Soziale Sicherheit ist für Israel ebenso wichtig wie die militärische Macht. Zu dieser Schlussfolgerung kommt das Komitee unter Manuel Trajtenberg in seinen Empfehlungen für mehr soziale Gerechtigkeit. Die Anführer der Massenproteste wiesen die Vorschläge als unzureichend zurück…
Trajtenberg reichte seinen Bericht am Montag bei Premierminister Benjamin Netanjahu ein. Dieser hatte den Ausschuss eingesetzt – Auslöser waren die Demonstrationen gegen soziale Ungerechtigkeit, die vor sieben Wochen in Israel begannen. Das Komitee empfiehlt eine Reihe ökonomischer Maßnahmen, die insgesamt 30 Milliarden Schekel (6 Milliarden Euro) kosten würden. Dies berichtet die Tageszeitung „Ha´aretz“.
Zu den Hauptpunkten gehören eine staatliche Ausbildung ab drei statt ab fünf Jahren und bedeutsame Einschnitte im Verteidigungsbudget. Weitere Vorschläge sind höhere Steuern für Wohlhabende und Unternehmen, eine bessere Umsetzung des Arbeitsrechts, Reformen beim Wohnungsbau sowie umfassende Kartellgesetze. „Wir glauben fest daran, dass es hier eine gute Nachricht für das Volk Israel und eine Tür für den erwünschten Wandel in der israelischen Gesellschaft gibt“, sagte Trajtenberg auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Netanjahu.
„Wir erwarten, dass die Regierung den Bericht so schnell wie möglich übernimmt und dass der Bericht umgesetzt wird“, so der Leiter des Komitees. „Ich will diese Gelegenheit nutzen, um Ihnen dafür zu danken, dass Sie uns die Gelegenheit gewährt haben, tätig zu werden und zum Wandel in der israelischen Gesellschaft beizutragen. Ich will Ihnen für die Unabhängigkeit danken, die Sie uns gewährt haben, für das breitgefächerte Material und dafür, dass Sie fest hinter der Annahme von Entscheidungen zur Veränderung der Prioritätenliste standen.“
Netanjahu dankte dem Ausschuss für dessen Einsatz: „Wir haben begriffen, dass die Wirklichkeit sich ändern muss, in der die Bürger Israels in den vergangenen Jahren gezwungen waren, viel mehr für Bildung, für Produkte und für gesellschaftliche Dienste zu bezahlen. Ich habe die Mitglieder des Ausschusses gebeten, Empfehlungen einzureichen, die das Leben für die Bürger Israels leichter machen und die Lebenskosten im Lande senken“, so der Premierminister. „Ich muss Ihnen danken, dass Sie das Unglaubliche getan haben. In sieben Wochen haben Sie es geschafft, sich tief in das Thema einzuarbeiten. Sie haben die Öffentlichkeit an den Diskussionen des Ausschusses teilhaben lassen, und Sie haben Empfehlungen formuliert, die viele Verzerrungen verbessern werden, die es im Laufe Dutzender Jahre in der israelischen Wirtschaft gab.“
Kritik von Demonstranten
Eine Anführerin der Protestbewegung, Daphni Leef, äußerte am Dienstag ihren Unmut über die Ergebnisse. „Dieses Komitee hat eine eingeschränkte Charta erhalten, eine pathetische Charta, und es hat jene Charta vollständig umgesetzt“, sagte sie vor Journalisten. „Wir haben um eine Wurzelbehandlung gebeten und stattdessen unsere Zähne geputzt bekommen. Der Sommer 2011 mag vorüber sein, aber unser Protest dauert an.“ Der Bericht sei eine „himmelschreiende Beleidigung“.
Leef fügte an: „Was haben die Bürger Israels erhalten? Ich will das Komitee nicht leichtnehmen, selbst wenn ich es könnte, vor allem weil jenes Komitee uns leichtgenommen hat.“ Weiter sagte sie: „Wir werden uns nicht länger verspotten oder als selbstverständlich annehmen lassen. Ich habe alle Empfehlungen angehört und gelesen. Sie enthielten nichts, was den Schwächeren helfen würde, den alleinerziehenden Müttern, den Alten, den Kranken, den Leiharbeitern. Sie haben der Mittelklasse ein paar Knochen hingeworfen, aber die Mittelklasse schwindet.“
Die Demonstrantin warf der Regierung vor, einen Keil zwischen die unterschiedlichen Gruppen treiben zu wollen, aus denen sich die Protestbewegung zusammensetzt. Doch „wir werden nicht aufgeben, weggehen, uns beruhigen oder rasten. Wir müssen nicht in die Politik gehen, wir haben ein massives bürgerliches Element. Wir werden mit unseren Füßen abstimmen“.