Jüdisches Leben in Wetzlar

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Der Name Budge hat einen guten Klang, wenn auch über die Jahrhunderte hinweg in unterschiedlicher Schreibform. Ein gewisser Jakob Buttge bekleidete im 18ten Jahrhundert das Amt eines „Juden-Beisasses“ in Wetzlar. Auch sein Sohn Salomon Butgen war ehrenamtlich als urkundlich belegter Vertreter der Juden Wetzlars wohl ebenfalls eine bedeutende Persönlichkeit…

Andrew Steiman

Ab 1811 führte er den Namen Buttge-Wetzlar; er starb als Salomon Budge. Ein geachteter Bürger, der auch im aufkommenden Eisenbahnwesen sich betätigte, wie sein Urenkel Heinrich Budge. 1840 in Frankfurt geboren, machte er als Henry Budge in den USA Karriere im Eisenbahnwesen und den Namen seiner mittelhessischen Familie weit über Deutschland hinaus bekannt. Seine Wurzeln hat er wohl nie vergessen. So kehrte er in seinen späten Jahren mit seiner Frau Emma nach Frankfurt zurück. Sie gründeten in der alten Heimat viele gemeinnützige Stiftungen.

So ließen es sich einige Bewohner der heutigen Henry und Emma Budge-Stiftung nicht nehmen, als kleine Delegation nach Wetzlar zu fahren, um bei der feierlichen Vorstellung des Gedenkbuches „Die jüdischen Familien in Wetzlar“ am 24. Juni 2010 in der Domstadt dabei zu sein. Eva Fröhlich, Bewohnerin der Stiftung, saß dabei hinter der Autorin Susanne Meinl, die ihren Begleitband „Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde in Wetzlar 1918 bis zu ihrem Ende“ in einer bewegenden Ansprache vorstellte. Ihr zur Seite und direkt vor Mitbewohnerin Anni Bober nahm Oberbürgermeister Wolfram Dette Platz, der das umfangreiche Werk in seiner Ansprache würdigte. Mitbewohner Heinz Hesdörffer schließlich saß direkt hinter dem ehemaligen israelischen Botschafter Avi Primor, der eigens für diese Feier nach Wetzlar anreiste und ihr einen diplomatisch-optimistischen und sehr herzlichen Glanz vor den rund 200 Anwesenden im Stadthaus neben dem altehrwürdigen Dom verlieh. Dass auch die kleine „Budge-Delegation“ eigens für diesen Anlaß nach Wetzlar kam, um den wohlklingenden Namen Budge in Wetzlar zu vertreten, betonte in seiner Begrüssung Bernd Lindenthal vom Vorstand des Wetzlarer Geschichtsvereins, Herausgeber der beiden Bänder im Mittelpunkt der Feier.

Die Henry und Emma Budge-Stiftung ist einzigartig als Heim für Juden und Christen, die nach der Vision der Budges ihren Lebensabend zusammen verbringen. So kamen die drei rüstigen Herrschaften aus der Budge-Stiftung in Begleitung der Seelsorger Pfarrerin Gisa Reuschenberg und Rabbiner Andrew Steiman. Ebenfalls dabei war Jutta Gällweiler, Assistentin der Stiftungsleitung, und Schwester Dana, Pflegefachkraft und zugleich „Rebbetzn“ (Ehefrau des Rabbiners).

Ohne Zweifel wäre auch Stiftungsleiter Heinz Rauber gerne dabei gewesen: wie einst Henry Budge, führt sein Weg von Wetzlar nach Frankfurt. Von dieser Stelle aus an ihn die besten Genesungswünsche der kleinen „Budge Delegation“, die ganz nebenher auch einen gelungenen Ausflug bei strahlendem Sonnenschein an diesem Sommernachmittag hatte. Es war ein Ausflug in die Vergangenheit, die gerade im 20ten Jahrhundert in die Dunkelheit führte – zugleich ein Blick in eine Zukunft, in der die jüdischen Familien Wetzlars, darunter die Familie Budge, ihr würdiges Andenken finden können. Der Anfang dazu ist jedenfalls gemacht, wozu den beiden Autorinnen Susanne Meinl und Doris Ebertz, mitsamt ihrem inzwischen verstorbenen Mann und Mit-Autor Walter, unser aller Dank gebührt.

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