Der Tempelberg Jerusalems in der Kontroverse

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Die ersten Tausenden Jahre der Geschichte des Berges Moria, auch Tempelberg oder von den Moslems Haram Esch Scharif, das „erhabene Heiligtum“, genannt, sind schnell erzählt. Es beginnt tatsächlich mit Adam und Eva…

Von Ulrich W. Sahm, Jerusalem, 17. Juli 2009

Israel – einst und jetzt: Der erste Tempel und der Zweite Tempel
Diese Präsentationen sind nicht nur für Archäologen ein Genuss…
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Laut Legenden sollen die Ureltern der gesamten Menschheit genau dort aus dem Garten Eden herausgekommen sein. Am Ende der Tage, so die Logik, wird sich der Kreis wieder schließen, wenn die auferstandenen „trocknen Knochen“ dort wieder das Paradies betreten. Danach konzentrierte sich auf diesem Hügel geballte Heiligkeit: Abraham wollte dort Isaak Opfern, Jakob träumte die Himmelsleiter und gemäß anderen Legenden diente der Felsen unter dem heutigen Felsendom als „Pfropfen“ für den Gulli, in den die Wässer der Sintflut wieder in die Unterwelt zurückgedrängt wurden. Etwas historischer sind die Berichte über den Kauf der „Tenne des Jebusiters“ durch König David und die Errichtung des „Salomonischen Tempels“ mitsamt dem Allerheiligsten. Dort habe, laut Bibel, Gott „Wohnung auf Erden bezogen“ habe.

Jener Tempel wurde zerstört, unter Nehemia wieder errichtet, von Herodes erweitert und schließlich wieder zerstört, von den Römern im Jahr 70. Zwischendurch lehrte Jesus im Tempel und 600 Jahre später fuhr der Prophet Mohammad in seiner „Nachtreise“ von dort in den Himmel. Die Römer errichteten über den Tempeltrümmern einen Zeustempel und um 691 die Moslems den Felsendom. Zwischendurch war der Felsendom auch mal christliche Kirche der Kreuzfahrer. Ob Legende oder Wahrheit: kein zweiter Ort auf Erden verfügt über so viel Heiligkeit und heilige Traditionen für alle drei monotheistischen Religionen: Judentum, Christentum und Islam. Das heutige Wettrennen, wem Jerusalem „heiliger“ ist, oder wie oft Jerusalem oder der Tempelberg in den jeweiligen heiligen Büchern erwähnt wurde (oder auch nicht), dient vor Allem der Entlegitimierung anderer Religionen. Genauso schlimm sind moderne Geschichtsklitterungen, etwa der Moslems, wonach es auf dem Berg niemals einen jüdischen Tempel gegeben habe.

Der amerikanische Historiker Bernard Lewis beschrieb in seinem Buch „The Middle East“, die Geschichte des Nahen Ostens in den letzten 2000 Jahren als Zusammenstoß der Zivilisationen, Kulturen, Religionen und Großmächte. Das kleine Land Israel war fast immer Opfer oder Ziel dieser kriegerischen Zusammenstöße. Bis heute ist es wegen seiner geostrategischen Lage am Schnittpunkt der drei Kontinente Europa, Asien und Afrika heiß begehrt. Politiker von Obama bis Ahmadinidschad, Putin und Steinmeier glauben fest daran, dass Friede auf Erden ausbrechen werde, wenn doch nur der vermeintlich älteste, blutigste, schlimmste und schrecklichste Konflikt auf Erden zwischen Israelis und Palästinensern gelöst wäre. „Glauben macht selig“… und verdirbt offenbar auch das Gefühl für Proportionen und Wirklichkeit.

Hethiter, die Kinder Israel unter Josua, Perser, Babylonier, Ägypter, Alexander der Große, Römer, Araber, Kreuzfahrer, Osmanen, Briten und Franzosen, Amerikaner und noch viele andere stürzten sich auf den winzigen Landstreifen am östlichen Rand des Mittelmeeres, mit Jerusalem im Mittelpunkt.

Wem ist heute, sogar nach dem 11. September 2001 und Präsident George Bush´s unglückseligem Gerede über einen „Kreuzzug“ bewusst, dass der Wunsch, Jerusalem zu „befreien“ und den Moslems zu entreißen, nur frommer Vorwand und motivierendes Kriegsziel der Kreuzfahrer vor 900 Jahren war. In Wirklichkeit rächten sich die Päpste dafür, dass Moslems im Jahr 846 Rom eroberten und dabei den Vatikan und die St. Peters Kirche ausplünderten. Die den Moslems damals weit unterlegenen westlichen Christennationen benötigten über hundert Jahre, um sich für den Gegenschlag zu rüsten. Der von den Päpsten versprochene Sündenablass für jeden Kreuzritter, der einen Moslem tötet, entspricht den heutigen Versprechen paradiesischer Freuden für Kämpfer des Dschihad (Heiliger Krieg), wenn die in New York, Bagdad oder in Jerusalemer Bussen als Selbstmordattentäter wüten.

Und so, wie seit jeher alle Mächte der Welt nach Jerusalem konvergierten, aus wirtschaftlichen oder machtstrategischen Gründen, aber mit religiösen oder ideologischen Vorwänden, so ging auf gleichem Wege die „Lehre Zions“ in alle Welt aus. Die Mythen des Gilgamesch Epos und der ägyptische Monotheismus vollbrachten über das Judentum dank Paulus einen Siegeszug durch die ganze Welt und erreichten über den Islam eine weitere Milliarde Menschen. Jerusalem und das „Allerheiligste“ stellen für viele Menschen den „Mittelpunkt“ der Welt dar, ein Quell für Sehnsüchte aber auch Grund für Zwist und Krieg.

Unbehagen kommt auf, wenn man bedenkt, dass Jerusalem in regelmäßigen Abständen erobert und zerstört wurde, immer Zankapfel war und in den letzten hundert Jahren erneut zu einem Brennpunkt internationaler Kontroversen wurde. Ausgerechnet der Tempelberg hat das Potential, Auslöser eines apokalyptischen Endzeitkrieges zu sein.

In den vierhundert Jahren osmanischer Herrschaft verkümmerte Jerusalem zu einem kaum beachteten Provinznest. Die Kuppel des Felsendoms war mit schwarzem Blei bedeckt. Die bunten Kacheln an seinen Außenmauern waren abgebröckelt. Erst 1993 verpasste Jordaniens König Hussein dem Felsendom eine golden wirkende Kuppel aus galvanisiertem Aluminium. 1993 wurde das Aluminium durch Kupferplatten mit einer hauchdünnen Goldschicht ersetzt.

Der christliche Westen interessierte sich erst ab 1850 wieder für Jerusalem. Anglikaner und andere Protestanten kamen mit Missionaren, um orthodoxe Christen zu konvertieren. Forscher erfassten erstmals wissenschaftlich die historischen Stätten. Unter Lebensgefahr begaben sich britische Forscher als muslimische Araber verkleidet auf den Tempelberg, der damals für alle „Fremden“ gesperrt war. Während deutsche Templer parallel zu den ersten Zionisten eine erste moderne Infrastruktur im Lande schufen, Straßen und Eisenbahnlinien, sind die Skizzen der Zisternen und unterirdischen Gänge auf dem Tempelberg, wie sie Captain Charles W. Wilson gezeichnet hat, historische Dokumente. Denn seitdem haben die Moslems jegliche Forschungsarbeit auf ihrem Heiligtum abgeblockt.

Das änderte sich auch nicht 1917, als die Briten Jerusalem eroberten und die Türken mitsamt ihren deutschen und österreichischen Verbündeten aus dem Land rauswarfen. In den zwanziger Jahren begann der Konflikt um den Anspruch auf den Tempelberg, wie er sich bis heute nach fast gleichen Schema fortsetzt. Damals propagierte Hadsch Amin el Hussaini, der legendäre Araberführer und spätere Mufti, dass die Juden versuchen könnten, die El Aksa Moschee – ein weiterer Name des Tempelbergs – einzunehmen. Am 4. April 1920 begann in Nebi Mussa nahe Jericho das erste anti-jüdische Pogrom im Heiligen Land der Neuzeit.

Nebi Mussa ist ein muslimisches Wüstenkloster mit einem Katafalk, in dem gemäß der Tradition Moses begraben liegt. Vom Hügel bei dem Kloster sieht man Jericho und das Tote Meer „wie auf der Handfläche“. Es liegt dem Berg Nebo im heutigen Jordanien gegenüber, wo gemäß jüdischer und christlicher Tradition Moses gestorben sei, nachdem er das Verheißene Land erblickt hatte, ohne es betreten zu dürfen. Nebi Mussa wurde 1269, nach dem Abzug der Kreuzfahrer errichtet. In den Räumen unter zahlreichen Kuppeln des Komplexes versammeln sich die die muslimischen Großfamilien aus Nablus, Hebron und Jerusalem ausgerechnet während des christlichen Osterfestes. Mit Schwertern stehen sie bereit, nach Jerusalem zu ziehen. Dieses bis heute sehr kriegerische „Fest“ wurde geschaffen, um als Osterpilger verkappte „Kreuzfahrer“ aus Jerusalem zu verdrängen.

1920 wurde dieses ursprünglich antichristliche Fest der Moslems erstmals genutzt, um an Juden ein Massaker anzurichten. Seitdem wiederholten sich die Schlachtrufe mitsamt der Unterstellung, dass die Juden „El Aksa“ zerstören wollten, um ihren Tempel wieder zu errichten. Es dürfte kein zweites „religiöses“ Fest einer Religion geben, das gemäß dem Kalender einer anderen Religion begangen wird und mit Schwerttänzen zum Krieg aufhetzt. In der jordanischen Periode von 1949 und 1967 war dieses Fest verboten, wurde unter israelischer Besatzung jedoch erneuert.

Seit Israels Eroberung Ostjerusalems und des Tempelbergs 1967 besann sich der Islam intensiver denn je zuvor auf Jerusalem und El Aksa. Die Furcht, dass „die Juden“ tatsächlich das drittheiligste Heiligtum des Islam (neben Mekka und Medina) einnehmen könnten, um die Moscheen zu zerstören und ihren „Dritten Tempel“ wieder zu errichten, erhielt immer neue Nahrung und führte zu immer blutigeren Auseinandersetzungen.

Der arabisch israelische Konflikt erhielt einen neuen Anstrich. Während bis 1967 die arabischen Staaten Israel zerstören wollten, weil sie keinen „jüdischen Staat“ im Territorium der „Umma“ (islamisches Territorium) akzeptierten, geht es seitdem vor Allem darum, den „Zionisten“ El Aksa zu entreißen. So erhielt der Konflikt eine religiöse Komponente, die naturgemäß einen „Heiligen Krieg“, den Dschihad anfeuerte.

1969 legte ein geisteskranker Australier Feuer in der El Aksa Moschee im Süden des Tempelberges. Das Gebäude, über einem Aufgang zum Tempel aus der Zeit Jesu von den Kreuzfahrern als Basilika errichtet, erlitt schweren Schaden. In den achtziger Jahren versuchte der sogenannte „jüdische Untergrund“ um Jehuda Etzion durch einen Tunnel nahe der Klagemauer zum Felsendom vorzudringen, um den zu sprengen. 1990 wollten die „Getreuen des Tempels“ um Gerschon Salomon den Grundstein für den neuen Tempel zu legen. Salomon propagiert die Idee, dass Moslems nichts auf dem Tempelberg zu suchen hätten. Die Moscheen sollten demontiert und nach Mekka transportiert werden. Die Juden sollten den Tempel wieder errichten und den Opferdienst erneuern. Obgleich der auf einem Sattelschlepper antransportierte „Grundstein“ vom Tempelberg ferngehalten wurde und die Polizei den Moslems mitteilte, dass sie Salomons Demonstration auf Distanz halten würde, kam es zu einer blutigen Schlacht mit 22 Toten auf dem Berg. Zuvor, 1987, hatte Rabbiner Yisrael Ariel im jüdischen Viertel in der Altstadt Jerusalems das „Tempel-Institut“ gegründet. Das ist ein Museum mit Nachbildungen von Harfen, Weihrauchschaufeln, einer großen goldenen Menora und anderen Geräten, wie sie vor 2000 Jahren im Tempel des Herodes verwendet wurden. „Wir bereiten alles vor, um jederzeit den Tempeldienst erneuern zu können“, sagte uns der Rabbiner. Im Andenkenladen werden Plakate mit einer Luftaufnahme des Tempelbergs verkauft. Per Fotomontage wurden die muslimischen Heiligtümer weg retouchiert und an deren Stelle eine Rekonstruktion des Tempels eingesetzt.

1996 beschlossen der damalige Tourismusminister und spätere Präsident Mosche Katzav sowie der damalige wie heutige Ministerpräsident Benjamin Netanjahu, einen Tunnelausgang zur Via Dolorosa zu öffnen. Touristen sollten werden, die gewaltigen ausgegrabenen Gänge, Steinbrüche und Gewölbe entlang der Westmauer des Tempelplatzes verlassen, ohne in der Sackgasse umkehren zu müssen. Die israelische Regierung ignorierte den Versuch, mit den Moslems im Rahmen eines Tauschgeschäfts die Tunnelöffnung im Einverständnis durchzuführen.

Die Moslems wollten die „Ställe Salomons“, riesige Gewölbe am Südende des Tempelbergs, in eine Moschee verwandeln, was die Israelis damals verhinderten. Netanjahu hatte offenbar kein Gespür für die Brisanz der Lage und flog an dem Tag zu einem Abendessen mit Bundeskanzler Kohl nach Bonn, während Kämpfe zwischen israelischen Soldaten und Palästinensern ausbrachen. An dem Tag starben 80 Palästinenser und 15 Soldaten. Gemäß dem altbewährten Schema des Hussaini in den zwanziger Jahren, hatte Präsident Jassir Arafat zum Aufstand gegen die Juden aufgerufen, weil sie „El Aksa untergraben wollten“.

Über 4000 Palästinenser und mehr als 1000 Israelis starben während des nächsten Aufstands, der so genannten „El Aksa Intifada“. Obgleich sie Monate zuvor von Arafat geplant und vorbereitet worden war, diente wieder ein Zwischenfall auf dem Tempelberg als künstlicher Auslöser: Oppositionschef Ariel Scharon besuchte demonstrativ am 28. September 2000 den Tempelberg, um gegen Absichten von Ministerpräsident Ehud Barak zu protestieren, diese „Heiligste Stätte des Judentums“ den Palästinensern zu übergeben. Am darauffolgenden Freitag, nach dem Mittaggebet in der El Aksa Moschee, begann jener „Krieg“ zwischen Israel und den Palästinensern, der bis heute andauert.

Die Israelis scheinen dazugelernt zu haben und gehen kein Risiko mehr ein. Die Polizei errichtete eine Sondereinheit. Rund um die Uhr überwacht sie den Tempelberg. Jedem noch so kleinen Hinweis auf eine mögliche jüdische Attacke wird mit unbeschreiblicher Geschwindigkeit und Effektivität nachgegangen. So hatte der Geheimdienst erfahren, dass ein stadtbekannter rechtsradikaler Jude nach Fotos der Öffnungen in der Kuppel des Felsendoms gesucht hatte. Wenig später vermeldeten israelische Zeitungen, dass ein Jude festgenommen worden war, der ein kleines Flugzeug chartern wollte, um durch eine Luke an der vergoldeten Kuppel Handgranaten ins Innere des Felsendoms zu werfen. Weitere Einzelheiten zu diesem Fall wurden niemals veröffentlicht.

Erneut drohte ein Aufflammen der Unruhen in Jerusalem, als im Februar 2004 infolge eines Erdbebens und schwerer Regenfälle die Rampe zum Mograbi-Tor, einem der Tore des Tempelplatzes, eingestürzt war. Die Israelis starteten eine Notgrabung, um anstelle der Rampe eine Brücke zu errichten. Die UNESCO schickte Beobachter, es kam zu internationalen Protesten und mehrfach demonstrierten Anhänger der radikalen „islamischen Bewegung“ aus dem Norden Israels. Wieder erklang der Schlachtruf, dass die Juden die El Aksa Moschee zerstören wollten, obgleich sich die eingestürzte Rampe außerhalb des Tempelgeländes befand, mehrere hundert Meter von der Moschee entfernt.

Letztlich sind es nur kleine extremistische jüdische Randgruppen, die den Wiederaufbau des Tempels betreiben und eine akute Gefahr für den Bestand der muslimischen Heiligtümer darstellen. Das Oberrabbinat und die Mehrheit der Juden träumen zwar von der Rückkehr des Tempels. Doch hat das Judentum sich selber theologische Beschränkungen auferlegt. Der Tempel werde am Ende der Tage vom Himmel herabfallen. Von Menschenhand könne er nicht errichtet werden. Denn die genaue Stelle des Allerheiligsten sei vermeintlich unbekannt. Nur dem Hohen Priester war es vor zweitausend Jahren einmal im Jahr erlaubt, dieses Allerheiligste nach rituellen Reinigungen zu betreten. Unter Androhung der Todesstrafe war es Juden verboten, sich dieser Stätte zu nähern. Schilder des Rabbinats warnen Juden davor, den Tempelberg zu besuchen. Das hindert gleichwohl radikale Juden nicht daran, regelmäßig mit Polizeibegleitung einen Rundgang am Rande des Platzes zu machen.

1967, als israelische Soldaten den Tempelberg stürmten und mit dem Funkruf „Der Berg des Hauses ist in unserer Hand“ ein messianisches Fieber unter den Juden auslösten, befahl Verteidigungsminister Mosche Dayan, die gehisste Flagge mit dem Davidstern wieder zu entfernen. Um keinen Religionskrieg zwischen Israel und der Welt des Islam zu entfachen, beschloss die israelische Regierung damals, die Verwaltung des Tempelbergs, dem bis heute von Jordanien geführten „Wakf“ (muslimische Behörde), zu belassen. Dayan soll gesagt haben, dass der Staat Israel der „Dritte Tempel“ sei. Das Judentum benötige keine Kontrolle über ihre Heiligste Stätte. Die Klagemauer ist übrigens nicht „an sich“ heilig. Die Juden beten dort, weil sie dem Allerheiligsten auf dem für sie unzugänglichen Tempelberg am nächsten ist.

Obgleich es eine ständige Präsenz israelischer Polizisten auf dem Tempelplatz gibt, greifen die staatlichen Behörden dort auf Weisung der Regierung nicht ein, wenn die muslimische Behörde ohne Baugenehmigung und ohne archäologische Begleitung das historische Erdreich aufreißen, etwa um Stromkabel zu verlegen. Der bislang schlimmste Eingriff war das Ausheben eines riesigen Loches im Süden des Berges, um eine monumentale Treppe zu den „Ställen Salomons“ zu bauen. Die alten Gewölbe wurden inzwischen in eine unterirdische Moschee verwandelt. Der Aushub wurde nachts, vermeintlich „unbemerkt“, auf dutzende Lastwagen geladen und auf einer Müllhalde entsorgt. Seit 2001 ist der israelische Archäologe Gabriel Barkay damit beschäftigt, dieses weggeschüttete historische Erdreich zu sieben. Er entdeckte im Schutt Scherben, Pfeilspitzen, Götzenfiguren und Münzen aus über drei Jahrtausenden. Ohne rekonstruieren zu können, wo die Funde lagen, weil sie mit Bulldozern „ausgegraben“ wurden, hat Barkay inzwischen mehr Erkenntnisse über den Tempelberg gewonnen als jemals zuvor. So konnte er Details bestätigen, die bisher nur aus der Bibel, dem Talmud und anderen historischen Schriften bekannt waren. So stammen Scherben von Tongefäßen eindeutig aus der Zeit des Salomon, weil sie mit einem Loch als Tempelgeräte gekennzeichnet waren. Plötzlich wurde klar, wieso in Jesu Zeit, laut Talmud, der Tempelpilger ein „buntes Wellenmeer“ betrat. Barkay fand farbige Fliesen, wie sie Herodes in seinen Palästen für farbige Fußböden verwendete.

Ausgerechnet die geballte Heiligkeit des Tempelberges, von den drei monotheistischen Weltreligionen beansprucht, schürt die Gefahr, dass von der „Stadt des Friedens“ aus geringstem Anlass erneut ein Weltkrieg ausgeht.

Auch das „Christentum“ mischt da mit. Der UNO-Vorschlag, Jerusalem zu internationalisieren, zeugt von der Absicht, die Heilige Stadt dem mehrheitlich von „christlichen“ Staaten kontrollierten Sicherheitsrat zu überlassen. Weder Juden noch Moslems wird die Stadt gegönnt. Kein Wunder, dass ausgerechnet der Vatikan diese „Internationalisierung“ befürwortet und dass kein Land seine Botschaft in Israels offizieller Hauptstadt angesiedelt hat während die Palästinenser darauf pochen, Ostjerusalem zu ihrer Hauptstadt zu machen.

© Ulrich W. Sahm / haGalil.com

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