Abi Nathan: The Voice of Peace

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Ein Mann – und sein Traum von einer heilbaren Welt. So könnte die Überschrift über dem Leben des außergewöhnlichen Friedensaktivisten Abie Nathan (1927 – 2008) aus Tel Aviv lauten. Abie Nathan, ehemaliger Kampfpilot und später überzeugter Pazifist, lebte nach dem Motto: “Sei du selbst die Veränderung, die du in der Welt sehen willst.”…

haGalil TV-Tipp: Dienstag, 7. Januar 2014, um 22:45 ARD.
The Voice of Peace – Kol haSchalom – Sa’ut haSalam

mediathek ard

Mit einer Handvoll Freiwilliger machte er sich auf in die Krisenregionen seiner Zeit: Naturkatastrophen, Hungersnöte, Kriegsschäden – Abie Nathan verließ sich nicht auf Organisationen, sondern mobilisierte Freiwillige und Sponsoren, half spontan und unbürokratisch. Sein persönlicher Charme und die Leidenschaft für seine Sache öffneten ihm die Türen bei damals prominenten Künstlern und Staatsmännern.

[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=cVrCI9DbqvY[/youtube]

Mit ungewöhnlicher Direktheit und überraschenden Gesten setzte er maßgeblich den Aussöhnungsprozess zwischen der arabischen Welt und Israel in Gang. Legendär ist sein Piratensender “The Voice of Peace”, der von 1973 bis 1993 “von irgendwo im Mittelmeer” neben moderner Popmusik Friedensbotschaften in den Mittleren Osten sendete, unterstützt von internationalen Musikgrößen jener Zeit: John Lennon, George Harrison, Gloria Gaynor, Joan Baez oder Peter Seeger. Abie Nathan hatte jedoch immer mehr als Israel im Blick: Ihm ging es um die ganze Welt und um jeden einzelnen Menschen darauf. Anlässlich seines Einsatz bei der Hungersnot im afrikanischen Biafra (1969) sagte er in einem Interview: “Es ist einfach die Pflicht eines jeden menschlichen Wesens, hierherzukommen und zu helfen.”

Yoko Ono, Zubin Mehta, Michael Caine, Shimon Peres, Daniel Barenboim, viele Prominente, internationale Weggefährten aus Politik und Kultur: Mit ihren Erinnerungen und Einschätzungen entreißt der vielfach ausgezeichnete Dokumentarfilmregisseur Eric Friedler (u. a. “Aghet – Ein Völkermord”, “Der Sturz”, “Ein deutscher Boxer”) Abie Nathan dem Vergessen und entdeckt für die Nachgeborenen nicht nur einen großen Freund der Menschen, sondern auch einen unermüdlichen Ideenproduzenten, charmanten Bohemien und einfallsreichen Unternehmer. Denn es war Lebemann Abie Nathan, der den Hamburger nach Israel brachte, und sein Lokal “Café California” war quirliger Treffpunkt für die junge, angesagte Szene der wachsenden Metropole Tel Aviv.

Eric Friedler folgt filmisch mit einem innovativen Einsatz von dokumentarischen Fotos und sorgsam recherchierten Archivbildern der verschlungenen Biografie von Abie Nathan quer über den Erdball. Begleitet von dem begeisternden Sound der Musik der 60er, 70er und 80er Jahre erleben die Zuschauer die vielen Wendungen eines Ausnahmelebens: Im Jahr 1966 flog Abie Nathan in einer spektakulären Aktion mit seinem Privatflugzeug “Shalom 1″ nach Port Said und raubte dem im Kriegszustand mit Ägypten lebenden Israel den Atem – zurückgekehrt wurde er prompt verhaftet.

HÖREN: [KOL HASCHALOM] – [VOIX DE LA PAIX]…
genaueres über die Musik, zum Nachlesen… inkl. Videos… 001002
Lesen: [Texte von Abie Nathan]
Zur Kontroverse um das neue Radio-All-For-Peace

Silvester 1976 verbrachte Abie Nathan mit seinem Radioschiff auf dem Suezkanal – damals ein krimineller Akt für einen israelischen Staatsbürger. Ins Gefängnis kam er jedoch erst wieder 1991, als er sich mit PLO-Chef Arafat traf. Drei Jahre später erhielt Shimon Perez gemeinsam mit Arafat übrigens den Friedensnobelpreis. Politpoet, Menschenfreund und Musikfan: Gerade heute ist Abie Nathans Leben eine Inspiration für unsere komplexe, verwundete Welt. Eric Friedler dazu im Interview: “Abie wäre heute sicher längst in Syrien, auf den Philippinen oder auf Lampedusa.”

via Neue Fernsehtipps fürs neue Jahr « haGalil.

11 Kommentare

  1. Der ARD-Film „The voice of peace“ (1 Std. 22 Min.) ist noch bis heute (13.Januar 2014) oder morgen – die ARD schreibt: „bis zum 14.01.2014“ – in der ARD Mediathek ansehbar unter:

    http://www.ardmediathek.de/das-erste/reportage-dokumentation/the-voice-of-peace?documentId=18958228

    oder

    http://mvideos.daserste.de/videoportal/Film/c_380000/387617/format482758.mp4

    und auch mit einem geeigneten Programm, z.B. „SaveFrom.net“, abrufbar hier: http://de.savefrom.net/user.php?helper=chrome , das in den Browser (Opera, Firefox, Google chrome, Yandex und Safari) als Erweiterung/App integrierbar ist, download- und speicherbar im mp4-Format (102 MB). Er ist dann als Datei format482758.mp4, abspielbar ohne Konvertierung in ein anderes Format, z.B. mit VLC Media Player (Freeware)

    Ein anrührender Film. Ein sensibler Film.

  2. Wie ärgerlich und unangebracht eine solche Vereinnahmung ehemals kontroverser Aktivisten von allen Seiten ist, zeigt die Aktualität – die Israels schlossen im Jahr 2011 den jüdisch-palästinensischen Radiosender Kol Hashalom, der von Ramallah aus sendete, von einem Juden und einem Araber gemeinsam geleitet wurde, uns sich für die friedliche Koexistenz von Juden und Arabern einsetzte – ein Thema, welches für rechtslastige israelische Politiker der ‚Zerstörung jüdischer Identität‘ gleichkommt.

    „Police shut down Jewish-Palestinian radio station

    Kol Hashalom, which operates from Ramallah, was suddenly shut down on Thursday, based on what appears to be flimsy evidence

    A small radio station, “Kol Hashalom,” unique in that it was directed jointly by a Palestinian and a Jew, was abruptly shut down by the Israeli police on Thursday.

    Kol Hashalom, which roughly means “All for Peace,” had been active for the last seven years. It was a joint venture of the Palestinian NGO Biladi and the Israeli NGO Jewish-Arab Center for Peace, and was directed by former Meretz MK Mossi Raz and Meissa Bransie-Senyura. The station broadcast from Ramallah, under a license granted by the Palestinian Authority to the Biladi company. (Full disclosure: I participated as a co-host in a Kol Hashalom broadcasts about a year ago).

    Naturally, the very idea of a Jewish-Palestinian radio was anathema to the Jewish right (can you seriously call it “Israeli” anymore, when its essence is the eradication of Israeli identity?). So, in September, one of the leaders of the campaign for the destruction of Israeli democracy, Likud MK and Sarah Palin fan Danny Danon, demanded (Hebrew) that the station be shut down. Danon claimed the station was “inciting against Israel,” specifically that it was calling upon people “to reject political decisions arrived at democratically.” To wit, to support Palestinian statehood….“

    http://972mag.com/police-shut-down-jewish-palestinian-radio-station/28072/

    Umso verlogener finde ich die nostalgische Vereinnahmung Abie Nathans von Seiten, welche völlig kontrovers zu seinen Zielen und seinem damaligen Sender stehen und standen.

    Ach ja – Europa-Parlamentarier, welche der Organisation CERP, Council of European-Palestian Relations‘, angehören kriminalisiert – mit Berufung auf Notstandsgesetzen, droht jetzt EU-Parlamentariern bei Einreise nach Israel die Verhaftung.

    Vorwand sind die dabei unumgänglichen Kontakte zur Hamas.

    „Von der Einreisesperre sind neben Müller mehrere andere europäische Parlamentarier betroffen. Ausserdem droht der CEPR die Konfiszierung der Finanzmittel durch den israelischen Staat. Geri Müller nennt die drohende Einreisesperre gegenüber der «Aargauer Zeitung» eine «Verzweiflungstat, die Bände spricht».

    Es sei absurd, den CEPR in die Nähe des Terrorismus zu rücken. Ziel der Organisation sei es, Delegationsbesuche für europäische Parlamentarier zu organisieren, die sich vor Ort ein Bild der Lage machen wollten. Dabei müsse man mit allen relevanten Kräften sprechen, auch der Hamas. Er stehe dieser aber nicht näher als irgendeiner anderen Partei in der Region, sagt Müller.“

    http://www.20min.ch/schweiz/news/story/Israel-belegt-Geri-Mueller-mit-Einreiseverbot-27549989

    Und da schallts von allen Seiten, ach Abie РFrieden РKoexistenz Рwie sch̦n.

    Schön verlogen sowas.

  3. Sehr interessante Geschichte. Sehr spannend, was es sonst noch alles gibt, neben den jeweils offiziellen Positionen. Aber warum keift ihr euch so an?
    Ich glaube die jungen Leute würden heute fragen „Was läuft da zwischen euch beiden?“

    Neben dem sehr großzügigem Mitteilen breit angelegten Hintergrundwissens vertritt Degania doch seit jeher Positionen die eher dem revisionistischen Lager zuzuordnen sind. Mit dem gleichnamigen Kibbutz dürfte dich dementsprechend wenig verbinden, vielleicht hat dies aber bei Jane zu einer falschen Erwartungshaltung geführt.

    Es stimmt, im nostalgischen Sinne erinnern sich einige an den Voice of Peace, eher wegen der Musik, selbst wenn sie Nathans Aktionen für überflüssig hielten oder sogar verabscheuten.
    Immerhin musste er eine schwere Haftstrafe abbüssen in einem Gefängnis, das sicher nicht zur Nobelklasse zu rechnen ist. Das alles hat bestimmt seine Spuren hinterlassen.

    • Von dem Kibbuz habe ich nichts gehört – aber es stimmt eben nicht unbedingt friedlich immerzu beleidigt zu werden – darüberhinaus und ganz besonders in dem Zusammenhang geht mir Uri Deganias Doppelzüngigkeit auf die Nerven.

    • …ist halt Ihre pathologische Erklärung, für die offenkundigen Widersprüchlichkeiten und die Lücke im Bewusstsein – mit der Sie sich lieber nicht konfrontieren wollen.

      Da sind Sie nicht der Einzige!

  4. Es scheint, so lange so schillernde Figuren wie Abie Nathan Vergangenheit und mittlerweile Folklore sind, können sich wirklich alle auf ihn einigen – denn ernst nehmen tut man ihn nicht. Aber man denkt, ach was waren das noch für Zeiten ‚Love, Peace & Adventure‘, wie schön.

    Es gibt aber Leute, die seine Arbeit fotsetzen, und die werden, mittlerweile schon gängige Praxis, als Antisemiten diffamiert und stehen in Israel unter Generalverdacht, wenn nicht gar von israelischen Elitekommandos um die Ecke gebracht (Navi Marmara).

    Nehmen wir zum Beispiel Jeff Halpfer vom ‚Komittee gegen Häuserzerstörung‘

    „Halper made two correlations between Nathan’s efforts and his own, the first regarding Nathan’s own sea voyage to Gaza in 1972.

    He sailed there in ’72 to bring toys to kids in Gaza , and later he organized a summer camp in Ashdod for Israeli kids and kids from Gaza,“ Halper said. “ The second thing is that he said in 1966 that Nasser wanted to talk peace with the Israelis, and no one listened to him. If they had, think of the countless lives that might have been saved and the terrible violence that might have been prevented…“

    http://israelitybites.blogspot.de/2008_08_01_archive.html

    Abie Nathan begab sich seinerzeit in einen 45-tägigen Hungerstreik, um gegen den Siedlungsbau zu protestieren – und was ist daraus geworden? Mittlerweile mehr als eine halbe Millionen Siedler auf palästinensischem Gebiet und im Wochentakt werden hunderte und tausende neue Baugenehmigungen erteilt.

  5. Uri Degania – was haben Sie nur ’so einfühlsam‘ bei Abi Nathan und Uri Avnery verloren?

    Sie stehen doch stramm zu Israels Besatzungs-und Apartheidspolitik.

  6. Also, der Film läuft am Di., 7.1. in der ARD.

    Hier ein Interview mit dem Filmemacher Eric Fiedler über seine Filmdokumentation:
    http://www.youtube.com/watch?v=BWuFeDq7bsI

    Weiterhin:
    http://test.hagalil.com/2008/08/nathan.htm
    http://friedensbewegung.zionismus.info/dialog/voice-of-peace.htm

    Einige Filmdokumente:
    http://www.youtube.com/watch?v=Xu9MzrmBKKQ
    http://www.youtube.com/watch?v=vidXwSU1PUg
    http://www.youtube.com/watch?v=xzZ6dqgE3Ko
    http://www.youtube.com/watch?v=bxASqMxGjVM

    Und in diesem ursprünglich auf haGalil erschienenen Avnery-Portrait (dieses Kapitel ist offenkundig „verloren“ gegangen) findet sich eine längere Passage über Abie Nathan:
    http://www.emmaus-juegesheim.de/rubriken/uaw85-nahost.php
    Von der gleichen, einfühlsamen, von tiefer inneren Teilhabe geprägten Grundhaltung ist auch der neueste Beitrag Uri Avnerys: Vor zwei Wochen, am 27.8.2008, verstarb 81-jährig Abie Nathan – einer der außergewöhnlichsten, originellsten, eigensinnigsten, wagemutigsten, aber vielleicht auch einsamsten Stimmen der israelischen Friedensbewegung. 1966 erlangte Abie Nathan – der in Persien geboren wurde – durch seinen Flug nach Kairo internationalen Ruhm, zeitlebens kämpfte dieser charismatische Einzelkämpfer für Frieden und Gerechtigkeit. Der von ihm weitgehend in Einzelinitiative gegründete Piratensender „The Voice of Peace“ – er wurde von einem Schiff aus betrieben, welches jahrelang vor der Küste Tel Avivs lagerte – wurde in Israel zu einer legendären, maßgeblichen Stimme, sprach mit seinen Musik- und Wortbeiträgen vor allem die junge Generation an und wurde zu einem Teil des israelischen Lebens. Als das Projekt aufgrund äußerer Zwänge ein Ende finden musste sprengte Abie Nathan in einer feierlichen Zeremonie sein Schiff.

    Seinen mit „Der einsame Reiter“ überschriebenem Nachruf auf seinen so ungleichen Mitstreiter leitet Uri Avnery mit den Worten ein: „Bei der Beerdigung Abi Nathans sagte ich mir: hier nimmt das Israel, so wie es ist, Abschied vom Israel, wie es hätte sein können. Abschied vom Idealbild eines Staates, von dem wir träumten, als er gegründet wurde; von einem Staat, in dem moralische Ãœberlegungen die Innen- wie Außenpolitik beherrschen; von einem Staat, dessen Bürger für ihre Taten und die Taten des Landes die Verantwortung übernehmen. Abi Nathan symbolisierte diese Hoffnungen, nicht theoretisch, sondern praktisch – durch seine eigenen Taten.“
    Uri Avnery beschließt seinen Nachruf so: „All diese Aktionen, die seiner phantasiereichen Gesinnung entsprangen, hatten eines gemeinsam: sie forderten persönlichen Mut, Selbstvertrauen, Phantasie und die Gabe der Improvisation und vor allem Empathie mit dem Leiden anderer und dem unbändigen Wunsch zu helfen.
    Einmal sagte jemand zu mir: ‚Aber Abie ist doch verrückt!‘
    ‚Besser verrückt nach Frieden, als verrückt nach Krieg!‘ war meine Antwort.“

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