„Für mich war wichtig, eine Zukunft zu haben“

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Karl Pfeifer im Palmach Museum Tel Aviv, Foto: A. Livnat

Gestern Abend ist der in Wien lebende Journalist und Zeitzeuge Karl Pfeifer im Alter von 94 Jahren verstorben. Ein unermüdlicher Aufklärer und Mahner gegen Antisemitismus, Rassismus und Demokratiefeindlichkeit, der sich nie scheute, seine Kritik ungeachtet ideologischer Richtungen deutlich und scharf zu formulieren. Er wird uns sehr fehlen. 

Mit 94 Jahren war Karl immer noch sehr beschäftigt, postete täglich auf Facebook, schrieb weiter Artikel, vor allem wenn ihn ein Beitrag ärgerte und den Blutdruck steigen ließ, wie er gerne sagte. Und er war weiter viel auf Reisen, gemeinsam mit seiner Frau Dagmar, quer durch Europa, von Italien nach London, und im kommenden Mai wollten sie endlich auch wieder nach Israel kommen. 

1928 in Baden bei Wien geboren, floh er mit seiner Familie 1938 nach Ungarn. Dort schloss er sich der  linkszionistischen Jugendgruppe haSchomer haZair an. 1943 gelang ihm in einer Gruppe von 50 Kindern die Flucht nach Palästina. Karl schloss sich als 18jähriger der Elitetruppe Palmach an und kämpfte im Unabhängigkeitskrieg. Viele Male habe ich ihn von dieser Zeit erzählen hören, durfte im Zuge der Dreharbeiten zu dem Film „Zwischen allen Stühlen“ auch mit dem Team und ihm das Palmach Museum besuchen. Die Zeit hat sich in besonderer Weise bei ihm eingebrannt, sein Wunsch, von seinem Beitrag für das Land zu erzählen, war groß.

Sicher auch, weil Karl sich entschied, nicht in Israel zu bleiben. 1951 kehrte er nach Österreich zurück. Viele Jahre arbeitete er in unterschiedlichen europäischen Ländern in verschiedenen Berufen. Erst Anfang der 1980er Jahre fand er seine Berufung als Journalist und begann als Redakteur der Gemeindezeitung der IKG Wien zu arbeiten. Seit Beginn der 1990er Jahre schrieb Karl für unterschiedliche Medien und war auch als Korrespondent für den israelischen Rundfunk tätig. Auch für haGalil schrieb er fast von Beginn an regelmäßig.  „Nirgends auf der Welt kann ich mich einmal täglich so aufregen wie in Österreich, das tut mir gut“, sagte er einmal, aber auch andere Orte, in den letzten Jahren vor allem Ungarn, haben ihn täglich bewegt.

Jedes Gespräch mit Karl war ein Erlebnis. Vom Hunderdsten ins Tausendste erzählte er immer queer Beet aus seinem Leben, aus den vielen Begegnungen, die er im Laufe seiner jahrzehntelangen Journalistentätigkeit hatte. Immer mit einer Prise Humor und Sarkasmus gewürzt. Karl sprach neben Deutsch fließend Ungarisch, Hebräisch, Englisch, Französisch und Italienisch. Entsprechend groß war auch die Palette seiner politischen Kommentare und Beiträge. 2013 erschien seine Autobiographie „Einmal Palästina und zurück„. 2018 wurde er mit dem Goldenen Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich und 2022 dem Simon-Wiesenthal-Preis ausgezeichnet.

Bis 120 schien für Karl nicht nur eine Redensart zu sein.
Umso überraschender und trauriger ist sein plötzlicher Tod.
Unsere Gedanken sind bei Dagmar und der Familie.

Lieber Karl, Du wirst sehr fehlen. Möge Dir die Erde leicht sein. 

Baruch Dajan haEmet.

 

 

Karl Pfeifer:
Vor 60 Jahren
Es sind leider nur noch wenige, die – so wie ich – den israelischen Unabhängigkeitskrieg vom Anfang bis zum Ende als Soldat erlebt haben und die Ereignisse vor 60 Jahren schildern können…

Vor 60 Jahren – Teil II:
Januar – August 1948
Bei meinen Nachforschungen in Israel erfuhr ich, dass die fünf Kameraden, die in einen Hinterhalt des Turki-Beduinenstammes geraten waren, bis zu ihrer letzten Patrone gekämpft hatten..

„Sei immer stolz ein Jude zu sein!“
Es gibt wohl keine Schmähung, die Karl Pfeifer erspart geblieben ist: Er sei ein „stinkender Jude“, ein „Kommunist“, ein „Provokateur“ und selbstredend ein „Menschenhetzer“. Er selbst hat hierüber nur gelächelt. Für ihn waren solche antisemitischen Beleidigungen vor allem Selbstentblößungen der Angreifer. Der Kampf gegen Antisemitismus, gegen ungerechtfertigte Kritik an Israel, wurde zu seiner Lebensaufgabe. Und dies, als Jude, ausgerechnet in Österreich…

„Aufklärer, lieber Karl, sei Dein Ehrentitel“
Der für sein Engagement und seine Zivilcourage bekannte Journalist, Autor und Zeitzeuge Karl Pfeifer feierte kürzlich seinen 90. Geburtstag. Die Aktion gegen den Antisemitismus feierte am 27. September im Wiener DÖW, dem Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands, den Jubilar mit Familie und Freunden. Wir dokumentieren im Folgenden die Laudationes von Gerhard Oberschlick und Doron Rabinovici…

Bild oben: Karl Pfeifer im Palmach Museum Tel Aviv, Foto: A. Livnat