„Alles aufgrund einer Kunstausstellung“

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Antisemitismus prägte Kunstwerke und den Alltag für jüdische Menschen während der documenta fifteen 2022

Im vergangenen Kalenderjahr dokumentierte RIAS Hessen 38 antisemitische Vorfälle, die sich auf die documenta fifteen in Kassel beziehen. Damit bot die weltweit beachtete Ausstellung hessenweit eine wesentliche Gelegenheitsstruktur für antisemitische Vorfälle in 2022. Auf der documenta fifteen gab es nicht nur Werke mit antisemitischen Stereotypen und Inhalten; es kam darüber hinaus in Hessen und bundesweit zu antisemitischen Vorfällen abseits des Ausstellungsgeländes, anlässlich der Kunstschau. Die zeitgenössisch weltweit größte Kunstausstellung hat hessenweit antisemitische Äußerungen und Handlungen befeuert.

Auf der documenta fifteen war vor allem der israelbezogene Antisemitismus präsent und trat häufig in Verbindung mit Post-Shoah-Antisemitismus oder modernen Antisemitismus auf. Das heißt, es wurde sich nicht nur antisemitisch gegen Israel geäußert, sondern es sind auch positive Bezüge zur Shoah hergestellt oder Verschwörungsmythen reproduziert worden.

RIAS Hesen hat die Vorfälle, die inkriminierten Kunstwerke und eine Einordnung der Vorfälle in einem Monitoringbericht zusammengestellt. Hiermit ergänzt RIAS Hessen mit seinen Veröffentlichungen auch die bisherigen Veranstaltungen und Publikationen zu den Vorgängen auf der documenta fifteen.

Charlotte Brandes, wissenschaftliche Mitarbeiterin bei RIAS Hessen: „Die documenta fifteen hat eine Gelegenheitsstruktur für Antisemitismus geschaffen. Das heißt, die Weltkunstschau gab Anlass für mehr antisemitische Vorfälle in Hessen und prägte so den Alltag für jüdische Menschen. Diese sind auf der Straße, im öffentlichen Nahverkehr oder in ihrem direkten Wohnumfeld antisemitisch adressiert worden. Viele haben vermehrt zwischen Sichtbarkeit und Sicherheit abwägen müssen. Alles aufgrund einer Kunstausstellung.“

Dr. Susanne Urban, Projektleiterin RIAS Hessen: „Der Monitoringbericht zur documenta fifteen unterstreicht, dass Antisemitismus sich offen zeigt. Abwehr von historischer Verantwortung und die Umwegkommunikation über Israel – gemeint sind am Ende aber doch immer „die Juden“ – sind Alltagsphänomene. Das bedeutet: Antisemitismus ist Alltag für Jüdinnen und Juden und hat entgegen allen Verlautbarungen eben leider doch Platz in unserer Gesellschaft.“

Der Monitoringbericht ist als Download verfügbar unter:
https://rias-hessen.de/wp-content/uploads/2023/05/rias_brosch_monitoring_web.pdf

Die Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus Hessen (RIAS Hessen) erfasst und dokumentiert seit Frühjahr 2022 antisemitische Vorfälle in Hessen. Betroffene werden bei Bedarf an kompetente Beratungsstellen weitergeleitet. Forschung zu und Bildung über Antisemitismus sind weitere Aufgabenfelder von RIAS Hessen. Grundlage der Arbeit von RIAS Hessen ist die Arbeitsdefinition Antisemitismus der Inter-national Holocaust Remembrance Alliance (IHRA). RIAS Hessen wird durch das Bundesprogramm „Demokratie leben!“ und das Landesprogramm „Hessen – aktiv für Demokratie und gegen Extremismus“ gefördert.