Am Montag, dem 16. April, wurde das Lesefest „Frankfurt liest ein Buch“ in der Deutschen Nationalbibliothek eröffnet. „Straßen von gestern“ lautet der Titel des Werkes für 2012, einer historischen Familiengeschichte der deutsch-amerikanischen Autorin Silvia Tennenbaum…
Budge-Stiftung, 21.04.2012
Drei Tage später dann konnten wir Frau Tennenbaum im Festsaal der Budge-Stiftung begrüßen. Der Saal war bis auf den letzten Platz besetzt. Neben Bewohnern waren auch viele Gäste anwesend, denn die Stiftung war einer der Orte, wo Frau Tennenbaum sich Fragen von Lesern stellte.
Moderator Lothar Ruske, der zum dritten Mal die Veranstaltung „Frankfurt liest ein Buch“ mitgestaltete, stellte die Teilnehmer auf der Bühne vor. Zwei junge Frauen und ein junger Mann, auszubildende Buchhändler, kamen von der nahegelegenen Buchhändlerschule, wo sie sich über mehrere Wochen mit dem Buch beschäftigt hatten. Weiterer Teilnehmer der Gesprächsrunde war Prof. Dr. Hebel, ehemaliger Lehrer und Herausgeber von Fachbüchern, der als Bewohner der Budge-Stiftung 2004 den deutsch-jüdischen Literaturkreis in der Stiftung gegründet hat.
Dr. Hebel dankte Silvia Tennenbaum ausdrücklich für diesen Roman. Das Nacherleben einer jüdischen Familiengeschichte im Frankfurt seiner Kindheit – Herr Dr. Hebel wurde 1926, also zwei Jahre vor Silvia Tennenbaum, ebenfalls in Frankfurt geboren – war für ihn ein großes Geschenk.
Viele Fragen wurden der Schriftstellerin gestellt, die sie geduldig und mit Humor beantwortete. 1981 schon hatte sie im amerikanischen Exil den Roman „Straßen von gestern“ veröffentlicht. Allerdings wurde es, wie sie sagte, kein großer Erfolg, denn die meisten amerikanischen Juden waren Ostjuden, die mit den deutschen Exiljuden nicht viel zu tun haben wollten. Auch handelt der Roman vom jüdischen Leben im Frankfurt der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts.
Silvia Tennenbaum
Ihre Ideen bzw. Personen und Schauplätze entnahm Silvia Tennenbaum den vielen Tagebüchern, die sie geschrieben hatte. Auch gab es sehr viele Fotografien, die die Autorin an den Schauplätzen des Buches, wie dem Palmengarten, der Alten Oper oder in der Altstadt, zeigen. Sie habe bewusst das Buch erst veröffentlicht, als fast niemand aus ihrer Familie mehr lebte, und habe die Form des Romans gewählt, weil sie dabei mehr Spielraum habe. Frau Tennenbaum räumte ein, dass sie selbst in der Clara des Romans personifiziert sei. Mittlerweile könne sie sich auch vorstellen, etwas Autobiografisches zu schreiben. Zum Abschluss drückte die Autorin ihre Freude über die große Resonanz aus – darüber, dass der Roman wieder neu aufgelegt wurde, dass so viele Menschen den Roman gelesen haben und sie mit diesen ins Gespräch komme.
Silvia Tennenbaum, Straßen von gestern, Schöffling 2012, Euro 19,95, Bestellen?