Der Fünf-Punkte-Plan erreicht den Bundestag

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Charlotte Knobloch und Guy Katz mit dem 5-Punkte-Plan, Foto: Sorin Morar

Ein Jahr, das mit Krieg und Erschütterung begann, endet mit einem Zeichen der Hoffnung: Heute wurde in Berlin der Fünf-Punkte-Plan gegen Antisemitismus offiziell an den Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages übergeben – getragen von 40.000 Unterzeichnerinnen und Unterzeichnern, darunter rund 36.000 aus Deutschland, sowie über 250 Organisationen aus Politik, Kultur, Religion, Wissenschaft und Gesellschaft.

„Jetzt ist die Politik am Zug“

„Diese Petition zeigt, dass die Zivilgesellschaft nicht länger zuschaut, sondern Verantwortung übernimmt“, betont Dr. h.c. mult. Charlotte Knobloch, Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern und Schirmherrin des Bündnisses. „Wir dürfen Antisemitismus nicht als Begleiterscheinung hinnehmen. Er ist ein Angriff auf unsere Demokratie und verlangt entschlossenes Handeln.“

Prof. Dr. Guy Katz, Initiator der Bewegung, ergänzt: „Wir atmen auf, weil der Krieg in Israel und Gaza vorerst vorbei ist – doch die eigentliche Arbeit in Deutschland und Europa beginnt jetzt. Antisemitismus ist wie eine Grippe: Er klingt ab, flammt wieder auf, und wer ihn ignoriert, steckt andere an. Jetzt braucht es politische Immunität – in Form von klaren Gesetzen und Bildung.“

Hintergrund: Von der Idee zur Bewegung

Am 18. September 2025 wurde der Plan erstmals vorgestellt. Binnen weniger Wochen entwickelte sich daraus eine der größten zivilgesellschaftlichen Allianzen gegen Antisemitismus. 40.000 Menschen unterzeichneten die Petition in nur einem Monat. Hunderte Initiativen, Gemeinden, Universitäten, Parteien, Kirchen, Verbände und Kulturschaffende schlossen sich an – über Länder- und Konfessionsgrenzen hinweg.

Bei der Großkundgebung „DACH gegen Hass“ am 5. Oktober 2025 auf dem Münchner Königsplatz versprach Kulturstaatsminister Dr. Wolfram Weimer, den Plan persönlich nach Berlin zu tragen und dort politisch einzubringen.

Ein europäisches Bündnis für Verantwortung

Der Fünf-Punkte-Plan, unterstützt von den Präsidenten der jüdischen Dachverbände in Deutschland, Österreich und der Schweiz, wird nun offiziell im Deutschen Bundestag eingebracht. Auch in Österreich haben Vertreterinnen und Vertreter der Regierungsparteien sowie der Opposition ihre ausdrückliche Unterstützung erklärt und sich bereit gezeigt, den Plan mitzutragen. Ziel ist ein abgestimmtes, gesamteuropäisches Vorgehen gegen Antisemitismus.

Er fordert unter anderem:

  • verbindliche Bildungsinhalte zu jüdischem Leben und israelischer Geschichte,
  • Antisemitismusbeauftragte in allen Behörden und Hochschulen,
  • Schutz jüdischer Feiertage und Einrichtungen,
  • Förderung jüdischer Kultur und Städtepartnerschaften mit Israel,
  • sowie den Ausbau eines europaweiten Monitorings antisemitischer Vorfälle.

Historische Dimension

Nach aktuellem Kenntnisstand handelt es sich um die größte Petition der modernen Geschichte gegen Judenhass. Die letzte große Petition zu diesem Thema stammt aus dem Jahr 1880 – die berüchtigte „Berliner Antisemitenpetition“. Damals forderten über 100.000 Deutsche die „gesetzliche Beschränkung der jüdischen Einflüsse“.

Heute, 145 Jahre später, ist es das erste Mal, dass eine vergleichbar große Bürgerbewegung gegen Antisemitismus und für jüdisches Leben aufsteht – über Parteigrenzen, Religionen und Nationen hinweg.

Damit sendet Deutschland ein Zeichen in die Welt: dass Demokratie aus Erinnerung lernen kann.

40.000 Stimmen – 250 Organisationen – 3 Länder – 1 Auftrag

Unterstützt wird der Plan von über 250 Organisationen, Fraktionen, Kirchen, Universitäten sowie zahlreichen Persönlichkeiten aus Kultur, Wissenschaft und Gesellschaft – darunter Herta Müller, Iris Berben, Uschi Glas, Ferdinand von Schirach, Andrea Sawatzki, Erich Sixt und viele weitere.

Hintergrund und Ausblick

Der Fünf-Punkte-Plan gegen Antisemitismus wurde im Sommer 2025 von einem zivilgesellschaftlichen Netzwerk aus dem D-A-CH-Raum entwickelt.

Er steht unter der Schirmherrschaft von Charlotte Knobloch, Felix Klein und Wolfram Weimer.

Die Übergabe an den Deutschen Bundestag markiert den Beginn der Gespräche mit den demokratischen Fraktionen.

Ziel ist eine gemeinsame Gesetzesinitiative und die Umsetzung zentraler Maßnahmen noch in dieser Legislaturperiode.

Da die Petition weiterhin unterzeichnet werden kann, ruft das Bündnis die Medien und die Öffentlichkeit auf, den Aufruf weiterzutragen – damit aus 40.000 Stimmen noch viele mehr werden. –> Zur Petition

–> Der vollständige Fünf-Punkte-Plan kann hier eingesehen werden