Teil 3: Eine Chronik der Katholischen Kirche am Bsp. Bayern

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Piusbrüder, Williamson, Mixa? Auch im Hinblick auf die in Kürze zu erwartende Aufwertung des Papst Pius XII bringen wir eine “Kleine Chronik der katholischen Kirche in Rom und Bayern”…

1103
König Heinrich IV. erlässt den ersten Reichslandfrieden, womit er die Reichsgesetzgebung einleitet; Juden stellt der Reichslandfrieden unter Schutz, sie dürfen allerdings keine Waffen mit sich führen und müssen besondere Kleidung tragen.

1147
Unter prominenter bayerischer Beteiligung (Welf VI., Bischof Otto von Freising begeben sich die Kreuzfahrer unter Konrad III. nach Jerusalem; ihre Kriegszüge sind ebenso verlustreich wie erfolglos.

12./13. Jh.
In den meisten bayerischen Märkten und Städten bilden sich jüdische Gemeinden; Herzöge und Bischöfe fördern die Ansiedlung von Juden als Geldleiher, weil sie dadurch den Städtebau leichter finanzieren können; natürlich sind nicht alle Juden als Kreditgeber tätig, sondern üben auch andere Berufe aus; der Tilgung ihrer Schulden entziehen sich die christlichen Herrscher, weltliche ebenso wie geistliche, gerne, indem sie Pogrome inszenieren, denen ganze jüdische Gemeinden zum Opfer fallen.

Anfang 13. Jh.
Im bairisch-ostschwäbischen Sprachraum entsteht die mittelhochdeutsche Marienlegende “Das Jüdel“, ein vollständig erhaltenes, 500 Verse zählendes Gedicht; es handelt vom Sohn eines Juden, der eine christliche Schule besucht, in der er anscheinend wohlgelitten ist; auf dem Schulweg kommt der Knabe an einer Kapelle mit einem Marienbildnis vorbei, das ihn anzieht und ihn veranlasst sich allmählich dem christlichen Glauben zu nähern; seine Familie bzw. die jüdische Gemeinde reagiert entsetzt und beschließt ihn dem Feuer zu übergeben; jedoch entsteigt er unversehrt dem Backofen, nachdem ihm Maria erschienen war und er gelobt hatte, sich taufen zu lassen; zuletzt trägt der Bischof das Kind auf seinem Arm in den Münster; christliche Interpretationen betonen gern die Harmlosigkeit der Legende und stellen fest, der unbekannte Dichter habe die Absicht verfolgt die “kindliche Frömmigkeit zu erwecken und zu fördern“.

1212
Erstmals wird in Urkunden für Augsburg ein Jude genannt (Joseph von Augsburg); die Ursprünge jüdischen Lebens in Augsburg muss man jedoch auf einen wesentlich früheren Zeitpunkt datieren; im Jahre 1276 regelt das als vorbildlich angesehene Stadtbuch die Rechte der Juden, die auch Bürgerrechte erwerben können; als es 1298 und 1336-1338 zu Verfolgungen kommt, schützt der Rat der Stadt die Juden.

1217
Der gemeinsam mit seinem Vater als Begründer des jüdisch-deutschen Pietismus, einer Strömung des Judentums, angesehene Rabbi Jehuda ben Samuel he-Hasid stirbt (22.2.); der gebürtige Speyrer ging 1195 / 1196 nach Regensburg, wo er eine Talmudschule gründete und an der er 21 Jahre lehrte; aus ganz Deutschland kamen seine Schüler herbei, um bei ihm zu studieren; der mit vielen hohen Gelehrten seiner Zeit in Verbindung stehende Rabbi steht im Judentum in einem ähnlichen Rang wie bei den Christen Franz von Assisi; die jüdisch-deutschen Pietisten waren nicht überall vertreten, sondern blieben auf das Rheinland und Regensburg beschränkt; von Rabbi Jehuda stammt u. a. das esoterische “Buch der göttlichen Herrlichkeit“ sowie seine revolutionäre Ethik “Sefer Hasidim“, die eine Abgrenzung gegenüber christlichem Glaubensgut aber auch gegenüber nicht pietistischen Juden verlangt; auch Heilkunst, Zinswesen (wobei ausdrücklich Ehrlichkeit im Umgang mit Christen gefordert wird), Wohlfahrt, Nächstenliebe, Tierschutz etc. werden besprochen; Frauen werden ausdrücklich zum Lesen und zum Studium der Tora angeregt; Rabbi Jehuda, dessen Andenken von nachfolgenden Generationen häufig verklärt dargestellt wird, gilt noch Jahrhunderte später als hohe Autorität; in der rabbinischen Literatur bleibt die Stadt Regensburg noch lange mit seinem Namen verbunden.

1229
Eine Regensburger Urkunde nennt einen “Abraham de Municha“ und liefert damit den frühesten Nachweis über jüdisches Leben in München.

1236
Durch ein Privileg Kaiser Friedrichs II. werden die Juden, die zuvor als Landfremde angesehen wurden, königliche Kammerknechte; gegen spezielle Abgaben genießen sie den Schutz des Königs, der zugleich richterliche Gewalt über sie ausübt.

1272
In Regensburg stirbt der Franziskaner Berthold; er war einer der bedeutendsten Volksprediger Süddeutschlands, dessen Worte in zahlreichen Handschriften überliefert sind und Schlüsse auf das Mit- und Gegeneinander von Christen und Juden zulassen; es ist u. a. vom Verbote die Rede Juden zu töten, sie zwangszutaufen, mit ihnen zusammen zu wohnen, gemeinsame Mahlzeiten mit ihnen einzunehmen oder mit ihnen über religiöse Themen zu diskutieren; Juden werden von Berthold oft als “stinkend“ bezeichnet, er nennt sie im Zusammenhang mit Räubern und Dieben, ferner seien sie Wucherer und wie Heiden und Ketzer ohne Aussicht auf ein Himmelreich; gleichzeitig ermahnt der Mönch Juden zu dulden – als Zeugen der Passion Christi und wegen der Hoffnung sie angesichts des “Jüngsten Gerichts“ doch noch zu bekehren; als vorbildlich sieht Berthold die Lebensführung der Juden an, etwa ihren Respekt gegenüber den Eltern, ihre Frömmigkeit und ihre “Keuschheit“ in der Ehe; bemerkenswert ist seine Warnung davor Juden Unrecht zu tun, denn, so argumentiert er, auch der schlimmste Mensch sei nach Gottes Vorbild geschaffen.

1275
Die Rechtsvorschrift “Schwabenspiegel“, aus der später das “Land- und Staatsrechtsbuch“ des Jahres 1328 hervorgeht, bezeichnet die sexuelle Vereinigung zwischen Juden und Christen als Unzucht und fordert dafür den Feuertod; Enthauptung sieht sie für Männer vor, die in einer anderen als der Missionarsstellung mit ihrer Frau verkehren.

1285
In München unterstellen Christen Juden einen Mord aus rituellen Gründen und lösen damit eine Hysterie aus, die zur Erstürmung der Judengasse und der Synagoge führt: mindestens 67 Juden kommen in den Flammen ihres brandgeschatzten Gotteshauses um; auch die bald darauf neu ansiedelnden Angehörigen der Minderheit müssen mehrfach schwerste Verfolgungen (1345, 1349, 1413) über sich ergehen lassen.

1293
Nach sieben Jahren Haft, zuletzt in Wasserburg, stirbt Rabbi Meir ben Baruch aus Rothenburg; dieser bedeutendste jüdische Gelehrte seiner Zeit war um 1220 in einer Familie von Thoragelehrten geboren worden, hatte zunächst bei seinem Vater, dann in Würzburg und in Frankreich studiert und sich schließlich in Rothenburg niedergelassen; dort lebte er mindestens dreißig Jahre, ehe er um 1281 nach Worms überwechselte; Rabbi Meir, eine hohe Autorität und höchste richterliche Instanz der Juden ganz Deutschlands, unterrichtete Schüler, beantwortete Anfragen aus dem In- wie Ausland und trat als Autor von scholastischen Talmudkommentaren, liturgischen Dichtungen und Klageliedern hervor; als sich die Lage der Juden in deutschen Landen zu verschlechtern begann, als die Ritualmordvorwürfe und –anklagen zunahmen, jüdischer Besitz immer häufiger enteignet wurde, Juden zu Knechten der königlichen Finanzkammer gemacht werden sollten, befand sich auch Rabbi Meir auf der Flucht; die Häscher des Königs Rudolf I. von Habsburg ergriffen ihn jedoch und inhaftierten ihn; für ein extrem hohes Lösegeld sollte er freikommen, doch der Rabbi zog es, aus Furcht vor neuen noch höheren Forderungen, vor, lieber in Haft zu bleiben und setzte von dort aus seine Lehrtätigkeit fort; nach seinem Tod ziehen sich die Verhandlungen um die Herausgabe seines Leichnams noch v i e r z e h n Jahre hin und der Jude Alexander Wimpfen muss eine ungeheure Summe Geldes an die Christen bezahlen, ehe der Rabbi endlich in Worms bestattet werden kann; sein Ruhm und sein Einfluss überleben ihn um Jahrhunderte.

2 Kommentare

  1. Die Arme Christen! Die können nicht verstehen, dass sie ohne Juden niemals Christen geworden wären. Dass sie ohne den Jesustod, niemals ihre Messe zelebrieren könnten und auch Ostern müssten sie vergessen. An wen würden sie sonst glauben? An den Osterhasen?

  2. Zu:  Anfang 13. Jh.,  „Das Jüdel“
    Wie aktuell und ganz und gar nicht „harmlos“ das Thema Judenmission auch noch heute, im aufgeklärten 21. Jahrh. ist, hat uns Papst Benedikt XVI. im vergangenen Jahr demonstriert, als er die Karfreitagsfürbitten  restituierte, zwar mit Einschränkungen, aber sehr ‚biegsamen‘. Katholische Christen können nur selig werden, wenn auch alle Juden (und Heiden) Jesus ‚endlich‘ anerkannt haben, so die alte und neue vatikanische Auffassung.
    Wie gut, dass vielen Christen das zu weit geht.

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