Ende der Schonzeit? Messianische Juden in Deutschland

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Im Nachgang zur päpstlich-katholischen Regression in den christlich-jüdischen Beziehungen muss wieder neu daran erinnert werden, dass die Juden in Europa von den christlichen Großkirchen jahrhundertelang bedrängt und verfolgt wurden – jedenfalls solange, wie sich die Angehörigen der jüdischen Gemeinschaft zu ihrem Judentum bekannten und den hartnäckigen Konversionsversuchen der Mehrheitsreligion widerstanden. So erwies sich das Wort vom Kreuz für die Juden nicht als „Skandalon“ im Sinne von l. Kor. 1, 23, sondern als Symbol des Schreckens: Bis heute ist die traumatische Erfahrung der Juden mit der kirchlich entstellten Botschaft Jesu – ungeachtet christlich-jüdischer Dialogbemühungen nach Auschwitz – tief eingebrannt in ihre kollektive Erinnerung…

Von Martin Kloke

Warum glauben dennoch auch hierzulande wieder manche Juden, dass Jesus nicht nur der Messias der Christen, sondern auch ihr Messias sei? In ihrer Bestandsaufnahme zu Selbstverständnis und gemeindlichen Strukturen Jesusgläubiger Juden in Deutschland sucht Stefanie Pfister nach Antworten und fährt zu diesem Zweck ein bemerkenswertes Arsenal empirisch-soziologischer Instumentarien auf. Sie bedient sich zum einen der Systemtheorie Niklas Luhmanns, um das „religiöse Sozialsystem“ messianischer Juden und ihre „religiöse Kommunikation“ – ihre „Differenzziehungen“ nach draußen, aber auch ihre spezifischen Codes und ihre Semantik – zu analysieren und zu reflektieren; zum anderen setzt sie Methoden der empirischen Forschung ein – insbesondere einen Fragebogen für eine Fallsstudie sowie ein narratives Interview als Instrument zur Datenerhebung. Zu ihren methodischen Zugängen gehört auch die „passiv teilnehmende, offene Feld- und direkte Fremdbeobachtung“ (212).

Die Autorin holt in ihrer Dortmunder Dissertation weit aus: Sie skizziert die Entwicklung des messianischen Judentums von den Anfängen im ersten Jahrhundert sowie die anschließenden Trennungsprozesse zwischen Juden, Judenchristen und den allmählich immer dominanteren Heidenchristen. Erst innerhalb protestantischer Kontexte der Neuzeit, so erfahren wir, setzte unter „judenmissionarischen“ Vorzeichen ein zaghaftes judenchristliches Revival ein, dem nach der Schoah ein vor allem in Nordamerika zu verortender messianisch-jüdischer Aufbruch folgte. Die neue „Bewegung“ begreift sich nicht länger als christliche Denomination, sondern als eigenständige religiöse Größe, angesiedelt irgendwo zwischen Judentum und Christentum. Ihre spirituellen und liturgischen Ausdrucksformen beziehen messianische Gläubige in einer patchworkartigen Mischung aus genuin jüdischen und christlich-evangelikalen Gottesdienst-Elementen. Zum Abschluss der Untersuchung (2005) gab es in Deutschland insgesamt 39 messianisch-jüdische Gemeinden und Gruppen, denen ca. 1.000 Konvertiten angehörten, die zu etwa zwei Dritteln osteuropäisch-jüdischer und zu einem Drittel nichtjüdischer (philosemitischer) Provenienz waren.

Mithilfe ihrer „wertfreien“ Messverfahren legt die Autorin eine religionssoziologische Studie in systemtheoretischer Perspektive vor. Indem sie den Mikrokosmos messianischer Gemeinden in Deutschland bis ins Detail ausleuchtet, liefert sie einen umfassenden Einblick in die Genese und Entwicklung einer noch jungen „Bewegung“. So weit, so gut, könnte der unvoreingenommene Beobachter schlussfolgern. Warum stimmt die Studie dennoch befremdlich und provoziert bei genauerer Lektüre Widerspruch?

Obwohl Stefanie Pfister die historischen Voraussetzungen der jüdisch-messianischen Bewegung ausführlich beschreibt und im Untertitel ihrer Studie ausdrücklich einen historiografischen Anspruch anmeldet, äußert sie sich merkwürdig verhalten und einsilbig zum historischen Antijudaismus im Christentum sowie zur millionenfachen Ermordung der europäischen Juden im Machtbereich Nazi-Deutschlands. Auch die anhaltenden psychosozialen Auswirkungen des Völkermords auf jüdische Identitäten spielen in ihrer Studie keine Rolle. Mit einer Ausnahme (67) vermeidet die Autorin konkrete Bezüge auf den Holocaust – ihr Desinteresse camoufliert sie allenfalls mit nichtssagenden Floskeln wie „religiöse und politische Umwälzungen“ (67) oder „aufgrund der Historie“ (373).

Vor diesem Hintergrund ist es wenig erstaunlich, dass Pfister jüdische Ängste vor der Wiederaufnahme christlicher Missionsbemühungen nicht nur nicht versteht, sondern – im Gegenteil – sämtliche evangelikalen Judenmissionswerke unkritisch affirmiert (118ff). An den wenigen Stellen, wo sie jüdische Kritik an messianisch-missionarischen Aktivitäten der formalen Ordnung halber andeutet, ist ihre innere Distanz unübersehbar. Dass „Judenmission“ nach Auschwitz als eine weitere Gefahr für die Existenz des Judentums und insofern als obszöne Zumutung begriffen werden kann, dafür hat die junge Nachwuchstheologin kein Gespür. Obwohl Pfister die Befürchtungen des ehemaligen Stuttgarter Landesrabbiners Joel Berger vor einem „geistigen Holocaust“ zweimal zitiert – ohne freilich den Hintergrund dieser Äußerungen zu erläutern –, sieht die Autorin keine Veranlassung, den tief verwurzelten und empirisch begründeten Enterbungsängsten jener vom Holocaust traumatisierten Menschen nachzuspüren.

Gewiss ist die christliche Mission auch an Juden eine logische Konsequenz christlicher Identität, die ja auf Einladung und Inklusion prinzipiell aller Menschen drängt. Und selbstredend ist die Religionsfreiheit ein hohes Gut. Jüdische wie nichtjüdische Menschen haben das Recht, ihre jeweiligen Gemeinschaften zu verlassen und ggf. eine andere zu wählen. Das Recht auf freie Konversion ist ein Menschenrecht. Doch wenn Menschen christlichen resp. messianischen Glaubens evangelistische Flyer in Synagogen verteilen, handelt es sich nicht nur um eine Verletzung der guten Sitten – es ist ein respektloser Angriff auf die religiösen Gefühle von Menschen, die die christliche „Einladung“ nicht anders denn als kollektiven „Seelenraub“ wahrnehmen können. Im sprichwörtlichen jüdischen Humor seufzt der Protagonist über die teils antisemitisch, teils judenmissionarisch motivierte Obsession, mit der die Juden seit alters her traktiert werden: „Wir sind sein auserwähltes Volk. Ich weiß nicht, womit wir diese Strafe verdient haben. Was immer es war, allmählich müsste sie abgesessen sein. Es reicht. Der liebe Gott könnte sich mal ein anderes Volk auserwählen, zur Abwechslung. Die Belgier vielleicht. Oder die Ostfriesen. Uns reicht’s.“ Bei aller Freiheit der Religionsausübung: Christliche Kirchen tun gut daran, sich auch künftig von jenen judenmissionarischen „Werken“ abzugrenzen, die schon wieder einer besonderen „Mission” gegenüber den Juden das Wort reden.

Die Tatsache, dass die vorliegende Dissertation vom „Arbeitskreis für evangelikale Theologie“ mit einem Druckkostenzuschuss bedacht wurde, zeigt, dass die noch in früheren Jahren praktizierte judenmissionarische Zurückhaltung selbst unter israelsolidarischen Milieus der Evangelikalen erodiert. Nie war es wichtiger als heute, an vermeintliche Selbstverständlichkeiten des christlich-jüdischen Dialogs der letzten 60 Jahre zu erinnern: „Durch eine lange Geschichte der Intoleranz und Verfolgung ist das [..] christliche Zeugnis unter Juden schwer belastet worden.“ Mit dieser Einsicht markierte 1997 z. B. die baptistische „Bundesleitung“ ihre kathartische Verhältnisbestimmung zum Judentum und gelobte, „das jüdische Glaubens- und Lebenszeugnis [in Gegenwart und Zukunft] zu achten“, weswegen Christen ihr „Zeugnis dem jüdischen Volk gegenüber nicht in gleicher Weise wahrnehmen“ sollten wie die „Mission an der Völkerwelt.“ Es wäre fatal, wenn nach dem Vatikan nun auch die protestantische Theologie des 21. Jahrhunderts hinter diese mühsam gewonnene Erkenntnis zurückfallen würde.

Stefanie Pfister: Messianische Juden in Deutschland. Eine historische und religionssoziologische Untersuchung. Reihe: Dortmunder Beiträge zu Theologie und Religionspädagogik, Bd. 3, Münster u. a.: LIT Verlag 2008, 448 S., 39,90 EUR, ISBN 978-3-8258-1290-4

Diese Rezension erschien in: Jahrbuch der Zeitschrift für Theologie und Gemeinde (ZThG), Nr. 14, 2009.

20 Kommentare

  1. Tja, hallo Makkabäer,
    wenn man alles, was einem nicht passt, gleichin den Ausguß schüttet, dann kann man ja gleich unter sich bleiben und jeglichen Austausch abschalten. Statt über irgendwelche Folgen zu diskutieren, sollte ruhig einmal das Fundament freigelegt werden. Und wenn sich dann das Fundament als falsch erweist, okay. Doch erst einmal sollte doch die Basis in Blick genommen werden, oder?

  2. @Karlheinz
    Tempora mutantur! Na sowas, solche Worte aus der Taste eines Deutschen?! Ich staune und bin begeistert. An Ihnen, Karlheinz, sollte sich die deutsche aufgeklärte Klasse ein Beispiel nehmen. Vieles, was Sie oben formulieren, hätte ich nicht besser ausdrücken können. Man muß den verbohrten Katholiken einfach mal den Spiegel vorhalten, ihnen zeigen, wo’s lang geht. Und diese Evangelien sind wirklich wahr, kalter Kaffee mit Blauschimmel oben auf. In den Ausguß!

  3. @Andreas
    Korrekt, der Hass auf die Juden gründet auf Ressentiments, falsch – die Begründungen sind eben nicht sekundär; falsch – im Mittelalter war es die katholische Kirche, dann evang. und kath. Kirche. Vielmehr ’sind‘ es die christl. Kirchen bis heute immer noch, wenn sie sich nicht von diesen Evangelien trennen.

    Lesen Sie Deschner, lesen Sie Goldhagen (sein Kirchenbuch)!

    Allein das Markusevangelium enthält etwa 40, das Lukasev. etwa 60, das Matthäusev. etwa 80, das Johannesev. etwa 130 und die Apostelgeschichte etwa 140, zusammen also etwa 450 explizit antijüdische Verse, die 2000 Jahre lang ein unglaublich wirksames Gift versprühten, das besonders in katholischen deutschen und polnischen Regionen geradezu irrwitzig fest haftet und die Menschen unfähig gemacht hat einen Denkwandel zu vollziehen, da sie sonst das Gefühl hätten ihre eigene religiöse Basis mit aufgeben zu müssen.

    Kommen Sie doch mal nach Bayern oder in viele polnische ländliche Gegenden und reden Sie mit den Menschen, den Mehrheitsmenschen, nicht denen mit einem Theologie- oder Medizinstudium! Sie werden staunen, wie sehr das christ-kirchliche Gift sie ‚verdorben‘ hat.

    Das sind Tatsachen, an denen Sie nicht vorbeikönnen, wenn Sie nicht aus christlichem Fanatismus beide Augen und beide Ohren verschließen.

    Eine Reform der Evangelien ist unumgänglich. Es spottet jedweder Menschlichkeit, jedwedem Anstand, jedwedem gesunden Menschenverstand, was heute noch in den Evangelien ‚feilgeboten‘ wird. Antisemitisches NS-Schriftgut wurde zurecht verboten, in der zivilisierten Welt, nicht so der bodenlosen Hass gebärende Unfug der Evangelien, der die Menschen um soviele Jahrhunderte länger (als das Nazizeug) negativ beeinflusst, aufhetzt, verdirbt.

    Dies hat mit ‚Bibelkeule‘ nichts zu tun. Dies ist lediglich die Einsicht, dass auch alte Traditionen schädlich sein können, das Ãœberkommenes überholt sein kann, dass mit menschenfeindlichen Ãœberlieferungen abgerechnet werden muss, wenn wir ernsthaft eine bessere Welt anstreben wollen.

    Auch Ihnen rate ich dringend zur Lektüre der Bayern- und der Antisemitismusartikel von HaGalil, oben links, die jeweiligen Rubriken!

    Gerade wenn Sie es ernst meinen mit Aussöhnung und Ökumene, müssen Sie die christlichen Verbrechen erst einmal alle kennen, ihren Umfang, ihre Art und ihre Ursachen. Dies können Sie dieser Lektüre entnehmen.

    Glauben Sie denn wirklich, dass die Evangelien ‚göttlichen‘ Ursprungs sind?
    Sie stammen von Menschen. Menschen, die drei Jahrhunderte nach Ableben des christlichen Messias politische, kirchliche und möglicherweise auch sittlich-moralische Interessen unter einen Hut zu bringen trachteten. Und als solche sollten wir diese Evangelien auffassen, als Richtlinien einer vergangenen Epoche und bestimmt von Interessen gewisser Kreise.
    Heute haben wir andere Zeiten, andere Verhältnisse und wir können (wenn wir denn wollen) aus den Verbrechen und Fehlern unserer Vorfahren lernen und dazu gehört eine grundlegende Reform der Evangelien.

    Diese Reform muss die Eliminierung aller auch nur annähernd judenfeindlichen Passagen einschließen.
    Das seid Ihr Christen angesichts Eurer so verbrecherischen zweitausendjährigen Unheilsgeschichte den Juden einfach schuldig.

  4. @karlheinz,
    sorry, dass ich mich so ungefragt einmische. Meines Erachtens ist jedoch Folgendes zu bedenken:
    Der Hass auf die Juden/Israel gründet auf Ressentiments, d.h. die Begründungen oder Rechtfertigungen für diesen Hass sind im Prinzip sekundär. Im Mittelalter war es die kath. Kirche, dann kath. + evang. Kirche, dann der Nationalismus, dann der Faschismus, seit Erstehen des Islams auch der Islam, Verschwöhrungstheorien und heutzutage die „Menschenrechte“, die allen anderen ein Lebensrecht zugestehen sollen, außer den Juden in ihrem Staat. Die proklamierte Solidarität mit den „Palestinänsern“ ist durchsichtig, da bei dessen Protargonisten die Menschen z.B. in Dafur, Iran, Saudi-Arabien,  etc….  oder Minderheitenrechte u. Frauenrechte i.d.R. egal sind. Daher geht es hier nicht um ein „für die „Palestinänser““ sondern um ein „Gegen die Juden/Israel“.

    Wie geschildert, ist man mit der „Bibelkeule“ also mindestens 4 Entwicklungsstufen als Begründung für das Auslebens des Ressentiments hinterdrein.
    Es mag evtl. noch Personen geben die diese einsetzen mögen oder eine Konstruktion heranziehen. Diese sind aktuell jedoch höchstens eine unbedenkliche Randerscheinung, von der nach meiner Überzeugung keine ernstzunehmende Gefahr für Juden und Israel ausgeht. Zudem hält dieses Argument einer näheren Betrachtung des Gesamtkontextes überhaupt nicht stand.
    Es läßt sich bei objektiver Betrachtung des NT kein einziges Argument für einen Gewaltaufruf, gewaltbegründende oder suggestive „Bekehrungsversuche“ oder ein Ressentiment gegen Juden finden, zumal auch schon die Akteure im NT alles Juden waren und sich durchgängig zu ihrem jüdischsein bekannt haben. Das natürlich alles auch verdreht werden kann ist denke ich Ihnen und mir bekannt und keine neue Weisheit, sondern auch evtl. Ausdruck eines vorauseilenden political correctness.

    Sollte ein belastbares Interesse an Israel/Juden vorliegen, dann könnte man doch nach Israel fahren und  mit den Lebenden dort reden oder mit Juden in Deutschland. Aber bitte mit allen Gruppen (einschl.  Siedlern, da auch dies Menschen sind, die für ihr Handeln Argumente haben, die i.d.R. jenen der zeitgeistigen Pressepropaganda weit überlegen sind.)

    Eine Fahrt zu Gedenkstätten oder das Festhalten an den äußeren Aufmachungen des Judenhasses kann unter Umständen lehrreich sein, bringt aber, wenn es nicht zu einem persönlichen Anteilnehmen (kann ggfs. auch ganz für sich selber sein) am Schicksal der heutigen, lebenden Juden und Israels kommt, diesen und Ihnen nicht sehr viel.
    (Das Geschriebene soll Ihnen weder etwas unterstellen noch Sie persönlich angreifen)

    Shalom
    Andreas

  5. @Reiner Andreas
    Ganz bezeichnend für Zeitgenossen wie Sie ist es, dass Sie auf Worten über Worte herumreiten.

    Mein Argument, ein extrem schwerwiegendes Argument angesichts der so blutigen und unheil(s)vollen Geschichte des Christentums, das der 400 judenfeindlichen Wendungen und Aussagen der Evangelien, haben Sie einfach links liegen gelassen, interessiert (‚juckt‘) Sie seltsamen Christen nicht, ist Ihnen offensichtlich vollkommen gleichgültig. (Vielleicht hilft es Ihnen, um sich das fehlende Wissen zu christlichen Untaten anzueignen,  die HaGalil-Artikel oben links unter den Rubriken Bayern und Antisemitisnus mal durchzulesen, vor allem die zu christlichem Antijudaismus)

    Wie kann man Evangelien ernst nehmen, die nicht den neuesten Erkenntnissen (auch den humanistischen) der Menschheit angepasst wurden?
    Nur weil sie (die Evangelien) dreihundert Jahre nach dem Ableben Eures ureigenen Messias (der große Rest der Welt hält erfreulicherweise nichts von seiner Messiaseigenschaft bzw. -tätigkeit) von irgendwelchen zweifelhaften ‚Heiligen‘ niedergeschrieben wurden, sind sie lang noch nicht sakrosankt und daher wie ein altes Haus (oder Auto) reparatur- (reform-) bedürftig. Das sollte man auch als christlicher Fundi, wie Sie, doch allmählich einsehen, meinen Sie nicht?

    Wie können Sie sonst erwarten, dass ein aufgeklärter, ratiobestimmter, die Geschichte gut kennender Mensch mit so einer Kreatur wie Ihnen in einen Dialog treten wollte?

  6. Hallo Karlheinz,
    die Verhemenz der Worte lässt mich etwas erschrecken. Schade, wie damit der literarische Schatz der Evangelien diskreditiert wird. Noch viel schlimmer empfinde ich es allerdings, dass Sie die ZEIT bzw. das HEUTE zum Dogma machen nach dem Motto „Weil es von gestern ist, kann es nicht mehr aktuell gültig sein!“ Dieser Heute-Dogmatismus ist zwar sehr weit verbreitet, aber keineswegs harmlos. Zudem sollte jede(r) Anhänger/in nicht übersehen, dass damit die eigenen Ãœberzeugungen vom Morgen schon wieder überholt werden. Oder ab welchem Zeitraum bleibt eine Aussage noch gültig? Dann hätte man ja andauernd eine Deponie …
    Ich glaube, das Grundproblem ist eigentlich, welche Grundlage gültig ist und von welcher Basis aus man etwas beurteilt oder einschätzt. Letztlich steckt also ein hermeneutisches Problem dahinter, oder?

  7. @Rainer
    Ein Auftrag, den wir getrost ad acta legen können. Denn, von wem stammen denn diese Evangelien? – Von Menschen einer längst vergangenen Epoche.
    Wir leben heute und jetzt und wir brauchen diesen Kaffeesatz von annodunnemals, diese Evangelien nicht mehr. Es sei denn, wir wären Ewiggestrige – und das wollen wir doch sicher nicht sein.
    Kippt die Evangelien endlich über Bord und werdet wieder Menschen, Ihr ollen Christen!
    Evangelien enthalten gesundheitsschädliche Giftstoffe (etwa 400 Verunglimpfungen und Verwünschungen von Juden). Also ab damit in die Deponie!

  8. Reiner Andreas
    es geht nicht um Information. Es geht um Missionierung, die auf der falschen Prämisse gründet, dass Christentum sei eine Religion der Liebe, während Judentum „alttestamentarisch, Aug für Aug“ postuliert. D.h. Juden, die solches glauben sind einfach unwissend, sie wissen nicht von wo sie kommen und wohin sie gehen. 

    Die Taufe war lange Zeit eine Eintrittskarte in die europäische Gesellschaft, dann konnte sie in sehr sehr wenigen Fällen helfen während der Zeit der deutsch-österreichischen Volksgemeinschaft zu überleben.
    Aber laut christlicher Ideologie erkennt man die Menschen an ihren Früchten. Und da haben Christen nach all den Verbrechen, die im Namen der christlichen Nächstenliebe verübt wurden, eine Bringschuld.
    Christen, Juden, Atheisten sollten zusammenwirken ohne sich gegenseitig anzuagitieren, um die Gesellschaft in der sie leben besser humaner zu machen. D.h. die Kirchen könnten agieren im Sinne eines Juden aus Galiläa, der sicher nicht glaubte, dass man sich bei der Verfolgung der Juden, beim Mord an vielen Juden ausgerechnet auf ihn berufen wird.

    Wie erklären Sie, dass der antisemitische Pfarrer Hegedüs in Budapest eine große Gemeinde hat?
    Wie erklären Sie, dass die Kirchen in Ungarn sich nicht gegen den bestialischen Antiziganismus und Antisemitismus wenden?
    Und das sind nur zwei Beispiele aus unserem Nachbarland.
    Die getauften Europäer laufen in Scharen weg aus ihren Kirchen, wäre es nicht logischer diese Leute mit Taten zu überzeugen, dass sie zurückkehren?

  9. Hallo, Karl Pfeifer,
    vielen Dank für Ihre Zeilen, aus denen viel Respekt und Umsicht zu erkennen sind! Warum das eine tun und das andere nicht lassen? Ich habe ja bewusst nicht von „missionieren“ gesprochen, was immer so einen agressiven Hauch hat, sondern von Einladung, sich auseinanderzusetzen. Wenn es Personen gibt, die unglücklich oder sogar unsäglich agieren, dann ist das wirklich zum Abwinken. Andererseits habe ich schon Personen völlig unterschiedlicher religiöser Coleur erlebt, die sämtlich schon mal daneben greifen und sich ihrer eigenen Religiosität bzw. der Menschlichkeit generell unwürdig verhalten – möchte dies also nicht auf sog. Missionarische Juden begrenzen …
    Können Sie da mit? 

  10. Reiner Andreas, warum nicht zuerst die Nichtjuden misssionieren. Das wäre doch ein lohnenderes Ziel, zumal es doch – dank der deutsch-österreichischen Volksgemeinschaft – nicht so viel Juden gibt. Die Kirchen sollten bevor sie Juden missionieren, in ihren Reihen Ordnung schaffen und Antisemiten keinen Raum mehr bieten.  Wenn man bedenkt, dass zum Beispiel mitten in Budapest der reformierte Pfarrer Lóránt Hegedüs jun.  immer wieder antisemitische Hetze betreibt, dann würde man sich von den Christen, die so besorgt sind um das Seelenheil der Juden, wünschen dass sie die notwendigen Konsequenzen ziehen. Aber viele Christen neigen leider dazu nicht den Balken im eigenen Auge zu bemerken.

  11. Lieber Herr Kloke,
    gegen Antisemitismus, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit zu kämpfen, ist ein lohnendes Ziel und schönes, wichtiges Anliegen! Es gibt noch immer viel zu wenige zivilcouragierte Personen – unabhängig von der Religionszugehörigkeit!
    Nur kann ich hierin keinen Widerspruch zu einer Einladung an Juden, sich mit dem christlichen Glauben auseinanderzusetzen, entdecken. Auch habe ich Probleme damit, wenn ein historisches Datum dogmatisiert wird nach dem Motto „Seit dem Holocaust darf man nicht mehr…“, „Seit den 68ern darf man nicht mehr …“ Kann bzw. darf ein Zeitpunkt Richtlinie für eigene Einstellungen sein?
    Natürlich ist es schade und tragisch, dass christliche Personen vielfach vielerorts versagt haben. Doch wieso sollte deshalb eine Doktorarbeit sich nicht mit der Realität von Messianischen Juden in Deutschland beschäftigen???

  12. Ich stimme Dr. Kloke zu, es ist einfach eine Zumutung, wenn man uns Juden missionieren will. Denn wer hat uns in Europa in der Zeit der NS-Herrschaft schändlicher im Stich gelassen als die christliche Kirchen? (Es gab viel zu wenig gerechte Christen, die versuchten zu helfen) Diejenigen, die so schändlich versagten, sollen uns nicht Nächstenliebe predigen, sie sollten lieber in ihrer nächsten Umgebung versuchen die christlichen Antisemiten einzubremsen.
    Im übrigen am Ende der Tage werden wir wissen, wer Recht hat. Wenn der Messias kommt und sagt, „ich freue mich wieder hier zu sein“, dann behalten die Christen Recht, wenn er aber dies nicht sagt, dann werden die Juden Recht behalten. Bis dahin sollten wir uns darauf einigen, gemeinsam den Antisemitismus, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit zu bekämpfen.

  13. @andreas
    Ein Jude fragt Gott: 
    Warum ist Dein Volk so Verhasst? 
    Die Antwort: 
    Nicht Euch hasst man sondern Mich – und Ihr seid mein Symbol.

  14. wenn mensch sich zusätzlich ansieht, mit welchen <a href=“http://www.survival-international.de/nachrichten/4500″>Methoden</a> teilweise in der evangelikalen „Heidenmission“ gearbeitet wird kann einem zuweilen Angst und bange werden

  15. Auch auf die Gefahr hin, dass ich jetzt evtl. auch als Missionar gelte.  Auch ich beschreibe mich als an Christus Gläubigen(ihm vertrauenden). Jedoch werde ich von vielen anderen, auch Gläubigen, für einen „Ketzer“ gehalten, weil ich nicht den dualistischen Heilsausgang vertete, d.h. dass ein Teil der Menschen  für immer in einer „Hölle“ sein wird;  sondern dass Gott der Retter aller Menschen (durch Christus in unterschiedlichen  Zeitaltern) ist. Daher vertraue ich auf das Wirken Gottes und nicht auf das was ich will.  Das bedeutet nicht, dass ich meine Ãœberzeugung verleugne und das was ich für wahr halte, aber ich erwarte keine bestimmte Reaktion darauf und brauche Menschen nicht zu einem Handeln nötigen (z.B. Bekehrung) oder Ängste schüren („Hölle“) oder seine Vertrauensbasis herabwürdigen.
    Ergo:
    – Ich bin der Meinung, dass jeder seine Vertrauensbasis auch öffentlich vertreten darf jedoch nicht zu bedrängenden oder grob suggestiven Mitteln greifen sollte.
    – Auf der anderen Seite bedeutet dies, dass ich auch andere Personen nicht vor anderen, mit bedrängenden oder suggestiven („Missionare“) schützen muss.

    Für das Thema Judenmission: Ich halte die Juden(Israel) für ein Volk/ Geschlecht (Abstammung), das erwählt wurde und das Verheißungen hat.  Sie sind Empfänger von Gottes Wort. Dies beudeutet aber Meinung nach nicht, dass in diesem Zeitalter jeder Jude eine bestimmte Vertraunsbasis und Gesinnung/Vorstellung haben muss um bei anderen Juden als Jude zu gelten.
    Der Juden- und Israelhass ist auch nicht rational durch ein Verhalten oder eine Gesinnung, weder der Juden noch der Ihrer Verfolger, erklärbar. Dieses Ressentiment ist für mich nur auf Grund dieser Erwählung erklärbar und weil der natürliche Mensch den lebendigen Gott (Werdenmachenden), bzw.  die, die er erwählt, hasst.   
    Dass diese Erklärung jetzt auch wieder als anstößig empfunden werden kann ist mir verständlich, aber meine Überzeugung.
    Wünsche trotzdem allen alles Gute + shalom

  16. Diese messianischen „Juden“ treiben sich vorwiegend am Hackeschen Markt seit Jahr und Tag herum. Das sind heute die aggressivsten Missionare überhaupt. Dagegen habe ich mit Zeugen Jehovas fast postive Erfahrungen gemacht, wenn man ihnen sagt, man sei jüdisch, wird das im allgemeinen respektiert und nicht weiter gedrungen.

  17. Sehr geehrter Herr Kloke,
    Ihre kritische Stimme zur Dissertation von Stefanie Pfister über Messianische Juden in Deutschland ist allein schon von daher befremdlich, da sie von der Geltung und Richtigkeit Ihrer Axiomen ausgeht und Sie sich letztlich nicht auf die genaue Darstellung von Stefanie Pfister eingelassen haben. Wissenschaftlichkeit zeichnet sich aber gerade dadurch aus, dass jemand seine Grundlagen offen und hinterfragbar auf den Tisch legt. Ein Buch – und schon gar nicht eine Dissertation – muss nicht schon deshalb schlecht sein, nur weil die Autorin nicht Ihre Meinung vertritt oder gar dem theologischen Mainstream entspricht.
    Ich habe die Studie von Frau Pfister selber gründlich gelesen und empfinde diese als einen wesentlichen und wertvollen Beitrag zur Versachlichung aller Fragen rund um die Bewegung Messianischer Juden. Dies sollte auch von einer kritischen „Rezension“ wahrgenommen und anerkannt werden. Wie es in jeder Religion und religiösen Bewegung (auch der Jüdischen!) „schwarze Schafe“ gibt, sollte man von diesen her aber nicht auf die Allgemeinheit schließen. Von daher wäre es schön, wenn Sie Ihre Erfahrungen mit einzelnen Messianischen Juden nicht auf ALLE Sympathisanten oder Vertreter übertrügen und erst recht kein Öl ins Feuer gießen, nur um die eigene dialogisch-christlich-jüdische Position besser dastehen zu lassen bzw. zu rechtfertigen. Das hat diese nämlich gar nicht nötig!

  18. Ich finde, dass dieser Beitrag nicht genügend differenziert und eine Wiederholung von Stereotype bzw. z.T. berechtigten oder übernommene Befindlichkeiten widerspiegelt.
    Was ist Mission ? Was ist christlich? Für beides gibt es keine legale Definition.
    Zudem werden die Reflektion über Jahrtausende Geschichte oder wie man sie versteht, Klischees und z.T. berechtigten  Ängste miteieinander vermischt.
    Es entsteht der Eindruck, als wäre es möglich über Juden eine „Gesinnungskäseglocke“ zu legen, und das im Zeitalter des Internets, der Urlauber- und Arbeiterströme, der überall und zu jedem Thema stattfindenden Konferenzen, etc…  Die Frage bleibt wirklich, wie entscheidend hier einzelne „Missionare“  die mentalen Landkarten beeinflussen.  Persönlich fühle ich mich von „Mormonenmissionaren“ oder „Zeugen Jehovas“  nicht wirklich belastet (außer, wenn ich vielleicht grad auf dem 00 bin), auch wenn die mir  sagen wollen, dass ich nicht richtig glaube.  Genauso wenig wie von Wahlkampfplakaten  und deren komischen Versprechungen. Aber jeder siehts anders.

  19. In der „Judenmission“ schwingt auch immer die Ãœberzeugung mit, die Juden hätten es besonders nötig, missioniert zu werden, da sie nur mit dem Bekenntnis zu Jesus den Makel der „Christusmörder“ loswerden könnten. Deswegen bin ich strikt gegen eine spezielle „Judenmission“.
    Darüber hinaus ist Mission aber immer eine Zumutung für den, der missioniert werden soll, denn dem wird damit ja gesagt: „Was Du glaubst, ist falsch“.  Daher sehe ich auch die (christliche) Missionierung von z.B. Muslimen, Hindus oder Menschen mit einer animistischen Vorstellungswelt äußerst kritisch (Dass der Islam nicht weniger aggressiv missioniert, macht die Sache auch nicht besser).

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