Werden sie diese Gelegenheit auch versäumen?

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„Diejenigen, die systematisch den Beginn direkter Verhandlungen sabotieren, diejenigen auf der palästinensischen Seite und diejenigen Faktoren im In- und Ausland, die nicht begeistert sind“ sagte Premierminister Benjamin Netanyahu diese Woche im Knessetausschuss für Auslands- und Verteidigungsangelegenheiten. Er nannte weder Details noch Namen. Doch er band sich an ein Ultimatum als er ankündigte, dass der Siedlungsbaustopp wie geplant nach Ablauf von zehn Monaten und „kein(em) Tag länger“ beendet sein werde…

Kommentar von Yoel Marcus, Ha’aretz, 30.07.2010
Übersetzung von Daniela Marcus

Der zehnte Monat nähert sich und die Palästinenser sind -trotz des Drucks, den der amerikanische Präsident Obama und die Europäische Union (EU) auf die Führung der Palästinensischen Autonomiebehörde (PA) ausüben, und trotz der tickenden Uhr in Israel- immer noch nicht bereit, direkte Verhandlungen mit Israel zu beginnen. Was haben sie durch die zehnmonatige Zeitvergeudung gewonnen? Warten sie darauf, dass die Terroranschläge wieder beginnen? Versuchen sie, Zeit zu gewinnen? Oder ist es die Unfähigkeit von PA-Präsident Mahmoud Abbas, im kalten Wasser des Friedens zu waten, wie Moshe Dayan es gern ausdrückte?

Die Bedingungen des Siedlungsbaustopps, die die PA festlegte, erinnern an die Zeit, als Israel Verhandlungen mit den Palästinensern an die Bedingung knüpfte, dass zunächst der Terror aufhören müsse. Dies geschah unter der Annahme, dass es sowieso nicht passieren würde. Mit der Zeit hörte der Terror auf, doch der Frieden kam nicht.

Jibril Rajoub, der frühere Leiter der Präventiven Sicherheitstruppen der PA und gegenwärtiger Berater von Mahmoud Abbas, war diese Woche zu Gast beim Rat für Frieden und Sicherheit. Er nahm an einer Diskussion teil, in der es darum ging, was zwischen den beiden Völkern geschieht und was nicht geschieht. Er sprach fließend Hebräisch und einer der Teilnehmer lobte ihn dafür. Seine Antwort war: „Ich wünsche Ihnen nicht, dass Sie Unterricht an der Universität, an der ich Hebräisch lernte, haben.“ (Er verbrachte 17 Jahre in israelischen Gefängnissen.)

General der Reserve Mendy Meron fragte ihn: „Warum zögern Sie den Beginn direkter Verhandlungen mit uns hinaus? Ein weiteres Siedlungshaus, 100 Wohnungen mehr – welche Bedeutung werden sie haben, wenn Landtausch als Teil eines umfassenden Abkommens verhandelt wird?“ Rajoub wich der Frage aus und gab nicht einmal eine indirekte Antwort darauf. Er wiederholte, dass er selbst für direkte Verhandlungen sei, doch er hatte keine überzeugende Erklärung für die Frage, warum die PA den Siedlungsbaustopp nicht für die Aufnahme direkter Verhandlungen genutzt hat. Wenn der Baustopp beendet wird, bleibt die gleiche Frage: Welchen Unterschied wird ein Haus mehr oder weniger machen, wenn sowieso das Thema „Landtausch“ auf dem Tisch ist?

Einige der Diskussionsteilnehmer bekamen den Eindruck, dass es eine interne palästinensische Opposition gibt oder dass die PA nicht glaubt, dass die Netanyahu-Regierung bereit ist, ein Abkommen zu erzielen, wenn die internationale Stimmung die Palästinenser bevorzugt. Könnte es sein, dass die Hamas, die den Gazastreifen kontrolliert, die PA drängt, keine direkten Verhandlungen zu beginnen? Rajoubs Antwort: Gaza gehört den Palästinensern. Das ist ein palästinensisches Problem und die Palästinenser müssen sich intern damit befassen. Gleichzeitig rät er uns, nicht mit den Verhandlungen über das Thema „Flüchtlinge“ zu beginnen, sondern es bis zum Ende hinauszuschieben, da es ein internationales Thema sei.

Die Frage, warum es nicht möglich war, während des Siedlungsbaustopps direkte Verhandlungen zu führen, stellte sich wahrscheinlich mehr als nur einem der Teilnehmer am Treffen mit Rajoub. Versteht die PA-Führung nicht, dass die extreme Rechte in Israel nur allzu glücklich ist, wenn sie den Slogan Es gibt keinen Gesprächspartner hört und wiederholt und als Waffe gegen die Fortdauer des Baustopps nutzt? Da jedes zukünftige Abkommen Änderungen der 1967er Linie erfordert, ist es unverständlich, worauf Mahmoud Abbas mit seinem Ultimatum in seinem Interview mit der Irish Times in dieser Woche hinaus wollte. Im diesem Interview sagte er, dass er trotz internationalen Drucks nicht beabsichtige, direkte Verhandlungen aufzunehmen, es sei denn, Netanyahu werde vorab das Prinzip eines palästinensischen Staates auf Grundlage der 1967er Linien akzeptieren.

Vielleicht schiebt Mahmoud Abbas direkte Verhandlungen hinaus, weil er Netanyahu nicht traut. Vielleicht möchte er abwarten, ob Obama die Macht hat, so viel Druck auf Netanyahu auszuüben, dass dieser sich sogar noch vor Ende des Baustopps zu Zugeständnissen verpflichtet – ein Art von Deluxe-Verhandlungen, bei der die US-Regierung den Palästinensern Lösungen für all ihre Forderungen auf dem Silbertablett serviert.

So wie die Dinge jetzt aussehen, scheint es, als könne Netanyahu den Siedlungsbaustopp nicht einmal als „vertrauensbildende Maßnahme“ ausweiten ohne auf der Seite der extrem Rechten und in Teilen der Likud-Partei einen Aufstand auszulösen. Und vielleicht ist es das, was die Palästinenser erhoffen – dass sich die US-Regierung und die Europäische Union zusammenschließen und Israel ein Abkommen aufzwingen.

Doch wenn man bedenkt, was in der Welt und vor allem in unserer Region und hinsichtlich der iranischen Bedrohung geschieht, ist es fraglich, ob Obama in dem Maß, wie es sich die palästinensische Führung erhofft, gegen Israel vorgeht.

Es wäre zum Weinen, wenn die Palästinenser, die keine Gelegenheit versäumt haben, eine Gelegenheit zu versäumen, die Lektion nicht lernen und erneut eine Gelegenheit versäumen.

1 Kommentar

  1. Verhandlungen, die von weiteren neuen Baumaßnahmen in der West-Bank begleitet werden machen für die Palästinenser schlichtweg keinen Sinn mehr, denn es wurde schon viel verhandelt und während dessen hat Israel immer größere Teile der West-Bank mit seinen Siedlungen übersät. Es glaubt ja kaum noch jemand daran, dass es jemals zu irgendwelchen Ergebnissen kommen würde und das mit gutem Grund.

    Wenn jetzt Abbas sich sperrt sinnlose Verhandlungen zu beginnen, dann tut er das also mit gutem Grund, denn er sagt sich, Israel wird wohl kaum neue Investitionen in der West-Bank tätigen, wenn es davon ausgeht, dass diese in den Sand gesetzt sind, denn vorsätzlich schmeißt niemand sein Geld zum Fenster raus. Für eine Zwei-Staatenlösung müssten allerdings Siedler weichen und nicht neue hinzuziehen. Wenn man also ernstlich an einer Zwei-Staatenlösung interessiert wäre, wozu erstellt man dann dauernd neue Baugenehmigungen?

    Die Position der Israelis zum Stopp des Terrors, welcher einen Beginn der Verhandlungen in früherer Zeit verunmöglichte lässt sich nicht wirklich vergleichen. Diese Forderung ist zwar mehr als begründet und verständlich sowieso, konnte aber aus zwei Gründen nicht funktionieren, auch nicht bei gutem Willen der palästinensischen Administration.  Zum einen hätte eine solche Forderung nur Sinn gemacht, wenn es ebenfalls einen Stopp israelischer Militäraktionen in den besetzten Gebieten gegeben hätte, also ein klares Bekenntnis zu Gewaltverzicht beider Seiten und auch der Gewalt der Siedler gegen Palästinenser hätte man konsequent Einhalt gebieten müssen und weiterhin hätte man die Blockade des Gaza-Streifens beenden müssen, so wie der Waffenstillstand es ursprünglich vorsah (Lockerung). Aber auch die tatsächlich eingehaltene Waffenruhe der Palästinenser über drei Monate führte seinerzeit nicht zu einer schrittweisen Lockerung der Blockade.

    Es ist schlichtweg unmöglich für eine palästinensische Administration ihre Widerstandsgruppen zu motivieren, zu disziplinieren und unter den erschwerten Bedingungen der Besatzung zu kontrollieren. Auch Israel kann ja seine Extremisten offensichtlich nicht hinreichend kontrollieren. Wie kann man das dann von der PA erwarten? Ohne echtes Entgegenkommen der Israelis, also ohne die Aussicht auf echte, substantielle Verbesserung der Situation der palästinensischen Bevölkerung wird das natürlich nichts.

    Verhandlungen, die unter fortwährender Expansion israelischer Siedlungen in der West-Bank stattfinden sollen, geben den Anschein, dass die israelische Seite eben an einer Zwei-Staatenlösung nicht interessiert ist, jedenfalls an keiner die irgendwie tragbar wäre.

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