#Argentinanovayas

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Drohungen, Erpressungsversuche sowie Einschüchterungen auf Social-Media-Plattformen – das sind die Methoden der Boykott, Desinvestition und Sanktion-Bewegung, kurz BDS, in ihrem Kampf gegen Israel…

Von Ralf Balke

Aus und vorbei. Das für den kommenden Samstag im Teddy Kollek Stadium in Jerusalem geplante Freundschaftsmatch zwischen Israel und Argentinien wird nicht stattfinden, hieß es Mittwoch morgen aus Buenos Aires. Am mangelnden Interesse dürfte es wohl kaum gelegen haben, dass die Begegnung nicht wie geplant stattfinden wird – schließlich waren die Tickets innerhalb von 20 Minuten ausverkauft. Offensichtlich spielten ganz andere Gründe eine Rolle für die Entscheidung. „Die Bedrohungen und Provokationen gegen Lionel Messi haben bei seinen Mitspielern Solidarität und zugleich Ängste vor dem Freundschaftsspiel ausgelöst“, lautete denn auch die Erklärung der argentinischen Botschaft in Tel Aviv. „Diese sind der israelischen Bevölkerung ebenfalls bestens bekannt, deren Sportler mehrfach schon selbst Ziele von Gewalt und Anschlägen waren.“

Folgt man der Argumentation der diplomatischen Vertretung, so waren wohl Sicherheitsbedenken ausschlaggebend für den Beschluss, das Spiel zu canceln. „Gesundheit und Vernunft gehen vor“, so auch Argentiniens Nationalspieler Gonzalo Higuaín. Selbst ein Anruf von Ministerpräsident Benjamin Netanyahu bei seinem argentinischen Amtskollegen Mauricio Macri konnte nichts an der Entscheidung ändern. „Das ist wirklich ein trauriger Morgen für alle Fans, zu denen auch einige meiner Enkel gehören“, kommentierte  ein gleichfalls frustrierter Staatspräsident Reuven Rivlin die Nachricht aus Buenos Aires.

Die erwähnten „Sicherheitsbedenken“ stehen in einem direkten Zusammenhang mit den lautstarken Protesten, die sich in den vergangenen Tagen immer wieder vor dem Trainingsgelände der argentinischen Nationalmannschaft in Barcelona ereignet hatten. Aktivisten der antiisraelischen BDS-Bewegung hatten dabei unter anderem mit in roter Farbe getränkten Trikots des argentinischen Teams herumgewedelt und lauthals eine Absage des Spiels eingefordert. Insbesondere Fußballstar Lionel Messi wurde dabei persönlich angegriffen – übrigens nicht zum ersten Mal. Als er vor zwei Jahren in Ägypten seine Fußballschuhe für einen guten Zweck versteigern wollte, hiess es bereits, er sei „jüdisch“ und ein „Zionist“. „Wessen Schuhe willst du verkaufen, Messi“, pöbelte der ägyptische Abgeordnete Said Hasasein seinerzeit vor laufenden Kameras. „Behalte deine Schuhe selbst oder verkaufe sie an Israel.“ Ferner drohte er: „Ich werde dich mit meinem Schuh schlagen, Messi.“ Auch der IS hatte sich vor wenigen Monaten zu Worte gemeldet und eine Fotomontage ins Netz gestellt, die Messi zeigt, wie er im Moskauer Luschniki-Stadium vor eiem Jihadisten kniet.

Unter dem Hashtag #Argentinanovayas, zu Deutsch: >Argentinien, geh nicht hin<, hatte BDS in den vergangenen Wochen ein mediales Sperrfeuer gegen ihn und die Mannschaft eröffnet. Aufschwung erlebten die Boykotteuere durch die israelische Entscheidung, den Spielort von Haifa nach Jerusalem zu verlegen. „Wir begrüßen daher die Entscheidung Argentiniens, das >Freundschafts<-Fußballspiel mit Israel abzusagen“, hieß es in einem ersten Statement der Boykotteure. „Die Nationalmannschaft reagiere damit auf die kreative Kampagne von Fans in aller Welt gegen Israels Versuch, sich von den Verbrechen an den Palästinensern sportlich reinzuwaschen.“ So kreativ wie in ihrer Diktion, so erfindungsreich sind die Israelhasser auch in ihren Maßnahmen, Menschen unter Druck zu setzen. Argentiniens Außenminister bestätigte die Tatsache, dass es wohl nicht beim Herumwedeln von verschmierten T-Shirts geblieben ist. „Die Spieler selbst und ihre Familien wurden ganz offen bedroht.“

Die BDS-Bewegung dürfte damit ihren wohl bedeutendsten Sieg eingefahren haben. Bis dato hatten die Boykotteure, die vor allem in Großbritannien über eine breitere Unterstützerbasis verfügt, nur einige Musiker dazu „überreden“ können, nicht in Israel aufzutreten. Darunter befinden sich so bekannte Künstlerinnen und Künstler wie Portishead, Circa Waves oder Algiers, die den Forderungen von Artists for Palestine UK, einer Art BDS-Vorfeldorganisation, Folge leisteten. Andere wie Nick Cave dagegen zeigten den Boykotteuren mehrfach den metaphorischen Stinkefinger und sprechen von gezielter Erpressung, die gegen all diejenigen ausgeübt werde, die in Israel ein Konzert geben wollen. „Ich wehre mich gegen jeden, der Musiker zum Schweigen bringen möchte“, erklärte er. „Man kann also sagen, dass BDS mich geradezu motiviert hat, in Tel Aviv aufzutreten.“ Auch Morrissey ließ sich nicht unter Druck setzten und die Band Radiohead reagierte auf die Versuche einer politischen Bevormundung mit einem Gig in Tel Aviv, das zu einem der längsten ihrer Geschichte werden sollte. Und jüngst forderte BDS zum Boykott des populären Streamingdienstes Netflix auf, weil dieser nicht auf ihre Forderung eingehe, die israelische Serie Fauda aus dem Programm zu kicken. Auf diesen Versuch einer Einmischung reagierten mehr als 50 Größen des Show-Business mit einer Solidaritätsbekundung mit Netflix.

Prominentes Sprachrohr von BDS in Großbritannien ist Ex-Pink Floyd-Frontmann Roger Waters, der verbal seit Jahren auf Israel eindrischt und gerne schon mal ein Riesenschwein über sein Publikum schweben lässt, an dem unter anderem ein Magen David zu sehen ist – auch in Deutschland. Im Herbst vergangenen Jahres zogen deshalb nach Protesten gegen diese Performance mehrere ARD-Sender den Stecker und wollten seine Musik nicht mehr länger präsentieren. „Wer auf Konzerten Ballons in Schweineform samt Davidstern aufsteigen lässt, muss sich den Vorwurf des Antisemitismus gefallen lassen,“ hatte unter anderem Josef Schuster, Vorsitzender des Zentralrats der Juden in Deutschland erklärt. Es sei daher höchste Zeit, dass Antisemitismus, der sich unter dem Deckmäntelchen der Kritik an Israel tarne, „endlich als das bezeichnet wird, was er ist.“ Damit hat er das Wesen von BDS auf den Punkt gebracht. Denn das Wohl der Palästinenser interessiert die Akteure dieser Bewegung nicht wirklich – bestes Beispiel ist die aggressive Kampagne, die sie gegen die Firma SodaStream vor einigen Jahren gefahren hatte, weil eines der Werke des Wassersprudlerherstellers im besetzten Westjordanland lag. 500 der 1.300 Beschäftigen waren Palästinenser, die dort ein Vierfaches des Durchschnittslohns in den Autonomiegebieten verdient hatten und ihren Job ebenfalls verloren. Es geht BSD also um etwas viel Substantielleres: keinen Ausgleich zwischen Israelis und Palästinensern, sondern die Abschaffung des jüdischen Staates. Oder anders ausgedrückt: „Wir müssen Israel vernichten“, wie es Anna Baltzer, eine prominente amerikanische BDS-Aktivistin, ehrlicherweise auf den Punkt brachte

Einen weiteren Beweis für die eigentlichen Ziele lieferte vor wenigen Tagen das liberale jüdische Online-Magazin Tablet. Ihre Redakteure hatten dafür eigens der NGO US Campaign for Palestinian Rights, die offiziell unter den Namen Education for Just Peace in the Middle East läuft und so etwas wie die Dachorganisation der 329 BDS-Gruppen in den Vereinigten Staaten ist, eine kleine finanzielle Zuwendung zukommen lassen. Prompt kam eine automatische Rückmeldung mit folgendem Wortlaut: „Dies ist eine Quittung für ihre freundliche Spende an das palästinensische BDS National Committee (BNC), der größten Organisation der palästinensischen Zivilgesellschaft, die die globale BDS-Bewegung für die Rechte der Palästinenser anführt. Für ihre Unterlagen: Das palästinensische BDS National Committee (BNC) wird steuerlich gefördert durch Education for Just Peace in the Middle East, die als eine gemeinnützige Organisation der Kategorie 501(c) 3 gilt.“ Das BDS National Committee (BNC), an das sich nach amerikanischem Recht so schön steuersparend spenden lässt, ist wiederum eine Organisation, die die BDS-Aktivitäten im Westjordanland sowie in Gaza koordiniert. Aber nicht nur das. BNC wiederum ist Mitglied im sogenannten Rat der nationalen und islamischen Kräfte in Palästina, der sich als eine gemeinsame Plattform unter anderem für Hamas, dem Islamischen Jihad und der Volksfront zur Befreiung Palästinas versteht – allesamt sind in Israel, Europa und den Vereinigten Staaten als Terrorgruppen gelistet. „Damit ist die offizielle Verbindung zwischen der amerikanischen BDS-Kampagne und einigen der bösartigsten und gewalttätigsten Organisationen weltweit bestätigt“, kommentierte das Simon Wiesenthal Center diesen Bericht. „Jede Person, die die antisemitische BDS-Bewegung irgendwie unterstützt, sollte spätestens jetzt zur Kenntnis nehmen, dass sie damit die Ziele derer teilt, an deren Händen das Blut von mehr als 1000 Israelis, aber auch vieler Touristen klebt. Bis dato war die Scheinheiligkeit von BDS nur offensichtlich, jetzt ist die bewiesen.“

Bild oben: „Messi hat abgesagt“, Titelseite der Tageszeitung Jedioth Achronoth

2 Kommentare

  1. Lieber Ralf Balke,

    so sehr ich Dir mit der Beurteilung der BDS recht gebe, kann man doch davon ausgehen, daß die Unfähigkeit des Likud einen erheblichen Anteil an der Verhinderung eines tollen Spiels hat.

    Nach der amerikanischen Botschaft, scheint der Realitätssinn etwas verloren gegangen zu sein. Das Spiel war lange geplant, terminiert, alle haben sich gefreut.

    Dann erfolgte die Verlegung nach Jerusalem.

    Absage!

    Plötzlich hat niemand etwas damit zu tun. Regierungsmitglieder erklären – notfalls ungefragt – sie waren nie daran beteiligt, wissen gar nicht, wie es dazu kommen konnte. Eine super Einschätzung.

    Jeder kennt die A… der BDS und sonstiger „Israelfreunde“, hätten die gegen ein geplantes Spiel in Jerusalem agitiert, volle Unterstützung einer solcher Partie meinerseits.

    Den Fußballfreunden der Welt zu zeigen, wie böse die sind und ein Topspiel, zum 70. Geburtstag zu versauen, ist schon eine Glanzleistung, die doch sehr stark innenpolitisch Beteiligten angelastet werden kann und sollte.

    Echt Schade!

    Ente

    • hallo ente – ehrlich gesagt, verstehe ich Dich, bzw. Deinen Beitrag nicht. Diese BDS-Kampagne hat doch schon lange vor der Verlegung dieses Spieles nach Jerusalem begonnen, erst die unmittelbare schriftliche Intervention Jibril Rajoubs an die argentinische Regierung und den argentinischen Verband, im Zuge derer Messi direkt bedroht wurde, hat doch zu dieser Absage geführt. Jibril Rajoub ist Präsident des palästinensischen Verbandes, was hierbei verwundert, ist die vollkommene Abwesenheit jeglicher – Fifa, IOC – internationaler Konsequenz. Das ist das bedrückende bei dieser ganzen Angelegenheit – der Terror trägt einen Sieg davon – und keiner sagt etwas, im Gegenteil, für manche trägt Israel die Schuld an dem Debakel. Für diese Art dialektischer Umkehr habe ich, ehrlich gesagt, nichts übrig.

      Provokation? Fussball in Jerusalem ist eine Provokation für die Palästinenser, Jerusalem als Hauptstadt Israels ist also die Provokation für die Palästinenser, das heisst, Israels Existenz ist eine Provokation für die Palästinenser – jetzt sag einmal???

      Nun ja.

      Im Übrigen, Jerusalem ist nicht bloß Hauptstadt Israels, es ist auch Partnerstadt von Buenos Aires, stellt sich die Frage, warum man nicht dort Fussball spielen sollte?

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