Live aus Ägypten: Das wahre Gesicht des Mubarak-Regimes

0
30

Das Regime Mubarak startete heute eine brutale und koordinierte Kampagne der Gewalt, um die Straßen von Kairo von den Massen der Pro-Demokratie-Bewegung in Ägypten zurück zu erobern…

von Sharif Abdel Kouddous

Kairo, Ägypten – Der Pro-Mubarak Mob begann sich in der Nähe des Tahrir-Platz zu versammeln, kurz nach Mubaraks Rede am Dienstag Abend, und hielt eine Kundgebung vor dem staatlichen TV-Gebäude auf der Corniche El Nil Street. Am Morgen begannen sie durch die Innenstadt zu marschieren, in Gruppen von 50 bis 100 Personen.

Dies war nicht die gleich Art von Demonstranten, die Tahrir besetzt hielten in den letzten paar Tagen. Diese Gruppen setzten sich größtenteils aus Männern, zwischen 20 und 45 Jahre alt, zusammen. Viele trugen dicke Lederjacken mit Pullovern darunter. Sie skandierten wütend zur Unterstützung von Mubarak und gegen die pro-demokratische Bewegung. Sie waren feindselig und einschüchternd.

Sie verfluchten wiederholt Al Jazeera, fragten Kameraleute vor Ort, ob sie für das arabische Nachrichten-Netzwerk arbeiten. Ein Mann zog seinen Finger über den Hals, um so seine Absichten zu signalisieren.

Gegen Mittag war ihre Zahl dramatisch angeschwollen und sie strömten in die Innenstadt, geradewegs auf den Tahrir-Platz zu. Die Armee, die Tahrir seit Samstag umzingelt hat, ließ sie einfach herein. Die pro-demokratischen Demonstranten innen bildeten eine Menschenkette und versuchten so die Meute in Schach zu halten. Durch ihre große Überzahl gelang es ihnen zunächst, sie gewaltfrei zurück zu drängen und es schien, dass sie ihren Rückzug erreicht hatten. Doch dann griff die Meute an.

„Plötzlich begannen Steine aus dem Himmel zu fallen“, sagte Ismail Naguib, eine Zeugin am Tatort. „Steine flogen überall. Überall.“ Viele Menschen wurden getroffen. Einige trugen schwere Schnittwunden davon, andere Arm- und Beinbrüche. Der Mob preschte nach vorne, einige ritten auf Pferden und Kamelen und trampelten und schlugen die Menschen nieder. Gruppen von ihnen versammelten sich auf den Dächern um Tahrir und fuhren fort, die Menschen mit Steinen zu bewerfen.

„Es ist ein Massaker“, sagte Selma al-Tarzi als der Angriff im Gange war.“Sie haben Messer, sie werfen Molotow-Bomben, sie verbrennen die Bäume, sie bewerfen uns mit Steinen… das ist keine Demonstration mehr, das ist Krieg.“

Einige der Angreifer wurden gefangen genommen. Ihre Ausweise wiesen sie als Polizisten aus, die als Zivilisten gekleidet waren. Andere schienen staatlich geförderte ‚baltagiya‘ und Regierungsangestellte zu sein. „Statt uniformierter Typen, die versuchen, uns am Protest zu behindern, sind es jetzt nicht-uniformierte Typen, die versuchen, uns am Protest zu hindern“, sagte Naguib.

Unterdessen hatten die Pro-Mubarak Menschenmengen alle Zugänge zu Tahrir blockiert. Sie skandierten wütend und stießen die Menschen zurück, die versuchten hineinzukommen. Die Armee wurde der Mittäterschaft schuldig bei dieser Belagerung, indem sie jedermann, auch Journalisten, den Zugang verwehrten. Der Angriff innen dauerte mehrere Stunden an. Mindestens 600 Menschen wurden verletzt und einer getötet.

Ägyptens Volksaufstand war einem schweren und brutalen Überfall ausgesetzt, neun Tage nach seinem Anfang. Dies war das wahre Gesicht des US-gestützten Regimes Mubarak, dass das ägyptische Volk seit so vielen Jahren unterdrückt. Doch diesmal schaute die ganze Welt dabei zu.

Während viele pro-demokratische Demonstranten Tahrir in Richtung der Sicherheit ihrer Häuser verlassen haben, ist noch eine bedeutende Anzahl drinnen geblieben, die geschworen haben, nicht zu gehen, bis Mubarak geht. Es bleibt abzuwarten, wie die Demonstranten reagieren werden, aber der Freitag wird zweifellos ein entscheidender Tag werden.
Sharif Abdel Kouddous

Sharif Abdel Kouddous ist Senior-Produzent für die Radio/TV Show Democracy Now.
Orginalartikel: Live From Egypt: The True Face of the Mubarak Regime
Übersetzt von: Björn Pfeiffer – 02.02.2011 — http://www.democracynow.org