Der Stroop-Bericht

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Die Ghetto-Kämpferinnen Malka Zdrojewicz, Bluma und ihre Schwester Rachela Wyszogrodzka nach ihrer Festnahme. Bluma wurde sofort erschossen, Rachela und Malka nach Majdanek deportiert; Letztere überlebte, Rachela wurde in Auschwitz ermordet. Foto: Instytut Pamięci Narodowej, Warschau (IPN)

Ein wichtiges Dokument der Zeitgeschichte in kommentierter Neuedition

„Gegen die lange wirksame Behauptung, die Jüdinnen und Juden Europas hätten sich ,wie Schafe zur Schlachtbank‘ führen lassen, ist nicht zuletzt der Stroop-Bericht ein beeindruckender Gegenbeweis, der selbst aus der Perspektive der Mörder die Breite und den verzweifelten Mut der jüdischen Aufständischen im Warschauer Ghetto facettenreich widerspiegelt,“ schreibt Herausgeber Martin Cüppers in der Einleitung.

Um die im Gesamtdokument ausschließlich aus der Perspektive der deutschen Täter dargestellten historischen Ereignisse angemessen einzuordnen, wird die Quelle mit zahlreichen Zeugnissen insbesondere von jüdischer Seite kontextualisiert. Nur durch die Berücksichtigung solcher Erinnerungen und Aussagen von Opfern und Überlebenden – so der Herausgeber Martin Cüppers – lassen sich die letzten Wochen des Warschauer Ghettos angemessen darstellen.

Müsste der Stroop-Bericht ohne die vielfältigen Erinnerungsberichte jüdischer Kämpferinnen und Kämpfer oder von überlebenden Bewohnern des Warschauer Ghettos gelesen werden, wäre hinter der verfälschenden Diktion der nationalsozialistischen Täter nur völlig unzureichend zu erahnen, was sich im Frühjahr 1943 im Warschauer Ghetto wirklich zugetragen hat.

Den zwischen dem 20. April und dem 16. Mai verfassten Tagesmeldungen Stroops an seine Vorgesetzten konnten jeweils in Form von Anmerkungen zahlreiche mit dem Datum der Tagesmeldungen exakt korrespondierende Aussagen von Überlebenden und weitere relevante Quellen des antinazistischen Widerstands zugeordnet werden. Damit ergibt sich ein Gesamteindruck, der die deutsche Darstellung aus dem Frühjahr 1943 eindrücklich ergänzt und entlarvt.

Als letzter Teil des Stroop-Berichts sind sämtliche Fotos der Quelle ediert. Sie sind jeweils mit Bildunterschriften versehen, die unter anderem die namentlich identifizierbaren Personen kenntlich machen sowie die Aufnahmeorte im Ghetto und die mutmaßlichen Fotografen benennen. Darüber hinaus sind in Einzelfällen auch weitere Schlüsselinformationen, beispielsweise zur genaueren Datierung der Aufnahmen, angegeben.

Ergänzend zur vollständigen Edition von Stroops gebundener Berichtsversion werden im Anhang zusätzliche Stroop-Fotos veröffentlicht. Dabei handelt es sich einerseits um insgesamt 16 Schwarz-Weiß-Abzüge, die als Unikate nur in Stroops zweiter überlieferter Berichtsversion enthalten sind.

Zusätzlich enthält der Band jene Fotos, die der Fotograf Franz Konrad bei seiner Festnahme im Mai 1945 mit sich führte. Diese teilweise erstmals überhaupt veröffentlichten 39 Abzüge, die nicht in den Bericht selbst aufgenommen wurden, erlauben zusätzliche Erkenntnisse zu ursprünglichen Bildserien der Fotografen, zu Stroops Auswahl von Motiven für den Bericht und nicht zuletzt zum Vorhandensein deutlich expliziterer visueller Belege für das mörderische Vorgehen der Deutschen im Ghetto.

Martin Cüppers (Hg.), Ghetto Warschau: Aufstand und Vernichtung im Stroop-Bericht, Neuedition mit Zusatzdokumenten, Berlin 2025, ISBN: 978-3-86331-786-7, 280 Seiten; 200 Abb., 29,90 €, Bestellen?

Buchvorstellung mit dem Autor PD Dr. Martin Cüppers
Dienstag, 11. Februar 2025, 19.00 Uhr
Topographie des Terrors Berlin, Auditorium, Niederkirchnerstraße 8, 10963 Berlin