RaMBaM: Über den Messias

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Es komme dir nicht in den Sinn, daß der König Messias Wunder thun wird oder Neues schaffen oder die Todten lebendig machen wird und ähnliche Dinge, wie die Narren sich erzählen; nichts davon ist zu erwarten…

Mischneh Torah, Hilchath Melachim, Kap. II.

War ja R. Aqiba, einer der größten Mischna-Gelehrten, Waffenträger des Bar Kochba, den er und seine gelehrten Zeitgenossen für den König Messias hielten, bis er durch die Sünden getötet wurde, und erst dann wurde klar, daß es nicht der wahre Messias war. Die Weisen hatten von ihm kein Zeichen und kein Wunder verlangt. Ein wichtiger Grundsatz aber ist, daß unsere Lehre, ihre Satzungen und Gebote für ewig bestehen werden, daß Nichts hinzugefügt und Nichts außer Kraft gesetzt wird; wer das thut oder einen anderen Sinn in die Lehre setzen und die Gebote umdeuten will, der ist als Lügner, Frevler und Gesetzverächter zu behandeln.

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Sollte daher ein König vom Stamme David erstehen, der seinen Geist der Thora zuwendet und wie der Stammvater David die Gebote erfüllt, sowohl der schriftlichen wie der mündlichen Lehre, auch ganz Israel veranlaßt, nach der Thora zu leben und sie zu befestigen, so kann er für den Messias gehalten werden; nimmt seine Wirksamkeit einen glücklichen Verlauf, besiegt er die Nationen der Umgebung, erbaut den Tempel und versammelt die Zerstreuten Israels, so ist kein Zweifel mehr, daß es der richtige war.

Wurde er vom Glücke nicht begleitet und fiel er im Kampfe, so war es nicht derjenige, der uns nach der Verheißung gesandt werden soll, sondern er war wie jeder andere von den frommen Königen des Hauses David, die umgekommen sind, und Gott mochte ihn geschickt haben, um Viele zu prüfen, wie es heißt Dan. 11,35: »Von den Verständigen werden viele irre gehen, denn sie sollen geläutert und geprüft werden bis ans Ende der Zeit, die in unbestimmter Ferne ist.«
Auch jener Mann, der sich für den Gesalbten ausgab, aber in der Folge gerichtlich die Todesstrafe erhielt – auch von ihm hat Daniel bereits gesagt: »Aufrührerische Söhne deines Volkes werden sich erheben, um Verheißungen als erfüllt zu erklären, und werden einem Irrthum verfallen sein« (Dan. II. 14.).

Gibt es in der That einen größeren Irrthum? Alle Propheten hatten gesagt, daß der Gesalbte Israel erlösen und von den Leiden befreien, ihre Zerstreuten versammeln und sie in der Beobachtung der Gebote stärken würde, während jener Mann dazu beitrug, daß Israel durch das Schwert (als Nation) vernichtet, zerstreut und gedemüthigt wurde, er hat eine Veränderung der Lehre herbeigeführt und die Welt irre geleitet, indem er sie darauf führte, etwas außer dem wahren Gott zu verehren.

Es ist jedoch kein menschlicher Gedanke imstande, die Pläne des Schöpfers der Welt zu erfassen, denn seine Wege sind nicht die unsrigen und seine Absichten von den unsrigen verschieden; so kam es, daß sowohl jener wie der später auf ihn folgende Religionsstifter dazu beitrugen, den Weg für den wirklichen Messias zu ebnen, der einen einheitlichen Gottesdienst für alle Völker begründen wird, wie es heißt Zephan. 3,9: »Dann werde ich die Sprache aller Völker zu einer geläuterten verwandeln, damit sie allesammt in gleicher Weise und einmüthig Gott verehren.«

Ist doch inzwischen (vermittels jener Religionsstiftungen) die ganze Welt voll geworden vom Gedanken an einen messianischen Erlöser und von den Worten der Lehre und der Gebote; es haben sich diese Worte auf fernen Inseln verbreitet und unter vielen gänzlich ungebildeten Völkern; sie beschäftigen sich jetzt alle mit den Worten der Thora und mit der Frage über ihre Gültigkeit; die Einen behaupten, daß jene unsere Gebote wahr sind, aber nicht mehr gelten, die Anderen legen ihnen einen geheimen Sinn bei und sagen, daß ihr Inhalt sich bereits erfüllt habe – wenn aber einst der wahre Messias kommen wird, dann werden sie alle umkehren und das Falsche in ihrem Glauben erkennen.