Seit zwei Jahren gedeiht der „Frühling“ im Nahen Osten. Ob in Tunesien, Libyen, Jemen, Bahrein und Ägypten die Revolutionen tatsächlich abgeschlossen sind, ist ebenso ungewiss, wie die Zukunft in Syrien, Irak oder Iran…
Von Ulrich W. Sahm, Jerusalem, 18. Dezember 2012
Die vermeintliche „Stabilität“ im Königreich Jordanien, im Libanon, im Westjordanland oder im Gazastreifen kann niemand garantieren. Erste Symptome für typische Frühlingskrankheiten wurden schon ausgemacht. Denn der Frühling ist höchst ansteckend, breitet sich wie ein Krebsgeschwür aus und ist mit den konventionellen Arzneien wie Schuldzuwendungen gegen Israel und seine Siedlungspolitik nicht mehr zu behandeln.
Mit den politischen Umwälzungen geht auch ein wirtschaftlicher Niedergang einher, in Ägypten wegen Ausbleiben der Touristen, in Syrien wegen Bürgerkrieg, im Iran wegen Sanktionen. Das färbt auf die ganze Region ab.
In Israel stehen Neuwahlen an. Es wird viele neue Gesichter geben, aber grundsätzlich ist kein tiefgreifender Wandel vorherzusehen, gleichgültig wer die künftige Koalitionsregierung bildet. Während rundum alles brennt, werden weder Israel noch die Palästinenser dramatische Schritte in Richtung Frieden tun können, mangels Vertrauen und weil die Gesamtlage zu viele Risiken für alle Beteiligten birgt.
Ohne die Entwicklungen in Syrien und Ägypten, oder in Jordanien, Libanon und den Palästinensergebieten voraussehen zu können, gibt es Brennpunkte, die besondere Aufmerksamkeit verdienen. Voraussichtlich im Frühjahr wird der kritische „Punkt ohne Rückkehr“ beim Atomprogramm des Iran erreicht. Vor allem die Amerikaner werden dann entscheiden müssen, ob die Welt sich mit einer iranischen Atombombe und Iran als Hegemonialmacht im ölreichen Gebiet des persischen Golfs abfinden kann.
Kriegspotential bietet auch Syrien. Die NATO will die Türkei vor Raketenangriffen schützen. Amerikanische Spezialtruppen stehen bereit, in Syrien produziertes und eingelagertes Giftgas nicht in „in falsche Hände“ fallen zu lassen. Millionen syrische Flüchtlinge setzen alle umliegenden Länder unter Druck.
Offen ist, ob das islamistische Ägypten weiter die Kraft und den Willen hat, an dem seit 30 Jahren währenden Frieden mit Israel festzuhalten. Anschläge auf Gasleitungen, Terroranschläge entlang der Grenze und der Sturm auf die israelische Botschaft in Kairo waren gefährliche Omen.
(C) Ulrich W. Sahm / hagalil.com
Neujahrsgruß von Botschafter Abdel Shafi
Jeder Jahreswechsel ist mit den Wünschen verbunden, dass das kommende Jahr ein Jahr des Friedens wird. Auch Jahr 2012 endet wieder mit diesem Wunsch und verbunden mit der Hoffnung, dass das palästinensische Volk in naher Zukunft in Freiheit und Würde leben kann.
„Auch wenn das Jahr 2012 für den Staat Palästina ein weiteres Jahr unter der israelischen Besatzung war, die Menschen im Gaza-Streifen einen zweiten Krieg erlebt haben und das palästinensische Volk unter der Siedlungspolitik und fortwährenden Repressionen weiter litt, so hielt das traurige Jahr 2012 doch ein historisches Moment bereit.
Im November wurde Palästina mit einer überwältigenden Mehrheit als Nicht-Mitglied-Staat mit Beobachterstatus in die Vereinten Nationen aufgenommen. Mit dieser Zustimmung wurde nach über 60 Jahren ein begangenes Unrecht in Ansätzen berichtigt. Damals wurde das historische Palästina geteilt, um auf dieser kleinen Fläche die Gründung von zwei Staaten zu ermöglichen. Ein Staat entstand, doch für ein weiteres Volk, für das palästinensische, entstand stattdessen ein bis heute andauerndes Leid.
Unser neuer Status bei den Vereinten Nationen ist mit großer Hoffnung verbunden. Es ist die Hoffnung, dass im kommenden Jahr wegweisende Schritte erfolgen, die zu einem gerechten und umfassenden Frieden im Heiligen Land und damit auch in der gesamten Region führen werden.
Die Menschen im Nahen Osten sehnen sich nach einem Frieden. Einem Frieden, der die Menschen gleichberechtigt und frei von Unterdrückung leben lässt. Wir dürfen nicht zulassen, dass ein Kriegszustand zur Normalität wird und damit unseren demokratischen und freiheitlichen Werte und Normen die Treue brechen.
Mit allen uns zustehenden völkerrechtlichen Mitteln werden wir für den Frieden und für die Freiheit unseres Volkes kämpfen und ich danke allen Menschen, die uns auf unserem Weg so engagiert und kontinuierlich unterstützen.
Meine Mitarbeiter und ich wünschen unseren Lesern ein gesundes und frohes neues Jahr, in das wir mit Mut und Zuversicht blicken!“
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