Politische Luftbrücke aus den USA

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Sondergesandte George Mitchell und US Verteidigungsminister Robert Gates sind die ersten Amerikaner in Israel im Rahmen einer Gesprächserie zwischen der neuen Regierung des Präsidenten Barack Obama und der ebenso neuen Regierung in Israel unter Benjamin Netanjahu. Israels Fernsehen sprach schon von einer „politischen Luftbrücke“…

Von Ulrich W. Sahm, Jerusalem, 27. Juli 2009

Beide Regierung müssen sich nach dem Abgang von George W. Bush und dem Regierungswechsel in Jerusalem neu orientieren. Obama hat den Ton angegeben. Er will durch Dialog und Friedensgespräche den Nahostkonflikt entschärfen. Im Zentrum des amerikanischen Interesses steht der geplante Abzug aus Irak, ohne ein neues Debakel zu hinterlassen, indem etwa der Iran nachrückt mit zusätzlichem Einfluss auf die Schiiten. Im Vorfeld des amerikanisch-israelischen Gesprächsmarathons wurde die israelische Siedlungspolitik im Westjordanland zum größten Hindernis auf dem Weg zu einem Frieden hochstilisiert. Schon wurde über einen Bruch der Beziehungen zwischen Jerusalem und Washington spekuliert, nachdem Obama in seiner Rede in Kairo von einem völligen Siedlungsstopp gesprochen hatte. Netanjahu hat in einer ebenso denkwürdigen Grundsatzrede den Begriff „natürliches Wachstum“ ausgetauscht mit „normales Leben“ für die auf 300.000 vermehrten Siedler in umstrittenen Siedlungen im besetzten Gebiet. Von einem Abriss bestehender Siedlung, die schon vor 2001 standen, ist keine Rede. Mitsamt den Straßen und Siedlungen bleiben also die seit den Osloer Verträgen unter voller oder beschränkter palästinensischer Kontrolle stehenden Gebiete völlig zerstückelt und umzingelt von israelisch kontrollierten Gebieten. Alle Seiten wissen, dass es noch ein langer Weg bis zum „zusammenhängenden palästinensischen Staat“ ist.

Der andere ungelöste Streit um die von Obama übernommene Vision seines Vorgängers, einer Zweistaatenlösung, wurde vorerst diplomatisch entschärft. Netanjahu weigerte sich zunächst, das Wort „palästinensischer Staat“ auszusprechen, obgleich er seine Verpflichtung zur „Roadmap“ betonte, die im selten zitierten Titel eine Zwei-Staaten-Lösung anstrebt. Das reichte den Amerikanern nicht. Netanjahu sprach dann doch das innenpolitische Tabu-Wort aus, freilich mit Hemmschuhen wie „entmilitarisiert“ und „israelisch Kontrollierten Außengrenzen“. Die Palästinenser empörten sich, Netanjahu hatte eine Koalitionskrise umgangen und die Amerikaner waren vorläufig zufrieden. Das Thema war vom Tisch.

Weiter schwelte der „Siedlungskonflikt“. US-Außenministerin Hillary Clinton behauptete, dass es keinerlei „Absprachen“ einer amerikanischen Zustimmung zu israelischen „Siedlungsblöcken“ gebe. Sie hatte nicht ordentlich gegoogelt. Nachdem man ihr den entsprechenden Brief von Bush an Scharon gezeigt hatte, wiederholte sie ihre Behauptung nicht mehr. Gleichwohl erzeugte jedes neue israelische Siedlungsprojekt Schlagzeilen und Missstimmung, darunter mitten in dem von Israel annektierten Ostjerusalem, das es 1967 von den Jordaniern erobert hatte. Aber auch in diesem Punkt bemühen sich Israelis und Amerikaner, den „Streit unter Freunden“ nicht zum Bruch ausarten zu lassen. Selbst die siedlungsfeindliche und regierungskritische Zeitung Haaretz berichtete am Montag von anstehenden Kompromissen, etwa einer Fertigstellung begonnener Bauprojekte. Für die Palästinenser ändert sich nichts: Das Westjordanland, mit einem Sperrwall von Israel abgetrennt, bleibt weiterhin zerstückelt in israelisch und palästinensisch kontrollierte Gebiete, wobei israelische Durchgangsstraßen das Territorium in alle Richtungen zerschneiden.

In den Verlautbarungen nach den Treffen in Tel Aviv und Jerusalem kommen am Ende nur zu zwei Themen vor: Iran und die Sicherheit Israel. Da geht es um nicht-öffentliche Absprachen über Irans Streben nach einer Atombombe, Amerikas Gesprächsangebot an Teheran mitsamt einem Ultimatum bis September, Israels möglichem Präventivschlag, Syriens Atomprojekt, das Israel im September zerstört hatte, Irans Einfluss auf die Hisbollah im Libanon und Hamas im Gazastreifen.

Nachdem Netanjahu gezwungen worden war, mehr Rücksichten auf amerikanische Hoffungen auf eine neue von Obama initiierte Stimmung in Nahost zu nehmen, sind die Amerikaner wieder auf dem Boden der komplizierten nahöstlichen Wirklichkeit angelangt. Die Spaltung der Palästinenser, Irans Atomprojekt, Aufrüstung der Hisbollah im Libanon und Konflikte mit den UNO-Friedenstruppen im Libanon und viele andere Brennpunkte bedürfen dringender amerikanischer Aufmerksamkeit. Mitchell rief die Palästinenser auf, nichts zu tun, das die Friedensbemühungen stören könnte und die arabischen Staaten rief er zu ersten Schritten in Richtung einer Normalisierung mit Israel auf.

© Ulrich W. Sahm / haGalil.com