Von Antijudaismus zum Hass auf Israel

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Im Mai 2025 veröffentlichte der deutsche Verlag „Barbara Budrich“ ein neues Buch von Professor Dr. Stephan Grigat mit dem Titel „Von Antijudaismus zum Hass auf Israel – Interventionen zur Kritik des Antisemitismus“.

Von Michael Mobasheri

Stephan Grigats Ziel im vorliegenden Buch lässt sich am besten in seiner Aussage darstellen: „Antisemitismus ist nicht einfach ein Vorurteil gegenüber Juden, sondern es handelt sich um eine bestimmte Sicht auf die Gesellschaft. Antisemitismus ist ein wahnhafter Blick auf die Welt: Juden haben demnach einen überlegenen Geist und spezifische ökonomische Fähigkeiten. Sie sollen reich, gefährlich und mächtig sein – wie gesagt, es handelt sich um eine verquere Sichtweise, die nichts mit der Realität zu tun hat.“ (Seite 19).

Dieses Buch bezieht sich nicht nur auf die Entstehung des Antisemitismus, sondern beleuchtet auch die verschiedenen Facetten des Antisemitismus als Massenphänomen – vom christlichen und islamischen Antijudaismus bis zum modernen Antisemitismus (Nazismus und linker Antizionismus)–, das die Welt wieder aggressiv verseucht. Daher widmet sich ein besonderer Schwerpunkt dieses Buches einer tiefgreifenden wissenschaftlichen Analyse und methodischen Aufklärung, wie der Hass auf Israel zu sehen und zu verstehen ist. Dieses Buch beleuchtet, woher der tief verwurzelte Israel-Hass und Antisemitismus sowohl in der westlichen als auch in der islamischen Welt kommt und zeigt auf seinen Fortschritt in der Weltpolitik. Darüber hinaus wird die Debatte und theoretische Kritik an der Holocaust-Leugnung und dem obsessiven eliminatorischen Antizionismus des faschistischen Mullah-Regimes im Iran, seinen Verbündeten und Stellvertretungsgruppen im Kontext des iranischen Atomwaffenprogramms und der hypokritischen europäischen und deutschen Nahostpolitik als hochkarätiger Verbündeter und Schutzschild des Mullah-Regimes effizient demonstriert und argumentiert.

Grigat erklärt brillant, wie diese Formen des Hasses gegen die Juden und den Staat Israel nicht nur aus historischen Wurzeln stammen, sondern auch als Ideologien in politischen Bewegungen auf mehreren Seiten des politischen Spektrums wirken und eine gemeinsame Fundament für das Wiederaufleben des „universalistischen linken Antizionismus“, des (Neo-)Nazi-„historischen Revisionismus & Holocaust-Leugnung“ und des traditionellen „islamischen Antisemitismus“ bilden, die Antisemiten aller Couleurs zusammenbringen.

Er beleuchtet den Antisemitismus des politischen linken Spektrums und kritisiert ihn aus akademischer Expertensicht. Grigat klärt auf, dass es auf der Grundlage einer gründlich begründeten und notwendigen Kritik an „Staat & Nation“ unerlässlich ist die besonderen Merkmale von Staaten und Nationen zu untersuchen, bevor eine voreilige und vorurteilsbehaftete Verurteilung von Staat & Nation erfolgt. Grigat betont, dass es „…einen entscheidenden Unterschied macht, ob ein Staat wie der im Iran politische Oppositionelle exekutiert, Minderheiten(u.a. Juden, Bahais, Christen, Atheisten…) diskriminiert, seine Bürger brachial unterdrückt, den Holocaust leugnet und den jüdischen Staat mit Vernichtung bedroht, oder ob ein Staat wie Israel zum Schutz von Bürgern und Minderheiten beiträgt und sich verpflichtet die Sicherheit seiner Bürger und deren Wohlfahrt zu gewährleisten“. Zu Recht schlussfolgert er, dass „Aus einer Staats- und Gesellschaftskritik, die sich nicht in abstrakten und unhistorischen Allgemeinplätzen verliert, folgt zwingend Solidarität mit Israel.“(S. 26)

Grigat erläutert auch den Verlauf der Handlungen und die toxische Rhetorik des Mullah-Apparats und enthüllt akribisch und ohne jedwede Voreingenommenheit, wie das theokratische Regime der Mullahs die Welt täuscht, indem es situationsbedingt Elemente aus dem selbstbetitelten „gemäßigten reformistischen Lager“ im Präsidentenamt installiert, um sein wahres antisemitisches, mörderisches Gesicht sowie den Staatsterrorismus zu verschleiern; Grigat beweist faszinierend, dass solche Elemente wie der iranische Ex-Präsident Hassan Rohani – und derzeit Pezeshkian – mit ihren Angriffen auf den jüdischen Staat als „falsches Regime“, „zionistische Apartheid-Regime“,… nur die andere Seite einer Medaille sind, das an ein klassisches antisemitische Antizionismus appelliert, in dem die perverse Nazi-Ideologie der 1920er und 1930er Jahre, die Panarabismus-Bewegung mit dem Juden-Hass und Israel als Erzfeind in deren Kern und die linke Antizionismus-Propaganda und Trugschlüsse der 1960er und 1970er Ära die antisemitischen Klischees vermischen, um Dämonisierung, Stigmatisierung, Delegitimierung, Holocaust-Leugnung und Vernichtung Israels und zu rechtfertigen. Grigat entlarvt diesen bösartigen Betrug sehr geschickt, indem er eine präzise und chronologische Dokumentation dieses systemischen Antisemitismus und Israel-Hasses darbietet, der vom Mullah-Regime über fast fünf Jahrzehnte gefördert und verbreitet und von der internationalen Gemeinschaft durch Schweigen toleriert worden ist. Er erklärt, wie der antizionistische Antisemitismus als eine wichtigste Hauptsäulen der staatliche Doktrin des islamistischen Regimes im Iran zum „internationalen Terrorismus“ und zur „Internationalisierung des Antisemitismus“ beiträgt –umgesetzt über die Terrororganisation der Islamischen Revolutionsgarde Corps (IRGC).

In einem spannenden veröffentlichten Interview mit dem österreichischen Magazin „WINA“ beleuchtet Grigat die Aktivitäten von „Stopp The Bomb Campaign (Berlin & Wien) und die Anstrengungen dieser überparteilichen NGO-Gruppe, die sich gegen Geschäfte mit dem iranischen Regime mit Schwerpunkt auf der Förderung internationaler Sanktionen gegen den Iran sowie Verbot und Isolation der Ayatollahs einsetzt und versucht, Handel und Geschäfte mit der IRI, insbesondere in Deutschland und Österreich zu behindern, um ihre Beteiligung am iranischen Militär-Atomprogramm zu beenden und sich durch Korrespondenz mit den europäischen Regierungsstellen und Abgeordneten, Petitionen und Kundgebungen für die Unterstützung der säkularen demokratischen Opposition im Iran ausspricht (S. 33-39).

Die Beiträge dieses Bandes spiegeln insbesondere antisemitismus-kritische Debatten im deutschsprachigen Raum der letzten zwei Jahrzehnte wider und veranschaulichen die Folgen solcher Debatten für aktuelle Konflikte –insbesondere seit dem Hamas-Angriff vom 7. Oktober 2023 auf Südisrael, den Hisbollah-Anschlägen vom 8. Oktober 2023 in Nordisrael, den Huthis-Anschläge in der Region– und den anschließenden Diskussionen über den Israel-bezogenen Antisemitismus in Deutschland, Österreich & der EU. Der Autor analysiert das Scheitern politischer Debatten und kritisiert die vorherrschende internationale Weigerung, die faktisch existenziellen Bedrohungen Israels bei politischen Interventionen in Diskussionen des Nahostkonflikts und seiner Rezeption in der deutschen Öffentlichkeit und deutschen Politik anzuerkennen.

Der Antizionismus der universalistischen politischen Linken sowie der Relativierung und Geschichtsrevisionismus rechtsextremer Theorien werden ebenfalls berücksichtigt wie die unterschiedlichen Erscheinungsformen des Islamismus und des islamischen Antisemitismus, indem konkrete Fälle angesprochen und Beweise dafür geliefert werden. Grigat begutachtet wie der rassische Antisemitismus des 19. und 20. Jahrhunderts, der Antizionismus der 60er und 70er Jahre und der religiöse Antisemitismus (d.h. der christliche und islamische Antijudaismus) die Eskalation in der Neuzeit gegenüberstellen und beeinflussen; Er führt ein und leitet daraus ab, wie der Fokus sowohl historisch- als auch theoretisch orientierter Ansätze neue Manifestationen von unnachgiebigem Judenhass und völliger Feindseligkeit gegen Israel bewirken. Sein Buch demonstriert makellos, wie theoretischer europäischer Antisemitismus, verschiedene Formen des islamischen Antisemitismus, Israel-bezogener Hass mit historischer Revisionismus und Relativierung zusammenschmelzen und ein „zentrales ideologisches Integrationsmodell“ unserer Zeit formen.

Das neue Buch von Stephan Grigat ist eine exquisite, pragmatischer, holistischer und umfassender Leitfaden und eine ausgezeichneter Hinweis auf wichtige Fakten bezüglich der Debatten über Antisemitismus für Politiker, Journalisten, soziale und kulturelle Akteure, Akademiker verschiedener Disziplinen, insbesondere der Politikwissenschaften, Sozialwissenschaften, Regierungsorganisationen und Denkfabriken, die an politischen und diplomatischen Entscheidungsprozessen, sozialpolitischen Entscheidungen, Bildungspolitik, Kulturprojekten und im Außenhandel beteiligt sind. Dieses Buch ist auch ein Gebot für alle, die an Debatten über Antisemitismus, Israel, Iran und den Nahen Osten beteiligt oder daran interessiert sind. Grigats wissenschaftliches Buch, das ursprünglich in deutscher Sprache verfasst worden ist, verdient weit mehr Aufmerksamkeit auf der internationalen politischen Bühne und muss dringend in andere Sprachen übersetzt werden –insbesondere ins Englische.

Diese Rezension erschien zuerst auf Englisch bei Azadi, Pars Mass Media, Inc. (Boston-USA). No.6, Vol.16, 21 July 2025, pp. 8-9.

Stephan Grigat, Vom Antijudaismus zum Hass auf Israel. Interventionen zur Kritik des Antisemitismus, Verlag Barbara Budrich 2025, erschienen auch im Open Access als kostenfreier PDF-Download.

Aus dem Buch:
Terror aus Teheran
Der Antisemitismus der Ajatollahs, die Struktur des iranischen Regimes und die deutsche Iran-Politik

„Die Welt muss es nur sehen und begreifen“
Ein offener Brief an Israel und die israelische Nation von Michael Mobasheri