Am Sonntagabend verstarb in Stockholm der Schoah-Überlebende Walter Frankenstein – im stolzen Alter von 100 Jahren.
Von Thies Marsen
Frankenstein überlebte die Nazizeit gemeinsam mit Frau Leonie und zwei Kleinkindern im Untergrund in Berlin und Leipzig, später bereitete er in einem Kibbuz in Greifenberg am Ammersee Shoah-Überlebende für die Auswanderung nach Palästina vor, baute in Marseille Schmugglerkähne in Schleuserboote um, setzte selbst nach Palästina über, wurden von den Briten auf Zypern interniert, wurde im israelischen Unabhängigkeitskrieg verwundet – und wanderte schließlich nach Schweden aus, wo er mit über 40 Abitur machte und Bauingenieur studierte. Es gibt wenige Menschen, die mich so beeindruckt haben.
Sein Biograf Klaus Hillenbrand hat ihm in der taz einen angemessenen Nachruf gewidmet.
Ich durfte Walter Frankenstein vor acht Jahren in Stockholm drei Tage lang interviewen, da war er 92. Obwohl fast blind, holte er mich vom Bahnhof ab und briet mir erstmal ein Spiegelei. Wir tranken Wein bis tief in die Nacht und er erzählte mir seine unglaubliche Lebensgeschichte. Danach war mir klar: Wenn schon alt werden, dann bitte so wie Walter – voller Lebensmut und Lebenslust und mit viel Humor.
Wer seine Stimme nochmal hören will:
https://www.br.de/radio/bayern2/sendungen/zeit-fuer-bayern/kibbuzim-am-ammersee-100.html