Hamas hat erneut Propagandavideos einer israelischen Geisel veröffentlicht. Die Bilder des sehr stark abgemagerten Evyatar David haben die israelische Öffentlichkeit zutiefst schockiert. Bewusst wählt Hamas Bilder, die nicht nur das Trauma des 7. Oktober aufrufen, sondern auch Bilder der von Schoa-Überlebenden anknüpfen.
Am Platz der Entführten in Tel Aviv sagte Evyatars Schwester gestern: „Nie wieder ist heute. Alle [Geiseln] müssen jetzt aus dieser Hölle raus. Die Staats- und Regierungschefs müssen die Entscheidung treffen: Den Krieg beenden und alle hierherbringen. Die Lebenden und die Toten – wir müssen wieder atmen können.“
Die Familie von Evyatar hat sich zur Veröffentlichung von einem der Filme entschieden:
Evyatar wurde zusammen mit Guy, seinem besten Freund, vom Nova Festival entführt. Über den Zustand der beiden war lange Zeit nichts bekannt, bis Omer Wenkert und Tal Shoham im Februar freikamen und den Familien berichten konnten, dass sie mit den beiden in einem Tunnel gefangen gehalten wurden. Nach ihrer Freilassung veröffentlichte Hamas ein Video auf dem zu sehen ist, wie Evyatar und Guy der Freilassung aus nächster Nähe zusehen mussten.
Tal und Omer berichteten nach der Veröffentlichung der Videos, dass es immer noch derselbe Tunnel sei, in dem auch sie gefangen gehalten wurden. Hinter dem schwarzen Vorhang vermuten sie Guy. Sie berichteten auch, dass die Hamas-Terroristen, die zur Wache abgestellt waren, neben diesem schmalen Tunnelraum einen Aufenthaltsraum hätten, der mit Möbeln und Aircondition ausgestattet ist. Sie hätten stets genug zu essen gehabt, das Aushungern der Geiseln sei Teil ihrer grausamen Strategie. In den israelischen Medien wurde auch sofort darauf hingewiesen, dass der Arm, der im Film zusehen ist, und einem Hamas Terroristen gehört, nicht nach Hunger aussieht.
Omer Wenkert sprach gestern auch am Platz der Entführten: „Das Erste, wonach ich in Evyatars Video suchte, waren seine Augen – es sah aus wie ein Video ohne Worte. Aber Evyatar brauchte kein Wort zu sagen, denn seine Augen sagten mir alles. Dass er Schmerzen hat, dass er hungrig ist, dass er das Gefühl hat, fast keine Kraft mehr zu haben. Zuerst kam die Sorge – geben sie ihm jeden Tag zu essen? Kümmert sich jemand um ihn? Dann kam die Wut. Ich weiß, dass sie dort hinter der Tür Essen haben. Ich habe es jeden Tag gerochen, als ich zwei Handvoll Reis am Tag bekam. Sie haben Licht, sie haben alles, also warum, warum, warum geben sie es nicht? Wie viel Böses und Niederträchtiges.“

„Die Hamas benutzt Evyatar für eine der grausamsten und kalkuliertesten Kampagnen, die man sich vorstellen kann – ein Hungerexperiment. Sie lassen ihn absichtlich und systematisch hungern und nutzen sein qualvolles Leiden als perverses Werkzeug für ihre verdorbene Propaganda. Dies ist nicht nur ein Verstoß gegen das Völkerrecht; es ist ein brutaler, barbarischer Angriff auf jedes bisschen menschlicher Anständigkeit. Es ist eine so abscheuliche Tat, dass sie die Seele der Menschheit tief verletzt“, sagte Evyatars Bruder Ilay gestern.

„Evyatar ist mein kleiner Bruder – eine freundliche, sanfte Seele, deren einziges ‚Verbrechen‘ darin bestand, auf einem Musik-Friedensfestival zu feiern. Der Gedanke an seinen Schmerz, seinen Hunger, seine Angst in diesen dunklen Tunnel … es verfolgt mich in jedem wachen Moment, es dringt in meine Träume ein. (…) Wir flehen die israelische Regierung, das israelische Volk, jede Nation der Welt und insbesondere Präsident Trump, den Präsidenten der Vereinigten Staaten, an: Sie haben die Macht. Sie müssen alles in Ihrer Macht Stehende tun, mit allen notwendigen Mitteln, um Evyatar, Guy und die übrigen Geiseln zu retten“.
Die humanitäre Hilfe, die nach Gaza fließt und das Leid lindern soll, müsse auch Evyatar, Guy und alle anderen Geiseln erreichen, so Ilay David weiter. „Wir können und dürfen nicht zulassen, dass die Hamas mit solch ungezügelter Barbarei über Leben und Tod entscheidet. Jetzt zu schweigen, bedeutet, sich an ihrem langsamen, qualvollen Tod mitschuldig zu machen.“
Am Donnerstag hatte der Islamische Djihad ebenfalls ein Video einer Geisel veröffentlicht. Es war das zweite Video von Rom Braslavski, der ebenfalls vom Nova Festival entführt wurde und seitdem in Gefangenschaft des Islamischen Djihad ist. In einem Video vom April 2025 berichtet er von den schwierigen Bedingungen seiner Gefangenschaft. Rom hat auch die deutsche Staatsangehörigkeit.

Ofir Braslavski, Roms Vater, sagte gestern: „Vor zwei Tagen sah ich meinen Sohn – und ich erkannte ihn nicht. Mein Rom hungert nach Brot, dürstet nach Wasser, ist krank, körperlich gebrochen und seelisch zerrüttet. Mein Kind stirbt! Sie, die Öffentlichkeit, die an unserer Seite steht, das gesamte Volk Israel – entscheiden Sie sich für das Leben. Entscheiden Sie sich für die Geiseln. Entscheiden Sie sich für die Hoffnung. Ich wende mich an Sie, Herr Premierminister: Schluss damit! Der Ansatz von Teilabkommen ist gescheitert. Sie sind eine Führungspersönlichkeit, und eine Führungspersönlichkeit muss Entscheidungen treffen. Treffen Sie also endlich die Entscheidung – beenden Sie den Krieg und bringen Sie alle zurück. Die Geiseln, die gefallenen Soldaten, die Kämpfer, die Reservisten und die aus ihren Häusern Vertriebenen. Wir wollen rehabilitieren, ihnen ein neues Leben ermöglichen, ihnen wieder Luft zum Atmen geben.“

Zum Platz der Entführten, wo jeden Samstag Abend eine Kundgebung stattfindet, waren gestern 60.000 Menschen gekommen.