden“ (Speier 1997, S. 99).
Entschieden verwahrte sich Speier gegen eine Instrumentalisierung seiner Person als Jude durch linke politische Gruppierungen – die ihm wohl erst im Rückblick, im zeitlichen und emotionalen Abstand deutlich wird. 1988 bemerkt Speier hierzu: „Aber, im Nachhinein, an die SDS-Zeit denkend, behaupte ich, dass ich von linker Seite missbraucht worden bin, mich aber auch, um zu jemandem zu gehören, habe missbrauchen lassen. Vieles der Kritik, der Attacken gegen Israel diente und dient bis heute auch der Linken, dem Ausweichen vor einer auch für sie unerträglichen Wirklichkeit: Kinder von Tätern zu sein, Zuschauern, Schweigern, Mitläufern der Vernichtung von Millionen Juden, Sinti“ (Speier 1988, S. 187).
Bewusst wählt er in diesem Kontext die möglicherweise als etwas zugespitzt erscheinende Formulierung: „Nein, wenn die Juden endlich schweigen würden, dann wäre Auschwitz bewältigt! Das hört man schon öfter!“ (ebd.). Der israelische Psychoanalytiker Zvi Rix hat für diesen Sachverhalt die prägnante Formulierung gefunden: „Die Deutschen werden den Juden Auschwitz nie verzeihen.“ Sammy Speier hat diese Überzeugung immer wieder vertreten, privat und öffentlich – gewiss zum Unwillen seiner deutschen Umwelt.
Das Schweigen innerhalb der Psychoanalyse
„Es ist eine künstliche Empörung, aber auch ein Haß, was ich wahrnehme, wenn pauschal gegen Israel beziehungsweise gegen dessen Einwohner geurteilt wird! Mein Plädoyer heißt deshalb: Kehrt erst einmal vor der eigenen Tür und im eigenen ‚wiederaufgebauten’ Haus! Haltet erst einmal aus, Kinder zu sein von Tätern, Zuschauern, Raushaltern des größten Verbrechens gegen die Menschlichkeit! Flüchtet nicht nach vorne, schaut rückwärts!“
Sammy Speier (1997, S. 105)
„Es ist die Verzweiflung und die Wut zugleich, warum, in Gottes Namen, wir, die Juden, immer wieder in der BRD auf diese Zustände aufmerksam machen müssen.“
Sammy Speier (1988, S. 191)
Sammy Speier – der insgesamt fünf Kinder hatte – macht beim Sigmund Freud Institut in Frankfurt am Main seine psychoanalytische Ausbildung. Hierin setzt er zumindest anfangs wohl große Hoffnung – privat, aber gewiss auch gesellschaftlich und politisch. Er wird von Freunden als ein großartiger, humorvoller Erzähler von jüdischen Witzen beschrieben, so etwa: „‘Moische, kommst Du zu meiner Beerdigung?’ ‚Nein, Du kommst ja auch nicht zu meiner!’“ (Markert & Schapira 2003).
Und er verfügte über ein hervorragendes Talent Beziehungen über Telefongespräche zu pflegen. Markert & Schapira erinnern sich in eindrücklicher Weise: „Überhaupt: Sammy und das Telefon. Eine Leidenschaft und eine Meisterschaft. Die Telefonate waren unvergleichlich. So spontan, direkt und voller Leben. Nie hat er das Telefon abgeschaltet. Auch nicht in den Analysestunden. Für seine Patienten war dies zuweilen lästig und tröstlich zugleich, denn die Nebelschnur zu ihm riss nie ab. Nicht für seine Patienten. Nicht für seine Freunde. Nicht für seine Familie und schon gar nicht für seine Kinder“ (Markert & Schapira, 2003).In ihrem Nachruf verbinden sie diese Fähigkeit mit Speiers traumatischem, mit abgrundtiefer Angst durchtränktem familiären Hintergrund, indem sie deutend hinzufügen: „Nie verließ ihn die Angst, ein geliebter Mensch könne abhanden kommen, sterben. Er war ein unendlich liebevoller, fürsorglicher Vater, ein Mann, der Kinder über alles liebte, weil er das Leben, die Hoffnung liebte. Umso ängstlicher war er um dieses zerbrechliche Leben und jeder Abschied war ein kleiner Tod, weil er um zu viele Abschiede ohne Wiedersehen wusste“ (Markert & Schapira, 2003).
In seinem öffentlichen Auftreten war Sammy Speier häufig von einer hervorstechenden Entschlossenheit und Kampfesfreude: So scheute er sich nicht davor, bei Vorträgen seinen Standpunkt laut in den Saal zu rufen – etwa, dass die Begriffe „Halbjude“ und „Vierteljude“ nicht zu verwenden seien, da sie eine Erfindung der Nazis seien (vgl. Speier 1988, S. 192) – laut in den Saal zu rufen, was einen Teil der Zuhörer empörte. Wo die bedrückende Mehrzahl der Deutschen, aber auch der traumatisierten jüdischen Überlebenden schweigt, die Geschichte verleugnet, tabuisiert, da schreit er, vielleicht auch für diese mit, da provoziert, da lebt er. Schweigen ähnelt dem Tod, dem gar zu viele seiner Verwandten, dem ein Großteil seines jüdischen Volkes willkürlich, sinnlos und bestialisch zum Opfer fiel. Da kann Sammy Speier nicht mitmachen – man sollte ihm dafür danken! Markert & Schapira (2003) erinnern sich in ihrem Nachruf an ihren Freund und Kollegen:
„Die traumatisierten Überlebenden versuchten unterzutauchen, unauffällig zu sein, waren stumm. Er dagegen empörte sich, schrie auf, provozierte. Nie hat er den Mund gehalten. Er hat geredet, gestikuliert, geschrieen, wo andere geschwiegen haben. Es fiel ihm schwer, ruhig im Sessel zu sitzen. Ständig war er in Bewegung. Er hat gekämpft mit ganzem Körper, wie jeder weiß, der ihn Basketball spielen gesehen hat, und mit ganzem Herzen. Und es hatte keinen Sinn, ihn zu bitten, sich zu schonen, sich nicht so aufzuregen, sich zurück zu nehmen. Die freie Wahl, sich mit Auschwitz zu beschäftigen oder nicht, ist ein Privileg der Täter und ihrer Nachkommen, nicht der Opfer. Er war wütend über diese Wahlfreiheit, wütend darüber, dass er umgeben war von Menschen, die sie nutzten. Er konnte hart sein in seinem Vorwurf und ungerecht in seiner Pauschalierung, aber hinter seinem provokanten Zorn lag Schmerz, Verwundung, Verzweiflung. Wer dies begriff, dem öffnete er sich, dem konnte er nah sein. Wer ihm nah war, war gezwungen, zu kämpfen, zu streiten, zu verstehen. Sich und ihn. Wer ihm nah war, wurde belohnt durch seine bedingungslose Loyalität, seine Wärme, seine Liebe, seine lebenspraktische Direktheit, seinen Humor“ (Markert & Schapira, 2003).
Sammy Speier konnte hassen, aber er vermochte auch eine intensive Warmherzigkeit zu schenken. Sein Auftreten war häufig von einer solchen Heftigkeit und Vitalität, dass sie auch viele Jahre später noch lebhaft in Erinnerung blieb.
Sammy Speier sucht als Psychoanalytiker – und bei Psychoanalytikern – Verbündete. Er engagiert sich in den 1980er Jahren im linken „Bernfeld-Kreis“ (Speier 1990, S. 279; vgl. Kaufhold 2009b), einem europaweiten Zusammenschluss „kritischer“ Psychoanalytiker. Er arbeitet als Supervisor bei AMCHA, einem Zusammenschluss von psychoanalytisch orientierten Fachleuten zur Behandlung und Unterstützung von Schoa-Überlebenden. Und er nimmt zweimal jährlich an Treffen von Menschen mit jüdischen Biographien teil, die eine ähnliches Schicksal wie er selbst haben – eine bedeutsame Erfahrung, die ihn ermutigt und bewegt. Erstmals scheint er hierbei die Erfahrung gemacht zu haben, anderen Menschen wirklich vertrauen zu können, von ihnen verstanden zu werden. Eine Auswanderung, eine Übersiedlung nach Israel scheint für ihn in all den Jahren jedoch nicht ernsthaft erwogen worden zu sein: „Wenn ich hier weggehe, hat Hitler gewonnen!“, formuliert Speier (1988, S. 191) mehrfach. Offenkundig in Folge seiner psychoanalytischen Ausbildung deutet Speier sein Bleiben in Deutschland, trotz aller Belastungen, in seinen letzten Lebensjahren familiendynamisch: Seine Eltern waren aus vielerlei Gründen nach Deutschland zurückgekehrt. Trotz aller Schuldgefühle, aller Ängste war ihre Rückkehr jedoch auch ein Angebot an die deutsche Gesellschaft, sich mit der Ermordung der Juden auseinanderzusetzen – ein Angebot, welches die deutsche Gesellschaft in einem Jahrzehnte langen Prozess, so will mir scheinen, mehrheitlich „angenommen“ hat. Geschichte ist ein Teil von uns – allen Hohmanns, Walsers, Möllemanns und Geschichtsfälschern zum Trotz. Trotz der Schoa ist der Kontakt zum und die Zusammenarbeit mit dem demokratischen Staat Israel gelungen. Es existiert zwischen beiden Staaten ein lebendiger, pluralistischer Dialog. In diesem Sinne formuliert Sammy Speier über die inneren, unbewussten Motive seines Bleibens in Deutschland: „Wenn ich darüber nachdenke, vermute ich, dass mein Hier-Sein und –bleiben auch mit einem unausgesprochenen Auftrag meiner Eltern zu tun hat: den Dialog zu führen und zu leben. Dies geht aber eben nur unter Einschluss der Vergangenheit“ (Speier 1988, S. 191).
An dieser Stelle werden die seit Anfang der 1980er Jahre veröffentlichten Studien zur Geschichte der Psychoanalyse im Nationalsozialismus (vgl. Lohmann 1985, Lockot 1985, Juelich 1997, Kaufhold 2001, 2003a, Wiener Psychoanalytische Vereinigung 2005) als bekannt vorausgesetzt. Die Erinnerung an die mutige Berliner Psychoanalytikerin und Widerstandskämpferin Edith Jacobson beispielsweise war für 30 Jahre vollständig aus dem Gedächtnis selbst ihrer deutschen Kollegen ausgelöscht (vgl. Kessler & Kaufhold, 2015). Speier beteiligte sich an dieser Debatte mit mehreren grundlegenden Beiträgen (Speier 1985, 1987, 1990, 1992, 1997).
Das Schweigen der anderen scheint die für Sammy Speier dominierende Lebenserfahrung gewesen zu sein. Nach seinem „Bruch“ mit vielen Linken begegnete er diesem Schweigen auch innerhalb seiner eigenen Zunft – im Frankfurter Sigmund Freud Institut.
Die von Sigmund Freud begründete Psychoanalyse war eine – zunächst überwiegend von Juden getragene – Aufklärungsbewegung. Nach 1933 emigrierte die Mehrzahl der jüdischen Psychoanalytiker aus Deutschland und nach 1938 auch aus Österreich (Kaufhold 2003, Kaufhold & Wirth 2006). Wenige blieben – und wurden ermordet – während der verbliebene Teil der „arischen“ Psychoanalytiker in illusionärer Verkennung die Psychoanalyse in der Nazizeit „zu retten“ versuchte (Nitzschke 2003).
In den 1980er und 1990er Jahren gab es nicht mehr viele jüdische Psychoanalytiker in Deutschland, und von diesen wenigen gab es noch wenige, die sich an der Debatte um die Psychoanalyse während der NS-Zeit beteiligten. Sammy Speier war einer von ihnen. Er meldete sich in den frühen „einschlägigen“ Publikationen zur Geschichte der Psychoanalyse im Nationalsozialismus immer wieder zu Wort meldete, und zwar in der für ihn kennzeichnenden Deutlichkeit.[7] Ein Beispiel: Im Juni 1988 leitete Speier gemeinsam mit Hans Keilson auf der vom Hamburger Institut für Sozialforschung veranstalteten Arbeitstagung „Gibt es einen linken Antisemitismus?“ eine Arbeitsgruppe. Sein dort gehaltener Vortrag „Manifestationen der totgeschwiegenen Vergangenheit 1933 – 1945 im heutigen Alltagsbewusstsein“, dem er den Untertitel hinzugefügt hatte „Die BRD – ein politisch-menschlicher Krisenherd?! Kehrt vor der eigenen Tür!“, wurde später in den – Hans Keilson gewidmeten – Band „Geschichte als Trauma“ (Juelich 1997) aufgenommen. Hans Keilson hat 1988 ebenfalls eine Studie über „Linken Antisemitismus“ publiziert, die eine zentrale Position in seinem politisch-kulturellen Schriften einnimmt (vgl. Kaufhold 2009a, S. 123f.).
Speier hatte seinen Vortrag in einer sehr direkten und klärenden Weise eröffnet: „Daß ich mich mit der Linken auseinandersetze, liegt daran, dass ich von der sogenannten Mitte und Rechten in der BRD erst gar keine Einsicht, Einfühlung erhoffe, erwarte. Es ist sicherlich Ausdruck meiner ‚Haßliebe’ zur Linken in der BRD“ (Speier 1997, S. 95). Zwei Jahre zuvor hatte er bemerkt: „Eine meiner größten Enttäuschungen der letzten Jahre war, festzustellen, dass selbst meine Kollegen und Kolleginnen, sprich die deutschen Psychoanalytiker, es bis heute nicht für nötig halten, sich mit diesem unerträglichen Teil ihrer Vergangenheit emotional zu beschäftigen. Ich bin Psychoanalytiker geworden, weil ich glaubte, Analytiker besäßen die ‚Fähigkeit zu trauern’. Erst in den letzten Jahren wurde mir klar, dass dies eine Illusion ist“ (Speier 1988, S. 189). Die Enttäuschung hierüber war umso größer, weil Speier zwanzig Jahre zuvor, während seines Studiums, eine vergleichbare Enttäuschung wegen der antiisraelischen Affekte vieler Studenten durchgemacht hatte (s. o.). Wohl auch aufgrund dieser früheren Erfahrung hatte sich der Jude Sammy Speier der Psychoanalyse zugewandt. Dieser, auch seinem Analytiker gegenüber empfindet er Dankbarkeit, sie habe ihm einen emotionalen Wachstumsprozess ermöglicht, die Verarbeitung seiner Trauerprozesse über das Verlorene, das Fremde (Speier 1988, S. 186).
Als knapp Fünfzigjähriger scheint er dann alle tröstenden Illusionen verloren zu haben: „Meine Vorstellung, meine Hoffnung und mein Wunsch, ein Zuhause zu finden, wurden von den deutschen Psychoanalytikern genauso enttäuscht wie damals vom SDS. Nur ist meine Wut jetzt viel größer, weil ich von Erwachsenen mehr erwarte und verlange, vor allem wenn sie Analytiker sind, als von Studenten. Zugleich macht mir das Sorge. Sorge um meine Zukunft, aber vor allem, um die Zukunft meiner Kinder in der BRD“ (Speier 1988, S. 189).
Dennoch und trotz alledem: Diesen Prozess der Desillusionierung hat Sammy Speier offenkundig kreativ zu bewältigen vermocht: im Sinne einer seelischen Weiterentwicklung, eines kreativen Neubeginns. Er war nicht mehr auf die Zustimmung deutscher Freunde und Kollegen, auf den Zuspruch der „kompakten Majorität“ (S. Freud) angewiesen. Oder, in seinen eigenen Worten formuliert: „Ich halte zunehmend die Spannung und Traurigkeit aus, nicht zu den anderen, zu einer Majorität zu gehören, ohne dass bei mir ein Gefühl von Verlust entsteht“ (Speier 1988, S. 191).
Die letzten Jahre: Seelische Lebendigkeit, die Wiederannäherung an Israel und das Drama seines Todes
„Die Juden sind unser Unglück, hieß es in der Nazizeit. Ob die Juden, die sich heute noch erinnern, auch unser Unglück sind?! Es ist doch viel leichter, sich z. B. in Frankfurt am Main am Häuserkampf mit den jüdischen Spekulanten nach 1945 zu beschäftigen als mit der Geschichte dieser Häuser vor 1945. Wie anlässlich einer Diskussion zum Fassbinder-Stück mir ein linker Frankfurter Anwalt – der sich unbefangen genug fühlte, gegen jüdische Spekulanten Prozesse zu führen – sagte: Er hat die Geschichte der Frankfurter Häuser im Westend nach 1945 minutiös nachgeforscht; auf meine Frage nach der Geschichte dieser Häuser vor 1945 antwortete er, dazu hätte er keine Zeit gehabt. Ja, die Juden sind unser Unglück, ohne sie wäre das Frankfurter Westend noch heute gut erhalten, ohne Hochhäuser und ohne ein jüdisches Gemeindehaus.“
Sammy Speier (1997, S. 100f.)
„Warum dieser Haß gegen Israel? Oder gegen die Bühnenbesetzer beim Fassbinder-Stück? Erträgt der Antisemit es eben doch nicht, einen selbstbewussten, starken Juden vor sich zu haben?“
Sammy Speier (1997, S. 100f.)
Der durch die Schoa bedingte historische und biographische Riss ging durch die gesamte Gesellschaft, und „insofern“ auch, dies sollte nicht verwundern, durch die Psychoanalyse. Dieser Bruch blieb eine unheilbare Wunde. Die Sehnsucht nach Solidarität, nach einem Wir-Gefühl blieb, wurde von Speier jedoch zugleich als illusionär, als trügerisch erkannt: „Für einen Juden ist dieses internationale Wir-Solidaritätsgefühl nach dieser Massenmordgeschichte in der NS-Zeit freilich Hohn und Spott“, schrieb er bereits vor zwanzig Jahren (Speier 1990, S. 275). Diese schmerzhafte Erkenntnis gab ihm jedoch zugleich die innere Freiheit zum „Querdenken“ (ebd.) – welche wiederum wesenhaft mit dem Geist der Psychoanalyse verbunden ist bzw. war.
Zeitgleich und zugleich nähert sich der vormalige Mazpen-Sympathisant wieder seinem früheren Heimatland an: Israel, welches er mit seiner Familie nun immer wieder besucht und so eine seelisch-familiäre Kontinuität schafft. Sammy Speier betont: „Dennoch bin ich emotional mit Israel stark verbunden, verbringe mit meiner Familie jährlich mindestens einmal dort unseren Urlaub. Ich vermittle auch auf diese Weise meinen Kindern einen Teil meiner Identität, ohne wie früher dadurch bedroht zu sein, innerlich auseinandergerissen zu werden. Ich erlaube mir weiterhin, Israel zu kritisieren, aber zugleich kann ich dieses Land, wie es ist, sehr lieben“ (Speier 1988, S. 193).
Er zeichnet in persönlicher Weise seine seelische, seine biografische Wiederannäherung an sein früheres Heimatland Israel nach – worin sich zugleich sein seelischer Entwicklungs- und Wachstumsprozess widerspiegelt. Speier hebt hervor: „Ich glaube, dass ich in dieser Phase, zum ersten mal nach meiner Ankunft in der BRD, wieder begonnen habe, Liebe zu Israel in mir zu entdecken. Erst jetzt die psychische Kraft besaß, mir diese Sehnsucht und Liebe einzugestehen, es wieder genoss Iwrith (Hebräisch) zu sprechen. Meine überbetonte Kritik an Israel in der Phase davor, sollte mir helfen, dieser drohenden innerlichen Zerreißprobe auszuweichen“ (Speier 1988, S. 188).
Auch politisch nähert er sich nun Israel wieder an, sieht – wie mir scheint in sehr identischer Weise wie sein niederländischer Kollege Hans Keilson (vgl. Kaufhold 2009a, 2010) – die absolute Notwendigkeit der Existenzsicherung Israels. Die gerade unter „kritischen“ Freunden Israels wie unter linken Israelis heftig umstrittene politische Frage, ob Israel nun ein multinationaler Staat sein müsse, oder aber vielleicht doch „nur“ ein jüdischer Staat, ist für den früheren Mazpen-Sympathisant nun nicht mehr vorrangig entscheidend. Er spürt zuvörderst die Angst um diesen kleinen, wenn auch militärisch hochgerüsteten jüdischen Staat: „Und ich habe Angst um dieses Land, will, dass es weiter existiert, bin auch nicht, wie viele andere linke Juden, der Meinung, dass es nur als multinationaler Staat überleben wird. Ich bin nicht davon überzeugt, dass dies die einzige Existenzberechtigung dieses Landes ist. Nein, ich bin davon überzeugt, dass vierzig Jahre nach ‘Auschwitz’ das Trauma, das meinem Volk zugefügt worden ist, noch viel zu groß ist, als dass man sich einer andersgläubigen Majorität anschließen, anvertrauen kann. Ich bemühe mich, kosmopolitisch zu sein und zu leben, glaube aber noch nicht so recht daran, dass der Mensch diese Toleranz in sich hat“ (Speier 1988, S. 192).
Nun lässt er sich nicht mehr einschüchtern, auch nicht aus Deutschland vertreiben – er fühlt sich, dem Schicksal seiner Familie eingedenk, verpflichtet zu bleiben. Das ist sein Beitrag zur „Aufarbeitung der Geschichte“ – sofern diese abgegriffene und überstrapazierte Formulierung überhaupt noch einen Sinn hat. Die Geschichte soll sich nicht mehr wiederholen. Deshalb betont Speier: „Manchmal, möglicherweise irrational auf die innere Frage antwortend, warum ich hier lebe, sage ich mir: wenn ich hier weggehe, hat Hitler gewonnen! Ich schulde es mir selbst, aber auch meinen Eltern, Großeltern, Tanten und Onkeln, diesen Teil der Vergangenheit auch im Bewusstsein anderer Menschen zu halten. Ich weiß, dass das für die Umgebung oft quälend ist, es ist und war auch für mich sehr quälend, mich emotional damit zu beschäftigen. Ich habe erst lernen müssen, dies auszusprechen, obwohl ich Jude bin, weil ich zu oft erlebte, dass ich als Rächer, als Verfolger von meiner Umwelt erfahren werde. Aber dem ist nicht so, es entspringt einzig und allein dem Wunsch, dass dies nie wieder geschieht“ (Speier 1988, S, 191). Und er fügt hinzu: „Ich gehe weiterhin von der Annahme aus, dass genau dies mich mit dem einfühlsameren, menschlicheren Teil meiner Umwelt verbindet“ (ebd.).
In seinen letzten Lebensjahren unterschreibt Speier – der insgesamt fünf Kinder hatte – mehrfach öffentliche Petitionen, politische Resolutionen, so vor der Bundestagswahl 2002 eine Warnung vor den gefährlichen antisemitischen Ausfällen des FDP-Politikers Jürgen Möllemann. Und im Februar Jahr 2003, während der hiesigen Demonstrationen gegen den Irak-Krieg, unterzeichnete der 58-jährige einen vom „Bündnis gegen Antisemitismus“ in einer überregionalen Tageszeitung publizierten „Offenen Brief an die Friedensbewegung. Wider die politische Naivität“, in dem die Unterzeichner vor Antiamerikanismus, politischer Naivität und Feindschaft gegenüber Israel warnen. Der Aufruf an die „Friedensbewegung“ endet mit den Worten: „Daher rufen wir all jene auf, die sich als kritischer Teil der Friedensbewegung begreifen, inhaltliche Debatten anzustoßen und die Differenzen zu Strömungen deutlich zu machen, deren Weltbild durch Antiamerikanismus und politische Naivität geprägt ist.“
Am 19. Juni 2003 stirbt Sammy Speier In Frankfurt. Er ist nur 59 Jahre alt geworden. Sein Tod war von einer ganz außerordentlichen, mich erschütternden Dramatik und Tragik – und entsprach in seiner Art doch sehr seinem streitbaren und kämpferischen Leben und Wirken. Im Prozess der Wiederannäherung an den Ort seiner psychoanalytischen Ausbildung – nachdem er eine jahrelange, schmerzhafte Trennung von diesem Ort durchlebt hatte –, wurde Sammy Speier vom Tod ereilt. Er starb an Herzversagen: er vermochte es nicht mehr auszuhalten, das Leben. Friedrich Markert und Esther Schapira (2003) führen in ihrem Nachruf auf den jüdischen Psychoanalytiker Sammy Speier dazu aus:
„Es war ein Abend, wie er ihn liebte. Hitze hing über der Stadt und die Luft roch nach Sommer. Ein Abend, wie es ihn in Deutschland nur selten gibt, viel zu selten für ihn, der sich so sehr nach Wärme sehnte und unter der Kälte litt. Ein Abend, der seiner Familie gehörte. So wie jeder Schabbat. Er stand auf und verließ die Menschen, die ihm am wichtigsten waren. Seine Frau und seine fünf Kinder. Die Entscheidung zu gehen fiel ihm schwer.
Jahrelang hatte er das Frankfurter Psychoanalytische Institut nicht mehr betreten – bis zu diesem Abend im Juni. Er wollte den Vortrag seines Kollegen Jannis Kontos hören, er wollte einem Mann zuhören, dem er sich nah fühlte, und vielleicht wollte er auch einen Schritt auf jene zugehen, die sein Kommen verwunderte. An diesem Sommerabend waren nicht viele gekommen. Alle kannten sie Sammy Speier seit Jahrzehnten, wussten um das Ungewöhnliche seines Kommens. Gemeinsam mit ihnen ging er nun die Stufen nach oben zum Vortragsraum. Oben angekommen, brach er zusammen. Bewusstlosigkeit, Herzstillstand. Sammy Speier kämpfte ums Überleben. Notfallmedizin. Nach 45 Minuten wird er ins Krankenhaus gebracht, ohne das Bewusstsein wiedererlangt zu haben.
Sein Zusammenbruch war der letzte Akt im Drama der gestörten Beziehung zwischen Sammy Speier und dem Institut, das letzte Zusammentreffen zwischen dem Menschen Sammy Speier, der so sehr auf Verständigung hoffte und jenen, die ihn nicht verstanden“ (Markert & Schapira 2003).
Sechs Tage nach seinem Zusammenbruch stirbt Sammy Speier.
Sein jäher Tod hat viele berührt. Er, der sehr häufig Kontroversen entfachte, das Schweigen durchbrach, fand am Ende besonders viele Freunde. Von ihm wollte man sich verabschieden, auf dem jüdischen Friedhof Frankfurts. Erlebt hat er es nicht mehr – oder vielleicht doch? An einem sehr heißen Tag versammelten sich hunderte Trauergäste – „so viele, dass sie nicht alle Platz finden in der Trauerhalle“ (Markert & Schapira 2003).
Sammy Speier hat viele Menschen zusammengeführt, zusammengefügt, aus verschiedensten gesellschaftlichen Bereichen. Im Tode wirkte er weiter. Heute scheint er unter seinen Kollegen vergessen.
Ich habe Sammy nie kennen gelernt. Es fällt mir nicht leicht, Menschen zu vertrauen. Sammy jedoch hätte ich sehr gemocht. Ich vermisse ihn.
Nachbemerkung
Beim Verfassen dieser biographischen Studie habe ich mich dieser Zeilen des israelischen Lyrikers Jehuda Amichai erinnert; vielleicht werden sie Sammy Speiers Wirken gerecht:
An dem Ort, an dem wir recht haben,
werden niemals Blumen wachsen
im Frühjahr.
Der Ort, an dem wir recht haben,
ist zertrampelt und hart
wie ein Hof.
Zweifel und Liebe aber
lockern die Welt auf
wie ein Maulwurf, wie ein Pflug.
Und ein Flüstern wird hörbar
an dem Ort, wo das Haus stand,
das zerstört wurde.
Dieser Beitrag erschien in: Roland Kaufhold & Bernd Nitzschke (Hg.) (2012):Jüdische Identitäten nach dem Holocaust in Deutschland. Schwerpunktband der Zeitschrift Psychoanalyse – Texte zur Sozialforschung Heft 1/2012, S. 96-112. Wir danken für die Genehmigung zur Veröffentlichung.
Update
Im Jahr 2021 hat sich Sammy Speiers Ehefrau Miriam Speier in eindrücklicher Weise an ihr Leben in Frankfurt, ihre Ehe mit Sammy und ihr heutiges Engagement bei WIZO erinnert. Auf die Gegenwart und ihre inzwischen erwachsen gewordenen drei Kinder bezogen betont sie:
„Es gibt einen wichtigen Unterschied zwischen meiner Generation und der meiner Kinder. Ich gehöre zur sogenannten Second Generation, der Zweiten Generation nach der Schoa. Meine Eltern sind Kriegskinder mit unterschiedlichen Schicksalen. Meine Mutter, die 1942 im Ghetto Warschau geboren wurde, überlebte bei einem warmherzigen polnischen Bauernpaar außerhalb des Ghettos und kam später wieder zu ihren Eltern zurück. Mein Vater, der 1943 geboren wurde, überlebte den Krieg zusammen mit seiner Familie in Kasachstan. (…) Die neue Generation, auch das sehe ich an meinen Kindern, fühlt sich zunehmend mehr zu Hause in Deutschland. Daher trifft es sie besonders hart, wenn sie anhand zunehmender aggressiver judenfeindlicher Bemerkungen und Taten spüren, dass der Antisemitismus hier wieder salonfähiger wird. Es macht sie betroffener als seinerzeit meine Generation, denn wir haben damals latent immer mit solchen Ausfällen gerechnet.“ (Kanis 2021)
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Anmerkungen:
[1] Für Andrea Livnat (Tel Aviv). Ich danke Peter Pogany-Wnendt (Köln) und Dr. Friedrich Markert (Frankfurt am Main) herzlich für ihre Rückmeldungen zum Manuskript; ihre hilfreichen Anregungen habe ich in die Studie eingearbeitet.
[2] Zur Erinnerung und Verdeutlichung: In den 1950er und auch noch 1960er Jahren war in Israel jeglicher Kontakt zu Deutschen absolut verpönt, die ersten diplomatischen Beziehungen zu Deutschland wurden erst 1965 aufgenommen, der erste Schüleraustausch fand 1965 zwischen Köln und Tel Aviv statt, er trug einen eher geheimen Charakter, auf der Grundlage einiger weniger privater Beziehungen. Die Diskussion um die „Entschädigungszahlungen“ Deutschlands an Israel waren mit heftigsten innerisraelischen Auseinandersetzungen verbunden (vgl. Boord 2001).
[3] Wir mögen uns an den von Uri Avnery sehr anschaulich beschriebenen Bruch mit der nationalistischen jüdischen Freiheitsbewegung Irgun erinnern, aus der Uri Avnery als Jugendlicher austrat – obwohl dies „eigentlich“ gar nicht möglich war (vgl. Kaufhold 2003b).
[4] Diese Erfahrung korrespondiert mit den autobiographischen Schilderungen von Daniel Cil Brecher (2005); vgl. Kaufhold (2007).
[5] Mazpen war eine radikale aktivistische Gruppe, die 1962 als Abspaltung aus der Kommunistischen Partei Israels entstanden ist.
[6] Als Ausdruck dieser massiven Angst mag die Einschätzung des israelischen Botschafters Asher Ben Nathan in Berlin dienen, der diese winzige Gruppierung von vielleicht aktiven 30 – 60 Personen 1969 auf 20.000 Mitglieder geschätzt haben soll.
[7] In der dieser speziellen Thematik zugehörigen deutschsprachigen Fachliteratur werden die Studien Sammy Speiers nach meinem Eindruck nahezu nie zitierend vorgestellt, in der englischsprachigen Fachliteratur hingegen wird er verschiedentlich, und in umfassenderer Weise, vorgestellt.