Endstation Sehnsucht

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Eine Reise durch Yerushalayim-Jerusalem-Al Quds. Eine Ausstellung des Jüdischen Museums Hohenems, 10. Mai 2015 bis 14. Februar 2016…

Endstation SehnsuchtKuratiert von Hannes Sulzenbacher
Mit Fotografien von Galia Gur Zeev

Seit drei Jahren verbindet eine umstrittene Straßenbahn den Westen Jerusalems mit jüdischen Siedlungen im palästinensischen Ostteil der Stadt. In ihr begegnen sich orthodoxe Juden, säkulare Israelis und Palästinenser, Pilger, Stadtbevölkerung und Touristen. In ihr spiegelt sich die brisante Gegenwart der urbanen Gesellschaft von Jerusalem. Die Ausstellung „Endstation Sehnsucht. Eine Reise durch Yerushalayim/Jerusalem/Al Quds“ nimmt ihre Besucher mit auf eine Fahrt durch die Stadt, die Juden, Christen und Muslimen als heilig gilt. Eine Stadt, die Menschen aus allen Teilen der Welt für sich beanspruchen und in der alle Konflikte der Vergangenheit und der Gegenwart ihren Ort haben.

Ganz unterschiedliche Gruppen leben dicht nebeneinander in Jerusalem, oft in voneinander getrennten Vierteln, begrenzt von Mauern oder Stacheldrahtzäunen. Dazwischen religiöse Touristen in eigenen Pilgerherbergen und Hotels. Dennoch begegnen sie sich – auf Märkten und in Einkaufszentren, in Spitälern und Parks und nicht zuletzt auf der Straße. Jeder legt sein eigenes Bedeutungsnetz über die Stadt, und blendet die anderen aus oder macht ihnen ihr Existenzrecht streitig. Pilgergruppen wandeln durch die Stadt wie durch eine Projektionsfläche ihrer heiligen Erzählungen.

Mit der Straßenbahn bewegen wir uns durch die verschiedenen „Jerusalem“, die nebeneinander und gegeneinander, oft am gleichen Ort sich gegenseitig verdeckend existieren. Wir fahren durch die Trümmer vergangener Utopien und zwischen den vielen Denkmälern der symbolischen und politischen Inbesitznahme der Stadt.

Die israelische Künstlerin Galia Gur Zeev hat für diese Ausstellung die Stadt erkundet und durchmessen, Station für Station unserer Ausstellungs-Straßenbahn entlang. Sie fotografierte Orte, an denen sich unterschiedliche historische oder gegenwärtige religiöse und nationale Deutungen aneinander reiben. Ihre Bilder sind ein dokumentarischer Blick auf die Stadt, verbunden mit einer sensiblen und kritischen Subjektivität: Bilder von glänzenden Sehenswürdigkeiten und verfallenden Häusern, von Mauern und Zäunen, Bilder von tristen und umstrittenen Gegenden.

Die Strecke der Straßenbahn ist gesäumt von Orten, an denen sich die Konflikte der Stadt entzündet haben und weiter entzünden. Jeder Ort hat seine eigenen Geschichten und steht für ein anderes Spannungsfeld. Auch die Straßenbahn durch Jerusalem selbst war von Beginn an umstritten, ihre Linienführung ein Politikum. Politiker behaupteten, dass sie den Osten und den Westen der Stadt und ihre verschiedenen Bevölkerungsgruppen miteinander verbinde. Ihre tatsächliche Planung aber bezog sich auf die jüdischen Siedlungen im Osten der Stadt und nicht auf die arabischen Stadtteile, die sie passiert. Dennoch ist die Straßenbahn für viele Bewohner der Stadt, gleich welcher Herkunft oder Religion, auch eine Hoffnungsträgerin geworden, steht sie doch für einen sehnlichen Wunsch, den viele Jerusalemer für ihre Stadt haben: den Wunsch nach Normalität.

Zu solch einer „Normalität“ könnte wenigstens „unsere“ Straßenbahn führen – zu einer Haltestelle, an der die unterschiedlichen Deutungen der Stadt zwar nicht miteinander verschmelzen, an der sie sich aber dennoch tolerieren könnten: zur Endstation Sehnsucht. Von dieser Haltestelle ist sie jedoch leider noch weit entfernt.

Jüdisches Museum Hohenems, Schweizer Straße 5, 6845 Hohenems
Information: Tel. +43 (0)5576 73989, E-Mail: office@jm-hohenems.at
Öffnungzeiten Museum Und Café: Dienstag bis Sonntag und feiertags 10-17 Uhr

Begleitprogramm

So, 14.06.2015, 11.00-12.30 Uhr, Jüdisches Museum Hohenems
Endstation Sehnsucht. Kuratorenführung
Ein Rundgang durch die aktuelle Ausstellung mit dem Kurator Hannes Sulzenbacher (Wien)

Veranstaltungsort:
Jüdisches Museum Hohenems, Schweizer Straße 5, 6845 Hohenems
Information: Tel. +43 (0)5576 73989-0, office@jm-hohenems.at
Eintritt: Euro 7,-/4,-

So, 14.06.2015, 11.00-12.30 Uhr, Jüdisches Museum Hohenems
Jerusalem. Alltag in einer zerrissenen Stadt
Vortrag von Richard Chaim Schneider (Tel Aviv)

„Das Beste an Jerusalem ist die Autobahn nach Tel Aviv“ – das sagen Menschen, die in der Mittelmeermetropole leben, säkulare Menschen, denen die Heiligkeit und der Extremismus Jerusalems auf die Nerven geht. „Zwanzig Jahre lang“, schreibt Richard Chaim Schneider, „hatte ich eine Bleibe in Jerusalem, war nie länger als zwei Monate weg von dieser Stadt, in der ich mich immer zu Hause fühlte, ein emotionales, aber kein spirituelles Zuhause.“ Aber dieses Zuhause liegt fern von den „heiligen Stätten“, auf den anarchischen Märkten und in den Wohnungen deutsch-jüdischer Emigranten. Von dort macht er sich auf in den zerrissenen Osten der Stadt, in arabische Stadtviertel und jüdische Siedlungen, zwischen alten arabischen Dörfern, die von israelischen Archäologen untergraben werden und palästinensischen Flüchtlingslagern diesseits der Stadtgrenze aber jenseits der Mauer.

Richard Chaim Schneider wurde 1957 als Sohn ungarischer Holocaust-Überlebender in München geboren, und arbeitete als Theaterregisseur, Autor und Journalist, bevor er 1989 begann, für die ARD zu arbeiten. Er ist seit 2006 Leiter des ARD-Fernsehstudios in Tel Aviv. 2009 erhielt er für seine Fernsehdokumentation Tage des Schreckens über den damaligen Gazakrieg den Bayerischen Fernsehpreis. Auch in seinem Videoblog Zwischen Mittelmeer und Jordan berichtet er regelmäßig kritisch aus Israel und den Palästinensischen Autonomiegebieten.

Veranstaltungsort:
Jüdisches Museum Hohenems, Schweizer Straße 5, 6845 Hohenems
Information: Tel. +43 (0)5576 73989-0, office@jm-hohenems.at
Eintritt: Euro 7,-/4,-

Poolbar

Do, 16. Juli 2015, Poolbar Feldkirch
Acollective (Tel Aviv)
Ein Konzert der poolbar Feldkirch in Kooperation mit dem Jüdischen Museum Hohenems
Acollective anhören
poolbar Feldkirch

Öffentliche Führungen

So, 07.06.2015, 11.30-12.30 Uhr
So, 05.07.2015, 11.30-12.30 Uhr
So, 02.08.2015, 11.30-12.30 Uhr

Treffpunkt: Jüdisches Museum Hohenems, Schweizer Str. 5, 6845 Hohenems
Information: Tel. +43 (0)5576 73989, E-Mail: office@jm-hohenems.at
Eintritt: Euro 7,-/4,- (inkl. Führung)