Zum 115. Geburtstag von Wilhelm Reich

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Psychoanalyse im „Dritten Reich“ und die Folgen für die psychoanalytische Geschichtsschreibung nach 1945…

Von Bernd Nitzschke

Ich beginne mit einer Erzählung über Psychoanalyse, deren Autor die „Freud-Doktrin von den verdrängten Wünschen und Trieben” scharf kritisiert. Er schreibt: „Nur zum Schein und um seiner Lehre Respekt zu verschaffen, vermuten manche Freud-Kenner, habe der Wiener Neurologie-Professor seiner Arbeit einen wissenschaftlichen Mantel umgehängt.” In Wahrheit sei Freud jedoch kein Wissenschaftler, sondern das „Oberhaupt einer quasi-religiösen Erweckungsbewegung” gewesen. Freud habe eine „weltliche Heilslehre” begründet, die auf die „jüdisch-christliche Tradition” zurückgehe. Dieser Irrglaube wäre inzwischen längst überwunden, hätten „Hitlers Ideologen” vor einem halben Jahrhundert „Freuds pessimistische Seelenlehre” nicht „als Auswuchs bürgerlicher Dekadenz verteufelt”. Der „Egozentriker Freud”, dem man „eine ausgewachsene Paranoia mit allen typischen Symptomen”, „darunter Größen- und Verfolgungswahn”, bescheinigen könne, habe davon allerdings nur Vorteile gehabt. So habe Freud doch selbst eingestanden, „das schöne neue Arbeitszimmer”, das er im Londoner Exil vorfand, Hitler zu verdanken. Die Vertreibung der Psychoanalytiker aus Europa – „durchweg Deutsche und Österreicher”, die „englisch meist nur stümperhaft sprachen” – hatte aber auch noch andere Vorteile. Das „Prestige der Psychoanalyse” sei, jedenfalls „im demokratischen Westen”, aufgrund dieser Verfolgung erst einmal angestiegen: Freuds „Apostel” konnten „mit Unterstützung vor allem jüdischer Sympathisanten” in den Exil-Staaten „großen Einfluß” gewinnen. „Innerhalb weniger Jahre” besetzten sie zum Beispiel „Schlüsselpositionen in den psychiatrischen Kliniken” der USA. Das führte dann aber dazu, daß es „in der US-Psychiatrie” mit „der diagnostischen Sorgfalt” „bergab” ging. Und ein paar Jahre später hatte die Vertreibung der jüdischen Psychoanalytiker dann noch weitere verheerende Folgen:

„Unter Aufsicht der Freud-Wächter aus Übersee war die Psychoanalyse in den Nachkriegsjahren nach Europa zurückgekehrt und hatte vor allem in der Bundesrepublik rasch wieder Fuß gefaßt. Mit dem Anspruch, zur Vergangenheitsbewältigung der schuldbeladenene Deutschen beitragen zu können, erwarb sie sich einen moralischen Kredit, von dem sie bis heute zehrt.”

Damit sollte nun aber endlich Schluß sein, fordert der Autor dieser Geschichte der Psychoanalyse: Das „Lehrgebäude” Freuds sollte „endgültig in Trümmer” gelegt werden. Damit wäre dann auch die „schöne Einkommensquelle” der Psychoanalytiker beseitigt, die Freuds „raffinierte Roßtäuscherei” noch immer als Psychotherpie verkaufen und offenbar ebenso geldgierig sind, wie es Freud war, der „zehn Dollar oder 50 österreichische Kronen pro Stunde, zahlbar in Banknoten und sofort” von seinen Patienten verlangt habe.

Die vorstehenden Zitate sind einer Geschichte über Freud und die Psychoanalyse entnommen, die im Spiegel (1998/25) erschienenen ist. Reiht man sie so aneinander, wie hier geschehen, offenbaren sie einen Sinn, der in der Spiegel-Geschichte nur zwischen und hinter den Zeilen steht. Die Botschaft lautet dann: Es ist noch eine alte Rechnung zu begleichen. Sie wird – im konkreten Fall – Freud präsentiert. Dessen Mutter habe „zeitlebens nur Jiddisch” gesprochen, heißt es in einem Halbsatz. Diese – scheinbar neutrale – Feststellung über Freuds Mutter unterstreicht noch einmal, worum es geht. Denn die Bemerkung wäre sinnlos – und nicht gefallen –, hätte Freuds Mutter zeitlebens Wiener Dialekt gesprochen. Die scheinbar neutrale Information über die Sprache der Mutter Freuds hat also Sinn und Bedeutung. Sie beinhaltet einen Code – wie die anderen zitierten Halbsätze über das Täuschen und Aussaugen hilfloser Opfer (hier: der Patienten Freuds) oder das Unterwandern und Zersetzen intakter Gemeinschaften (hier: der amerikanischen Psychiatrie) auch. Der Spiegel-Schreiber geht offenbar davon aus, daß die Leser, die „schuldbeladenen Deutschen”, diesen Code verstehen. Also macht er nur Andeutungen. Damit deutet er auf eine sinn- und identitätsstiftende Geschichte hin, deren Kenntnis er voraussetzt: die Geschichte antisemitischer „Vorurteile und Mythen” (Schoeps, Schlör o. J.).

Auch der Hinweis auf eine altbekannte Verschwörungstheorie darf nicht fehlen. Der Spiegel-Schreiber zitiert die Psychoanalyse-Kritiker Manfred Pohlen und Margarethe Bautz-Holzherr. Sie hätten erkannt, daß die Psychoanalyse eine „geistige „Kolonialmacht” sei, „die sich die ganze Welt” aneigne. Soweit der Spiegel 1998. Die Mitarbeit an der Errichtung der „Herrschaft Israels über die Welt” als das „kaschiert gehaltene Ziel” der „jüdischen analytischen Schule” hatte man freilich schon früher erkannt – kurz vor Hitlers Regierungsantritt (Maylan 1929, S. 195).

Die Behinderung von Aufklärung bei gleichzeitigem Anspruch, Aufklärung zu betreiben, ist nun aber leider kein Privileg der Journaille. Fachinterne Diskussionen über die Geschichte der Psychoanalyse im NS-Staat zeigen, daß auch Psychoanalytiker die Kunst beherrschen, Aufklärung durch Denkverbote zu blockieren. Eine Auseinandersetzung unter Psychoanalytikern bei einem Treffen Anfang der 90er Jahre sei als Beispiel genannt. Darüber hat ein Teilnehmer berichtet:

„Ich komme gerade von unserer Herbsttagung, auf der zum dritten Mal nacheinander die Nazi-Identifikationen in unserer Vereinigung Gegenstand einer spontanen, nicht in den Ablauf der Tagung eingeplanten Auseinandersetzung wurden. Den Anlaß dazu bot ein Kollege, der im November 1992 auf einen Passus in der fast einstimmig verabschiedeten Resolution der Deutschen Psychoanalytischen Vereinigung zu Fremdenhaß und Gewalt in Deutschland hinweist. Es heißt dort: ,Wir alle müssen … das Fremde, soweit es unbewußt eigenes ist, psychisch integrieren lernen.’ Er verknüpfte diesen hohen moralischen Anspruch mit der Kritik, daß ihm bekannt geworden sei, in der Ausstellung und (im) Katalog ,Hier geht das Leben auf eine merkwürdige Weise weiter …’ Zur Geschichte der Psychoanalyse in Deutschland (Brecht et al. 1985), durch die unsere Gesellschaft sich repräsentiert fühle, sei die Tatsache der NSdAP-Mitgliedschaft unseres Gründungsmitglieds, früheren Vorsitzenden und Ehrenmitglieds Gerhard Scheunert nicht erwähnt; es sei sogar auf dessen Intervention ausdrücklich davon Abstand genommen worden. Man könne schlecht eine Resolution dieses Inhaltes verabschieden und gleichzeitig einen solchen Mangel an Integration der Vergangenheit in unser Selbstverständnis offenbaren” (Friedrich 1994, S. 41).

Ich entnehme dem zitierten Beitrag, der unter der Überschrift „Vom deutschen Kleinmut” in einer österreichischen Fachzeitschrift erschienen ist, die Botschaft, daß nur derjenige zur Integration des Fremden aufrufen sollte, der bereit ist, mit gutem Beispiel voranzugehen. Die psychoanalytische Vereinsgeschichtsschreibung ist für diese Bereitschaft allerdings kein gutes Beispiel. Über Jahrzehnte hinweg hat man an der Zerstörung des historischen Gedächtnisses zum Zwecke der Herstellung „reiner” Westen und einer „reinen” (Gruppen-)Identität gearbeitet. So heißt es in der Freud-Biographie von Jones (1962, III, S. 222) beispielsweise, die „,Liquidierung’ der Psychoanalyse im Deutschen Reich” sei „eine der wenigen Taten” gewesen, „die Hitler vollständig gelungen” seien. Wäre dies tatsächlich der Fall gewesen, die Geschichte der Psychoanalyse im NS-Staat nach 1934 müßte gar nicht erst geschrieben werden. Und tatsächlich hat es lang – fast ein halbes Jahrhundert lange – gedauert, bevor die Geschichte der Psychoanalyse im NS-Staat aufgearbeitet werden konnte.

Das war das Verdienst einer Forschergeneration, die die von Jones konstruierten Geschichtsmythen in Frage stellte – wobei die Pionierarbeit des amerikanischen Historikers Geoffrey Cocks (1985) an erster Stelle zu nennen ist. In Deutschland erreichte der Kampf um die Erinnerung zu Beginn der 80er Jahre einen ersten Höhepunkt. In der Fachzeitschrift Psyche erschienen damals „Beiträge zur Bearbeitung eines unbewältigten Traumas” (vgl. den von Lohmann 1985 herausgegebenen Sammelband), in denen das Verhältnis von „Psychoanalyse und Nationalsozialismus” in neuer Weise thematisiert wurde. Damit stand der Mythos zur Diskussion, die Psychoanalyse sei unter Hitler liquidiert (Jones) oder gar „verboten” worden (so noch Lockot 1994, S. 119). Die neu publizierten historischen Dokumente widersprachen dieser Lesart. So stellten die Organisatoren der in Hamburg anläßlich des 34. Internationalen Psychoanalytischen Kongresses 1985 gezeigten Ausstellung „Zur Geschichte der Psychoanalyse in Deutschland” fest: „Es gab keine gesetzlichen Maßnahmen, die sich direkt gegen die Psychoanalyse richteten. Weder die Lehre noch die Berufsausbildung als Psychoanalytiker waren (unter Hitler – B. N.) verboten” (Brecht et al. 1985, S. 88 ff.).

Die Wiederentdeckung eines Artikels, den Carl Müller-Braunschweig unter der Überschrift „Psychoanalyse und Weltanschauung” 1933 im Reichswart, einem antisemitischen Hetzblatt, publiziert hatte, erschütterte die von Jones initiierte Geschichtslegende vollends. Helmut Dahmer, leitender Redakteur und Mitherausgeber der Psyche, hatte Müller-Braunschweigs Artikel wiederentdeckt, re-publiziert und kommentiert und so das Kollektiv der Psychoanalytiker mit einem dunklen Kapitel einer lange Zeit verdrängten Geschichte konfrontiert. Der Reichswart-Artikel sei „nicht nur als schwer begreiflicher Mißgriff eines sonst verdienstvollen Mannes, nicht nur als skandalöse Kuriosität” zu begreifen, vielmehr müsse man ihn als „lehrreiches Symptom einer fatalen Entwicklung” verstehen, schrieb Dahmer (1983, S. 121) in der Psyche. Zwischen den Vertretern der (institutionalisierten) Psychoanalyse und dem NS-Regime hatte es eine Zusammenarbeit gegeben, deren Ausgangspunkt nun erstmals aufgezeigt worden war. Das Publikum, das der Sicht der Ereignisse und Personen unkritisch vertraut hatte, die Jones vermittelt hatte, war geschockt. So hatte Jones wider besseres Wissen (vgl. Nitzschke 1977a, S. 102 ff.) Müller-Braunschweig nach dem Ende des Krieges beim 16. Internationalen Psychoanalytischen Kongreß in Zürich 1949 als einen der wenigen deutschen Psychoanalytiker gepriesen, die im NS-Staat „true, real, genuine analysts” (Report 1949, S. 186) geblieben seien. Zu diesem Kongreß war Müller-Braunschweig als Vorsitzender der 1945 neu konstituierten Deutschen Psychoanalytischen Gesellschaft (DPG) angereist. Und hier hatte er sich gegen Schultz-Hencke gewandt, der die Freudsche Psychoanalyse bereits vor 1933 inhaltlich und terminologisch revidieren wollte. Kurze Zeit nach dem Züricher Kongreß hatte sich Müller-Braunschweig weitere Verdienste erworben: Nachdem alle Versuche gescheitert waren, Schultz-Hencke, der nun als der Repräsentant jener Psychoanalytiker galt, die mit dem NS-Regime kollaboriert hatten, zum Austritt aus der DPG (oder deren Mitglieder zum Ausschluß Schultz-Henckes aus der DPG) zu bewegen, gründete Müller-Braunschweig 1950 auf Wunsch der Führung der Internationalen Psychoanalytischen Vereinigung (IPV) die Deutsche Psychoanalytische Vereinigung (DPV). Sie wurde 1951 anstelle der DPG als Zweigvereinigung der IPV anerkannt. Erster Vorsitzender des neuen Vereins wurde abermals ein verdienstvoller Mann: Carl Müller-Braunschweig.

Ihm war der Mythos, der mit dem neuen Verein das Licht der (Fach-)Welt erblickte, auf den Leib geschrieben: Demnach waren die Psychoanalytiker, die mit dem NS-Regime kollaboriert hatten, in der DPG zurückgeblieben, während sich die „wahren, wirklichen und genuinen” Freudianer, die – wie Müller-Braunschweig – im „Dritten Reich” Widerstand geleistet hatten, nun in der DPV organisiert waren. Dahmers Re-Publikation des Reichswart-Artikels bereitete diesem Mythos ein Ende. Entsprechend heftig fielen die Reaktionen aus. Der Hamburger Psychoanalytiker Ulrich Ehebald eröffnete die Attacken gegen Dahmer mit einem „Offenen Brief” (alle folgenden Zitate s. Dokumentation … 1984): Aufgrund „ideologisch verblendeter Nazijägerei” habe Dahmer Müller-Braunschweigs „posthume Exekution” angeordnet, hieß es. Mit diesem Bild vom Scharfrichter, der den 1958 real verstorbenen Müller-Braunschweig noch einmal hinrichtet, spielte Ehebald – bewußt oder unbewußt – auf die Nürnberger Kriegsverbrecherprozesse an, die Ewiggestrige gleich hinter den Versailler „Schand”-Verträgen ansiedeln. Ehebald erhob Anklage: Es sei „hoch bedauerlich”, daß Dahmer zu den „Mitherausgebern der Psyche” gehöre. Diesen Wink mit dem Zaunpfahl griff ein zweiter Psychoanalytiker (Sven Olaf Hoffmann) auf, dem zu Dahmer „die Assoziation an Simon Wiesenthal, den Nazi-Jäger”, „spontan” eingefallen war: „Lieber Herr Dahmer, möglicherweise unterschätzen Sie das Unbehagen an der Psyche, das weite Kreise ihrer Leserschaft erfaßt hat.” Ein dritter Zunftgenosse (Johann-Gottfried Appy) kritisierte schließlich die „Unbedenklichkeit”, mit der Dahmer „die Macht des Produktionsmittels Psyche” ausgespielt habe. Zu welchen Zwecken Dahmer diesen Mißbrauch unternommen hatte, entlarvte kurze Zeit später die (damalige) Vizepräsidentin der IPV, Janine Chasseguet-Smirgel. Auf dem 34. Internationalen Psychoanalytischen Kongreß in Hamburg führte sie aus, in der Psyche seien „70 % der Artikel soziopolitisch, wie der Chefredakteuer (gemeint war Dahmer – B. N.), marxistischer Soziologe, weder Analytiker noch analysiert, freimütig bekennt” (1987, S. 98).

Den Sinn solcher Attacken erkannte Stefan Broser, der in der Frankfurter Rundschau damals schrieb: „Da soll ein Mitherausgeber der Psyche (…) als ,fachfremder Außenseiter’ exkommuniziert werden” (zit. n. Nachtrag … o. J.). Einige Jahre später war es dann soweit: Nach einem (von der Re-Publikation des Reichswart-Artikels durch Dahmer unabhängigen) Streit, der eine weitere Zusammenarbeit der Psyche-Herausgeber – Helmut Dahmer und Lutz Rosenkötter einerseits, Margarete Mitscherlich-Nielsen und Teile der erweiterten Redaktion andererseits – unmöglich machte, hatte der Psyche-Verleger Michael Klett die Qual der Wahl: Von wem sollte er sich trennen? Mit wem wollte er weiterarbeiten? Der Verleger entschied sich gegen den „marxistischen McCarthy” (Ehebald über Dahmer) und gegen Lutz Rosenkötter. Per Gerichtsurteil wurde beiden die weitere Mitherausgeberschaft an der Psyche verboten (zur profitablen Rolle, die Lohmann dabei spielte, der Dahmers Posten als leitender Redakteur übernehmen durfte, s. Dahmer 1998).

Eine Teilnehmerin der Brief-Kampagne (Lotte Köhler), die in den 80er Jahren gegen Dahmer entfacht wurde, hatte ihr Votum gegen Dahmer mit dessen angeblicher Voreingenommenheit begründet. Was Dahmer „gesät” habe, werde „Folgen” haben, meinte sie prophetisch (alle Zitate: Dokumentation … 1984). Und über Dahmers Kommentar zu Müller-Braunschweigs Reichswart-Artikel äußerte sie: „Der Artikel von Herrn Dahmer gibt sich den Anschein größter Objektivität (…) Aber der Schein trügt.” Dahmer habe nämlich vieles verschwiegen – zum Beispiel, daß Müller-Braunschweig mit dem Reichswart-Artikel versucht habe, „etwas von der Psychoanalyse” im NS-Staat „zu retten”. Dabei sei er sogar von der IPV „unterstützt” worden. Das ist richtig – und das sollte auch nicht länger verschwiegen werden: Die „Rettung” der Psychoanalyse im NS-Staat durch die DPG-Funktionäre gelang mit Hilfe der Unterstützung des IPV-Vorstands! Und weiter heißt es in dem zitierten Brief: Dahmer habe sich „einer marxistischen Ausdrucksweise” „bedient”. Er habe eingestanden, daß er „,den Schicksalen der Freudschen kritischen Theorie’” nachgehen wollte. „Diese Formulierung zeigt eine Gefahr” – die Gefahr, „daß die psychoanalytische Bewegung zu einer marxistischen umfunktioniert wird, was gewiß nicht im Sinne ihres Erfinders Freud gewesen wäre (Siehe dessen Urteile über Wilhelm Reich)”. Diese Bemerkung weist nun wieder auf die Geschichte der Psychoanalyse unter Hitler zurück.

Wilhelm Reich gehörte in den 20er und 30er Jahren zu den Psychoanalytikern, die sich nicht nur mit psychologischen, sondern auch mit sozio-politischen Fragestellungen beschäftigten. Nach 1933 gehörte er zu jenen, die sich dem politischen Abstinenzgebot widersetzten, das die psychoanalytischen Gesellschaften in Berlin und Wien erließen. Schließlich gehörte Reich auch zum engeren Kreis der Empfänger der Rundbriefe, die Otto Fenichel ab 1934 versandte (s. Fenichel 1998). Dieser Kreis rekrutierte sich aus früheren Teilnehmern des „Kinder-Seminars”, das in den 20er Jahren unter Leitung von Fenichel und Schultz-Hencke am Berliner Institut entstanden war.

Reich, der seit 1924 Leiter des „Technischen Seminars” der Wiener Psychoanalytischen Vereinigung war, hatte Ende 1930 beschlossen, Wien zu verlassen. In einem Brief vom 10. Oktober 1930 hatte Freud Reich bei dieser Gelegenheit versichert: „Lieber Herr Doktor – Wir haben in unserer Unterhaltung ausgemacht dass Ihre zeitweise Übersiedlung nach Berlin nicht den Verlust Ihrer Stellungen in Wien zur Folge haben soll, und das meine ich, sollten wir festhalten” (zit. n. Fallend 1988, S. 201). Freud hatte Reich diese Zusicherung gegeben, obgleich ihm Reichs politische Positionen bekannt waren. In einer Arbeit über Psychoanalyse und Marxismus (Reich 1929a) und in einem Bericht über eine Reise durch die Sowjetunion (Reich 1929b) hatte Reich seine politischen Standpunkt dargestellt.

Im Mai 1931 war Reich endgültig von Wien nach Berlin gezogen (Rackelmann 1997, S. 257). Kurze Zeit später trat er dort in die KPD ein, in deren Namen er sich dann im Juni 1931 an der Gründung des Einheitsverbands für proletarische Sexualreform und Mutterschutz beteiligte. Von Mitte 1931 an agitierte Reich nun als Parteimitglied und Psychoanalytiker bei politischen Massenkundgebungen gegen den Faschismus. Ende des Jahres, am 1. Dezember 1931, wurde er Mitglied der DPG. Am 19. Dezember 1931 hielt er am Berliner Institut einen Vortrag mit dem Titel „Die sexuelle Ökonomie des masochistischen Charakters”. Die Publikation dieses Artikels (Reich 1932) wurde zum Ausgangspunkt des Konflikts, der nun mit Freud begann. In Freuds „Kürzester Chronik” heißt es dazu unter dem Datum 1. Januar 1932: „Schritt gegen Reich” (Molnar 1992, S. 267). Und in einem wenige Tage später geschriebenen Brief Freuds an Eitingon (vom 9. Januar 1932) heißt es über Reich und Fenichel, die beiden würden psychoanalytische „Zeitschriften für bolsch(e)w.(istische) Propaganda … mis(!)brauchen”. Hintergrund dieser Äußerung war Fenichels Entscheidung, Reichs Vortrag über das Problem des Masochismus zur Veröffentlichung in der Internationalen Zeitschrift für Psychoanalyse anzunehmen (Fenichel war damals noch Redakteur der Zeitschrift; wenig später wurde er auf Wunsch Freuds von diesem Posten abgelöst).

Die Behauptung Molnars (1992, S. 119), Reich habe in seinem Masochismus-Artikel vorgeschlagen, die marxistische Terminologie in die Psychoanalyse einzuführen, ist durch den Inhalt des Textes nicht zu belegen. Selbst Bernfeld, der von Freud den Auftrag erhalten hatte, eine Gegenkritik zu Reichs Artikel zu verfassen, gelang es nicht, Reichs „bolschewistische” Gesinnung anhand des Masochismus-Beitrags zu belegen. Vielmehr mußte Bernfeld zu diesem Zweck auf Arbeiten zurückgreifen, die Reich Ende der 20er Jahre veröffentlicht hatte und die bis dahin von Freud nicht angegriffen worden waren.

Bernfeld behauptet in seiner Gegenkritik zum Masochismus-Beitrag Reichs, es gebe „eine Methode, Geheimbriefe zu schreiben, indem zwei Texte so kunstvoll vermengt werden, daß nur der Empfänger mit dem vereinbarten Raster den unterdrückten Text in sich zusammenhängend lesen kann”. Eben dies sei die „Methode”, die Reich im Masochismus-Artikel angewandt habe. Offenbar hatte Reich dem Politbüro der KPD eine geheime Botschaft zukommen lassen, denn Bernfeld stellte fest: „Es sind zwei voneinander unabhängige Aufsätze, die hier ineinander gewoben sind; einer über den masochistischen Charakter, und einer über – nun man weiß nicht recht worüber. Offenbar die geforderte kommunistische Fleißarbeit” (1932, S. 379).

Bevor Freud Bernfeld mit dieser Gegenkritik beauftragt hatte, hatte er zunächst versucht, Reichs Beitrag mit einer kommentierenden Fußnote erscheinen zu lassen. Darin hätte es heißen sollen:

„Besondere Verhältnisse zwingen den Herausgeber (der Internationalen Zeitschrift für Psychoanalyse, also Freud – B. N.) an dieser Stelle, die Leser an etwas zu mahnen, was sonst als selbstverständlich angenommen wird. Nämlich, daß diese Zeitschrift innerhalb des Rahmens der Psychoanalyse jedem Autor, der ihr einen Aufsatz zum Abdruck anvertraut, das volle Recht der freien Meinungsäußerung einräumt und keinem die Verantwortlichkeit für diese Äußerung abnimmt. Im Falle des Herrn Dr. Reich soll aber der Leser davon verständigt werden, daß der Autor Mitglied der bolschewistischen Partei ist. Nun ist es bekannt, daß der Bolschewismus der Freiheit des wissenschaftlichen Forschens ähnliche Schranken setzt wie die kirchliche Organisation. Der Parteigehorsam fordert, daß alles verworfen wird, was den Voraussetzungen der eigenen Heilslehre widerspricht. Es bleibt dem Leser der Zeitschrift vorbehalten, den Verfasser dieses Aufsatzes von solchem Verdacht freizusprechen. Der Herausgeber hätte sich zu der gleichen Anmerkung entschlossen, wenn ihm eine Arbeit eines Mitgliedes der Societas Jesu vorgelegen wäre” (zit. n. Reich 1982, S. 172).

In einem Rundbrief an die mit ihm verbündeten Linksfreudianer beschreibt Fenichel die Kontroverse um diese Fußnote Freuds:

„Im Jahre 1931, als ich die Redaktion der (Internationalen) ,Zeitschrift’ (für Psychoanalyse) innehatte, hatte Freud nach Lektüre der Fahnen von (Wilhelm) Reichs Aufsatz ,Der masochistische Charakter’ angeordnet, daß dieser Aufsatz nur mit einer von ihm (Freud) verfaßten Fußnote erscheinen dürfte, deren Publikation allen sozialistischen Analytikern höchst unwillkommen gewesen wäre. Aus diesem Anlaß berief ich die ,linken’ Analytiker Berlins zusammen, um mit ihnen zu beraten, was zu tun sei” (1998, S. 1383).

Diesem ersten Treffen schlossen sich weitere Zusammenkünfte der Linksfreudianer an:

„Wir kamen bei Reich zur Diskussion marxistisch-analytischer Fragen zusammen, und besonders die beiden Abende über ,Psychoanalyse und Religion’ und ,Psychoanalyse und Pädagogik’ habe ich in sehr guter Erinnerung, weil sie die Fehler der üblichen ,bürgerlich-analytischen Auffassung’ klärten. Diese erste Zeit unserer Arbeit fand ein Ende mit Hitlers Machtantritt. Die Berliner Kollegen zerstreuten sich über die ganze Welt. Wir sehnten uns nacheinander und hatten gleichzeitig (…) den Eindruck, daß eine Einflußnahme auf die vom Faschismus auch innerlich bedrohte psychoanalytische Bewegung nötiger war als je. Im Frühjahr 1934 sandte ich den ersten ,Rundbrief’ in die Welt …” (Fenichel 1998, S. 1383 f.).

Reich und Fenichel waren lange Zeit befreundet, bevor es – im Zusammenhang mit den Ereignissen, die zum Ausschluß Reichs aus der IPV führten – zum Zerwürfnis zwischen diesen beiden Linksfeudianern kam. Bei diesem Streit spielte die Frage eine entscheidende Rolle, wie die Anpassungspolitik der DPG/IPV-Funktionäre gegenüber dem NS-Staat wirkungsvoll bekämpft werden könnte: Reich trat für den offenen Widerstand gegen den sich abzeichnenden Anpassungskurs der DPG/IPV ein und kalkulierte den Bruch mit dem IPV-Vorstand ein. Fenichel wollte diesen Bruch unbedingt vermeiden und trat für verdeckten Widerstand innerhalb der IPV ein.

In der Auffassung, daß die Psychoanalyse mit der (marxistischen) Gesellschaftstheorie zu verbinden sei, waren sich Fenichel und Reich jedoch einig. Beide befürworteten eine politisch aufgeklärte Psychoanalyse. So hatte Fenichel – genau wie Reich – schon vor 1933 zur Frage Stellung genommen, „warum das Thema ,Psychoanalyse und Politik’ heute in der Luft liegt. Die politischen und die mit ihnen verbundenen wirtschaftlichen Dinge können nicht mehr ignoriert werden (…) Dem Psychoanalytiker treten sie jeden Tag in verstärkter Intensität im Leben seiner Patienten und in seinem eigenen entgegen” (Fenichel 1932, S. 256). Die entgegengesetzte – „unpolitische” – Position hatte Anna Freud beim 12. Internationalen Psychoanalytischen Kongreß 1932 in Wiesbaden formuliert: „Das Interesse” der Psychoanalytiker „an psychologischen Problemen” sei in letzter Zeit „von dem an ökonomischen und soziologischen verdunkelt” worden, was „infolge der „wirtschaftlichen und politischen Krise” zwar „verständlich”, jedoch „hoffentlich bald” wieder „vorüber” sei (zit. n. Brecht et al. 1985, S. 67).

Ob Psychoanalytiker unter Rückgriff auf psychoanalytische Befunde politisch gegen den Faschismus Stellung nehmen oder sich und die Psychoanalyse – wie Reich dies forderte – sogar im Lager der politischen Linken ansiedeln sollten, das waren Fragen, von deren Beantwortung das „Schicksal” der Psychoanalyse im NS-Staat – so oder so – abhing: Die Psychoanalyse wäre sofort verboten worden, hätten sich die psychoanalytischen Funktionäre öffentlich – wie Reich dies forderte – gegen Hitler ausgesprochen. Wollte man einem Verbot entgehen, mußte man die Psychoanalyse politisch mindestens als „neutral” („unpolitisch”) erscheinen lassen. Und man mußte sich von jenen distanzieren, die nun weiterhin die Psychoanalyse als eine dem Faschismus feindliche Theorie und Praxis darstellten.

Also mußte man sich von Reich distanzieren. Der hatte schon am 28. Juni 1932 am Berliner Institut einen Vortrag unter dem Titel „Massenpsychologische Probleme innerhalb der Wirtschaftskrise” gehalten. Über den Inhalt dieses Vortrags liest man in einem von Felix Boehm gezeichneten Bericht, der im Korrespondenzblatt der IPV von 1932 erschienen war:

„Anhand der nationalsozialistischen Bewegung wird gezeigt, daß die familiäre Situation des Kleinbürgertums seine Radikalisierung im Sinne der politischen Reaktion statt in dem der Revolution abbiegt. Der Nationalsozialismus erfüllt die Rebellion der Mittelschichten mit reaktionären Inhalten, zu deren Annahme die frühere soziale und familiäre Lage besonders disponierte. Die Analyse des effektiven Gehaltes der Rassentheorie ergibt, daß ,nordisch-rassisch’ gleich rein, d. h. asexuell setzt, ,fremdrassig’ dagegen das Sinnliche, niedrige Tierische meint” (1932, S. 559 f.).

Diese Inhaltsangabe gibt wesentliche Thesen wieder, die Reich in der 1933 erschienen „Massenpsychologie des Faschismus” breiter ausführte. In diesem Buch hatte Reich die NS-Ideologie als politische Religion (vgl. zu diesem Begriff: Ley, Schoeps 1997) analysiert. Den Erfolg der NS-Propaganda erklärte er aus den Erlösungs- und Heil(ungs)sehnsüchten der deklassierten, unterdrückten, sexuell gehemmten und autoritätssüchtigen Massen. Da Reich aber nicht nur kleinbürgerliche Gruppen, sondern auch Teile der Arbeiterklasse meinte, hatte er gegen die KP-Doktrin verstoßen, derzufolge die Arbeiterklasse gegen die faschistische Propaganda immun zu sein hatte. Reich wurde wegen dieser Thesen, aber auch wegen seiner Sexpol-Agitation, die dem kleinbürgerlichen Denkhorizont der KP-Funktionäre widersprach, Ende 1933 aus der KP ausgeschlossen.

Beim Luzerner Kongreß im Sommer 1934 wurde dann auch der bereits im Sommer 1933 geheim beschlossene Ausschluß Reichs aus der DPG (und damit aus der IPV) bestätigt. Die „IPV-Mehrheit” konnte und wollte einen Autor, der Die Massenpsychologie des Faschismus mit Hilfe sexualökonomischer Theorien erklärt hatte, „nicht mehr als ihresgleichen” anerkennen (Schröter 1998, S. 190). Obgleich – oder besser: weil – der Ausschluß Reichs aus der DPG/IPV in den Jahren 1933/34 eine Schlüsselrolle für das Verständnis der Politik der DPG/IPV-Funktionäre gegenüber dem NS-Regime spielt, ist dieses Ereignis in der verbandsloyalistischen Geschichtsschreibung nach 1945 totgeschwiegen (z. B. Gay 1989, Lockot 1994, Eickhoff 1995) und sogar ins Gegenteil verkehrt worden. So hat Jones (1962, III, S. 229) behauptet, Reich sei in Luzern nicht ausgeschlossen worden, vielmehr sei er damals selbst aus der IPV ausgetreten, eine Auffassung, die bis in die 90er Jahre wiederholt (Katalog 1993) und schließlich durch die Formulierung übertroffen wurde, Reich habe in Luzern auf seine IPV-Mitgliedschaft gar „freiwillig” verzichtet (Friedrich 1990, S. 163). Der Zeitzeuge Emanuel Windholz, der am Kongreß in Luzern 1934 teilnahm, erinnerte sich allerdings anders: „(…) Reich was expelled from the psychoanalytical association. And he spent about two hours, he walks through the woods after he was expelled (…) Ja. I spent two hours with him walking in the woods. He was very unhappy about having been expelled (…)” (unveröffentlichtes Interview, das Ludger M. Herrmanns mit Windholz am 2. 8. 1985 geführt hat; ich danke Herrn Hermanns für die Überlassung des Textes).

Nachdem die politischen Hintergründe von Reichs DPG/IPV-Ausschluß detailliert belegt worden sind (Nitzschke 1997a; s. dazu Dahmer 1998), ist es schwieriger geworden, die verbandsloyalistische Interpretation des „Falles” Reich aufrecht zu erhalten. Ganz unmöglich ist dies aber nicht. So heißt es etwa (unter Rückgriff auf den Jargon autoritärer Politgruppen), Reich habe nach 1933 als Querulant eine „sektiererische Politik” vertreten, weshalb er schließlich auch aus dem Kreis der Rundbrief-Empfänger ausgeschlossen werden mußte (Reichmayr 1998, S. 65). Fenichel äußerte hingegen: „(…) mag in die Affäre Reich auch noch so viel Persönliches hineinspielen”, so es handelt sich „bei all dem doch um Gesetzmäßigkeiten (…), die gesellschaftlicher Natur sind” (1998, I, S. 141). Und einige Jahre später heißt es bei Fenichel noch grundsätzlicher: „Das Schicksal der Psychoanalyse hängt gewiß längst nicht mehr von diesen oder jenen Vorgängen innerhalb der analytischen Vereinigungen oder der sog. ,analytischen Politik’ ab, sondern (….) von den großen historischen Abläufen, deren Widerspiegelung die Auseinandersetzungen in der sog. ,analytischen Bewegung’ nur sind” (1998, II, 980).

Angeblich gibt es nun aber auch eine „Legende von Wilhelm Reich als Märtyrer der psychoanalytischen Bewegung”, deren Widerlegung Reichmayrs (1998) Anliegen ist. Ein unveröffentlichter Brief offenbart, auf wen diese Wortwahl vom „Märtyrer” Reich zurückgeht: auf Freud. Sie hat ihren Ursprung im Konflikt, den Freud von 1932 an mit Reich austrug. Ein Jahr später, im Frühjahr 1933 (also nach Hitlers Regierungsantritt), erschien der „Arier” Boehm in Wien. Boehm schickte sich damals an, gemeinsam mit dem „Arier” Müller-Braunschweig den Juden Max Eitingon aus dem Amt des Vorsitzenden der DPG zu drängen. Freud, der den Nationalsozialismus als eine neue Form der Barbarei erkannt hatte, aber dennoch für den Erhalt der psychoanalytischen Institutionen während der Regierungszeit Hitlers eintrat, stimmte Boehms Vorhaben zu – unter Bedingungen. Eine dieser Bedingungen lautete: „Reich, der jetzt in Wien stänkert, ausschließen zu lassen. Ich wünsche es aus wissensch. Gründen, habe nichts dagegen, wenn es aus politischen geschieht, gönne ihm jede Märtyrerrolle” (Brief vom 17. 4. 1933 an Eitingon). Und einen Tag zuvor, am 16. 4. 1933, hatte Anna Freud in einem Brief geschrieben: „Papa würde sich sehr freuen R.(eich) aus der Vereinigung loszuwerden. Mir macht es trotzdem Bedenken, daß man ihm Gelegenheit gibt, sich als politischer Märtyrer aufzuspielen, statt ihm zu zeigen, daß er ein schlechter Analytiker geworden ist” (zit. n. Friedrich 1990, S. 164). Das war nun auch das Ziel: Man wollte Reich loswerden, allerdings die politischen Motive dieses Schritts verschleiern. Also versuchte man, Reich als Wissenschaftler und als Mensch zu diffamieren.

Mit dem „Stänkern” Reichs, das Freud im Brief an Eitingon erwähnt hatte, waren Reichs Auftritte bei politischen Kundgebungen in Wien gemeint. In einem Brief Anna Freuds an den IPV-Vorsitzenden Jones heißt es dazu erläuternd:

„R.(eich) hat die Rücksichtslosigkeit begangen, bei seinem kurzen Aufenthalt hier (in Wien – B. N.) in kommunistischen Versammlungen politische Reden mit psychologischem Anstrich zu halten. Was das in heutigen Zeiten für die analytische Vereinigung bedeuten kann, weiß jeder. Wir sind hier alle jederzeit bereit, uns für die Analyse zu exponieren, aber keineswegs für Reichs Ideen, die keiner von uns teilt. Der Ausspruch meines Vaters darüber ist: Wenn die Psychoanalyse verboten wird, so soll sie als Psa. verboten werden, aber nicht als das Gemisch von Politik und Analyse, das Reich vertritt (…) Mein Vater (…) kann nicht erwarten, Reich als Mitglied loszuwerden, ihn beleidigt die Vergewaltigung der Analyse ins Politische, wo sie nicht hingehört” (zit. n. Friedrich 1990, S. 164).

Nach Berlin zurückgekehrt, hatte Boehm Freuds Wunsch noch im Sommer 1933 erfüllt: Reichs Name wurde aus der DPG-Mitgliederliste gestrichen. Zur selben Zeit führte Boehm aber auch Gespräche mit NS-Funktionären, denen er das „unpolitische” Wesen der Freudschen Psychoanalyse in Abgrenzung zur Reichschen Position zu erklären versuchte. In einem Bericht an den IPV-Vorsitzenden schreibt Boehm dazu: „Bekanntlich war Reich häufig öffentlich als Kommunist und Psychoanalytiker aufgetreten, wobei er seine Ansichten als Ergebnisse der Psychoanalyse hingestellt hatte. Gegen dieses Vorurteil (Freud und die deutschen Psychoanalytiker seien mit Reichs Auffassungen einverstanden – B. N.) hatte ich zu kämpfen” (1934, S. 103; Herv. B. N.). Boehms Kampf für Freud und gegen Reich war erfolgreich: Die NS-Funktionäre begriffen, was sie begreifen sollten. Also erkannten sie, daß von der Freudschen Psychoanalyse, die Boehm ihnen erläuterte, keine Gefahr für den neuen Staat ausgehen würde. Sie forderten Boehm auf, den mündlich vorgetragenen Sachverhalt noch einmal schriftlich zu fixieren, damit ein Verbot der Psychoanalyse vermieden werden könnte. Diesen Auftrag gab Boehm an Müller-Braunschweig weiter, der daraufhin ein Memorandum verfaßte, das er – gemeinsam mit Boehm – am 1. Oktober 1933 bei einem Treffen in Holland dem IPV-Präsidenten Jones und dem IPV-Vizepräsidenten van Ophuijsen vortrug. Über dieses Treffen wurde auch die IPV-Vizepräsidentin Anna Freud informiert. Nachdem das Memorandum so den wichtigsten Repräsentanten der IPV bekannt gemacht worden war, erschien es in einer geringfügig überarbeitete Fassung am 22. Oktober 1933 unter dem Titel „Psychoanalyse und Weltanschauung” im Reichswart.

Will man die – von Freud nicht bestrittene – politische Dimension des Ausschlusses Reichs aus der DPV/IPV in den Jahren 1933/34 heute immer noch bestreiten oder deren Bedeutung herunterspielen, so muß man nur die passenden Fragen stellen – und die dazu passenden Antworten liefern: Hätten Reichs Charakterpathologie und die von ihm vertretenen, der Lehre Freuds widersprechenden Auffassungen seinen Ausschluß aus der DPG/IPV nicht in jedem Fall erzwungen? Schröter behauptet zudem, Reich sei in Luzern 1934 „von einer Austrittserklärung nicht mehr weit entfernt” gewesen (1988, S. 188). Man mag das so beurteilen. Der Logik widerspricht das Argument dennoch. Man kann eine „Austrittserklärung” schließlich nur abgeben, wenn man noch Mitglied ist. Das aber war Reich schon ein Jahr vor Luzern nicht mehr. Schröter schreibt weiter: „Man mag einwenden, daß Reich schon früh die Unvereinbarkeit von Psychoanalyse und Nationalsozialismus behauptete und jedes Entgegenkommen für eine ,sinnlose Selbstopferung’ hielt (…). Aber was hier wie realistische Scharfsicht anmutet, kann auch Zufall sein” (1998, S. 182, Anm. 8; zu weiteren Details der Polemik Schröters gegen Fallend/Nitzschke 1997 s. Fallend/Nitzschke 1998, 1999).

Es war also ein „Zufall”, der Reich im März 1933 veranlaßte, an die Leitung des Internationalen Psychoanalytischen Verlags zu schreiben:

„Man mag sich hinter Illusionen wie dem Glauben an eine ,un-politische’, das heißt der Politik völlig disparate Natur der Wissenschaft verstecken: Das wird nur der wissenschaftlichen Forschung schaden (…) Da die Psychoanalyse (…) kulturpolitische Bedeutung hat und in den bevorstehenden gesellschaftlichen Kämpfen um die Neuordnung der Gesellschaft eine entscheidende Rolle spielen wird, gewiß nicht auf der Seite der Reaktion, bedeutet jeder Versuch einer Anpassung oder Verhüllung des Wesens der Bewegung sinnlose Selbstopferung (…)” (Der Ausschluß 1935, S. 60 f.).

Nein – es war kein „Zufall”, sondern das Ergebnis jahrelangen Bemühens über Psychoanalyse und Politik nachzudenken, das Reich dazu bewog, die Selbstauflösung der DPG 1933 zu fordern, um die sich abzeichnende Kollaboration der institutionalisierten Psychoanalyse mit dem NS-Regime zu verhindern. Fenichel, der Reich in dieser Frage 1933 nicht unterstützt hatte, bedauerte diese historische Fehlentscheidung später. Im Rundbrief vom 16. 4. 1939 schrieb er: „Es nutzt nichts, aber man muss zugeben, dass die einzig moegliche Loesung gewesen waere, die deutsche psychoanalytische Vereinigung schon im Fruejahr 1933 aufzuloesen, ein Vorschlag, den Reich propagierte, waehrend Edith J.(acobsohn) und ich dagegen gewesen waren” (1998, II, S. 1093). Und im Rundbrief vom 1. 6. 1937 heißt es noch deutlicher, „daß es im Interesse der Analyse, wie wir es verstehen, am besten gewesen wäre, Institut und Vereinigung im Frühjahr 1933 freiwillig aufzulösen (…) Ich muss gestehen, dass ich und E.(dith) J.(acobsohn) im Gegensatz zu Reich damals den entgegengesetzten Standpunkt vertraten” (1998, I, S. 583).

Da Freud und die große Mehrheit der DPG/IPV-Mitglieder der Auffassung waren, psychoanalytische Befunde ließen sich wie mathematische Erkenntnisse unter allen gesellschaftlichen Bedingungen gewinnen und unter jeder politischen Regierung „unpolitisch” anwenden, solange Politik und Wissenschaft voneinander getrennt blieben, traten sie für den Erhalt der psychoanalytischen Institutionen im NS-Staat ein. Der IPV-Vorsitzende Jones verteidigte diese „unpolitische” – und vermeintlich wissenschaftliche – Haltung beim Luzerner Kongreß, als er in einer Rede ausführte: „Wir sehen (…), daß Politik und Wissenschaft sich nicht besser vermischen als Öl und Wasser” (1935, S. 114). Und auf dem ersten Kongreß nach dem Ende des Hitler-Regimes, der 1949 in Zürich stattfand, verdeutlichte Jones (wiederum mit implizitem Bezug auf Reich) noch einmal, wovor er schon in Luzern gewarnt hatte: „The temptation is understandably great to add socio-political factors to those that are our special concern, and to re-read our findings in terms of sociology, but it is a temptation which, one is proud to observe, has, with very few exceptions, been stoutly resisted.” Jones rechtfertigte diese „unpolitische” Haltung so: „The deeper we delve into the mind the less can we perceive any influence of sociological factors on its most primitive layers, those belonging to the first year or two of life” (1949, S. 179). Müller-Braunschweigs Reichswart-Artikel war nun aber genau dieser – von Jones, Freud und der Mehrheit der Psychoanalytiker vertretenen – Auffassung der Psychoanalyse verpflichtet. Schröter kann daher mit einem gewissen Recht behaupten: „In Müller-Braunschweigs Text stehen einige wenige, vielzitierte Sätze, die das therapeutische Ziel in einer anbiedernden Sprache, die später ins ,Wörterbuch des Unmenschen’ einging, beschreiben (,unfähige Weichlinge zu lebenstüchtigen Menschen umformen’); ansonsten werden analytische Gemeinplätze geboten (…) Kurz: anders als bei Reich beeinflußt hier die Politik nicht die sachliche Substanz” der Psychoanalyse (1998, S. 181). Man muß diesen Passus zweimal lesen: Der Reichswart-Artikel kann demnach 1998 noch genauso begriffen werden – wie ihn die Nationalsozialisten, für die er ja geschrieben wurde, 1933 begreifen sollten. Wilhelm Reich hatte diesen Artikel hingegen schon damals anders begriffen: „Als zur Emigration gezwungenes Mitglied der deutschen psa. Vereinigung erkläre ich hiermit, dass der genannte Artikel von Müller-Braunschweig eine Schande für die gesamte psychoanalytische Wissenschaft und Bewegung darstellt” (zit. n. Fenichel 1998, I, S. 103).

Reich hat den Reichswart-Artikel – der „wichtigste Beitrag im Gleichschaltungsprozeß” (Friedrich 1987, S. 211) – in der von ihm herausgegebenen (Exil-)Zeitschrift für Politische Psychologie und Sexualökonomie in der Rubrik „Unpolitische” Wissenschaft nachgedruckt. Er wollte so die politischen Konsequenzen dokumentieren, die dieser Artikel nach sich ziehen würde. Reich hatte sich nicht getäuscht. Müller-Braunschweig setzte seine „unpolitischen” Bemühungen alsbald fort. In einer Denkschrift, die er unter der Überschrift „Nationalsozialistische Idee und Psychoanalyse” (1935) verfaßte, stellte er den NS-Machthabern in Aussicht, daß die deutschen Psychoanalytiker „Wertvolles für das Ziel einer ,deutschen Psychotherapie’ beizusteuern” hätten. Zudem bedankte er sich für die „Voraussetzungen”, die das neue Regime geschaffen habe, um der DPG „ein wirklich deutsches Gesicht” zu verleihen (1935, S. 167). Zu diesen „Voraussetzungen” gehörten zum damaligen Zeitpunkt bereits die Verfolgung und Vertreibung politischer Gegner des Regimes (wie Wilhelm Reich) und die berufliche Diskriminierung jüdischer Psychoanalytiker (wie Max Eitingon, der im November 1933 vom DPG-Vorsitz zurückgetreten war, den nun Boehm und Müller-Braunschweig innehatten). Die genannten „Voraussetzungen” hatten aber auch noch weitere Folgen. Dazu gehörten Edith Jacobsohns Verhaftung durch die Gestapo im Oktober 1935 und der „freiwillige” Verzicht der bis Ende 1935 in der DPG noch verbliebenen Juden auf ihre weitere Mitgliedschaft. Erich Fromm, der zu diesem Zeitpunkt bereits im amerikanischen Exil lebte, aber noch immer der DPG angehörte, hatte Anfang 1936 „von verschiedenen Seiten gehört, dass die Deutsche Psychoanalytische Gesellschaft ihre jüdischen Mitglieder ausgeschlossen habe”. In einem Brief vom 11. März 1936 verlangte er deshalb nähere Auskunft von Müller-Braunschweig. Und die erhielt er – postwendend. Am 21. März 1936 teilte Müller-Braunschweig Fromm mit, es sei „der freie Entschluss aller jüdischen Mitglieder” gewesen, aus der DPG auszutreten. Damit sei ein „wesentliches Hindernis (…) für die Weiterexistenz und Betätigung unserer Wissenschaft in Deutschland” beseitigt worden. Dann merkte Müller-Braunschweig noch an: „Also von Ausschluss kann keine Rede sein.” Und am 25. März 1936 schrieb Jones, den Müller-Braunschweig (nicht nur) in dieser Sache um Hilfestellung gebeten hatte, an Fromm: „Dr Müller-Braunschweig forwarded to me your letter of complaint concerning the resignation of the Jewish members. It is not literally true that they have been excluded (you use the word „ausgeschlossen”), but after a considerable discussion in Berlin (…), at which I also was present, they subsequently decided it would be in everyones interest for them to send in their resignation (…)” (alle Brief-Zitate: Funk 1998). Das war freilich noch nicht alles: Nachdem die die DPG-Mitglieder 1936 den Eintritt in das nationalsozialistische Deutsche Institut für psychologische Forschung und Psychotherapie und – in vorauseilendem Gehorsam – zugleich den Austritt aus der IPV beschlossen hatten, widersprachen die Nationalsozialisten diesem Austritt, da Hitler im Jahr der Olympiade Wert auf internationale Anerkennung legte. Also beschlossen Boehm und Jones bei einem Treffen mit Mathias Göring, dem Leiter des Deutschen Instituts, den Wiedereintritt der DPG in die IPV. Und so wurde die nunmehr „judenreine” und auf Hitlers „Mein Kampf” eingeschwore DPG noch einmal ausdrücklich als Zweigvereinigung der IPV bestätigt (vgl. Korrespondenzblatt 1939, S. 213).

Als Mitte der 80er Jahre nach der Wiederveröffentlichung des Reichswart-Artikels Müller-Braunschweigs die Briefkampagne gegen Dahmer geführt wurde, gab es auch (wenige) Psychoanalytiker, die Dahmer verteidigten. So schrieb Wolfram Lüders damals an Dahmer: „Ich hatte (…) den Eindruck, daß Sie anhand Ihrer historischen Analyse den Psychoanalytikern von heute zeigen wollten, wie es durch Kompromisse und politische Ahnungslosigkeit zum Verrat an der Psychoanalyse kommen konnte” (zit. n. Dokumentation … 1984). Die entgegengesetzte Position vertrat – und vertritt bis heute – Ehebald: Dahmers Bemühen, die Geschichte der Psychoanalyse im NS-Staat anhand des Reichswart-Artikels exemplarisch aufzuarbeiten, konnte (und kann) Ehebald nur als „Diffamierung” verstehen. Und so charakterisiert er auch das Anliegen derjenigen, die 1985 ein Dokument ausstellen wollten, das die NSdAP-Mitgliedschaft des DPV-Ehrenmitglieds Gerhard Scheunert belegt, noch immer als einen Versuch, der gezeigt habe, „wie erbarmungslos eine zum Teil ideologisch verblendete Generation von Kindern und Enkeln dazu neigen kann, mit ihren Vätern und Vorvätern umzugehen” (1998, S. 129).

Wollen wir unsere Vorväter (und Vormütter) also „diffamieren”, wenn wir uns an die Geschichte der Psychoanalyse im NS-Staat erinnern? Eine solche Interpretation der Re-Konstruktion der Geschichte ist offenbar naheliegend. Ich führe ein weiteres Beispiel an: Als Wissenschaftler spät begannen, dem Schicksal jüdischer Patienten der Hamburger Psychiatrischen Universitätsklinik während der NS-Zeit nachzuforschen, stellten sie „Fragen an frühere Mitarbeiter der Klinik, deren Angehörige und Schüler”. Die Antworten, die sie erhielten, waren typisch:

„Die erste Reaktionsform reichte von schroffer Ablehnung jedes weiteren Gesprächs bis zur Androhung von Beleidigungsklagen. Die zweite Reaktionsform bestand in der trivialanalytischen Vermutung, die Fragesteller stellten ihre Fragen aus einer unbearbeiteten eigenen Vaterproblematik und wollten Munition für einen posthumen Vatermord sammeln. Die dritte und gleichzeitig häufigste Reaktionsform bestand darin, zu versichern”, daß die Klinik damals „alles Menschenmögliche getan habe”, um die Patienten zu retten (Pfäfflin, Rüb 1989, S. 4; weiterführend: Pfäfflin 1991, Pfäfflin et al. 1994).

Noch einmal: Erinnern wir uns an die NS-Zeit, weil wir die damals Handelnden „diffamieren” und uns damit selbst als vermeintlich bessere Menschen darstellen wollen? Der Versuch, die Aufarbeitung der NS-Geschichte mit dem Hinweis zu erledigen, es werde auf Kosten der in die damaligen Ereignisse verstrickten Akteuere „moralisiert”, verdeckt, worum es geht: um die Aufarbeitung der Geschichte nach 1945. Erinnern wir uns also immer wieder daran, daß wir keine besseren Menschen sind als unsere Vorväter (und Vormütter) – und hoffen wir doch, mit Hilfe von Erinnern und Durcharbeiten gegebenenfalls bessere Entscheidungen treffen zu können.

Wolfgang Benz, Leiter des Zentrums für Antisemitismusforschung an der Technischen Universität Berlin, hat unlängst festgestellt, daß „die psychische Dimension nationalsozialistischer Herrschaft” noch immer „weitgehend unerforscht und unbewältigt” ist. Und er hat hinzugefügt, daß „eine politisch und historisch argumentierende Psychoanalyse, die den Umgang mit der nationalsozialistischen Vergangenheit als Gruppenprozeß begreifen und Erklärungsmodelle” anbieten könnte, sich auch „eine Generation nach Mitscherlichs ,Unfähigkeit zu trauern’” (1967) noch „in den Anfängen” befinde (Benz 1998, S. 12). Warum ist das so? Warum fehlt die angeforderte „politisch und historisch argumentierende Psychoanalyse” weitgehend? Und warum wird sie, wenn sie denn betrieben wird, noch immer eher von Außenseitern („weder Analytiker noch analysiert”) als von Insidern (sowohl analysiert wie Analytiker) betrieben? Die vielbeschworene und in Sonntagsreden viel zerredete „Trauerarbeit” (vgl. Nitzschke 1997b) nutzt der Aufklärung der „psychischen Dimension nationalsozialistischer Herrschaft” jedenfalls weniger als der Versuch, die Massenpsychologie des Faschismus (Reich 1933) zu erhellen. Die Frage, ob es ideale Väter (oder Mütter) je gegeben hat, läßt sich demgegenüber vergleichsweise leicht beantworten. Dazu reicht das vorhandene psychoanalytische Wissen aus: Ideale Väter (und Mütter) hat es nie gegeben – und wird es nie geben. Diese Einsicht könnte Söhnen (und Töchtern) vielleicht doch noch helfen, sich vom Zwang einer Geschichte zu befreien, in der mörderische Wut das Streben nach dem Idealen immer wieder motiviert und das Streben nach dem Idealen mörderische Taten immer wieder legitimiert hat.
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Vom Autor gekürzte Version eines Studie Bernd Nitzschkes, die zuvor in dem Buch: Liliane Opher-Cohn; Bernd Klose; Peter Pogany-Wnendt; Johannes Pfäfflin; Bernd Sonntag [Hrsg.]. (2000): Das Ende der Sprachlosigkeit? : Auswirkungen traumatischer Holocaust-Erfahrungen über mehrere Generationen /   – 2., erw. Aufl., Gießen : Psychosozial-Verl., 2000. – 268 S. : Ill. (Edition psychosozial) erschienen ist.

Wir danken Dr. Bernd Nitzschke sowie dem Psychosozial Verlag, Gießen, für die freundlich erteilte Nachdruckgenehmigung. Das Buch erscheint 2011 in einer Neuauflage.

Lesehinweis, soeben erschienen:
Roland Kaufhold & Bernd Nitzschke (Hg.) (2012): Jüdische Identitäten nach dem Holocaust in Deutschland. Schwerpunktband der Zeitschrift Psychoanalyse – Texte zur Sozialforschung (16. Jg.), H. 1/2012.