Antijudaismus-Antisemitismus: Martin Luther und die Juden in der deutschen Rezeption

Wie in meinem Beitrag zur Judenmission im „Schtetl“ bereits angesprochen, gab es in der deutschen Geschichte keine vergleichbare bedeutende Persönlichkeit, die über Jahrhunderte so starken antijudaistischen Einfluss ausübte, wie der Reformator Martin Luther. Nicht nur der „Stürmer“-Herausgeber Julius Streicher glaubte sich bekanntlich beim Nürnberger Prozess zu seiner Verteidigung auf ihn berufen zu können, sondern ungezählte andere Deutsche, die allerschwerste Schuld auf sich geladen hatten, versuchten mit Luthers Worten im Kopf  ihr Gewissen zu beruhigen. Aus diesen beiden Sätzen geht bereits hervor, dass wir es hier mit einem Tabuthema zu tun haben, denn annähernd die Hälfte unserer Landsleute ist oder war protestantisch und Kritik an Luther wird von vielen von ihnen als Kritik an ihrem Selbstverständnis aufgefasst. Umso interessanter erscheint es daher zu untersuchen, wie deutsche Nachschlagewerke, deutsche Historiker und deutsche Medien bei ihrer Luthereinschätzung mit diesem Komplex umzugehen pflegten und pflegen…

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„Reiseeindrücke aus dem östlichen Arbeitsgebiet der Leipziger Judenmission“ von Prediger L. Anacker (1894)

Das nach wie vor aktuelle Thema Judenmission, das ich bereits in zwei früheren Beiträgen (am Beispiel eines Volksliedes und in einer Gegenüberstellung von Lexikoneinträgen) für haGalil bearbeitet habe, soll heute anhand eines Berichtes eines Missions-Sekretärs aus dem „Jahrbuch der Sächsischen Missionskonferenz für das Jahr 1895“ weiter vertieft werden. Dieser evangelische ‚Heilsbringer‘ vermittelt nicht nur einen Einblick in die diversen Tätigkeiten seiner Organisation, sondern er schildert auch die Lebensbedingungen der Juden in Galizien und in der Bukowina gegen Ende des 19. Jahrhunderts aus seinem ganz besonderen Blickwinkel; zugleich wirft seine Abhandlung ein bezeichnendes Licht auf Selbstverständnis, Anspruch und Einstellung jener Missionare, für die eigenverliebter Deutschnationalismus und evangelisches Christentum ganz offensichtlich den Alles bestimmenden Wertemaßstab darstellten…

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Ende der Schonzeit? Messianische Juden in Deutschland

Im Nachgang zur päpstlich-katholischen Regression in den christlich-jüdischen Beziehungen muss wieder neu daran erinnert werden, dass die Juden in Europa von den christlichen Großkirchen jahrhundertelang bedrängt und verfolgt wurden – jedenfalls solange, wie sich die Angehörigen der jüdischen Gemeinschaft zu ihrem Judentum bekannten und den hartnäckigen Konversionsversuchen der Mehrheitsreligion widerstanden. So erwies sich das Wort vom Kreuz für die Juden nicht als „Skandalon“ im Sinne von l. Kor. 1, 23, sondern als Symbol des Schreckens: Bis heute ist die traumatische Erfahrung der Juden mit der kirchlich entstellten Botschaft Jesu – ungeachtet christlich-jüdischer Dialogbemühungen nach Auschwitz – tief eingebrannt in ihre kollektive Erinnerung…

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Judenmission: Der fragwürdige Umgang mit einem Tabubegriff

Besonders deutsche Nachschlagewerke treten gern mit dem Anspruch der Seriosität auf. Das Deutschland der Wissenschaft, der Kultur und der Technik hat tatsächlich einige Errungenschaften vorzuweisen, auf die es mit Recht stolz sein kann. Gerade deshalb jedoch hätte man es sich leisten können auch bei den weniger ruhmreichen Kapiteln, wie etwa bei der vaterländischen Religions- und Sozialgeschichte, ehrlicher mit der historischen Wahrheit umzugehen…

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