Mit dem digitalen Festival zeigt die Volksbühne vom 27. bis 31. Januar zeitgenössische Perspektiven von Rom*nja, Sinte*zza und Jüd*innen – mit Diskussionen, Konzerten, Schauspiel und Tanz
Vom 27. bis 31. Januar lädt die Volksbühne Berlin in Kooperation mit dem European Roma Institute for Arts and Culture e. V. (ERIAC) zu einer digitalen Ausgabe von „Diaspora Europa“ ein. Fünf Tage lang kann das Publikum zeitgenössische künstlerische Perspektiven von Rom*nja, Sinte*zza und Jüd*innen auf Europa, seine Geschichte und Gegenwart entdecken. In Form von Performances und Tanz, Konzerten und Diskussionen präsentieren die beiden Kuratorinnen Tímea Junghaus und Shelly Kupferberg Erinnerungserzählungen, Verortungen, Befragungen und Visionen zum Zusammenleben in Europa.
So erinnern Oxana Chi und Layla Zami mit der Tanzperformance „Durch Gärten“ an die jüdisch-russisch-chinesische Tänzerin Tatjana Barbakoff, die als Berliner Tanz-Ikone der Zwanziger Jahre das Publikum in ganz Europa begeisterte. Regisseur Dor Aloni hingegen inszeniert sich in „Hitler Baby One More Time“ selbst und nimmt seine Biografie als Material für eine künstlerische Auseinandersetzung mit Rollenzuschreibungen der Erinnerungskultur. Stilprägende Stimmen des europäischen Sinti_ze Jazz – wie Ferenc Snétberger, das Janko Lauenberger Quartett oder das Rosenberg Trio um Stochelo Rosenberg, das 2017 den Soundtrack für die Berlinale-Eröffnung „Django – Ein Leben für die Musik“ einspielte – sind in Digitalkonzerten zu erleben. Die britische Sängerin Riah Knight und die deutsch-nigerianische Afro-Sintezza TAYO zeigen, wie sie mit ihren virtuosen Stimmen die Berliner Romnja-Jazz-Szene aufmischen. Künstler*innengespräche und Podcast-Diskussionen laden zur diskursiven Auseinandersetzung ein: So sprechen u. a. Max Czollek und Mirna Funk über jüdisches Leben heute und die Netzaktivistin Sonja Kosche analysiert Formen von Rassismus gegen Rom*nja und Sinte*zze im Internet.
Ursprünglich rund um den 8. und 9. Mai 2020 geplant, sollte „Diaspora Europa“ – gemeinsam mit dem Projekt „Die Ermittlung 2020“ nach Peter Weiss basierend auf den Protokollen des Auschwitz-Prozesses in Frankfurt/Main – zu einer künstlerischen Auseinandersetzung anlässlich des 75. Jahrestages der Zerschlagung des deutschen Nationalsozialismus und des Ende des Zweiten Weltkrieges sowie des Europa-Tages einladen.
Mit Erschrecken haben wir gesehen, wie schnell sich in einer Krisenzeit wie 2020, alte, auch bereits tot geglaubte Vorurteile wie ein Gespenst in gesellschaftliche Diskurse mischten. Populistische Bewegungen haben Zulauf, antijüdische Ressentiments treffen wieder auf Resonanz, Bilder und Stereotype, die zur anhaltenden Stigmatisierung von Sinte*zza und Rom*nja beitragen, haben auch durch die Corona-Pandemie einen neuen Aufschwung erfahren. Die Communities selbst dazu zu befragen, ihre eigenen Sichtweisen und Narrative in Bezug auf Europa und seine Geschichte zu präsentieren, darauf legen die Kuratorinnen Tímea Junghaus und Shelly Kupferberg auch für die digitale Ausgabe von „Diaspora Europa“ ihren Fokus. Das Online-Festival beginnt am 27. Januar, dem Tag, an dem 1945 das Vernichtungslager Auschwitz von der Roten Armee befreit wurde und der heute als Gedenktag an die Opfer des Nationalsozialismus erinnert.
„Diaspora Europa“ ist eine Kooperation mit dem European Roma Institute for Arts and Culture e. V. (ERIAC). Mit freundlicher Unterstützung der Bundeszentrale für politische Bildung
Das Festivalprogramm ist vom 27.01., 11:00 Uhr bis zum 31.01. on demand auf der Website der Volksbühne abrufbar: www.volksbuehne.berlin
Übersicht Programm
Tanzproduktion / Eine Hommage an Tatjana Barbakoff mit Oxana Chi und Layla Zami
Schauspielproduktion / von Dor Aloni und Raban Witt
Konzert / Mit Riah Knight, Rosenberg Trio, Sandro Roy & Jermaine Landsberger Trio feat. Giovanni Weiss, Lauenberger Quartett feat. TAYO
Konzert / Mit dem Rosenberg Trio
Ferenc Snétberger: In Concert
Konzert / Sologitarre Improvisationen
Videoarbeiten / von Max Czollek, Tobias Herzberg und Moritz Richard Schmidt
Opferkonkurrenz, Opferallianz?
Diskurs / Gespräch mit Emran Elmazi, Gilda-Nancy Horvath, Andreas Nachama, André Raatzsch, Lea Wohl von Haselberg
Rassismus gegen Rom*nja und Sinte*zze im Netz
Diskurs / Vortrag von Sonja Kosche (Netzaktivistin)
Diaspora Europa: Position mit Abstand
Diskurs / Shelly Kupferberg im Gespräch mit Mirna Funk und Max Czollek
Diaspora Europa: Position mit Abstand
Diskurs / Shelly Kupferberg im Gespräch mit Dotschy Reinhardt und Anja Reuss