Wird die Schoa von Gerhard Oberkofler „auf propagandistische Merkmale“ der Naziherrschaft reduziert?…
Von Karl Pfeifer
2010 zitierte Gerhard Oberkofler zustimmend eine Stellungnahme des damaligen Rektors der Innsbrucker Universität Karlheinz Töchterle, der erklärte: „Diffamierungen und persönliche Angriffe haben hier nichts verloren“. ((http://www.kommunisten.ch/index.php?article_id=918))
Das hinderte ihn aber nicht, in seinem am 23. Jänner 2014 veröffentlichten Gastkommentar (Die Presse) den ehemaligen wissenschaftlichen Leiter des Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstand (DÖW) Wolfgang Neugebauer und die noch bis 1. Mai amtierende wissenschaftliche Leiterin Brigitte Bailer persönlich anzugreifen.
Er wirft den Wissenschaftlern Brigitte Bailer, Wolfgang Maderthaner und Kurt Scholz vor, ihre „Interpretation des deutschen Imperialismus“ zu verbreiten, denn sie schrieben: „Im Mittelpunkt der nationalsozialistischen Ideologie und Politik standen Rassismus sowie Antisemitismus auf der einen und die Forderung nach der Verwirklichung einer wahren ‚Volksgemeinschaft‘ auf der anderen Seite.“
Oberkofler kommt zu einem anderen Schluss: „Das ist eine Reduktion auf propagandistische Merkmale der nationalsozialistischen Periode in Deutschland. Diese haben zweifellos massenmörderische Ergebnisse gehabt, die historische Erinnerung daran soll aber nicht dazu dienen, das kapitalistische Hauptziel, das die Expansion nach innen und außen war, zu verdecken.“
Was die Expansion nach innen bedeutet, ist nicht klar. Jedoch die Expansion nach Außen war nicht nur ein Ziel der Nationalsozialisten, die Kolonialstaaten expandierten nach außen und die Sowjetunion sowie China auch. Zwar leugnet Oberkofler nicht die „massenmörderische Ergebnisse“, doch er relativiert diese als eine propagandistische Ablenkung. Wie andere von wahnhaften Ideen besessenen Menschen, sieht er offenbar hinter dieser „Verdeckung“ Israel: „Das DÖW unter Bailer aber versucht die öffentliche Meinung in Österreich im Interesse der herrschenden Eliten von Israel zu beeinflussen.“
Einen Beweis für seine krause Behauptung bringt Oberkofler nicht.
Oberkofler hat sich in der Vergangenheit einen Namen gemacht als vehementer Verteidiger von Kurt Waldheim. Bereits im Februar 1985 hätte das DÖW „ein Signal aus Österreich in Richtung der mächtigen jüdisch-israelischen Organisationen in den USA“ gegeben und als linientreuer Stalinist sieht er keine individuelle Schuld, für alles müssen die „Klassenverhältnisse“ herhalten: „Die Personalisierung der Offiziersrolle von Waldheim drängt ganz bewußt die historische Verantwortung für das Kriegsgeschehen, die in den allgemeinen Klassenverhältnissen liegt völlig in den Hintergrund“. Da kommen „die österreichischen Zeithistoriker“ so Oberkofler, „mit der ihnen eigenen moralisierenden Strenge. Ihr Befund macht eher ihre Anstellungsbedingungen und Karriereoptionen deutlich als die historischen Fakten.“ („Neue Volksstimme“ 7-8/1996). Ähnlich argumentieren auch Neonazi gegen das DÖW.
Die Internationale Historikerkommission (IHK) hielt fest, dass Waldheim, im Unterschied zu anderen Offizieren, nie Proteste gegen kriminelle Befehle eingelegt oder nach einer Umgehungsmöglichkeit gesucht hatte. Waldheims umfassendes Wissen auch über widerrechtliche und kriminelle Handlungen wurden ausführlich dokumentiert. Wiederholt wies die IHK auf Waldheims problematischen Umgang mit der Wahrheit hin, der vom Vergessen (Nicht erinnern) belastender Fakten bis zum Verleugnen eines (nachgewiesenen) Wissens reichte. Insgesamt fünfmal wies die Historikerkommission auf ein solches Verhalten hin:
- Waldheim war „mit Sicherheit dem Phänomen ‚Banden‘ bereits während seines Aufenthaltes in der Sowjetunion begegnet“, was er u.a. bei der Anhörung der IHK geleugnet hatte.
- Entgegen Waldheims eigenen Aussagen vor der IHK, er habe nur über einen Bruchteil der Informationen verfügt, war er in seiner Funktion als Ordonanzoffizier (O3) der militärischen Aufklärungsabteilung (Ic) der Heeresgruppe E allumfassend informiert.
- In Bezug auf das Wissen um die Deportation von Juden wurden Waldheims Leugnen und Vergessen besonders auffällig. Seine Behauptungen, er habe nichts von dem Abtransport der Juden vom griechischen Festland und von den griechischen Inseln gewusst, wurden als unglaubhaft bezeichnet.
- Obwohl die Kommission aufgrund ihrer Faktenanalyse eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit dafür feststellte, dass Waldheim gewusst hatte, dass die italienischen „Gefangenen“ nach Deutschland zum Zwangsarbeitseinsatz transportiert wurden, leugnete er dies.
- Waldheim leugnete auch, von den Massakern im Zuge der „Sühnemaßnahmen“ gewusst zu haben, obwohl Dokumente mit seiner Paraphe existieren. In den „Zusammenfassenden Schlussbetrachtungen“ der IHK wurde nirgends die Feststellung getroffen, Waldheim sei nicht in Kriegsverbrechen involviert gewesen.
Noch 2010 behauptete Gerhard Oberkofler in „Masken zweier Wiener Biedermänner“, einem Rundumschlag gegen Bundespräsident Heinz Fischer und Prof. Anton Pelinka: „Eine SPÖ-Intrige wird im Interesse Israels und der USA zur Affäre Waldheim“ ((http://www.klahrgesellschaft.at/Mitteilungen/Oberkofler_1_10.pdf))
Wie man sieht hat die Weltverschwörungstheorie auch im stalinistischen Dunstkreis Anhänger.