Zwei neue Gedenktafeln

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Gedenken an Kriegstote, Opfer des NS-Rassenwahns und Kriegsverbrechen in Markt Burgsinn…

Israel Schwierz

Bis zum November 2015 gab es im Markt Burgsinn im Landkreis-Main-Spessart nur zwei Kriegerdenkmäler, die an die Kriegstoten der beiden Weltkriege und an die Kriegsteilnehmer des Krieges 1870/71 erinnerten. Auf dem Denkmal für die gefallenen Soldaten von 1914/18 und 1939/45 ist auch der Name des deutschen jüdischen Kriegstoten Adolf Hamburger – gef. 1914 – zu finden, während bei den Kriegsteilnehmern 1870/71 Felix Rosenberger steht.

Seit November 2015 wurde die Gedenkstelle des Marktes um zwei weitere Tafeln erweitert: links des Kriegerdenkmals für die Soldaten der beiden Weltkriege wurde ein neuer Gedenkstein mit zwei Tafeln der Öffentlichkeit übergeben, dessen Errichtung bereits im Januar 2015 vom Bauausschuss des Marktes beschlossen worden war: eine ist der vernichteten Jüdischen Gemeinde gewidmet, die andere elf sowjetischen Kriegsgefangenen, die 1945 im Ort grundlos erschossen worden waren.

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An die Jüdische Gemeinde, die 1940 ausgelöscht wurde, erinnerte zwar eine Gedenktafel mit der folgenden Inschrift im Innenbereich des Rathauses „In BURGSINN bestand bis 1940 eine Jüdische Kultusgemeinde, Synagoge Fellener Straße 14, die in der Pogromnacht 1938 geschändet wurde. Der MARKT BURGSINN gedenkt seiner ehemaligen jüdischen Mitbürger.“ , die jedoch dort ein wenig beachtetes Dasein fristete. Jetzt ist eine neue Gedenktafel mit dem gleichen Text wie die im Rathaus neben dem Kriegerdenkmal zu finden. Sie war am Volkstrauertag 2015 eingeweiht worden. Das ehemalige Synagogengebäude existiert übrigens als Bauwerk in der Fellener Straße 14 immer noch und ist in der Bausubstanz im Original erhalten – sogar mit einer kaum noch lesbaren Inschrift des mit der ehemaligen Synagoge verbundenen Hauses.

Die zweite Tafel, rechts neben der für die Jüdische Gemeinde, ist etwas später angebracht worden. Sie erinnert an ein Kriegsverbrechen, das sich 1945, kurz vor Kriegsende, im Ort ereignet hat. Das US-Kommandounternehmen „Task Force Baum“ wollte im April 1945 den Schwiegersohn von General Patton aus dem Kriegsgefangenenlager Hammelburg befreien. Das Unternehmen scheiterte – doch konnten gelang während der Kampfhandlungen einigen Hundert sowjetischer Gefangener die Flucht aus dem Lager Hammelburg. Bei dem Versuch, die US-Truppen zu erreichen, verteilten sie sich in der ganzen Gegend. Elf von ihnen gelangten so auch nach Burgsinn, wo sie versuchten, etwas Essbares zu bekommen. Eine Wehrmachtseinheit wurde auf sie aufmerksam. Nachdem sie sie auf einer Wiese zusammengetrieben hatte, wurden die Gefangenen den Mäuseberg hinaufgetrieben und dort ohne weiteres im Beisein von Zivilisten, darunter auch Kindern, erschossen. Laut Aussagen des Burgsinner Historikers Konrad Weigelt wurde die Leichen der Ermordeten in einer Mulde neben einem Weg verscharrt. Nach der Besetzung des Ortes durch die US-Armee zwang diese die örtlichen Mitglieder der NSDAP und Angestellte des Rathauses die Leichen zu exhumieren und einige Meter weiter wieder zu bestatten. Später wurden sie dann auf dem lokalen Friedhof beigesetzt und anschließend auf eine Kriegsgräberstätte in Neumarkt/Oberpfalz überführt. Das Kriegsverbrechen von 1945 griff der langjährige Gemeinderat Klaus Hofmann auf und setzte sich sehr für eine würdige Gedenkstätte für die 11 Kriegsgefangenen, deren Identität bis heute unbekannt ist, ein. Diesem Bestreben schloss sich dann Anfang 2015 auch Bürgermeister Robert Herold und der Gemeinderat des Marktes an, so dass im November 2015 eine Gedenktafel mit dem folgenden Wortlaut der Öffentlichkeit übergeben werden konnte: „ Der Markt Burgsinn gedenkt den am 01.04.1945 in Burgsinn erschossenen russischen Kriegsgefangenen . Sie wurden Opfer des nationalszialistischen Terrors.“ So wurde am Volkstrauertag 2015 – nach fast 70 Jahren – erstmals auch an die ermordeten Rotarmisten gedacht.

Mit der Errichtung der neuen Gedenkstätte hat der Markt Burgsinn eine äußerst lobenswerte und beispielhafte Handlung vollzogen. Allen, die an der Planung und Durchführung des Projekts direkt oder indirekt beteiligt waren – Lokalhistoriker Konrad Weigelt, Gemeinderat Klaus Hofmann, Bürgermeister Robert Herold, der Schulleiter der Sinngrundschule und Kreisheimatpfleger Rektor Bruno Schneider sowie dem gesamten Gemeinderat des Marktes Burgsinn gebührt dafür Dank, Anerkennung und Respekt aller, denen – gerade in unserer Zeit – der ehrliche Umgang mit der Vergangenheit ihrer Heimat etwas bedeutet. So kann jetzt beim alljährlichen Volkstrauertag stets aller Toter von Burgsinn würdig gedacht werden: aller Soldaten des Ortes, die in zwei Weltkriegen ihr Leben für ihre deutsche Heimat hingegeben haben, der durch die Rassenideologie und den Judenhass des Nationalsozialismus ermordeten Juden und der infolge eines Kriegsverbrechens getöteten sowjetischen Kriegsgefangenen.

2 Kommentare

  1. Sehr geehrter Herr Schwierz,

    darf ich zu Ihren sehr lesenswerten Artikel anmerken, dass Ihnen wahrscheinlich ein kleiner Tipp-Fehler unterlaufen ist:

    Sie schreiben Zitat: „während bei den Kriegsteilnehmern 1970/71 Felix Rosenberger steht.“ Zitat Ende. Ich denke, dass Sie den Deutsch/Französischen Krieg von 1870/71 meinen.

    Mit freundlichen Grüßen

    Lars

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