In aller Freundschaft: 50 Jahre Deutsch-Israelische Gesellschaft

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Im Frühjahr 1966 riefen engagierte Vertreter aus Politik, Kirchen und Gewerkschaften die Deutsch-Israelische Gesellschaft (DIG) ins Leben: Die juristische Gründungsversammlung am 21. März 1966 in Bonn fand unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt; dabei wurden der SPD-Bundestagsabgeordnete Gerhard Jahn zum ersten Präsidenten der DIG und als seine Stellvertreter der Heidelberger Theologe Rolf Rendtorff, der CDU-Bundestagsabgeordnete Ernst Benda sowie der Gewerkschaftsbankier Walter Hesselbach gewählt. Bis zur öffentlichen (politischen) Gründungsveranstaltung am 19. Mai 1966 in der Berliner Akademie der Künste diente Jahns Bundestagsbüro als provisorische Geschäftsstelle…

Von Martin Kloke

Im März 2016 inmitten der schwersten strukturellen und personellen Krise in der Geschichte der DIG eine Laudatio zu formulieren, mag verwegen anmuten. Gleichwohl können aktuelle Konflikte und Krisen[1] nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich in den zurückliegenden 50 Jahren Tausende zumeist ehrenamtliche Aktivisten bleibende Verdienste um die Verständigung mit Israel und seinen Menschen erworben haben. Der vorliegende Essay erinnert an wesentliche Stationen und Herausforderungen, die die Mitglieder und Sympathisanten der DIG geprägt und manchmal auch erschüttert haben. Die kritische und doch empathische Bilanz der wechselvollen Geschichte dieser bedeutenden bilateralen Freundschaftsgesellschaft impliziert zugleich richtungsweisende Perspektiven für die deutsch-israelischen Beziehungen.

Können Staaten wie Deutschland und Israel Freunde sein?

Nach Max Weber verkörpert jeder Staat ein auf Legitimität angewiesenes „Herrschaftsverhältnis von Menschen über Menschen“[2]. Ein so definiertes Gemeinwesen ist letztlich nichts anderes als ein sich entweder demokratisch oder aber autokratisch regulierendes System öffentlicher Institutionen innerhalb eines definierten Territoriums. Kann unter diesen Voraussetzungen ein Staat überhaupt „Freunde“ haben bzw. „Freundschaften“ zu anderen Staaten pflegen kann? Wenn Staaten als gesichtslose Systeme keine Emotionen haben, kennen sie auch keine „Freundschaften – sie verfügen allenfalls über Interessen, die die Handlungen ihrer Repräsentanten bestimmen. Der Verfassungsrechtler Ernst-Wolfgang Böckenförde geht einen Schritt weiter und postuliert im Hinblick auf die wertebewusste demokratische Gesellschaft: „Der freiheitliche, säkularisierte Staat lebt von Voraussetzungen, die er selbst nicht garantieren kann.“[3]

Was bedeutet diese erfahrungsgesättigte Einsicht für die Bedingung der Möglichkeit einer deutsch-israelischen Freundschaftsbeziehung? Auch ohne explizites Wissen um derartige staatsphilosophische Einsichten waren sich die Akteure der Deutsch-Israelischen Gesellschaft von jeher der Grenzen staatlicher Gestaltungsmöglichkeiten bewusst, indem sie in ihrer Satzung klarstellten: „Es genügt nicht, die Entwicklung und Pflege der deutsch-israelischen Beziehungen staatlichen Stellen zu überlassen. Die DIG will deshalb als überparteiliche Organisation dazu beitragen, die menschlichen, kulturellen und wirtschaftlichen Verbindungen zwischen dem deutschen Volk und den Israelis zu festigen und weiterzuentwickeln.“[4] Vor diesem Hintergrund avancierte die DIG seit ihrer Gründung im Jahre 1966 zu einer Nicht-Regierungsorganisation, die bis heute ein integraler Bestandteil der nachkriegsdeutschen Staatsräson ist – so paradox diese Contradictio in Adjecto auch klingen mag. Seit 50 Jahren versteht sich die DIG als „die zentrale Organisation in der Bundesrepublik Deutschland, in der Freunde Israels in überparteilicher Zusammenarbeit zusammenfinden, um in Solidarität mit dem Staat Israel und seiner Bevölkerung zu wirken.“[5] Die ersten Schritte auf diesem Weg waren schon in den 1950er Jahren erfolgt – nur kurze Zeit nach dem Ende der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft.

Das nationalsozialistische Deutschland hatte während des Zweiten Weltkriegs sechs Millionen deutsche und europäische Juden ermordet. Damit war auch das deutsch-jüdische Verhältnis in allen seinen Facetten zerstört. Die Menschen im 1948 gegründeten Staat Israel, von denen sich Hunderttausende aus Deutschland und Europa ins britische Mandatsgebiet Palästina gerettet hatten, lehnten anfänglich jedwede Beziehungen zu Deutschen ab; zu groß waren die erlittenen Schmerzen und Verluste, deren traumatischen Folgen für die Überlebenden weder „bewältigt“ noch „wiedergutgemacht“ werden konnten. Umgekehrt nahm die deutsche Öffentlichkeit und ein Jahr später auch die neugegründete westdeutsche Bundesrepublik von der Staatsgründung Israels kaum Notiz.

Ausgangslage: erste Annäherungen und die sog. Wiedergutmachung[6]

1949 waren es einzelne deutsche Politiker und christlich motivierte Intellektuelle, die Kontakte zu israelischen Gesprächspartnern aufzunehmen versuchten; sie scheiterten jedoch an der ablehnenden Haltung der israelischen Seite. Erst eine Friedensinitiative der Journalisten Erich Lüth und Rudolf Küstermeier im August 1951 wurde von Israels Regierung verhalten-positiv aufgenommen. Wenige Wochen später am 27. September erkannte auch Bundeskanzler Konrad Adenauer die prinzipielle Verpflichtung der Deutschen gegenüber Israel und dem jüdischen Volk an. Daraufhin erwirkte Israels Ministerpräsident David Ben Gurion trotz heftiger innenpolitischer Einsprüche ein Mandat zur Aufnahme von Entschädigungsverhandlungen mit den Deutschen. Im März 1952 setzten intensive, zeitweise von Rückschlägen begleitete Verhandlungen über eine materielle „Wiedergutmachung” der deutschen Verbrechen ein. Am 10. September 1952 verpflichtete sich die Bundesrepublik Deutschland zur Zahlung von 3,45 Milliarden DM – in Form von Warenlieferungen größtenteils an den Staat Israel, verteilt auf einen Zeitraum von zwölf Jahren. Das Luxemburger Vertragswerk wurde 1953 sowohl im deutschen als auch im israelischen Parlament ratifiziert, blieb gleichwohl in beiden Gesellschaften jahrelang umstritten.

Die Waren- und Finanzströme legten den Grundstein für die Entwicklung eines allmählich enger werdenden Beziehungsgeflechts zwischen beiden Ländern – unabhängig von der politischen Eiszeit, die das bilaterale Verhältnis noch auf Jahre hinaus prägen sollte. Zunächst vor allem in sozialdemokratischen und christlichen Kreisen der bundesdeutschen Zivilgesellschaft wurde eine proisraelische Grundeinstellung zum Prüfstein einer wahrhaft demokratischen Gesinnung. So kamen ab Mitte der 1950er Jahre erstmals deutsche Studierendengruppen nach Israel, um den Arbeitsalltag sozialistischer Kibbuzim mitzugestalten. Die Volontäre bewunderten den linkszionistischen „Pionierstaat“ Israel als ein Gegenmodell zur „restaurativen“ westdeutschen Bundesrepublik. Leidenschaftlich setzten sich nun vor allem linke Aktivisten für eine Verständigung mit dem jüdischen Staat ein.

NS-Hypotheken und der Eichmann-Prozess in Jerusalem (1961)

Gesellschaft, Politik und Justiz der jungen Bundesrepublik zögerten viele Jahre, sich mit ihrer zutiefst belasteten Geschichte auseinanderzusetzen, die Verbrechen des NS-Regimes aufzuklären oder wenigstens seine Haupttäter zur Rechenschaft zu ziehen. 1960 setzte gar eine Debatte um die Verjährung von NS-Verbrechen ein, die von vielen Israelis als ein Zeichen der stillschweigenden Rehabilitierung von NS-Verbrechern gedeutet wurde. Erst 1979 hob der Bundestag die Verjährbarkeit von Mord auf und ermöglichte damit eine weitere Verfolgung von NS-Verbrechern.

Vor diesem Hintergrund schlug im Mai 1960 die Nachricht von der Entführung Adolf Eichmanns, des ehemaligen Leiters des „Judenreferats“ im NS-Reichssicherheits-hauptamt, hohe Wellen. Dem israelischen Auslandsgeheimdienst Mossad war es mit der Festsetzung Eichmanns in seinem argentinischen Versteck gelungen, einen der Hauptverantwortlichen der Schoah aufzuspüren und nach Israel zu verbringen. Der Frankfurter Richter und Staatsanwalt Fritz Bauer hatte den Israelis den entscheidenden Tipp gegeben – auch aus Sorge, die deutsche Justiz und Polizei könne Eichmann vor einem Zugriff abschirmen. Nachdem die Bundesregierung eine Auslieferung Eichmanns in die Bundesrepublik abgelehnt hatte, begann im April 1961 der Prozess in Jerusalem. Die mediale Berichterstattung um die Entführung und das monatelange Gerichtsverfahren mit zahlreichen Zeugen führten nicht nur der israelischen Gesellschaft, sondern der ganzen Welt das Ausmaß deutscher Schuld vor Augen. Der nach allen rechtsstaatlichen Regeln durchgeführte Prozess, das Todesurteil vom 15. Dezember 1961 und seine Vollstreckung am 1. Juni 1962, dokumentierte zugleich die Unzulänglichkeit deutscher Bemühungen, NS-Täter vor Gericht zu stellen.

Der Eichmann-Prozess veranlasste viele Deutsche, sich zum ersten Mal seit Kriegsende mit der systematischen Ermordung der Juden auseinanderzusetzen – nicht zuletzt deshalb, weil deutsche Journalisten in Jerusalem über Eichmann, das israelische Rechtssystem und die Gesellschaft Israels aufklärten. Über die Berichterstattung der Deutschen und ihr innerdeutsches Echo informierten auch die israelischen Medien. So trug ausgerechnet der Eichmann-Prozess dazu bei, dass Deutsche und Israelis einander näherkamen.

Eine juristische Aufarbeitung der NS-Verbrechen in der Bundesrepublik initiierte Ende der 1950er Jahre der hessische Generalstaatsanwalt Fritz Bauer; doch erst 1963 startete der sog. Auschwitz-Prozess. Zweifel blieben, ob die Bundesrepublik nachhaltige Lehren aus der NS-Geschichte gezogen hatte: Im März 1962 wurde die Beteiligung deutscher Techniker an der Entwicklung eines ägyptischen Raketenprogramms bekannt. Daraufhin forderte die Jerusalemer Regierung Bonn zur Rückführung jener schon dem NS-Regime dienstbar gewesenen Wissenschaftler auf. Die Bundesregierung bedauerte die Aktivitäten der Raketenspezialisten, mochte aber – abgesehen von materiellen Anreizen zu ihrer Abwerbung – keine weiteren Schritte unternehmen.

Der lange Weg zur diplomatischen Anerkennung (1965)[7]

Ende der 1950er Jahre konstatierten die Israelis, dass die Deutschen ihre Verpflichtungen aus der „Wiedergutmachung“ verlässlich erfüllten. Gleichzeitig vermochten die Israelis nicht, ihre Isolation im Nahen Osten zu überwinden; Verbündete waren rar gesät. So keimte in israelischen Regierungskreisen der Wunsch auf, ihre internationalen Beziehungen außerhalb der arabischen Welt zu vertiefen – und sogar diplomatische Beziehungen mit dem „neuen Deutschland“ aufzunehmen.

Doch die Bundesrepublik beanspruchte gegenüber der DDR im Rahmen der sog. Hallstein-Doktrin einen Alleinvertretungsanspruch für ganz Deutschland. Die arabischen Staaten drohten, bei einer Aufnahme diplomatischer Beziehungen zu Israel das gute Verhältnis zu Westdeutschland einzufrieren und die DDR völkerrechtlich anzuerkennen. Ungeachtet dessen forderte Ministerpräsident David Ben Gurion die Bundesregierung 1957 erstmals auf, „normale diplomatische Beziehungen“ zu Israel aufzunehmen. Um einen Ausweg zu finden, nahmen Bonn und Jerusalem geheime Verhandlungen über eine militärische Zusammenarbeit auf. Bundesverteidigungsminister Franz-Josef Strauß und Staatssekretär Shimon Peres verabredeten noch im gleichen Jahr erste Rüstungslieferungen („Panzer statt Diplomaten“).

Als sich Ben Gurion und Adenauer 1960 in New York zum ersten Mal begegneten, widersetzte sich der deutsche Kanzler erneut dem israelischen Wunsch nach Aufnahme diplomatischer Beziehungen. Jedoch trafen die beiden Politiker vertrauliche Absprachen über eine Verstetigung deutscher Waffenlieferungen im Wert von mehr als 200 Millionen DM; ebenso diskret stellte Adenauer eine zehnjährige Anleihe von jährlich 50 Millionen Dollar in Aussicht.

Die Hallstein-Doktrin hatte bewirkt, dass die arabischen Staaten die Anerkennung der DDR hinauszögerten, solange sie sicher sein konnten, dass die Bonner Regierung keine offiziellen Beziehungen zu Israel unterhielt. Diesen Zusammenhang mochte ein Teil der westdeutschen Öffentlichkeit nicht länger hinnehmen. So startete der Deutsche Gewerkschaftsbund im Oktober 1964 eine Unterschriften-Kampagne für die Aufnahme diplomatischer Beziehungen. Als kurz darauf die deutschen Waffenlieferungen aufgedeckt wurden, empörten sich auch andere zivilgesellschaftliche Initiativen über die unwürdige Kompensation für die diplomatische Missachtung des jüdischen Staates.

Auch Ägyptens Staatspräsident Gamal Abdel Nasser reagierte auf die deutsche Militärhilfe für Israel und empfing im Februar 1965 demonstrativ den DDR-Staatsratsvorsitzenden Walter Ulbricht zu einem Staatsbesuch. Spätestens jetzt war der westdeutsche Alleinvertretungsanspruch nicht mehr haltbar – und der Weg für eine diplomatische „Normalisierung“ frei. Am 12. Mai 1965 vereinbarten Bundeskanzler Ludwig Erhard und Ministerpräsident Levi Eshkol den Austausch von Botschaftern. Zehn von dreizehn arabischen Staaten brachen vorübergehend ihre diplomatischen Beziehungen zur Bundesrepublik ab, wagten es aber noch nicht, die DDR anzuerkennen.

Israel berief den in Wien geborenen Diplomaten Asher Ben-Nathan zu seinem ersten Botschafter in Bonn; die Bundesrepublik entsandte den Diplomaten Rolf Pauls nach Israel. Trotz anfänglich heftiger Proteste links- und rechtsgerichteter Israelis gegen einen ehemaligen Wehrmachtsoffizier als deutschen Botschafter entwickelten sich die deutsch-israelischen Beziehungen bald in bemerkenswerter Weise.

Von der Idee zur Umsetzung: die Vorgeschichte der DIG

Abgesehen von den Besuchen politischer und/oder religiöser Repräsentanten kamen in der zweiten Hälfte der 1950er Jahre zum ersten Mal auch Durchschnittsdeutsche nach Israel, die in ihren persönlichen Biografien einen mindestens halbwegs positiven Bezugspunkt zu Juden und dem Staat Israel aufweisen konnten – sei es, dass sie während der NS-Zeit als „Gerechte unter den Völkern“ jüdischen Mitmenschen Unterschlupf gewährt oder selbst ein Verfolgungsschicksal erlitten hatten.

Eine besondere Rolle in der Förderung zivilgesellschaftlicher Beziehungen zu Israel spielte in dieser Zeit der evangelische Propst Heinrich Grüber, der aufgrund seiner anti-nationalsozialistischen Lebens- und Widerstandspraxis auch in Israel hohes Ansehen genoss.[8] Aus Anlass seines 70. Geburtstages bildete sich im Frühsommer 1961 ein Gratulationskomitee, um Geldspenden für Baumpflanzungen in Israel zu sammeln. Aus diesem Komitee entstand im Oktober desselben Jahres ein Verein mit dem etwas umständlichen Namen „Pro-Israel-Vereinigung zur Förderung des deutschen Beitrags zum Aufbaus Israels e. V“. Dem Verein, aus heutiger Sicht ein Vorläufer der DIG, schlossen sich frühere Aktivisten des zwischen 1926 und 1933 bestehenden Pro-Palästina-Komitees“ aus der Zeit der Weimarer Republik sowie auch jüngere Vertreter der demokratischen Zivilgesellschaft an.[9]

Schon einige Jahre vor der Aufnahme diplomatischer Beziehungen regten Aktivisten aus Braunschweig und um den Berliner Theologen Helmut Gollwitzer die Gründung einer Deutsch-Israelischen Gesellschaft an. Doch tonangebende Akteure des Pro-Israel-Vereins wie Walter Sylten und andere wehrten den Vorstoß als verfrüht ab: Solange es keine offiziellen diplomatischen Beziehungen zu Israel gebe, könne man nicht ohne Weiteres eine offizielle bzw. „neutrale“ DIG ins Leben rufen.[10]

Doch nach dem gegenseitigen Austausch von Botschaftern am 12. Mai 1965 begann das Interesse an Israel sich nicht länger auf kleine geschichtsbewusste und politisierte Gruppen christlicher und/oder linker Prägung zu beschränken. Deutsche aus unterschiedlichen gesellschaftlichen Milieus fingen an, sich für Israel zu interessieren; die zarten Ansätze im Jugendaustausch nahmen einen bemerkenswerten Aufschwung.

Für einen Großteil der im altlinken Spektrum beheimateten Kräfte ließ sich das proisraelische Engagement der Vergangenheit bruchlos fortsetzen. Bereits früher geknüpfte Kontakte zu israelischen Partnern wurden nun intensiver denn je gepflegt. Diese Umstände erklären, warum die entscheidenden Vorbereitungen zur Gründung einer deutsch-israelischen Freundschaftsgesellschaft eine eher sozialdemokratische Handschrift trugen, wobei diese Aktivitäten von Anfang an nicht frei von persönlichen Eitelkeiten und Profilierungsmotiven waren. Schon am 21. Mai 1965, nur wenige Tage nach Aufnahme diplomatischer Beziehungen, ergriff Heinz Putzrath, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft verfolgter Sozialdemokraten und 1946 aus dem englischen Exil nach Deutschland zurückgekehrt, die Initiative: Eine „Deutsch-Israelische Gesellschaft“ müsse gegründet werden, um über die offiziellen Beziehungen hinaus die Entwicklung eines freundschaftlichen Verhältnisses zwischen Deutschen und Israelis zu unterstützen. In einem Schreiben an Willy Brandt schlug Putzrath vor, von der Partei autorisierte „Genossen“ sollten schnellstmöglich die dazu notwendigen personellen und planerischen Maßnahmen übernehmen, „damit nicht andere, vielleicht weniger erwünschte Persönlichkeiten einer solchen Initiative vorgreifen.“[11]

Putzraths Anregung stieß in der SPD zunächst auf mäßiges Interesse. Immerhin beschloss das Parteipräsidium die Einsetzung eines vorbereitenden Ausschusses, „um die Sache dann bis nach der Bundestagswahl (am 19. September 1965, MK) auf sich beruhen zu lassen.“[12] Der SPD-Bundestagsabgeordnete Gerhard Jahn, der im Auftrag der Partei die Rolle eines Cheforganisators zu übernehmen bereit war, folgte dieser Verzögerungstaktik und konsultierte erst Ende Oktober 1965 potenzielle Interessenten einer DIG. Bereits jetzt sah Jahn im Heidelberger Theologen und Sozialdemokraten Rolf Rendtorff eine Schlüsselfigur des zu gründenden Verbandes: „Er ist die eigentlich hervorragende Persönlichkeit, die sich in diesen Fragen engagiert und an den ich auch als zukünftigen Präsidenten der Gesellschaft denke.“[13]

Parallel zur sozialdemokratisch geprägten Bonner Gründungsinitiative hatte die Idee einer zivilgesellschaftlichen Unterfütterung der deutsch-israelischen Beziehungen jetzt auch in kirchlichen und christdemokratischen Kreisen West-Berlins Anklang gefunden; ihre Protagonisten scharrten sich um Propst Heinrich Grüber und Walter Sylten. Am 2. November 1965 traf sich im Berliner Rathaus Schöneberg ein kleiner Kreis aus Aktivisten des Pro-Israel-Vereins, um ähnlich wie die Bonner die Gründung einer DIG vorzubereiten – auch in der Absicht, sich anschließend mit den Bonner Initiatoren auf ein gemeinsames Vorgehen zu verständigen. [14]

Dass auch die SPD-Parteispitze große Stücke auf Rendtorff hielt, zeigt ein kleines Detail am Rande: Rendtorff war der einzige Teilnehmer des am 3. Dezember 1965 in Bonn tagenden Gründungsausschusses, der für die Teilnahme an der konstituierenden Sitzung mit einer honorarähnlichen Zuwendung aus der SPD-Parteikasse bedacht wurde.[15] Bei diesem Treffen kamen zum ersten Mal Vertreter der Berliner und Bonner Gruppierung zusammen; nun wurden auch Personen in die zu gründende Gesellschaft eingebunden, die sich politisch dem liberalen oder konservativen Spektrum verbunden fühlten. Die politischen, personellen und strukturellen Weichenstellungen der DIG wurden bereits in dieser Sitzung minutiös vereinbart. Zwar war es Propst Grüber, der dem vorbereitenden Ausschuss vorstand; doch die sozialdemokratische Dominanz sollte noch lange bestehen, wie die nachfolgenden Ereignisse zeigten.

In der Zielsetzung und Programmatik konnten sich die Gründungsaktivisten rasch einigen. Kontrovers diskutiert wurde zwischen den Bonner „Zentralisten“ und den Berliner „Regionalisten“ allerdings die Struktur der neuen Gesellschaft: Sollte der Verein eher zentralistisch als interventionsfähiger proisraelischer Politverband oder doch lieber dezentral und basisorientiert in regionalen Arbeitsgemeinschaften aufgestellt werden? Ein Satzungskompromiss bestätigte die koordinierende Kompetenz der Bonner Zentrale, räumte aber den örtlichen Arbeitsgemeinschaften ein beträchtliches Mitspracherecht ein: Der Sitz der Gesellschaft sollte in Berlin sein. Als oberstes Gremium wurde die Hauptversammlung bestimmt, deren von den Arbeitsgemeinschaften nach einem festgelegten Schlüssel bestimmten Delegierte alle zwei Jahre tagen, beraten, Beschlüsse fassen und nicht zuletzt die Präsidiumsmitglieder wählen. Diese Konstruktion sollte fast 50 Jahre lang Bestand haben, bevor sie ausgerechnet 2015 während des deutsch-israelischen Jubiläumsjahres von einigen einflussreichen Arbeitsgemeinschaften massiv in Frage gestellt wurde.[16] Das teilweise (und im Übrigen bis heute) nach einem politisch-parlamentarischen Proporz zusammengesetzte Präsidium führte zu einer tendenziell staatsnahen Konfiguration des DIG-Vorstands; zugleich unterstrich diese Konstruktion die politische Bedeutung, die Parteien und politische Eliten einer deutsch-israelischen Freundschaftsgesellschaft von Anbeginn an einzuräumen bereit waren.

Am 21. März 1966 fand in Bonn in nichtöffentlicher Sitzung die juristische Gründung der DIG statt. Alle Wahlgänge, darunter die Verabschiedung der Satzung, aber auch die Wahl der Präsidiums- und Kuratoriumsmitglieder, verliefen ohne Gegenstimmen – der Gründungsausschuss hatte im Dezember des Vorjahres erfolgreich vorgearbeitet: Die laut Teilnehmerliste 50 anwesenden Personen wählten auf Vorschlag von Propst Grüber nicht, wie erwartet, den Theologen Rendtorff, sondern den SPD-MdB Jahn zu ihrem ersten Präsidenten; als seine Stellvertreter wurden Rendtorff, CDU-MdB Ernst Benda sowie der Gewerkschaftsbankier Walter Hesselbach bestimmt; Schatzmeister wurde Landeskirchenrat Becker; weitere 10 Personen wurden zu Beisitzern des Präsidiums gewählt. Um sich die personellen Relationen dieser geschlossenen Versammlung klarzumachen: Lediglich sieben der insgesamt 50 Anwesenden verließen die Gründungsversammlung, ohne irgendein Ehrenamt angenommen zu haben, denn die Anwesenden wählten zu guter Letzt auch noch ein aus 28 (!) Honoratioren bestehendes Kuratorium, das in alphabetischer Reihenfolge von Ex-Bundeskanzler Adenauer bis zum Münchner Oberbürgermeister Hans-Jochen Vogel reichen sollte; Propst Grüber wurde – notabene auf Jahns Vorschlag – zum Vorsitzenden des Kuratoriums gewählt. Bis zur politischen Gründungsveranstaltung am 19. Mai 1966 in der West-Berliner Akademie der Künste diente Jahns Bundestagsbüro als vorläufige Geschäftsstelle.[17]

Die politische und publizistische Reichweite der öffentlichen politischen Gründungsversammlung der DIG in der Akademie der Künste am 19. Mai 1966 hätte nicht eindrucksvoller sein können: Zwar hatte Bundeskanzler Konrad Adenauer als ein früher Aktivist des alten „Pro-Palästina-Komitees“ seine Teilnahme aus bis heute ungeklärten Gründen zurückgezogen;[18] doch zum Eventcharakter der hoffnungslos überfüllten Akademieräume trug nicht zuletzt die Präsenz des Regierenden Bürgermeister und SPD-Vorsitzenden Willy Brandt bei. „Ich glaube nicht, dass Sie vergessen können, ich glaube nicht, dass wir vergessen können“, stellte Israels Botschafter Asher Ben-Nathan klar – nicht ohne zu ergänzen, dass „ein Verständnis“ notwendig sei, „das in die Zukunft blickt.“ Hauptredner Adolf Arndt, SPD-Politiker und ehemaliger Berliner Kultursenator, zeichnete den ebenso schwierigen wie überfälligen Weg der deutsch-israelischen Annäherungen nach und warb um Geduld, die beim Aufbau grundlegender Fundamente in den bilateralen Beziehungen notwendig sei.[19]

„[…] anregend, vermittelnd, helfend oder gestaltend beteiligt“: Lobbyismus auf Samtpfoten

1965/66 begannen sich unabhängig von der deutsch-israelischen Gründungsinitiative gesellschaftlich relevante Milieus für Israel zu interessieren. Die proisraelische Stimmung erreichte im Sechs-Tage-Krieg von 1967 einen Höhepunkt, als sich Israel der arabischen Vernichtungsdrohungen mit einem Präventivschlag zu erwehren suchte. Während Israels Existenz akut gefährdet schien, sympathisierten weite Teile der bundesdeutschen Gesellschaft mit dem jüdischen Staat. Es kam zu proisraelischen Demonstrationen und Spendensammlungen. Insbesondere die Zeitungen des Axel-Springer-Verlags stellten sich an die Seite Israels. Selbst Spiegel-Herausgeber Rudolf Augstein zeigte sich besorgt: „Die arabischen Gegner wollten ihm [Israel] nicht ein Stück Land oder eine Konzession fortnehmen. Sie hatten es auf seine Existenz abgesehen. […] Soll Israel weiter in der Angst vor einem Überfall leben müssen, weiter unter dem Zwang, ständig zum Präventivkrieg gerüstet zu sein? […] Israel, der David unter den Völkern, soll leben!“[20]

Während des Sechstagekrieges wurde die DIG aufgrund ihrer israelsolidarischen Aktivitäten bundesweit bekannt – insbesondere im Rahmen der von dem Schriftsteller Günter Grass initiierten Spenden-Kampagne „Hilfe für Israel“. Schon am 30. Mai 1967 beriet das DIG-Präsidium im Beisein von Grass Hilfsmaßnahmen für das bedrängte Israel, das in den Maiwochen einer pausenlosen Vernichtungsrhetorik insbesondere durch seine ägyptischen Nachbarn ausgesetzt war. Die DIG zeichnete für den Inhalt und die Distribution von 30.000 Exemplaren eines Solidaritätsflyers verantwortlich. Der Kampagne schlossen sich der Koordinierungsrat der Gesellschaften für christlich-jüdische Zusammenarbeit und seine 41 Einzelgesellschaften sowie der Bundesverband der Gesellschaften der Freunde der hebräischen Universität an. Durch die Vermittlung von Günter Grass übernahm der Neuwieder Luchterhand Verlag den kostenlosen Druck und die Verteilung der Flyer an wichtige Multiplikatoren in Staat und Gesellschaft der Bundesrepublik. 25 Medienhäuser – darunter der Spiegel, die Süddeutsche Zeitung, die Frankfurter Allgemeine Zeitung und die Springer-Presse – veröffentlichten den Aufruf ab den 2. Juni 1967 kostenlos als ganzseitige Anzeigen. Zwischen dem 5. und 19. Juni verzeichnete die DIG- Geschäftsstelle durchschnittlich 1.000 Spendeneingänge auf ihre Sonderkonten – darunter von zahllosen Einzelpersonen, aber auch namhaften Banken, Firmen, Verlagen und Kommunen. Am 5. Juli 1967 waren mehr als 2,5 Millionen DM zusammengekommen. Auch viele andere Hilfsangebote wie Sach- und Blutspenden sowie Angebote für Arbeitseinsätze in Israel erreichten die DIG. Diese deutschen Solidaritätsbekundungen wurden von der israelischen Botschaft in Bonn und bald auch in der israelischen Gesellschaft mit positivem Erstaunen wahrgenommen.[21]

Doch dauerte es fast vier weitere Jahre, bis im April 1971 in Tel Aviv die „Israelisch-Deutsche Gesellschaft“ gegründet wurde; ihr erster Präsident war André de Vries, Rektor der Universität Tel Aviv. Seit 1978 veranstalten die beiden Gesellschaften in Deutschland und Israel themenzentrierte deutsch-israelische Konferenzen, die auch von Abgeordneten beider Parlamente besucht und mitgestaltet werden.

Ab den späten 1960er Jahren bildeten sich überall in der Bundesrepublik regionale Arbeitsgemeinschaften der DIG und füllten durch allerlei Vorträge, Bildungsveranstaltungen und Israel-Reisen die deutsch-israelischen Beziehungen mit Leben. Prominente Mitglieder engagierten sich 1969 für die Gründung einer parteiübergreifenden deutsch-israelischen Parlamentariergruppe im Bundestag und setzte sich fortan auch für die Förderung des deutsch-israelischen Jugendaustauschs ein. In unterschiedlichen Zusammenhängen betätigte sich die DIG als zivilgesellschaftlicher „Türöffner“ zur Anbahnung bilateraler Begegnungen und Programme kulturellen, wissenschaftlichen und politischen Zuschnitts, einschließlich der Kooperation bilateraler Pädagogen- und Juristen-Vereinigungen. „Immer war die DIG anregend, vermittelnd, helfend oder gestaltend beteiligt“[22], so drückte es Jahre später DIG-Präsident Heinz Westphal aus.

Vor diesem Hintergrund begreift sich die DIG bis heute als eine Institution, die in Deutschland öffentlichkeitswirksam Position bezieht, wann immer das Lebensrecht der Israelis und ihres Staates zur Disposition gestellt wird; zugleich betonen DIG-Akteure, dass sie sich keineswegs als verlängerte Arme einer (ggf. wechselnden) israelischen Regierungspolitik begreifen, auch wenn Kooperationen mit der israelischen Botschaft selbstverständlich sind: „Die DIG stimmt weder gedankenlos jeder israelischen Entscheidung zu, noch tritt sie als Lehrmeister Israels auf.“[23] Profil und Proprium kommen in den bis heute gültigen Leitsätzen zum Ausdruck: „Die DIG engagiert sich für einen Frieden im Nahen Osten, der die Lebensfähigkeit Israels dauerhaft sichert. Sie tritt für eine Verständigung zwischen allen Völkern der Region ein und wendet sich entschieden gegen all diejenigen Kräfte innerhalb und außerhalb der Bundesrepublik Deutschland, die Israels Lebensrecht als jüdischer Staat bestreiten.“[24]

Solidarität in der Bewährung: die DIG vor einer Zerreißprobe (1976ff.)

Auch die DIG konnte nicht verhindern, dass die deutsch-israelische Annäherung von 1967 nicht lange währen sollte: Während Teile der Linken schon kurz nach den israelischen Kriegserfolgen die Fronten gewechselt und den jüdischen Staat nur noch als „Brückenkopf des US-Imperialismus“ wahrgenommen hatten, zogen dunkle Wolken bald auch über die offiziellen Beziehungen herauf.

Der PLO gelang es Ende der 1960er Jahre, das Interesse der Weltöffentlichkeit mithilfe gezielter Terroranschläge auf die Lage der Palästinenser zu lenken. 1972 wurde auch die Bundesrepublik vom Terror heimgesucht: Palästinensische Kämpfer des „Schwarzen September“, einer Untergruppe der PLO, ermordeten während der Olympischen Sommerspiele in München elf israelische Sportler. Als kurz darauf eine Lufthansa-Maschine in die Hände palästinensischer Entführer geriet, ließ die Bundesregierung im Gegenzug zur Freilassung der Passagiere die drei überlebenden Terroristen von München frei. Die israelische Öffentlichkeit war schockiert über das Nachgeben der deutschen Regierung. Die Stimmung verschlechterte sich, als im Zuge des Jom Kippur-Krieges im Oktober 1973 die arabische Staatenwelt ihr Erdöl als politisches Mittel gegen die energieabhängige westliche Welt einsetzte. Unter der Wucht der „Öl-Waffe“ untersagte die Bundesregierung den USA, Waffen aus US-Depots West-Deutschland an das bedrängte Israel zu liefern.

Im Nachgang zum spektakulären Auftritt Arafats vor der UNO-Vollversammlung erklärte sich 1974 der deutsche UN-Botschafter Rüdiger von Wechmar mit dem „Selbstbestimmungsrecht des palästinensischen Volkes“ solidarisch – unter Hinweis auf das ebenfalls nicht eingelöste Selbstbestimmungsrecht der Deutschen in Ost und West. Damit brach die bundesdeutsche Diplomatie ein bis dahin in der westlichen Welt geltendes Tabu: Konnten die Israelis bis zu diesem Zeitpunkt davon ausgehen, dass die westdeutsche Politik aufgrund ihres geschichtlich bedingten Sonderverhältnisses zum jüdischen Staat im Zweifelsfall der israelischen Seite zugeneigt blieb, so war diese Geschäftsgrundlage nun zugunsten einer formal ausgewogenen deutschen Nahostpolitik aufgegeben.

Diese politische Gesamtwetterlage in der Bundesrepublik machte auch vor der DIG nicht Halt: Bald entbrannten auch innerhalb der deutschen Freundschaftsgesellschaft heftige Auseinandersetzungen um das „Recht“ auf Israelkritik. Nun äußerten auch einige Vertreter der DIG, die nach internen Schätzungen ein knappes Drittel der Mitglieder repräsentierten, ihr Unbehagen über die klischeehaft verzerrte Vorstellung eines „Bilderbuch-Israel(s)“ und die Ausblendung Israels als Besatzungsmacht in den 1967 eroberten arabischen Territorien.[25] Ihre Forderung nach „mehr Realismus in der Israel-Arbeit“[26] verhallte ungehört oder wurde – etwa vonseiten der israelischen Botschaft – als Affront betrachtet.

Der Konflikt eskalierte, als Israels Botschafter Johanan Meroz am 5. November 1976 seine Teilnahme an der DIG-Jahresversammlung demonstrativ verweigerte, weil sich die Organisation in unzulässiger Weise in innenpolitische Probleme Israels eingemischt habe.[27] Die Kritik, die vom israelischen Außenministerium gedeckt wurde[28], gipfelte in dem Vorwurf gegen den seit 1971 als DIG-Geschäftsführer amtierenden Reiner Bernstein, er steuere den Verband „bewusst auf einen araber- und PLO-freundlichen Kurs.“[29]

Der SPD-Politiker und DIG-Präsident Heinz Westphal schloss sich zwar dem Ruf nach „‘kritische(r) Solidarität‘“ mit Israel an und ergriff Partei für Bernstein[30], doch vermochte er letztlich ebenso wenig wie der Bonner Botschafter in Tel Aviv, Per Fischer, die sich mehrenden Forderungen nach Entlassung des linken Geschäftsführers[31] abzuwehren: Auf der nächsten – vorgezogenen – DIG-Jahreshauptversammlung wurden Westphal und Bernstein per Abstimmung ihrer Ämter enthoben.

Im Mai 1977 wurde der nationalkonservative Likud-Block stärkste politische Kraft in Israel. Mit Menachem Begins Wahl zum Ministerpräsidenten wurden die israelischen Sozialdemokraten zum ersten Mal in ihrer Geschichte in die Opposition verwiesen. Das sensationelle Wahlergebnis löste nicht zuletzt in Deutschland ein heftiges Beben aus, das rasch auch die DIG erfasste. Als der DIG-Mainstream nicht bereit war, den Regierungswechsel und seine möglichen Folgen zu skandalisieren, wie es die innerverbandlichen Israelkritiker verlangt hatten, sondern das Wahlergebnis als Ausdruck des innerisraelischen demokratischen Willensbildungsprozesses zu respektieren sich anschickten, war die Spaltung nicht mehr aufzuhalten: Anfang Juli 1977 zog das langjährige Präsidiumsmitglied Rolf Rendtorff Konsequenzen aus der vereinsinternen Niederlage und kündigte zusammen mit Reiner Bernstein und einer Reihe weiterer Mitglieder seinen Austritt aus der DIG und die Gründung eines „Deutsch-Israelischen Arbeitskreises für Frieden im Nahen Osten“ (DIAK) an. Eine „dritte Position […] zwischen einer sich links verstehenden Position mit Anklängen starker Israel-Feindschaft und einer unkritischen Begeisterung, wie sie vor allem von Blättern des Springer-Konzerns artikuliert wird“[32], sollte eine institutionalisierte Artikulationsmöglichkeit erhalten. Noch konnte niemand ahnen, dass das ideologische Pendel im DIAK eines Tages in eine ganz andere Richtung ausschlagen würde: Die israelsolidarischen Motive wurden gut 20 Jahre später von einer immer stärkeren Palästina-Fixierung abgelöst, die seit geraumer Zeit mit einer unverhohlen antiisraelischen Agenda einhergeht.[33] DIAK-Gründer Rendtorff räumte 2007 ein: „Ich bin nach wie vor Ehrenvorsitzender des DIAK, aber ich kann die dort vertretenen Positionen oft nicht nachvollziehen.“[34]

Aufbruch und Konsolidierung: die DIG auf Wachstumskurs

1984, 18 Jahre nach ihrer Gründung, fing die DIG an, den internen Generationenwechsel planmäßig in den Blick zu nehmen – im Rahmen regelmäßiger Jugendkonferenzen und mithilfe der Gründung eines Deutsch-Israelischen Jugendforums, das unter dem Namen „Junges Forum“ die Arbeit der lokalen Arbeitsgemeinschaften bis heute bereichert und belebt.

Nach dem Mauerfall 1989 beschlossen die Mitglieder der neu gegründeten „Gesellschaft DDR-Israel“, sich der DIG anzuschließen – eine Entscheidung, die Anfang 1991 auch juristisch vollzogen wurde. Mit 5040 Mitgliedern[35] ist die DIG heute die größte bilaterale Freundschaftsgesellschaft in Deutschland. Hier organisieren über 50 regionale Arbeitsgemeinschaften und ein bundesweit agierendes Junges Forum die Freundschaft – mit Vorträgen, Seminaren, Ausstellungen, Konzerten und Studienreisen. Einige ihrer Aktivitäten und Veranstaltungsformate stoßen bis heute auch in der deutschen Öffentlichkeit auf beachtliche Resonanz. Beispielhaft erwähnt seien die

  1. im zweijährigen Turnus erfolgte Verleihung des mit 5.000 Euro dotierten Friedenspreises der DIG an ausgewählte arabische und jüdische NGOs, die sich in vorbildlicher Weise für eine friedliche Koexistenz der Menschen in Israel engagieren (zwischen 2001 und 2010);
  2. alljährliche Januar-Wochenendseminare der Bonner AG in Königswinter unter Beteiligung renommierter Referenten und Teamer;
  3. Yitzhak Rabin-Benefiz-Konzerte der AG Berlin und Potsdam, die seit 1996 alljährlich Anfang November durchgeführt werden.

Wissenswertes aus der Freundschaftsarbeit bezogen die Vereinsmitglieder zwischen 1971 und 1990 über die mit bescheidenen Mitteln ausgestatteten „DIG-Informationen“. Zwischen 1991 und 2014 gab die DIG ein vergleichsweise opulent aufbereitetes „DIGmagazin“ heraus – eine alle drei Monate erscheinende Mitgliederzeitschrift mit Meinungsäußerungen, Berichten und Reportagen zu allen Facetten der deutsch-israelischen Beziehungen, aber auch zu Veranstaltungen der lokalen Arbeitsgemeinschaften.

Spektakulär und doch wenig bekannt ist die Anekdote über ein exponiertes polyglottes Mitglied der DIG, das Anfang der 1990er Jahre inmitten des Madrider und Osloer Friedensprozesses allerlei Kurierdienste zwischen israelischen und palästinensischen Verhandlungsführern geleistet haben soll. Wie es heißt, sollen die Unterstützungsleistungen des „neutralen“ Emissärs im Auftrag des Mossad erfolgt sein und der Vertrauensbildung beider Seiten gedient haben.[36]

Seitdem der israelisch-palästinensische Friedensprozess in den blutigen Wirren der Zweiten Intifada versandet ist, sieht sich Israel auch international in Bedrängnis. Zahlreiche regionale AGs der DIG haben in Veranstaltungen, aber auch Protestresolutionen und Straßenaktionen – vielerorts in Kooperation mit anderen NGOs sowie mit der israelischen Botschaft – die anhaltenden Versuche einer Dämonisierung und Delegitimierung Israels angeprangert. DIG-Aktivisten beleuchten dabei Hintergründe des Nahostkonflikts und erstellen allerlei engagierte, aber auch differenzierte Beiträge zur Diskussion. Vielen von ihnen ist es wichtig, Israel auch „jenseits des Konflikts und moralischer Verpflichtung aus der Geschichte“ als ein „attraktives und lebendiges Land zu zeigen, dass trotz aller Bedrohungen bisher die einzige Demokratie in der Region“ ist.[37]

Mehr als ein Richtungsstreit? Die DIG in einer Existenzkrise (2014ff.)

Angesichts der plural zusammengesetzten DIG und der in Bezug auf Israel anhaltend obsessiven Stimmungslage in Deutschland ist es nicht verwunderlich, dass es auch innerhalb einer deutsch-israelischen Freundschaftsgesellschaft immer wieder zu harten ideologischen Auseinandersetzungen kommt. Wollen die einen – insbesondere auf lokaler Ebene – mehr „klare Kante pro Israel“[38], verwahren sich die anderen – insbesondere auf Präsidiums- und Parlamentsebene – gegen den Versuch, „bei aller Eindeutigkeit für Israel“ die DIG zu einem „Sprachrohr der israelischen Botschaft“ umzufunktionieren.[39]

Der seit einigen Jahren schwelende Konflikt eskalierte ausgerechnet im Jubiläumsjahr 2015, als die DIG den 50. Jahrestag der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen Deutschland und Israel mit allerlei Aktivitäten und Veranstaltungen würdigen wollte: Dem SPD-Politiker und ehemaligen Wehrbeauftragten des Bundestages Reinhold Robbe war es als DIG-Präsident erstmals gelungen, für die DIG beträchtliche institutionelle Fördermittel in Höhe von jährlich 300.000 Euro aus dem Bundeshaushalt als sog „Fehlbedarfsfinanzierung“ zu akquirieren und damit das strukturelle Defizit des Vereins abzuwenden. Doch der unverhoffte Geldsegen stieß in den regionalen Arbeitsgemeinschaften nicht, wie zunächst erwartet, auf Jubel, sondern rief heftige Abwehrreaktionen hervor. Zum einen fühlen sich viele ehrenamtliche Aktivisten von den mit den Zuwendungen einhergehenden Auflagen der Bundeshaushaltsordnung überfordert, zumal die Bundes-DIG verpflichtet ist, alle eingehenden Projekt- und Veranstaltungsanträge sorgfältig zu prüfen, die Mittel zu verteilen und auch die rechtlich einwandfreie Bewirtschaftung der Gelder zu überwachen. Insbesondere mitgliederstarke AGs befürchten den Verlust ihrer operativen Autonomie, weil nunmehr alle finanzwirksamen Entscheidungen von der Bundes-DIG zu treffen sind, obwohl der Hauptanteil aller DIG-Aktivitäten von den Regionalverbänden geschultert wird.

Verschärfend kamen unglückliche Personalia hinzu, die die Kontinuität und Verlässlichkeit der DIG-Aktivitäten aufs Äußerste strapazieren: Die langjährige Geschäftsführerin Hildegard Radhauer verabschiedete sich im Frühjahr 2015, auf dem Höhepunkt der Vorbereitungen für die Jubiläumsfeierlichkeiten, in den vorzeitigen Ruhestand – mit der Folge u. a., dass das DIG-Magazin im ganzen Jahr 2015 nicht ein einziges Mal erschien; damit fiel ein zentrales Tool der Mitgliederkommunikation ersatzlos aus, das insbesondere im Jubiläumsjahr vonnöten gewesen wäre. Des Weiteren soll der 2014 von Reinhold Robbe angeworbene Stephan Kramer als Schatzmeister der DIG wenig später immer wieder am Präsidenten vorbei agiert und seine Kompetenzen eigenmächtig überschritten haben.[40]

Sogar die vom Auswärtigen Amt mit über einer Million Euro finanzierte Jubiläumsausstellung „Israelis & Deutsche“, die Robbe zusammen mit einem Team versierter Autoren, Lektoren, Berater, Gestalter und Übersetzer auf den Weg gebracht hatte, löste 2015 in der DIG mehr Kritik als Freude aus. In sorgsam komponierten Textauszügen, Bildern und Videosequenzen hatten die Macher/innen um Kuratorin Alexandra Nocke ein beeindruckendes Panorama der deutsch-israelischen Beziehungen in Szene gesetzt. Die hebräische Fassung der Wanderausstellung wurde zwischen November und Dezember 2015 in Tel Aviv, Be’er Scheva, Haifa und Jerusalem gezeigt; die deutschsprachige Fassung konnte im Oktober 2015 im Paul-Löbe-Haus (Deutscher Bundestag) eröffnet werden und wird bis Ende 2016 an 10 weiteren Standorten in Deutschland zu sehen sein. Doch der mit der Ausstellung erhoffte Renommee-Gewinn sollte der DIG und ihren 50 Arbeitsgemeinschaften kaum zugutekommen: Allzu viele lokale DIG-Repräsentanten argwöhnten in dem ambitionierten Ausstellungsprojekt in erster Linie einen kostspieligen Profilierungsversuch ihres (Ex-)Präsidenten. Dass einflussreiche Neider und missgünstige Kritikaster damit ausgerechnet im Jubiläumsjahr einmalige Chancen für die Vermittlung eines empathisch-differenzierten Israelbildes in der teilweise israelphoben deutschen Öffentlichkeit verpassten, gehört zu den tragischen, weil politisch relevanten Elementen dieses innerverbandlichen Konflikts.

Reinhold Robbe kündigte vor dem Hintergrund der oben skizzierten personellen und strukturellen Querelen im September 2015 seinen Rücktritt an – auch „um selber keine Beschädigung zu erleiden!“[41] Zusammen mit dem Präsidium trat der DIG-Präsident auf der Hauptversammlung im November 2015 nach einer fünfjährigen Amtszeit zurück; zu seinem Nachfolger wurde der FDP-Politiker und ehemalige Wehrbeauftragte Hellmut Königshaus gewählt, dessen Wahl in der Medienöffentlichkeit teils verhalten, teils sehr kritisch kommentiert wurde.[42] Die Delegierten entschieden, bis Anfang 2016 eine Zukunftskommission ins Leben zu rufen, die eine strukturelle und rechtliche Neuaufstellung der DIG vorzubereiten hat: Den AGs soll die Entscheidung überlassen werden, „ob sie ihre organisatorische und finanzielle Selbstständigkeit eher als rechtlich selbstständige Arbeitsgemeinschaft (als e. V.) fortführen wollen oder nicht.“[43] Diese Absicht könnte darauf hindeuten, dass Arbeitsgemeinschaften, die organisatorisch aus dem DIG-Dachverband aussteigen, nicht länger Fördermittel aus dem Bundeshaushalt empfangen, im Gegenzug aber wieder über Mitglieds- und Regionalbeiträge verfügen und damit operative Unabhängigkeit und Flexibilität zurückgewinnen können. Kleineren und auf Hilfe von außen angewiesene AGs, die unter dem Dach der Bundes-DIG verbleiben wollen, müssen allerdings professionell angeleitet werden, wie sie künftig staatliche Zuwendungen haushaltsrechtlich einwandfrei bewirtschaften können.

Ob es der DIG in diesem Jahr gelingt, ihre strukturellen und personellen Probleme in den Griff zu bekommen, bleibt abzuwarten. Das Jahr 2016 wird erweisen, ob die DIG sich zukunftssicher umgestalten und sich erneut vollumfänglich ihren originären Aufgaben der Pflege freundschaftlicher Beziehungen zwischen Deutschen und Israelis widmen kann – und dabei zugleich wieder interventions- und kampagnenfähig wird.

Die AG Berlin und Potsdam unter Jochen Feilcke hat derweil vorsorglich Räume in der Akademie der Künste angemietet, dem politischen Gründungsort der Bundes-DIG: Geplant ist eine Jubiläumsveranstaltung am 12. Mai 2016 anlässlich des 50. Jahrestages. Ein Event unter Einschluss damaliger Akteure wie z. B. Walter Sylten ist im Entstehen, dessen Realisierung in besseren Zeiten Aufgabe der Bundes-DIG gewesen wäre. Aber wer mag in Zeiten der Umbrüche bei einem gelungenen Coup dieses Kalibers auf formale Zuständigkeiten oder auf gewachsene Kontinuitäten pochen? „The proof of the pudding is in the eating.“[44]

In diesem Sinne: Happy Birthday to You, DIG!

Der Beitrag erschien zuvor in Compass-Infodienst als ONLINE-EXTRA Nr. 235.

[1]    Einzelheiten im Schlussteil dieses Essays.
[2]    Max Weber: Wirtschaft und Gesellschaft. Grundriss der verstehenden Soziologie. Studienausgabe, Tübingen 51980, S. 822.
[3]    Ernst-Wolfgang Böckenförde: Staat, Gesellschaft, Freiheit. Studien zur Staatstheorie und zum Verfassungsrecht, Frankfurt/Main 1976, S. 60.
[4]    Leitsätze der Deutsch-Israelischen Gesellschaft. In: http://www.deutsch-israelische-gesellschaft.de/bund/leitsaetze (Linkcheck v. 9.3.2016).
[5]    Ebd.
[6]    Einzelheiten bei Martin Kloke: Deutsch-Israelische Beziehungen. Reihe: Info aktuell. Informationen zur politischen Bildung. Hrsg. von der Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn: 31.3.2015, S. 4f.
[7]    Zu Einzelheiten vgl. ebd., S. 5ff.
[8]    Der evangelische Theologe, Angehöriger der sog. Bekennenden Kirche, hatte zwischen 1938 und 1940 in Berlin zahlreichen Juden Beistand geleistet und Unterschlupf in Kleingartenkolonien seines Kiezes organisiert. Ihm war es gelungen, mehr als eintausend überwiegend zum Christentum konvertierten Juden und ihren Angehörigen unter teilweise abenteuerlichen Umständen die Auswanderung zu ermöglichen. Grubers Engagement war erst zum Erliegen gekommen, als ihn die Gestapo verhaftet und ins KZ Sachsenhausen eingeliefert hatte.
[9]    Vgl. den Zeitzeugenbericht von Walter Sylten: Zur Entstehung der Deutsch-Israelischen Gesellschaft. In: Karlheinz Schneider (Hrsg.): 20 Jahre deutsch-israelische Beziehungen (Schriften Band 10), West-Berlin 1985, S. 167–175, hier S. 168.
[10]  Vgl. Walter Sylten: Gründung der Deutsch-Israelischen Gesellschaft. Der schwierige Beginn: Berlin – Bonn. Ms. v. 7.4.2004. In: http://www.digberlin.de/gruendung-der-dig-im-jahr-1966/ (Linkcheck v. 9.3.2016).
[11]  Heinz Putzrath am 17.5.1965 an Willy Brandt. Aus: PV-Akte 0935, in: Archiv der sozialen Demokratie (AdsD), Aktenordner „Deutsch-Ausländische Gesellschaften“. Putzrath spielte auf eine zeitgleiche Berliner Initiative kirchlicher Kreise um Propst Grüber an. Letzterer wurde im Herbst des Jahres von Gerhard Jahn als eine Persönlichkeit geschildert, mit der es „sehr schwierig ist, zu einer vernünftigen Zusammenarbeit […] zu kommen“ (Jahn am 22.10.1965 an den Parteivorstand der SPD, in: ebd.).
[12]  Heinz Castrup am 24.5.1965 an Gerhard Jahn (ebd.).
[13]  Gerhard Jahn am 22.10.1965 an Heinz Castrup (ebd.). Davon nur geringfügig abweichend wiederholte Jahn am 10.11.1965 in einem Schreiben an den Parteivorstand seinen Vorschlag, wonach „Genosse Rendtorff […] Vorsitzender (!) der Gesellschaft werden sollte“ (ebd.).
[14]  Vgl. Sylten: Gründung der Deutsch-Israelischen Gesellschaft, a. a. O. (vgl. Fußnote 10).
[15]  Ebd.; vgl. auch den entsprechenden Überweisungsbeleg – unter dem Titel „Reisekosten“ – vom 23.12.1965 in Höhe von 350 DM (PV-Akte 0769. In: AdsD, Aktenordner „Zahlungsanweisungen 1964/65“).
[16]  Einzelheiten im Schlussteil dieses Essays.
[17]  Vgl. das Protokoll des DIG-Gründungsausschusses v. 3.12.1965; Niederschrift der DIG-Gründungsversammlung v. 21.3.1966 (Privatarchiv d. Verf.); Pressemitteilung der DIG v. 22.3.1966. In: PV-Akte 0935, a. a. O.
[18]  So Sylten: Gründung der Deutsch-Israelischen Gesellschaft, a. a. O. (vgl. Fußnote 10).
[19]  Einzelheiten bei Walter Sylten: Zur Entstehung der Deutsch-Israelischen Gesellschaft, a. a. O., S. 170ff. (vgl. Fußnote 9).
[20]  Rudolf Augstein, Israel soll leben. In: Der Spiegel, Nr. 25 v. 12.6.1967 (http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-46394361.html)
[21]  Einzelheiten in den Protokollen der Sitzungen des DIG-Präsidiums v. 30.5. und 10.7.1967 (Privatarchiv d. Verf.).
[22]  Vgl. Heinz Westphal u. Hildegard Radhauer: Zur Arbeit der Deutsch-Israelischen Gesellschaft. In: Ralph Giordano (Hrsg.): Deutschland und Israel: Solidarität in der Bewährung. Bilanz und Perspektive der deutsch-israelischen Beziehungen, Gerlingen 1992, S. 155-174, hier S. 160.
[23]  Ebd., S. 160.
[24]  Leitsätze der Deutsch-Israelischen Gesellschaft, a. a. O. (vgl. Fußnote 4).
[25]  Vgl. die Kritik des DIG-Gründungsmitglieds und Vizepräsidenten Rolf Rendtorff, nach: Hans Kepper: Auch in Königswinter war das Beben noch zu spüren. Können die Deutschen dem Staate Israel gegenüber jemals unbefangen auftreten? In: Frankfurter Rundschau (FR) v. 25.10.1974, S. 3; Heinz Westphal: Öffentliches Engagement notwendig! In: EMUNA, Heft 1/2, 3–4/1974, S. 73–77, hier S. 74 und 77.
[26]  So Reiner Bernstein: Herausforderungen annehmen. Für mehr Realismus in der Israel-Arbeit, in: Zentralausschuss Sozialistischer Bildungsgemeinschaften (Hrsg.): Wir und Israel, Bonn 1974, S. 8–11.
[27]  Vgl. Diethart Goos: Streit um Deutsch-Israelische Gesellschaft. Am PLO-freundlichen Kurs des DIG-Geschäftsführers Bernstein zerbrach die Zusammenarbeit mit Israels Botschafter Meroz, in: Die Welt v. 9.11.1976, S. 2; Jutta Roitsch: Israelische Botschaft legt sich mit Freunden Israels an. Die deutsch-israelische Gesellschaft in der Bundesrepublik soll sich nicht mit Politik im Nahen Osten beschäftigen, in: FR v. 10.11.1976, S. 1; Diethart Goos: Streit um Deutsch-Israelische Gesellschaft geht weiter, in: Die Welt v. 23.12.1976, S. 2.
[28]  Vgl. Die Welt v. 23.12.1976, S. 2; FR v. 18.1.1977, S. 2.
[29]  Zitiert nach: Die Welt v. 9.11.1976, S. 2. Auch zehn Jahre später hielt Meroz in seinen Memoiren daran fest, Bernstein und Rendtorff hätten mit ihrem Engagement eine „Förderung des ‚Palästina-Syndroms‘ in der bundesdeutschen Öffentlichkeit“ betrieben (In schwieriger Mission. Als Botschafter Israels in Bonn. Mit einem Geleitwort von Helmut Schmidt, Berlin-West/Frankfurt/Main 1986, S. 165).
[30]  „‘Die DIG diskutiert die Lage in Nahost auch kontrovers. Wir wollen Israel keine weisen Ratschläge erteilen. Aber wir machen uns ernsthafte Sorgen darüber, wie man in Nahost Frieden machen kann. Wir üben kritische Solidarität […]. Bis zum Beweis des Gegenteils stehe ich zu diesem Geschäftsführer. Ich lasse mir diesen Mann nicht kaputtmachen‘“ (so Westphal laut Diethart Goos: Streit um Deutsch-Israelische Gesellschaft, a. a. O., S. 2); ferner ders.: Deutsch-Israelische Gesellschaft droht die Spaltung, in: Die Welt v. 11.11.1976, S. 2.
[31]  „‘Bernstein hat seit Jahren in der DIG den Juso-Flügel stark ins Spiel gebracht und unterhält auch Verbindungen mit entsprechenden Kreisen in Israel […]. Wenn sich Westphal mit Bernstein solidarisiert, muss er Konsequenzen ziehen‘“ (so CDU-MdB und DIG-Vizepräsident Erik Blumenfeld laut Diethart Goos: Streit um Deutsch-Israelische Gesellschaft, a. a. O., S. 2); ferner: Jutta Roitsch: Im Hintergrund: Entlassung wird gefordert, in: FR v. 18.1.1977, S. 2.
[32]  So Rolf Rendtorff in einem FR-Interview v. 9.7.1977, S. 2 („Im Gespräch: Suche nach dem dritten Weg“).
[33]  Gegenwärtig amtiert als DIAK-Vorsitzender Rainer Zimmer-Winkler, ein langjähriger Palästina-Aktivist, der noch vor wenigen Jahren Vorsitzender der Deutsch-Palästinensischen Gesellschaft und aktives Mitglied der antizionistischen Nahostkommission der katholischen Organisation „Pax Christi Deutschland“ war, die sich für einen Boykott Israels einsetzt.
[34]  Rolf Rendtorff: Kontinuität im Widerspruch. Autobiographische Reflexionen, Göttingen 2007, S. 154.
[35]  Zahlenangabe lt. DIG-Präsident Reinhold Robbe in einem Rundschreiben „an alle Arbeitsgemeinschaften und Präsidiumsmitglieder der DIG“ v. 11.9.2015 (Privatarchiv d. Verf.).
[36]  Entsprechende Hinweise verdankt der Verfasser unabhängig voneinander je einem deutschen und einem israelischen Gesprächspartner.
[37]  Vgl. Meggie Jahn, Steffen Reiche, Maya Zehden: Mitglieder- und Freundesbrief v. 31. Januar 2011 (Privatarchiv d. Verf.).
[38]  Vgl. Bärbel Illi, Lothar Galow-Bergemann: Klare Kante pro Israel. In: DIGmagazin, Nr. 4, Dezember 2010, S. 17f.
[39]  Knut Teske: Eine schwierige Hauptversammlung. In: DIGmagazin, a. a. O., S. 4f.; vgl. auch Sven Becker: Pfahl im Fleische. In der Deutsch-Israelischen Gesellschaft eskaliert ein Richtungsstreit: Wie offen dürfen deutsche Abgeordnete die Politik des Judenstaats kritisieren. In: Der Spiegel, Nr. 8, 21.2.2011, S. 38 (http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-77108494.html).
[40]  Vgl. beispielhaft Der Tagesspiegel v. 16.9.2015, S. 5: Präsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft tritt zurück.
[41]  Persönliche Information v. 11.9.2015 (Privatarchiv d. Verf.).
[42]  Besonders krass der Kommentar v. Arthur Buckow: Gutes Gewissen. Die Deutsch-Israelische Gesellschaft hat einen neuen Präsidenten. Und der scheint für das Amt einschlägig qualifiziert. In: Jungle World, Nr. 48, 26.11.2015 (http://jungle-world.com/artikel/2015/48/53060.html).
[43]  Vgl. den Antrag an die a. o. Hauptversammlung der DIG am 15.11.2015 (Privatarchiv d. Verf.).
[44]  Englisches Sprichwort, dessen Ursprünge im 14. Jahrhundert liegen (https://en.wiktionary.org/wiki/the_proof_of_the_pudding_is_in_the_eating).

1 Kommentar

  1. Ein Danke an Martin Kloke für diesen ausführlichen, informativen und kritischen Artikel über die Geschichte und das Innenleben der DIG.

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