Bis zur letzten Geisel

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Foto: Paulina Patimer

Wieder versammelten sich gestern Abend Zehntausende auf dem Platz der Entführten in Tel Aviv, um ihre Solidarität mit den Familien der 13 in Gaza verbliebenen Geiseln zu zeigen. Sie werden nicht aufhören zu kämpfen, bis die letzte Geisel nach Hause kommt, so die Botschaft.

Einer der 13 Geiseln ist Lior Rudaeff. Sein Sohn Noam sagte gestern: „Diese Woche haben wir Tal Haimi beerdigt, der zu uns zurückgebracht wurde. Vater und Tal sind am Morgen des 7. Oktober gemeinsam los. Sie standen allein da, ohne Armee, ohne Unterstützung. Nur sie, das Einsatzteam, Zivilisten, bewaffnet mit Mut und Liebe zu ihrer Heimat. Sie waren die letzte Barriere zwischen den Kibbuzfamilien und Dutzenden von Terroristen. Sie kämpften bis zum letzten Moment.

Und am Ende dieser Schlacht wurden Vater und Tal gemeinsam nach Gaza verschleppt. Diese Woche wurde Tal zurückgebracht, aber Vater ist immer noch dort. Wir werden nie wieder ganz sein, aber wir können ein Volk sein, das geheilt ist. Ein Volk, das sich für das Leben entscheidet, das sich für das Licht entscheidet, ein Volk, das sich entscheidet, die Hoffnung nicht aufzugeben. Das ist mein Traum. Das ist unser Versprechen. Und das ist die Kraft eines Volkes, das nicht aufgibt, bis der Letzte nach Hause kommt.“

Rotem Cooper, Foto: Paulina Patimer

Rotem Cooper, der Sohn von Amiram Cooper, der letzten Geisel aus Nir Oz, erinnerte eindringlich an das Schicksal seines Vaters: „Sieben Männer, schwitzend, erschöpft. Der Jüngste unter ihnen, 35 Jahre alt. Der Älteste, 85. Lange Monate waren vergangen, seit die Frauen und Kinder, mit denen sie die engen, dunklen, stickigen Räume geteilt hatten, freigelassen worden waren. Und sie wurden zurückgelassen. Und Verzweiflung … Verzweiflung macht sich breit. Sie haben keine Ahnung, warum sie im Stich gelassen wurden. Und plötzlich bebt der Tunnel. Bomben schneiden durch die Erde wie ein Messer durch Butter. Der Lärm ist ohrenbetäubend. Staub füllt die Lungen. Unmöglich zu sehen, unmöglich zu atmen. In all dem Chaos dämmert ihnen: Es gibt wohl kein Zurück mehr. Sie wissen nicht, dass eine der Bomben genau in die Tunnelkammer eingedrungen ist, hinter der Stahltür. Und plötzlich verschwindet die Luft. Münder öffnen sich im verzweifelten Versuch, Sauerstoff einzuatmen. Einer verliert das Bewusstsein. Ein anderer keucht. Die anderen erkennen ihre Entführer in der Dunkelheit, näher kommend, mit gezogenen Waffen. Und die Schüsse sprühen in alle Richtungen. Besiegeln ihr Schicksal. Todesstille breitet sich im Tunnel aus. Und nur der feine Staub legt sich langsam auf leblose Körper der Geiseln, auf schimmelige Matratzen. Gefangen in einem verfluchten Sarkophag. Warten auf tapfere Soldaten, die sie retten, die sie wenigstens nach Hause bringen, zur ewigen Ruhe in ihrer Heimat.“

Alon Nimrodi, Foto: Paulina Patimer

Alon Nimrodi konnte seinen Sohn Tamir letzte Woche beerdigen. „Unsere Geschichte ist zu Ende“, sagte er gestern. „Auf herzzerreißende Weise. Zu Ende, aber nicht abgeschlossen. Es befinden sich noch immer 13 Geiseln in Gaza, 13 Brüder. Während der Schiwa sagte ich meinen Brüdern der Familien der Geiseln, die sich noch in Gaza befinden, dass wir in diesem Kampf an ihrer Seite stehen. Wir werden nicht ruhen und weitermachen, bis wir alle an ihrer Seite stehen können.

Das Abkommen ist nicht erfüllt. Wir müssen für die Rückkehr aller Geiseln kämpfen, für alle. Der Staat Israel trägt die Verantwortung für die Freilassung aller 13 zurückgelassenen Geiseln. Gegen die Terrororganisation Hamas, die das Abkommen immer wieder verletzt, müssen alle möglichen Sanktionen ergriffen werden, und wir müssen die vollständige Erfüllung des ersten Teils des Abkommens fordern – die Freilassung aller Geiseln.“

Gestern besuchten auch einige der freigelassenen Geiseln zum ersten Mal den Platz der Entführten, diesen Ort, der so sehr für ihre Rückkehr kämpfte. Unter ihnen auch Eitan Horn, der gemeinsam mit seinen Brüdern kam.