Spott-Light: BamS – die Hetze geht weiter

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Und in Deutschland, insbesondere in den Kreisen um Precht / Welzer[1], fragt man sich erregt: Wann fällt der Springer, wann die Königin, Julia Höpfner?

Von Christian Niemeyer

Bernd Sydow erwachte am Morgen des 22. September 2022 mit dem dumpfen Gefühl, ihm wüchsen….

An dieser spannenden Stelle angekommen, kam meine Tochter Laura, noch etwas verschlafen, herein und fragte nach ihrem üblichen morgendlichen Schulterblick:

„Na Papi, schreibst Du wieder mal einen Science Fiction wie im März die mit dem Titel Ukraine 2029 – eine Vision[2], also eine mit lauter ausgedachten Figuren?“

Begeistert ob ihrer Erinnerungsstärke blickte ich in ihre strahlend blauen Augen und entdeckte dort die Schönheiten der Jugendmädchenwelt, kreisend um Fragen wie: „Wann endlich erscheint Lana del Reys neues Album? Und was ist dran an dem Gerücht, Lana habe…“ Darob herzte ich sie und erklärte ihr, diesmal sei es kein Science Fiction. Und Bernd Sydow gäbe es wirklich. Lebend in einer Parallelwelt. In welcher man Krimsekt horte zwecks Feier der Befreier aus Moskau. Die, nach einem Marsch durch die Ukraine, den von Washington D.C. / Berlin „vom Zaun gebrochenen“ (Sarah Wagenknecht) Wirtschaftskrieg beenden würden. Um am Ende Björn Höcke (AfD)[3] als neuen Bundeskanzler zu inthronisieren. Der die Diktatur in Deutschland wieder zurückverwandeln werde in eine Staatsform ähnlich der des „lupenreinen Demokraten“ (Gerhard Schröder) Putin. Mit Wagenknecht als Bundesaußenministerin.

Ich hatte extra laut gesprochen, auf dass dieser Unsinn, den aktuell in Deutschland 15% AfD-Wähler glaubten, besser zu greifen war.

Aber Laura hatte sich längst verkrümelt. Vermutlich still in sich hineinlachend ob des Unsinns, den der Papi den ganzen Tag so von sich gab. Da fing ich einfach erneut von vorne an:

*

Bernd Sydow erwachte am Morgen des 22. September 2022 mit dem dumpfen Gefühl, ihm wüchsen Haare an Armen wie Fingern und auf den Zähnen. Wenn er nicht aufpasste, endete das Ganze ungut, ähnlich wie die Geschichte mit Dr. Jekyll in der Verfilmung mit dem „verrückten Professor“ Jerry Lewis. Ach, was hatte der Bernd, in der alten Welt, noch lachen können über derlei herrlichen Klamauk. Nun aber lag neben ihm seine Frau, Uschi. Hatte sein dumpfes Gefühl etwa mit ihr zu tun? Hatte sie ihm etwa heimlich eine „Blue Pill“ verabreicht, auf dass er wieder glaube an die Welt und die Welt? Mit der schrecklichen Folge, dass er eines Tages mit dem grünversifften Nachbarn friedlich grillen und erneut dem Wahn anhängen würde, sie, wir, alle hätten uns endlich des das Überleben bedrohenden Klimawandels zu stellen. Und lebten im Übrigen in einer Demokratie, wo jeder sagen könne, was er dächte und, gut informiert durch die Printmedien, wählen könne was ihm behagt?

Verunsichert drehte sich Sydow um zu seiner Holden. Die allerdings saß vor dem Laptop und baute unverzagt an ihrer beider Parallelwelt. „Schatzi, guck‘ mal, was da steht?“ Irritiert schaute Sydow an sich herunter – von wegen „blue pill“ –, konnte aber nichts entdecken. Er wandte sich ihr wieder zu und riskierte den Blick über diese mächtigen und mächtig-nackten Schultern. Gottseidank, Uschi las nicht Lügenpresse! Sondern Zuerst! Deutsches Nachrichtenmagazin, ein den neu-rechten Historiker Stefan Scheil als Kommentar beschäftigendes, auch auf Telegram abrufbares neu-rechtes Periodikum. Und da stand tatsächlich etwas: Nämlich die Headline:

Irrenhaus Deutschland: Krimineller Schwarzafrikaner nach 16 Jahren immer noch in Deutschland.[4]

„Jetzt reicht es aber wirklich!“, riefen die Sydows im Chor, sich beglückt ob dieser unvermuteten Parallele im Empfinden in die Arme nehmend. Und Uschi rief noch aus:

„Siehst Du, Bernilein, so etwas bringt diese verdammte Lügenpresse, einschließlich Bild am Sonntag, natürlich nicht!“

**

Was beide nicht wussten, ihnen Zuerst! sicherheitshalber vorenthielt: Dass diese unter dem genannten Titel am 21. September 2022 präsentierte Story nichts weiter bot als eine Paraphrase des BamS-Artikels drei Tage zuvor, also vom 18. September, mit der um 18:59 auch auf Bildplus eingestellten Headline, hier noch etwas dramatischer choreographiert:

91 Fälle, 12 Namen, NULL Konsequenzen

Dazu ein Foto eines „grimmig in die Kamera“ (Bildbeschreibung in der Print-Ausgabe) blickenden „Mannes aus Togo“, von dem sich „die Justiz“ seit der Ablehnung seines Asylantrags 2006 „narren“ lässt, so Burkhard Uhlenbroich & Celal Cakar in der BamS v. 18.9.22, S. 30), nicht davor zurückschreckend, dass „der Mann mit den kahl geschorenen Kopf“, Koffi G. (51), keineswegs in die Kamera schaut, sondern mit starrem Blick an ihr vorbei.[5] Und dessen letzte Taten auf „Belästigung von Touristen“ (am 16.8.), Bedrohung von zwei Kindern auf einer Bahnhofstoilette mit einem Rasierer (am 17.8.) sowie des Bisses in den Oberarm „eines Mitarbeiters der DB-Sicherheit“ (am 18.8.) lauten. Also den Verdacht auf ein eher psychiatrisches Problem verstärken.

Gleichwohl: Uhlenbroich / Cakar blieben hartnäckig – und inszenierten den Fall einer People of Colour, die Rechtsmittel einzulegen verstand, als Skandal, in deren Verlauf sich die Justiz haben „narren“ lassen.

In den Social Media ging die Sache von da ab viral: „Na ja, geht nur im Dummland“, meldete beispielsweise ein gewisser ‚Blaumann10‘ am 18.9. um 5:36 nachm. per Twitter, damit nur den Auftakt gebend für Headlines wie: „… bissiger Afrikaner noch immer da“ (Unser Mitteleuropa v. 19.9.), ein den BamS-Artikel paraphrasierender Text, selbstredend mit jenem Schreckensfoto. Welches, wie am 29. September hier gezeigt, kaum verhüllte Aufforderungen, freisetzte, diesen „Neger“ (so ein gewisser Himmel, 20.9., 15:21) bei nächster Gelegenheit abzufackeln. Aufforderungen wie bestellt von Politiker*innen, etwa Andrea Lindholz (CSU). Die Bams erlaubte, sie mit dem Satz zu zitieren: „Solche gemeingefährlichen Straftäter gehören sofort aus dem Verkehr gezogen.“ (BamS v. 18.9.2022, S. 30)

***

Zurück zu unseren Sydows, die, da fixiert auf Zuerst!, von all dem erst zuletzt etwas mitbekamen, lange nach jenem Morgen des 22. September. Bernd Sydow klapperte nach dem spärlichen Frühstück heftig mit den Zähnen – nicht, weil er fror, sondern, wie ihnen gestern Abend bei der AfD geraten worden war, zum Üben für die Winterdemos. Arbeiten ging an solchen Tagen gar nicht, teilte er kurz darauf seinem Chef am Telefon mit. Zumal er sich vorgestern gegen Corona habe impfen lassen. „Du!?, fragte sein Chef nur, sowie: „Schon wieder?“ Woraufhin ihn seine Olle tröstend in den Arm nahm und vorschlug, auf diesen Ärger hin sei vielleicht ein Gläschen Krimsekt das Rechte. „‘Das Rechte‘ ist gut, Schatz!“ Und beide konnten sich kaum halten vor Lachen – bis die Ernüchterung kam ob Bernds Internetrecherche zum Thema „Einmal Mittelalter bitte, hin und zurück!“ „Na, Bernd, nun mach‘ hinne: Essenszeit!“ Bei derlei Stress könne er einfach nicht arbeiten, hielt er ihr, vielleicht nicht genau in diesen Worten, vor – woraufhin sie heulend das Essen (Labskaus!) ins Klo kippte, klagend, sie verlasse ihn, wenn er ihr noch ein einziges Mal mit „Schlampe!“ käme. Enerviert drückte er auf „Senden!“ – und tatsächlich: Der Familienfriede war wieder hergestellt, als sie beide wenig später beglückt das Folgende lasen, eingestellt genau um 13:02.[6] Thema: Wie es bei Fällen dieser Art früher ging und heute wieder gehen sollte: Selbsthilfe freier Bürger, Ferne-Gerichte – und harte Strafen. Bürger Sydow, von Uschi beim Lesen geradezu angehimmelt, genüsslich vorlesend, aber auch davon träumend, Koffi G. hänge schon so gut wie am Strick:

„[Ü]blich war bei Urteilen das Erhängen des Verurteilten.“

Selbstjustiz? Klar, irgendwie schon, so Bernd in seinem nun für alle Welt lesbaren Kommentar – aber irgendwie verständlich, denn, so nochmals Bernd Sydow, ein Name, den Polizei sich merken sollte:

„Was ist aber, wenn die hiesige Polizei, Justiz und Ausländerbehörde völlig versagt – wie im Fall dieses Schwarzafrikanischen Mega-Intensivtäters aus Togo? Wer sorgt dann für Gerechtigkeit. Nun, im Ferne-Zeitalter waren es die freien Bürger!“

Uschi war jetzt ganz aus dem Häuschen: „Oh Bernd, was Du alles für tolle Worte kennst! Und dieses raffinierte Frage-Antwort-Spiel?“

Später, im Bett, stellte sich dann heraus, dass es nicht so viel auf sich hatte mit seiner Antwort auf Ihre Frage – aber was sie dann beide doch überraschte, also sie so ineinander verquollen nackicht dalagen, war der Polizeihubschrauber, der über Ihrem Haus kreiste mit der unmissverständlichen Aufforderung per Megaphon: „Kommen Sie heraus, es liegt eine Strafanzeige gegen sie vor wg. Volksverhetzung und Aufruf zum Mord an einem Asylbewerber! Die Internetzeitschrift Zuerst! wurde verboten. Bild am Sonntag nach der dritten Beschwerde von Professor Niemeyer beim Deutschen Presserat gleichfalls! Dem Springer-Verlag droht Enteignung!“

In diesem (alles) entscheidenden Moment kam Laura aus der Schule.

„Na, Daddie, was macht Dein Science Fiction?“

„Diesmal hast Du Recht, Süße, zumindest im Blick auf das eben Geschriebene: das war, leider, Science Fiction!“

****

Um die Überschrift dieser kleinen Glosse im Ganzen zu erklären, bedarf es noch einiger Nachträge. Einer davon zum Überschriftenteil Die Hetze geht weiter: Exakt an jenem 21. September, an welchem Zuerst! mit Bernd Sydows Kommentar auf dem Markt kam, wurde Koffi G. nach Gerichtsbeschuss freigelassen, Koffi G., dieser – so BamS  resp. uhu, ckr & steu am 9. Oktober –  „gewalttätige Intensivstraftäter und abgelehnte Asylbwerber aus Togo.“ (BamS Nr. 41, S. 28) Daneben ein Kleinstfaksimile der von mir am 27. September beim Deutschen Presserat mittels Beschwerde reklamierten S. 30 der Nr. 39 vom 18. September, als sei nichts, vor allem nichts auf hagali.com am 29. September, geschehen.

Von daher, im Titel, die Frage, wann die ‚Königin‘ Julia Höpfner falle. Eine Frage, die ich nun direkt an das eben genannte Trio uhu, ckr & steu weiterleite, verbunden mit der Frage: Was haben Sie gelesen zwischen dem 18. September und dem 9. Oktober, um so kaltblütig ein zweites Mal zu hetzen? Und mittels der Headline Intensivtäter Koffi G. wieder auf freiem Fuß erneut dem Internet-Affen Zucker zu geben. Sowie der Selbstjustizfraktion ‚freier Bürger‘ vom Typ Bernd Sydow. Die schon wissen, wie sie sich den Schlusssatz aus BamS Nr. 41 vom 9. Oktober (S. 28): „Leider können wir Ihnen in dieser Sache nicht weiterhelfen“ (O-Ton hessisches Innenministerium) zurecht zu legen haben.

Um dies nicht zu vergessen: Auch nichts gelesen von mir seitdem, liebe Bild-Leute, und zwar von Julia Höpfner abwärts: Auch keine Mails von mir gelesen? Noch nicht einmal jene Mail, die ich am 29.09. um 15.33 an Dr. Malte Wienker schickte mit meinem Beitrag vom gleichen Tag aus hagalil im Anhang und der ausdrücklichen Bitte, „Frau Julia Höpfner zu informieren“, ergänzt um den Zusatz:

„Sollte diese (S. 30 der BamS v. 18. 9; d. Verf.) mi (sic!) Billigung der Geschäftsleitung geschehen sein, will ich nicht weiter gestört haben beim offenbar geplanten Umbau der BamS in ein Hetzblatt von Ulfkotte resp. Deutschland-Kurier-Format mit AfD-service-Funktion. Dass Sie bei diesem Kampf auch Frau Andrea Lindholz (CSU) schwer beschädigen, nehmen sie offenbar im Kauf.“

Es kam keinerlei Antwort. Auf heutige (12.10.22) telefonische Nachfrage bei Jorg Keller (Head of Communications Classfields Media bei Axel Springer) vermutlich deswegen nicht, weil Wienker zum 1.10. ausschied. Da meine Mail vom 29.09. war, kann ich da nur sagen: nicht mein Problem. Und werde also diese kleine harmlose Glosse beschließen mit dem seit diesem Tag unbeachtet und unwidersprochen bei Springer liegenden, hier leicht variierten und leider nicht gar so harmlosen Satz:

Ich, Christian Niemeyer, will nicht weiter gestört haben beim offenbar geplanten Umbau der BamS in ein Hetzblatt von Ulfkotte- resp. Deutschland-Kurier-Format mit AfD-Service-Funktion. Dass Sie (besser nun: sie) bei diesem Kampf auch Frau Andrea Lindholz (CSU) schwer beschädigen, nehmen sie offenbar im Kauf. 

Achtung: Alle Zitate – außer jenen in fiktiven, der Erholung der Leser*innen zugedachten Passagen, – sind authentisch, auch jene aus Mails. Bernd Sydow bzw. die hinter diesem Namen sich verbergende Chatfigur gibt es wirklich. Rein fiktiv ist Uschi, Erfindung auch das für dieses Paar unterstellte Prekariatsmilieu.

Text: Teil von Skizzen zu meinem neuen Buch Crashkurs AfD. Ein Kurs, an dessen Ende diese Partei „crashen“ wird, im Sog von Putins Untergang (Arbeitstitel). Beltz/Juventa. Weinheim Basel 2023 (i.V.)

Autor: Prof. Dr. Christian Niemeyer. Berlin

[1] s. www.hagalil.com/2022/10/spott-light-2/

[2] s. www.hagalil.com/2022/03/ukraine-2029/

[3] S. hierzu www.haglil.com/2022/10/spott-light-hoecke

[4] s. https://zuerst.de/2022/09/21/irrenhaus-deutschland-krimnelle-schwarafrikaner-nach-16-jahren-immer-noch-in-deutschland/

[5] Wie hier am 29. September ausführlich problematisiert; s. www.hagalil.com/2022/09/spott-light/

[6] s. https://zuerst.de/2022/09/21/irrenhaus-deutschland-krimnelle-schwarafrikaner-nach-16-jahren-immer-noch-in-deutschland/