Die Liberale Synagoge Norden im ehemaligen Auerbach’schen Waisenhaus Berlin

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Erhaltene Mauer des Auerbach'schen Waisenhauses, Foto: Chris06 / CC BY-SA 4.0

Die ehemalige Liberale Synagoge Norden, gelegen im Berliner Bezirk Prenzlauer Berg, Schönhauser Allee 162, ist weitaus weniger bekannt als die im gleichen Bezirk ansässigen großen Synagogen in der Ryke- und Oranienburgerstraße. Ihre Geschichte ist dennoch interessant. Die kleine ca. 200 Plätze bietende Synagoge im Auerbach‘schen Waisenhaus gehörte zu den liberalen Synagogen mit gemischtem Chor und Orgel bzw. für kleine Synagogen wie diese mit Harmonium. Sie machten in den zwanziger Jahren etwa die Hälfe aller Gemeindesynagogen in Berlin aus.

Von Jeanette Jakubowski

Heute erinnert am Ort nur wenig an die Synagoge, die zusammen mit dem Auerbachschen Waisenhaus während der Bombenangriffe auf Berlin 1943 und 1945 weitgehend zerstört wurde: Gedenktafeln vor allem für das Auerbachsche Waisenhaus sowie seit 2011 ein Mauerrest mit den Namen von 140 Kindern des Waisenhauses und zwölf ihrer Betreuer.1 Im Winter 1943 wurde die Synagoge durch Bomben stark beschädigt.2 Kriegseinwirkungen zerstörten 1945 auch die übrigen Gebäude des Waisenhauses. Die Reste der Gebäude wurden Mitte der 1950er Jahre abgerissen, das Grundstück selbst später mit einer Wohnanlage überbaut.3

Zwei grundlegende Artikel zur Geschichte der Liberalen Synagoge Norden, ab 1936 Hermann- Falkenberg-Synagoge genannt, sind schon Ende der 1990er Jahre erschienen: einer von Michael A. Meyer, der andere von Larissa Dämmig.4 Auf sie stütze ich mich im folgenden Artikel. Wenn ich davon inhaltlich abweiche, werden Ergänzungen und Neues hoffentlich in den Fußnoten deutlich.

Die Anfänge

Gegründet wurde sie von einem engagierten Lehrer der jüdischen Knabenschule, heute das Moses- Mendelssohn-Gymnasium im Bezirk Mitte, und „Seminaroberlehrer“, also Ausbilder am im gleichen Gebäude angesiedelten jüdischen Lehrerseminar in Berlin, Hermann Falkenberg,5 Die weiteren Mitstreitern waren allesamt Pädagogen6 und damit Angehörige einer Berufsgruppe, die schon im 19. Jahrhundert Reformen in den jüdischen Gemeinden vorantrieben.7 Hier konnten angehende Rabbiner der weltweit ersten liberalen „Hochschule für die Wissenschaft des Judentums“ wie Dr. Manfred Swarsensky8 und Werner van der Zyl,9 Dr. Fritz David Plotke,10 Ludwig Jacob Mehler,11 Dr. Hans Andorn,12 Dr. Hans Hirschberg13, Dr. Hermann Max Sänger14. und später Erwin Zimet15 und Louis Gerhard Graf16 ihre ersten Schritte in den Gottesdienst machen17 aber auch junge nebenberufliche Kantoren18 wie Kurt Jakubowski19. Mein Großonkel, ehemaliger Schüler der jüdischen Knabenschule, bestritt mit gerade einmal 18 Jahren zusammen mit einem Kinderchor und dem liberalen Rabbiner Dr. Benno Gottschalk20 den Gottesdienst bei der Einweihung der Synagoge Ende November 1923 und wurde dann deren langjähriger nebenberuflicher Kantor. Die ersten Anfänge der Liberalen Synagoge Norden schilderte der Autor des Artikels „Die zehnjährige Tätigkeit der Liberalen Synagoge Berlin“ voller Romantik: „Die kleine, aber stimmungsvolle Synagoge des Baruch Auerbachschen Waisenhauses, ein junger kantoral geschulter Kaufmann, ein kleiner Kinderchor, geleitet von einem musikkundigen Mitarbeiter gewährleisteten die ästhetische Ausgestaltung. Interessierte Laien – Ärzte, Juristen, Lehrer, Studenten – waren bereit, Ansprache und Liturgie zu halten. Am 30. November 1923 wurde der erste Gottesdienst durch Rabbiner Gottschalk geweiht.“21

Im Berliner Norden und Nord-Osten, von einigen auch Festung der Orthodoxie genannt22, wo für die religiösen Bedürfnisse der Konservativen und Orthodoxen gesorgt war, sollte es nun auch einen ständigen liberalen Gottesdienst geben und nicht nur „Saalgottesdienste zu den Hohen Feiertagen“, wie Hermann Falkenberg zur Gründung des Liberalen Synagogen Vereins Norden eineinhalb Jahre später erklärte.23

Die liberale jüdische Partei las die jüdische Religion als etwas historisch Gewachsenes und Veränderliches. Sie wollte die religiösen Gebote vereinbar machen mit dem Leben der Gegenwart und hielt sich im Gegensatz zu Konservativen und Orthodoxen ihre größere Offenheit für Reformen im Kultus zu gute.

Dem anonymen Leben in der Großstadt, den häufig anonymen großstädtischen Gottesdiensten und den politischen Auseinandersetzungen in der Hauptgemeinde setzten die Verantwortlichen dabei die Idee der Gemeinschaft entgegen. Gemeinschaft wurde vielfach in der Weimarer Republik als Gegensatz zur Anonymität in den Großstädten beworben und diskutiert, so in der Jugendbewegung, bei Martin Buber, selbst bei Leo Baeck. Der Gemeinschaftsgedanke findet sich auch in der architektonischen Gestaltung der in den 20er Jahren in Deutschland errichteten wenigen Synagogen. Nicht überraschend nannte sich so auch das offenbar gern gelesene Publikationsorgan der Liberalen Synagoge „Die Gemeinschaft“.24

Das Konzept

Ideen für ein attraktives Konzept der kleinen Synagoge gab es bereits. Die liberale jüdische Jugendbewegung in Berlin hatte schon Ende 1923 eine Umfrage gestartet, in der sie Vorschläge für einen reformierten liberalen Gottesdienst sammelte. Viele der Merkmale, die später die Liberale Synagoge Norden und ihre Filialen auszeichneten, finden sich schon hier: der verstärkte Gemeindegesang bzw. die Gemeindebeteiligung bei den Gebeten, die kurze deutsche Predigt für den Freitagabend, der Wunsch nach Reduktion sich wiederholender Gebete wie dem Kaddisch, die Möglichkeit für Frauen und Mädchen, im Hauptraum der Synagoge zu sitzen und feste Gottesdienstzeiten,25 die sich im traditionellen Gottesdienst ja nach dem jeweiligen Untergang der Sonne richten.

Ideel berief sich die Liberale Synagoge Norden auf Abraham Geiger und Hermann Cohen. Konkrete Unterstützung fand sie aber für ihre Reformwünsche an der liberalen Berliner Hochschule für die Wissenschaft des Judentums bei Ismar Elbogen, Rabbiner, Historiker und Rektor der Institution.26 Elbogen hatte sich mit den gelegentlich am Widerspruch der Orthodoxie und der staatlichen Behörden gescheiterten Reformversuchen des jüdischen Gottesdienstes im 19. Jahrhunderts beschäftigt. Seit 1926 arbeitete er im Auftrag des Liberalen Kultusausschusses des Preussischen Landesverbandes jüdischer Gemeinden zusammen mit den Rabbinern Dr. Caesar Seligmann,27 Frankfurt Am Main, und Dr. Hermann Vogelstein,28 Breslau, an einem Einheitsgebetsbuch für die Liberalen Synagogen Deutschlands, das 1929 erschien. Es sollte die vielen regionalen Gebetbücher ersetzen, die aus Kostengründen nach dem 1.Weltkrieg nicht mehr aufgelegt werden konnten, und auf der Basis des Gebetbuchs von Abraham Geiger ein Konzept entwickeln, das für alle liberalen Gemeinden benutzbar war.29 Schon die Reformer des 19. Jahrhunderts hatten einen geordneteren, an bürgerlichen Normen orientierten Gottesdienst, der individuelle Andacht und Innerlichkeit ermögliche, gefordert und zum Teil auch erfolgreich durchgesetzt.30 Daran knüpfte Elbogen an. Noch heute ist seine Kritik am herkömmlichen Gottesdienst der liberalen Orgelsynagogen und ihren Gebetbüchern, die 1925 im Gemeindeblatt „Die Gemeinschaft“ der Liberalen Synagoge Norden veröffentlicht wurde, amüsant zu lesen und durchaus nachvollziehbar.

Elbogen, selbst kein Freund von starken Kürzungen des hebräischen Teils der Liturgie,31 wünschte sich einen gekürzten, schlichteren Gottesdienst, in dem die einzelnen Gebetteile logisch aufeinander aufbauten, musikalisch mit einer Rückkehr zu mehr Gemeindegesang und „Responsionen“32 und weniger Orgeleinsatz. Am Freitagabend zählte er fünf verschiedene Arten des Kaddisch, dazu einen deutschen Vorspruch zum Kaddisch, an den Wochentagen zwei und fragte sich, ob alle „notwendig“ seien.33 Elbogen beklagte sich über zu lange und zu schwülstige deutsche Gebete – Vorwürfe, die schon Geiger gegenüber Gebeten der traditionellen Liturgie erhoben hatte – 34 und über deutsche Gebetsteile, die den hebräischen Vortrag unterbrechen. Er schlug Kürzungen insbesondere für den Morgengottesdienst an Wochentagen35 aber auch an Feiertagen vor, mehr Zeit für die Rezitation der Psalmen,36 sowie überhaupt eine Vereinfachung und Vereinheitlichung des Textes, z.B. für Morgen- und Abendgottesdienste. Noch im Vorwort des Gebetbuchs von 1935 bedankte sich Hermann Falkenberg für die Durchsicht des Manuskripts und Anregungen, besonders des hebräischen Teils, bei Ismar Elbogen.

Eine strenge Trennung von Laien und religiösen Funktionären gab und gibt es im jüdischen Gottesdienst nicht.37 Zum Konzept der Gemeinde und sicherlich auch um anfangs Kosten zu sparen, gehörte es seit Beginn, dass auch engagierte Mitglieder die Predigten hielten und sich im Gottesdienst beteiligten. Die Gründer versprachen sich davon, dass Laien wie Lehrer, Ärzte und Anwälte näher am Leben und den Erfahrungen der Mitgliedern wären und „die geistigen und religiösen Nöten ihrer Gemeinschaft oft am eindringlichsten darstellen könnten.“ Allerdings stellte sich bald heraus, daß diese Predigten „nicht immer befriedigten“ und die zeitliche Belastung für die Ehrenamtlichen zu hoch wurde.38 Der Rabbiner sollte nur „Primo inter pares“ sein, der Vorbeter zwar traditionell „Mund der Gemeinde“, aber nicht Funktionär, „sondern nur einer aus ihrer Mitte“.39 Zunächst hatte der Gottesdienst in diesem relativ armen Stadtteil, in dem keine wohlhabende jüdische Bevölkerung lebte, finanziert durch Mitgliedsbeiträge und Zuschüsse der liberalen Bewegung nur am Freitagabend stattfinden können. 1925 war es dann den Verantwortlichen der Gemeinde gelungen, durch eine jährliche Subvention der Hauptgemeinde einen vollen Gottesdienst zu etablieren. Schon seit Pessach im Frühjahr 1925 gab es Gottesdienste an den Abenden der Wallfahrtsfeste und schließlich auch an den Hohen Feiertagen.40 Die Gemeindeleitung stellte nun auch mit Dr. Martin Salomonski41 einen Rabbiner an, dem nach seinem Ausscheiden 1928 weitere folgten, und beschäftigte „Gastprediger“ und Gastrabbiner, als bekanntesten Dr. Leo Baeck.42

Die Verantwortlichen hofften auch die sogenannten Dreitages-Juden zurückzugewinnen, die die Synagoge nur mehr zu den Hohen Feiertagen besuchten.43 Wichtig war ihnen, dass sich in der kleinen Synagoge ein Ort der Zusammengehörigkeit etablierte, an dem sich im Gegensatz zum bisherigen Gottesdienst die Gemeindemitglieder, aber auch Kinder und Jugendliche regelmäßig und aktiv beteiligten und einbrachten,44 Die Gottesdienste für die Bewohner des Waisenhauses fanden am Montag- und Mittwochmorgen und am Schabbat statt.45 Die Gottesdienstzeiten der Liberalen Synagoge Norden unterschieden sich zum Teil davon. Hier hatte man ja zunächst im November 1923 mit dem Gottesdienst am Freitagabend begonnen. Um die Arbeitszeiten zu berücksichtigen und die Gewerbetreibenden des Bezirks anzusprechen, wurde der Freitagabend- Gottesdienst einheitlich auf 19:15 Uhr festgelegt. 15 Minuten bzw. eine halbe Stunde bevor die Geschäfte schlossen.46 Was in der Schule Lehrern und Lehrerinnen das Unterrichten erleichterte, sollte auch den Gottesdienst regulieren, wohl nicht überraschend, wenn Lehrer in einer Synagoge das Sagen haben. Mitglieder mussten sich zur regelmäßigen Teilnahme an möglichst allen Veranstaltungen verpflichten, Besucher sollten – eine Forderung schon des Reformers Israel Jacobson zu Beginn des 19. Jahrhunderts – pünktlich sein.47 Kinder durften, um die Andacht der Betenden nicht zu stören, wie es schon die Reformer des 19. Jahrhunderts für Unterfünfjährige vorsahen,48 erst ab einem Alter von etwa sechs Jahren mitgebracht werden.49

Für die Öffentlichkeit präsentierte sich die „Liberale Synagoge Norden“ einerseits modern und innovativ, andererseits bewahrend in einer Zeit politischer Umbrüche und starker sozialer Belastungen. Die Rolle von Frauen im Gottesdienst der kleinen Synagoge wies in einzelnen Aspekten schon auf heutige egalitäre Gottesdienste voraus, die sich in Deutschland aufgrund der Shoah erst seit dem Anfang der 1990er Jahre und mit der Öffnung der deutsch-deutschen Grenzen nach und nach etablierten.50

Zeittypischen durch Kriegsfolgen und Wirtschaftskrisen geschürten Ängsten des jüdischen Bürgertums vor einem Auseinanderbrechen der jüdischen Familie, die seit dem 19. Jahrhundert als Hort der Vermittlung des Judentums und der jüdischen Identität galt, der Angst vor Frauen, die außerhalb des Hauses Beschäftigung suchten, und vor Jugenddeliquenz, einer „Verwilderung der Jugend“,51 trat die Publizistik der Liberalen Synagoge Norden dabei wirkungsvoll entgegen. Sie präsentierte – im Lösungsansatz konservativ – in der Religion der Väter aktive Jugendliche und Kinder sowie glückliche Frauen im Kreis der Familie in der Synagoge zu den Hohen Feiertagen.52

Auch wer mit der Liturgie der Gemeinde nicht vertraut war, konnte sich in das Gebetbuch von 1935,53 wie schon in das von Joshua Friedländer verantwortete Heft von 1927,54 schnell einfinden und die Gebete und Lieder leicht mit- und nachsingen bzw. zu Hause üben und mit ein wenig Notenkenntnis bei den Festen zu Haus und in der Synagoge anwenden. Die Gebetssprachen waren wie in anderen deutschen Synagogen seit der Kaiserzeit Hebräisch und Deutsch.55 Die hebräische Sprache war den Verantwortlichen dabei explizit wichtig. Der Anteil des Hebräischen war – so Michael A. Meyer – zwar geringer als in den Liturgien der liberalen Synagogen Berlins, aber höher als in der Liturgie der Reformgemeinde, so dass die wesentlichen Gebete in Hebräisch gesprochen wurden.56 Der Kultus der Liberalen Synagoge hielt dabei den Jahreszyklus der Lesungen aus der Thora ein und auch den traditionellen Aufruf der Männer zur Thora.57 Schon am Freitagabend wurde dabei der Wochenabschnitt in Deutsch vorgestellt.58 Die Gebete der Liturgie waren – ähnlich wie in der Berliner Reformgemeinde – jedoch weniger radikal – gekürzt. Gekürzt auf wesentliche Aspekte wurden ebenfalls die Lesungen aus der Thora, die zuerst in Deutsch und dann in Hebräisch mit „Trop“, also im traditionellen Gesang, vorgetragen wurden.59 Idealerweise sollte jeder Gottesdienst einer Idee folgen und alle seine Teile, vor allem die vom Rabbiner zu gestaltenden freien deutschen Gebete ähnlich einem Gesamtkunstwerk, auf sie bezogen sein.60

Die Gebetbücher der Liberalen Synagoge Norden im Kontext

Die Gemeinde konnte schon 1927 einen vollen Gottesdienst, also nicht nur für den Freitagabend, sondern auch für den weniger besuchten Schabbatmorgen und für die Festtage,61 etablieren. Dafür benutzten die Verantwortlichen wahrscheinlich das oftmals nachgedruckte Gebetbuch der Neuen Synagoge von 1881, das in den liberalen Gemeinden Berlins und in anderen liberalen Gemeinden benutzt wurde. Zwar beriefen sie sich auf Abraham Geiger, allerdings hatten sich seine Gebetbücher von 1854 und 1870 nicht durchsetzten können. Das unter anderem von Ismar Elbogen herausgegebene Einheitsgebetbuch von 1929 erschien dagegen zu spät, um noch eine größere Wirkung in Berlin und in der kleinen Synagoge zu haben.62 Ich beziehe mich im Folgenden auf das „Gebetbuch für die neue Synagoge Berlin“ von 1909 und das ganz ähnliche „Gebetbuch für die Synagoge in der Fasanenstraße“ von 1925. Sie sind traditioneller und weniger fortschrittsoptimistisch als Geigers,63 und auch ein bisschen traditioneller als das Berliner Gebetbuch von 1881. Darüber hinaus beziehe ich mich auch auf die Gebetbücher und Publikationen der Liberalen Synagoge Norden selbst.64

In liberaler Tradition fehlten in den liberalen Gebetbüchern in der Wochentags-Amidah die als nicht mehr passend empfundene Bitte um die Wiederherstellung des Tempeldienstes in Jerusalem und der Tempelopfer und die mit der Hoffnung auf Rückkehr nach Jerusalem verbundenen Gebetsteile sowie im Schmah Israel der Wunsch nach der persönlichen Schau von Gottes Rückkehr nach Zion und nach der Wiederherstellung von Gottes Herrschaft dort.65 Der optimistische Glaube an den moralischen Fortschritt der Menschheit, als deren Friedensträger sich das Judentum sah, aber auch berechtigte Sorgen vor Antisemtismus führte zur Abmilderung des sogenannten „Partikularismus“ und wurde insbesondere bei Geiger durch universalistischere Formulierungen ersetzt, das heißt der Gedanke einer besonderen Rolle und Aufgabe des jüdischen Volkes im göttlichen Plan und seine Abgrenzung gegenüber anderen Völkern.66

Universalistische Formulierungen, die die ganze Menschheit einschließen, und solche, die auf die Hoffung der Wiederherstellung des Tempels etc. verzichten werden in den beiden Gebetbüchern von 1909 und 1925 wie u.a schon bei Geiger und im Berliner Gebetbuch von 1881 besonders in der Amida benutzt. Dort ist die 10. Bitte der Amida zur Sammlung der Verstreuten Israels unspezifisch als Bitte um Hilfe überall übersetzt. Die 11. Bitte geht nicht mehr um die „Rückkehr unserer Richter“, sondern ist allgemeine Bitte um Recht und Gerechtigkeit in Hebräisch und Deutsch. Die 12. Bitte, „den Verleumdern sei keine Hoffnung…“ ist -wie schon im Berliner Gebetbuch von 1881- ausgelassen und ebenso die 14. Bitte um Wiedererrichtung Jerusalems und des Thrones Davids mit entsprechend verändertem hebräischen Text als „Gedenke erbarmungsvoll Jerusalems“ übersetzt. Die 15. Bitte um das Aufblühen des Samen Davids wird wie schon im Gebetbuch von 1881 in Hebräisch als „Lass den Samen deiner Knechte“ und im Deutschen noch etwas allgemeiner gefasst als „Lass uns den Keim des Heils aufsprießen…“ Die 17. Bitte um die Wiederherstellung des Tempeldienstes wird zur allgemeinen Bitte für das jüdische Volk und das göttliche Akzeptieren seines Gebets wie auch 1881. Der Wunsch nach persönlicher Schau der Rückkehr Gottes nach Zion ist ersetzt durch eine Allgemeine Versicherung im Hebräischen und Deutschen, Gott treu zu dienen,und in der 18. Bitte fehlt das leise Gebet der Gemeinde für die Rückkehr der Verbannten zum Tempel.67 In beiden Berliner Gebetbüchern ist im „Morgengebet für die Wochentage“ und für den Schabbat die Beracha „as“, die Gott als Gott des Krieges anspricht, mit dem Versenken von Pharao und seinem Heer im Schilfmeer vor dem Schma vollständig angegeben und ins Deutsche übersetzt, im Gegensatz zur Gebetbuchversion von 1881 für die neue Synagoge, die diesen Passus streicht. Die Beracha „ezrat“ nach dem Schma lässt wie das Gebetbuch von 1881 das Erschlagen der Erstgeburt der Ägypter aus.68 In Psalm 135 ist das Erschlagen der Erstgeburt von Mensch bis Vieh in Hebräisch und Deutsch69 und in Psalm 136 das Versenken Pharaos und seines Heeres im Schilfmeer und auch das Erschlagen der Erstgeburt vorhanden.70

Das in Varianten bis heute gesungene „Alenu“-Gebet aus dem 10. Jahrhundert ist Teil des täglichen Morgen- und Abendgebets. Seine ehemals gegen den christlichen Glauben gerichteten Spitzen hatten auf Druck der protestantischen Kirche zu Kontrollen und Verbote im 18. Jahrhundert geführt. In der liberalen Reformbewegung des 19. Jahrhunderts wurde es entschärft, verkürzt oder wie in Abraham Geigers Gebetbüchern und im Einheitsgebetsbuch ersetzt.71 In seiner ursprünglichen Form drückte das Gebet den Dank an Gott aus, „der uns nicht gemacht hat wie die (anderen) Völker der Welt und nicht so gestellt hat wie die anderen Völker der Erde. Der unseren Anteil nicht wie ihren gemacht hat und unser Schicksal nicht wie das ihrer Vielheit, die sinnlose und wertlose Dinge verehren und einen Gott anbeten, der nicht erretten kann.“72 In der entschärften Version der Berliner Gebetbüchern von 1925 und 1909 stand hingegen wie schon im Ausgangsgebetbuch für die neue Synagoge von 1881:„Schesam helkenu leavdo beemet bekhol mischpechot haadama“/ „der uns in Wahrheit von allen Völkern der Erde zu seinem Dienst (eigentlich: Diener) gesetzt (berufen) hat“, in der freien und universalistischeren deutschen Übersetzung „Du hast Israel berufen, deine Einheit zu bekennen und der ganzen Menschheit zu verkünden“73 Abraham Geigers Versionen von 1854 und insbesondere 1870 stellten noch etwas weniger die spezielle Rolle des Judentums heraus74 und zurückhaltender im hebräischen Text und in der Übersetzung ist auch das Gebetbuch von 1929.75 In den Gebetbüchern der Liberalen Synagoge von 1927 und 1935 ist es nicht enthalten. Das Gebet entsprach wahrscheinlich nicht der liberalen, integrationsorientierten Haltung des Gemeindevorstandes und kam 1935 überhaupt nicht in Betracht, um dem NS-Staat keine Angriffsfläche zu geben.

Zwar gibt es seit Geiger kein neues Licht über Zion in der Beracha „leel“ vor dem Schma,76 das wohl erst vor kurzem wieder in den liberalen Gottesdienst in Berlin eingekehrt ist.77 Zion und Jerusalem haben jedoch weiter eine besondere Bedeutung. Der Gesang „Ki mi Zion…“ (Jessaja 2:3 b) beim Ausheben der Thora ist daher in den Liberalen Gebetbüchern vorhanden, so auch in den liberalen Berliner Gebetbüchern und im Gebetbuch der Liberalen Synagoge Norden von 1935. In liberaler Tradition wurde hier „Thora“ mit „von Zion geht die Lehre aus“, nicht das „Gesetz“ übersetzt wie bis in die Gegenwart.78

Die Liberalen, die den Gottesdienst an die rationale Moderne anpassen wollten, entfernten schließlich weitgehend die Engel aus dem öffentlichen Gottesdienst vor dem Schma.79 Im Gebetbuch der Liberalen Synagoge Norden von 1935, das ähnlich wie Abraham Geigers Gebetbuch von 187080 einen Abschnitt „Häusliche Feier“ und darüber hinaus einen Abschnitt„Gesänge für die häuslichen Feier“ beinhaltete, gab es daher nicht das Lied „Schalom aleichem malachai hascharet,“ den Gruß an die Engel des Dienstes. Aber der Einleitungstext berichtete, dass der „Hausvater“ am Freitagabend nach „mystischer Vorstellung“ von den „Engeln“ bei seiner Rückkehr von der Synagoge begleitet wird.81 Und in Hermann Falkenbergs Pessach-Haggadah schlägt im traditionellen Schlußlied der Haggadah „Chad gadjo“(Chad gadyah) Gott den „Malach hamavet“, den Todesengel, der wiederum den Schlachter schlägt, der den Ochsen geschlachtet hat“ etc. In der deutschen Übertragung des Textes heißt es „Tod, du böser Engel du, schreckst mich nicht; ich schmiege mich an Gottes Hand.“82

In ihrem 1927 veröffentlichten eigenen Gebetheft und später dem Gebetbuch von Hermann Falkenberg von 1935 für den Freitagabend-Gottesdienst orientierte sich die Liturgie der Liberalen Synagoge Norden mit ihren Einleitungs- und Schlussgebeten und -psalmen zeittypisch vor allem an der Liturgie Louis Lewandowskis. Seine Melodien galten allgemein seit dem Ende des 19. Jahrhunderts als vorbildlich und traditionell jüdisch.83 Das Gebetbuch von 1935 folgte so den Einleitungsgebeten in Lewandowskis „Kol Rinnah uT’fillah“84 bzw. in „Todah w‘ Simrah“85. Schlicht und musikalisch vereinfacht im Vergleich zu Lewandowskis vielstimmigem Orginal waren die gesungenen Gebete und Musik,86 wohl auch um den Gemeindemitgliedern das Mitsingen zu erleichtern.

Die ersten Gebetbuchpublikationen der kleinen Synagoge glichen eher Heften und ließen sich bis auf Falkenbergs Pessach-Haggadah von 1929 von rechts öffnen. Das gedruckte Gebetbuch von 1935 für den Freitagabendgottesdienst wurde jedoch von links öffnen, wie die bisherigen liberalen Gebetbücher.87 Das unterstützte die Leserichtung des Hebräischen und wirkt wie eine Bekräftigung jüdischer Tradition in einer Zeit zunehmender Ausgrenzung. In der Einleitung des Gebetbuchs von 1937 wurde die Herkunft wichtiger Gebete vorgestellt. Dann folgte ein in Hebräisch gedruckter vorderer Teil, der auch deutsche Gebete und – wie in jüdischen Gebetbüchern seit etwa 150 Jahren zuvor – Übersetzungen ins Deutsche88– enthielt. Hebräischer Text und deutsche Übersetzung standen sich dabei auf zwei Seiten gegenüber. Diese Anordnung erleichtert das Mitlesen in zwei Sprachen, gerade für Personen, denen Hebräisch nicht so geläufig ist. In den liberalen Berliner Gebetbüchern war dies nicht so üblich. Hier standen mit der Ausnahme des Einheitsgebetbuches von 1929 hebräischer Text und deutsche Übersetzung auf der gleichen Seite übereinander.89

Bereits die Herausgeber des Einheitsgebetbuches von 1929 hatten die besondere Flexibilität ihres Gebetbuches im Vorwort herausgestellt. Ähnlich wurde in der jüngeren Vergangenheit auch ein voluminöseres liberales Gebetbuch beworben.90 Im Einheitsgebetbuch, das sich auf die Gestaltung früherer Gebetbücher, insbesondere des von Abraham Geiger, berief, gab es nicht nur die Möglichkeit, dem lokalen Brauch in der Auswahl verschiedener Gebete zu folgen. Den Herausgebern war dabei eine möglichst genaue Wiedergabe des hebräischen Textes in der deutschen Übersetzung wichtig. Wiederholungen von Gebetsteilen wie dem Kaddisch, der Keduscha etc. eliminierten sie bewußt und die deutschen Gebete – mit Ausnahme eines Gebets für Yom Kippur, das abwechselnd in Deutsch und Hebräisch gesprochen werden sollte – stellten sie in den Anhang.

Dieser Teil sollte nach den Bedürfnissen der Gemeinde genutzt werden, auch als Ersatz für deutsche Predigten. Dabei konnte der deutsche Text nach der Idee der Herausgeber auch gekürzt und ersetzt werden.91 Um Abwechslung in das Werktagsgebet zu bringen, wurde dort jeder Tag mit einem eigenen Psalm eingeleitet. 92

Noch weniger traditionell waren die Verantwortlichen der Liberale Synagoge Norden. Sie wollten verschiedene Möglichkeiten des Gottesdienstanfangs und -schlusses, nutzen, um passend zur Thematik des Schabbats Liturgieteile auszuwählen und damit seine Attraktivität zu erhöhen. Dies schloss auch Gebete in der Gottesdienstmitte ein, kirchlicher Tradition folgend „Predigtlieder“genannt,93 die auch Teil der traditionellen Liturgie waren, z.B. „vajechulo haschamajim ve haaretz…/ Der Himmel und die Erde waren vollendet…. , 94 Diese gekürzte Liturgie hatte schon bald Einfluss auf liberale Reformvorschläge im Gottesdienst. 95 Falkenberg beschrieb sie 1925 in seinem Artikel „Unser Gottesdienst“ über den Morgengottesdienst so: „Deshalb wird gleich am Anfang Ma tauwo96 oder ein Psalm vom Chor gesungen, ebenso als Abschluß des Festgebets vor nschmas97 der Psalm 150 (in der Komposition von Sulzer).“ Dann folge ein stilles Gebet.98

Beschränkte sich das Heft von Joshua Friedländer auf den Freitagabend-Gottesdienst, so deckte das erweiterte Gebetbuch der Liberalen Synagoge Norden von 1935 wie andere Gebetbücher, so das liberale Einheitsgebetbuch oder die liberalen Gebetbücher der Neuen Synagoge und der Synagoge Fasanenstraße, neben dem Schabbat zum Teil auch andere Feste ab, eine Tradition die sich in der Gegenwart fortsetzt.99 Unter dem etwas irreführenden Titel „Gesänge für die besonderen Feiern“ finden sich mit den Segen für das Aus- und Einheben der Thora, einem stark gekürzten „Hallel“100 oder „Adonai, adonai“101 u.a. auch wichtige Gebete nebst Melodien für den Samstagsgottesdienst, den Gottesdienst zu den Hohen Feiertagen, den Wallfahrtsfesten, Fasttagen oder Simcha Thora. Im Kapitel „Abendgebete“ gab es u.a. das Chanukka-Lied „Ma Oz Zur“ mit seiner typischen Melodie in Dur,102 in Hebräisch mit lateinischer Umschrift sowie in einer deutschen Variante und „Addir hu“103 (Allmächtig ist er), eines der volkstümlichen Lieder, das am Ende der Pessach-Haggadah gesungen wird. Die Melodievariante der Liberalen Synagoge Norden wird noch heute in den USA gesungen.

Neu war vor allem der Anhang. Er enthielt die vereinfachten Melodien in Notenschrift und findet sich schon in Friedländers Heft.104 Der gekürzte hebräische Text für Gemeindelieder und Gebete war hier in lateinische Schrift transkribiert. Das gab es bisher in Kantorenlehrbüchern und in Publikationen zu jüdischer Musik, u.a. in jüdischen Lexika, aber nicht in den deutsch-jüdischen Gebetbüchern.105 Für alle Gebete sind im vorderen Teil des Gebetbuches keine Melodien notiert, so dass für sie prinzipiell auch andere Melodien möglich sind. Alles zusammen machte die Liturgie im Musikalischen flexibel anpassbar an die Fähigkeiten und Präferenzen verschiedener Vorbeter und Gemeinden und erleichterte vor allem Gottesdienstbesuchern mit wenig Vorwissen den Einstieg in die Liturgie. Ebenso war das Konzept in dieser Form offen für eine musikalische Revision der Musik Lewandowskis im Zuge der sogenannten „Jüdischen Renaissance“, die von der jüdischen Hauptgemeinde seit Anfang der 30er Jahre gefördert wurde.

Schon die Reformer des 19. Jahrhunderts hatten die Zahl der Kaddischs der Trauernden im Gottesdienst drastisch reduziert.106 Das Kaddisch, eines der auch bei Nichtjuden namentlich bekannten Gebete, ist nur einmal am Schabbatabend als „Kaddisch der Leidtragenden“ in Hebräisch mit deutscher Übersetzung vorhanden und im hinteren Teil des Gebetbuches für die sogenannten „Seelenfeier“ für Verstorbene. Dazu soll es in der Synagoge beim sogenannten Schlussfest (Schemini Azeret) für die Verstorbenen gesagt werden. 107 Andere Liturgieteile werden eher traditionell präsentiert. Den Kiddusch,108 der am Freitagabend von Prediger oder Kantor in der Synagoge gebetet wird, gibt es hier in Varianten für den Schabbat und für Festtage wie z.B. Sukkot. Er ist im Gebetbuch vorn in Hebräisch mit deutscher Übersetzung notiert und steht im hinteren Teil in lateinischer Umschrift mit Melodie und „Einschaltungen“.Viele musikalische Versionen gibt es in der jüdischen Liturgie für religöse Lieder wie „L’cho Dodi“ (Lecha Dodi).109 „Lecha Dodi“ ist das Lied des Schabbatbeginns, das weltweit in ashkenasischen wie sefardischen Gemeinden verbreitet ist. Von diesem Lied wird im Gebetbuch zu verschiedenen Feiertagen typischer Weise jeweils eine andere Melodie angeboten.110 Für die „Schlussgesänge“ des Gottesdienstes bietet das Gebetbuch ebenfalls verschiedene Varianten an. Darunter ist der Psalm 150, der nach Falkenberg um 1925 in der Version von Salomon Sulzer mit Chor und Harmonium zumindest im Morgengottesdienst gesungen wurde. Auch von „Adon Olam“111, mit dem in Deutschland u.a. am Freitagabend der Gottesdienst beschlossen wurde, sind viele verschiedene Melodien überliefert. In ashkenasischen Gemeinden wird insbesondere die Variante von Eliezer Gerovitch (1844-1914) gesungen. Das Gebetbuch bot jedoch wie schon zuvor das Heft von Joshua Friedländer „Lecha Dodi“112 und – als einen von mehreren „Schlussgesängen“113 – „Adon Olam“ als Gemeindelieder in verkürzten Versionen mit einer vereinfachten Melodie von Louis Lewandowski an.

Die Gottesdienste

Innovativ war auch die verstärkte Einbeziehung der gesamten Gemeinde im Gemeindegesang und ein aktiver Jugendgottesdienst. Die Aktivitäten der Jugendlichen zu den Hohen Feiertagen beschreibt Hermann Falkenberg 1925 so: „ Darum wurde auch die gesamte Feier (mit Ausnahme der Ansprache) von der Jugend getragen, darum wird im Gottesdienst darauf Wert gelegt, daß der Bar Mizwa nicht bloß die Berocho spricht und die Haftora hebräisch oder deutsch vorträgt, sondern daß er auch seinen Thoraabschnitt oder die Sabbat-Sidra (die sich auf ein inhaltlich bedeutsames Stück bezieht konzentriert) leint114…“115 Auch ältere Jugendliche sollten an Schabbaten und an Festen ihren Thora-Abschnitt vorbereiten und vortragen. Hebräischkurse, Barmizwah-kurse und Konfirmandenkurse für Mädchen sollten die Akivität der Kinder und Jugendlichen im Gottesdienst steigern oder auch Hebräischkurse „für die reifere Jugend“.116 Ein begeisterter Gottesdienstbesucher äußerte im Herbst 1926: „Jeder Barmizwa verstand es, seine Parascha mit vollem Verständnis zu leinen.“117

Ein weiterer, zunächst skeptischer Besucher beschrieb 1925 seine Erfahrung am Versöhnungstag im Gottesdienst der Erwachsenen in der kleinen Synagoge. Zwar bemerkte er die fehlenden Passagen im Vergleich zum traditionellen Machsor, dem Gebetbuch für die Feiertage.118 Ihn überraschten aber positiv die Pünktlichkeit der Besucher, die Ruhe zu Beginn und die zu den Gebeten passenden kleinen oder größeren Predigten des Rabbiners. Dazu sah er ein interessiertes, den Raum füllendes Publikum aus wenigen Kindern, die einen eigenen Gottesdienst hatten, dafür Jugendlichen, Ehepaaren und ein „imposanter Kreis der Alten, unter denen sogar die Gestalten mit Käppchen und Kittel nicht fehlten.“, schließlich zum Ende des Tages eine verstärkte Andacht „ ein heiliges Wehen und Weben erfüllte den Raum, völliges Hingegegebensein dem großen, guten, verzeihenden Gotte.“ Der Artikel endete mit dem Wunsch diese Art des Gottesdienstes „bald in unseren Tagen“ auch im Berliner Westen erleben zu können.119

Spezielle Vorbereitungsgottesdienste vor den hohen Feiertagen und vor Pessach dienten zur Einstimmung auf die Feste.120 Eine Synthese aus Tradition und neuen, durchaus pädagogisch- didaktischen Elementen versuchten die Publikationen der Gemeinde, nicht nur mit der Integration der Melodien und der dazu gehörenden Übertragung wichtiger Gebete in lateinische Schrift. Die 1929 erschienene Pessach-Haggada, das Gebetbuch für Pessach, und das 1927 bzw.1935 in erweiterter Auflage erschienene allgemeine Gebetbuch der Gemeinde, erprobten Neues. In der traditionellen Pessach-Haggadah öffnet man nach dem Tischdank die Tür und rezitiert einen Text aus Ps 79,6-7; PS 69,25 u. Klgl. 3,66. Er beginnt mit „gieße deinen Zorn aus über die Völker, die dich nicht anerkennen“. Progressive Haggadot ließen diesen Text aus oder ersetzten ihn. Die Pessach-Haggada der Liberalen Synagoge Norden fand eine eigene Lösung. Sie berief sich auf Rabbiner Seligmann und stellte dem Tischdank einen Ausspruch Hillels voran. Er kann durchaus als Abwehr des Ende der 20er Jahre grassierenden Antisemitismus gelesen werden: „Das ganze Judentum läßt sich in einem Satz zusammenfassen, dem Satz von der allumfassenden Menschenliebe: Was dir verhaßt ist, das füge niemals deinem Nächsten zu! Das ist der wahre Kern des Judentums.“121 Die „Haggadah der Liberalen Synagoge Norden enthielt dazu u.a. eine Legende von Martin Buber122 und den tradtionellen Wunsch auf Rückkehr nach Jerusalem (Hashana habaah bijerushalayim) ergänzt mit einem alternativem Textangebot, einem Auszug aus Stefan Zweigs „Jeremias“, der den Wunsch durch das Versprechen ersetzt „Wer glaubt schaut immer Jerusalem“123 Damit distanzierte sich die Liberale Synagoge von zeitgenössischen zionistischen Vorstellungen, die in der Berliner Hauptgemeinde einflussreicher wurden.124 Der in den Liberalen Synagogen für nicht zeitgemäß gehaltene Gebetswunsch der Rückkehr125 war hier durchaus Teil der Liturgie. Der die Haggadah prägende Gedanke der Freiheit bezog sich darüber hinaus hier nicht nur traditionell auf das israelitische Volk, sondern wurde auf alle erweitert, die noch versklavt seien. Dazu enthielt sie einen Midrash, der – offenbar anknüpfend an eine Predigt des liberalen Rabbiner Adolf Jellineks von 1880126 – die Engel für ihren allzu menschlichen Jubel bestraft, als die Ägypter im Meer versinken.127

Dass selbst der didaktisierte gekürzte, hebräischsprachige Gottesdienst Probleme brachte, beschrieb Rabbiner Martin Salomonski in einem Artikel des Gemeindeblattes der Liberalen Synagoge 1927. Weil viele jüdische Menschen die hebräische Sprache nicht mehr verstünden, müsse es auch deutsche Gebete im Gottesdienst geben. Auch zweisprachige Gebetbücher würden nichts an der grundsätzlichen Unverständlichkeit des Gottesdienstes für sie ändern.„Und da es in absehbarer Zeit gar nicht möglich erscheint, der Gesamtheit Israels das Hebräische als Sprachgut wieder zugeben, da im stärksten Außmaße die Frauen, die Kinder und übrigens auch eine Unzahl sogenannter alter Leute dem Sinn der Gebetsprache vollkommen ahnungslos gegenüber stehen, hilft nur der Entschluss, daß auch deutsch gebetet werde muß, was uns zu festlichem Erleben bringen soll.“128

Kinder und Jugendliche im Gottesdienst

Seit etwa 1888 gab es in Deutschland spezielle Jugendgottesdienste, die in der Sicht von Rabbiner Salomonski jedoch nicht sehr erfolgreich waren.129 Daher machte es sich die Liberale Synagoge Norden besonders zur Aufgabe Kinder und Jugendliche in den Gottesdienst zu begleiten. Ihre zweisprachige Gebetordnung für die hohen Feiertage der Jugendlichen, in der die Vortragenden den Deutsch vorgetragenen Haftarot kurze deutschsprachige Einleitungen voran stellten, wurde später von der Kultuskommission übernommen.130 Da die Synagoge im 3. Stock des jüdischen Auerbachschen Waisenhauses ihr Domizil hatte, war es zudem nahe liegend, dass männliche Kinder und Jugendliche in den Gottesdienst der Synagoge stärker eingebunden wurden und dort auch Aufgaben hatten. Sie nahmen nicht nur an speziellen Jugendgottesdiensten teil, sondern auch am Hauptgottesdienst.131 Die Jugend lese „häufig den Thora-Abschnitt mit Trop, den Maphtir132 hebräisch (mit Nigun) und sitzt bei uns überhaupt sozusagen auf dem ersten Platz. Die starke Zunahme jugendlicher Besucher ist so nicht weiter erstaunlich“, schrieb Jonas Plaut, Direktor des Auerbachschen Waisenhauses und im Vorstand der Liberalen Synagoge Norden zum zehnjährigen Bestehen 1933.133 Jungen, nur bei Bedarf unterstützt vom Kantor oder vom Organisten, übernahmen weitgehende Funktionen im Jugendgottesdienst zu den Hohen Feiertagen. Nur die Predigt war noch Aufgabe des Rabbiners. Von 1927 zu 1928 verdoppelte sich daher die Anzahl der jugendlichen Teilnehmer.134 Für die Jugend des Waisenhauses war es verpflichtend, mit ihren Erziehern und Erzieherinnen regelmäßig am Gottesdienst teilzunehmen. Bei weniger religiös interessierten Kindern konnte dies gelegentlich auch zu Abwehr und Verweigerung führen.135 Für den Vorabend des „Simchas-Tauro-Gottesdienst“ 1928 wurde die Gebetordnung so angepasst und vereinfacht, dass die im Thora-Umzug teilnehmenden Kinder nicht störten, sondern mit Verständnis und Spaß dabeiblieben. „Die Wirkung auf die Jugend rechtfertigte deutlich diese Änderungen, betonte der Autor des Beitrags.136

Für Kantoren sind besonders die Hohen Feiertage mit ihren langen Gottesdiensten, die den ganzen Tag dauern können, musikalisch anspruchsvoll und anstrengend. Erst, wer den Machsor sehr gut kennt, kann Gefühl und Ausdruck in den Gesang legen. Musikalische Probleme des Vorjahres offenbart ein kleiner Bericht über den Jugendgottesdienst, der zu den hohen Feiertagen 1928 in die Räume des jüdischen Wohlfahrtsamtes Metzerstraße 1 ausgelagert wurde: „Die Schwierigkeiten, welche sich bei der vorjährigen Veranstaltung gezeigt hatten, waren dieses Mal nicht bloß durch die besseren räumlichen Verhältnisse, sondern vor allem durch das vorzügliche Zusammenwirken von Kantor, Chorleitung und Organistin überwunden. Ein kleines eigens zusammengestelltes Gebetbüchlein förderte die Aktivität der Kinder aufs Glücklichste … In noch verstärktem Maße waren die Jugendlichen zur persönlichen Mitwirkung bei den Vorlesungen aus Thora, Propheten, von Psalmen und Gedichten herangezogen. Es war ein großer und schöner Erfolg, der sich in der wachsenden Zahl der Teilnehmer äußerte und der sich in der Zukunft noch stärker auswirken wird.“137

Mädchen und Frauen in der Synagoge

Frauen hatten nach dem 1. Weltkrieg das allgemeine Wahlrecht bekommen, in der evangelischen Kirche 1919 und in den jüdischen Gemeinden 1920. Christliche Frauenverbände und der Jüdische Frauenbund hatten das Wahlrecht seit Beginn des 20sten Jahrhunderts gefordert.138 Auch wenn emanzipierte jüdische Frauen in der Weimarer Republik eine Minderheit in der Minderheit bildeten, so waren sie doch stärker in der Öffentlichkeit präsent. 1925 konnten zum ersten Mal Frauen in den Preußischen Landesverband der Jüdischen Gemeinden gewählt werden und 1926 in das Gemeindeparlament der Berliner jüdischen Gemeinde,139 etwa zur gleichen Zeit auch in Bayern und anderen Orts in Deutschland.1401926 hatte die Jüdisch-Liberale Zeitung aus diesem Anlass eine ganze Ausgabe dem Thema „die Frau im Gotteshaus“ gewidmet. Zehn Autorinnen und Autoren, darunter sieben bekannte jüdisch-liberale Frauen, hatten sich mehrheitlich für mehr Engagement von Frauen in den Gemeinden ausgesprochen, auch im Gottesdienst. Zumindest vier von ihnen konnten sich künftig die völlige Gleichstellung der Frauen im Gottesdienst vorstellen, ihren Aufruf zur Thora und weibliche Rabbiner, deren Gebiet besonders die Seelsorge sein könnte.141 Durchaus moderne Gedanken, wird bedacht, dass zur gleichen Zeit die protestantischen Kirche erstmals erwog, dass Frauen als dem männlichen Pfarrer zuarbeitende, untergebene Pfarrerinnen im Gottesdienst amtieren könnten.142 Im Sommer 1928 hatte die liberale jüdische Weltkonferenz, die Konferenz der „World Union for Progressive Judaism“, in Berlin stattgefunden. Den Freitagabend-Festgottesdienst des Kongresses am 17. August richtete die Liberalen Synagoge Norden aus.143 Zum ersten Mal predigte unter großer öffentlicher Anteilnahme, selbst von der zionistischen Presse, zu diesem Anlass eine Frau in einer Synagoge, dem völlig überfüllten Tempel der Berliner Reformgemeinde: die Engländerin Lily Montagu, Präsidentin der World Union of Progressive Judaism, bekannt durch ihre Sozialarbeit.144

An der Hochschule für die Wissenschaft des Judentums studierten in den 20er und 30er Jahren auch junge jüdische Frauen. Sie wollten ihr jüdisches Wissen vertiefen oder akademisch gebildete Lehrerinnen für jüdische Religion werden,145 so auch Susi (Shoshana) Elbogen, später Ronen, die Tochter Ismar Elbogens.146 Aber mit Ellen Littmann bildete die Hochschule147 die später in London am Leo-Baeck-College lehrende erste Professorin für jüdische Studien aus148 und mit Regina Jonas von 1924 bis 1930 die weltweit erste Rabbinerin. Jonas wurde 1935 ordiniert149 und 1937 von der jüdischen Gemeinde als akademische Religionslehrerin mit seelsorgerischen Aufgaben eingestellt. Jonas‘ Doktorarbeit „Kann die Frau das rabbinische Amt bekleiden“ von 1930 war zu dem Schluss gekommen, dass „außer Vorurteil und Unwohlsein“ dem religionsgesetzlich „fast nichts“ entgegenstünde.150 Frauen seien für das Amt des „Rabbiners“ aufgrund ihres „weiblichen“ Einfühlungsvermögens und ihrer „weiblichen“ Fähigkeiten , wie dies schon die Befürworterinnen 1926 erklärt hatten, besonders für die Seelsorge und den Kontakt mit Kindern und jungen Menschen geeignet und hätten ihre Qualifikation dazu auch schon als Lehrerinnen gezeigt.151

Die aktivere öffentliche Rolle von Frauen in den 20er Jahren wurde auch in der kleinen Synagoge sichtbar. Sie saßen hier wie in anderen Synagogen nicht getrennt von den Männern, sondern konnten und sollten während des Gottesdienstes neben ihren Männern sitzen. Das war zur damaligen Zeit etwas Einzigartiges und auch unter liberalen Rabbinern Umstrittenes. Zu den hohen Feiertagen gab es das höchstens noch in der Berliner Reformgemeinde, die wegen ihrer radikalen Reformen außerhalb der Hauptgemeinde stand.152 Hermann Falkenberg beschrieb 1925 in einem Artikel über die hohen Feiertage die positive Reaktion der Frauen der Gemeinde auf den gemeinsam mit der Familie verbrachten Gottesdienst. Sie hätten erklärt, es hätte sie „zum ersten Male eine wahre Jaumtauwstimmung erfaßt, da sie an der Seite von Mann und Kind das Gotteswort vernommen hätten.“ 153 Die Synagoge hatte darüber hinaus einen „gemischten“ Chor, indem nicht nur Männer und „Knaben“, sondern auch Frauen sangen, eine Sitte, die sich erst langsam in den liberalen Synagogen eingebürgert hatte. Eine „Konfirmation“ für Mädchen und Jungen hatte die jüdische Reformbewegung bereits im 19. Jahrhundert eingeführt.154 Schon vor dem 1. Weltkrieg gab es in der liberalen Neuen Synagoge die ersten „Einsegnungen“ von Mädchen. Noch während des ersten Weltkrieges kamen die Synagoge Lindenstraße, später die Synagoge Rykestraße hinzu.155 Die Einsegnungen der Mädchen waren allerdings ohne Gebetbuch, Thoraaufruf und außerhalb des Gottesdienstes.156 Auch in der Liberalen Synagoge Norden gab es daher Einsegnungen für Mädchen mit vorbereitendem „Konfirmationsunterricht“. Mädchen wurden hier jedoch nicht, wie in anderen Synagogen Berlins, in einer Sonderveranstaltung, sondern im Gottesdienst selbst eingesegnet und ihr religiöser Status damit aufgewertet.157 Sie hielten 1928 am zweiten Tag von Sukkot eine selbstverfasste Ansprache in der Synagoge zu einem mit Rabbiner Salomonski vorbereiteten Thema.158

Anlässlich ihres Berichts über eine gelungene Mädchen-Einsegnung in der Synagoge Lützowstraße 1929 im Bezirk Tiergarten hatte die Autorin des Artikels nachgefragt, ob nun nicht auch bald eine aktivere Beteiligung von Frauen im Gottesdienst möglich wäre.159 1931 hatte Regina Jonas nicht nur erfolgreich Übungspredigten im Seminar der Hochschule bei Leo Baeck gehalten, sondern auch ihre ersten Predigten, damals noch nicht als Rabbinerin, sondern als Religionslehrerin in drei „kleineren deutschen Gemeinden“.160 Typisch für die Reformen bereits im 19. Jahrhundert war ein vorsichtiges und schrittweises Vorgehen.161 Und Neues wurde nun vorsichtig und schrittweise, wie Jonas Berater und Mentoren Rabbiner Dr. Max Dienemann und Dr. Leo Baeck für die junge Rabbinerin planten,162 in der kleinen Synagoge versucht. Anfang der 30er Jahre hielt die etwa 20jährige Hanna Gerson,163 ausgebildete Kindergärtnerin und Hortnerin, vermutlich während ihrer Anstellung beim freiwilligen Wohlfahrtsdienst der jüdischen Gemeinde, einen Jugendgottesdienst in der Liberalen Synagoge Norden. Dabei las sie eine Geschichte von Martin Buber vor. 1931 hielt sie bei der „Sukkot-Feier der Jugend“ eine kleine Ansprache zu Ehren Hermann Falkenbergs164 und bei der „Simchas -Tauro-Feier“ der Gemeinde im gleichen Jahr las sie den Tischdank in der deutschen Übertragung von Franz Rosenzweig, der traditionell vor allem in der Öffentlichkeit, nur von Männern gesprochen wird.165 Im Dezember 1932 leitete sie, nun in ihrer professionellen Rolle als Kindergärtnerin und Hortnerin, die Kinderspiele bei der „Chanukka Feier der Jugend der Bezirksgruppe Wedding-Reinickendorf-West des Liberalen Vereins.“166 Aber auch später initiierte sie Jugendgottesdienste. So leitete sie als Jugendleiterin in ihrer sozialistischen, Martin Buber nahestehenden Jugendgruppe zu Jom Kippur das Gebet.167 Dieser Bereich war einschließlich der Predigt, der deutschsprachigen Gebete und der Beschäftigung mit Kindern, seit dem 19. Jahrhundert im Zuge der Verbürgerlichung der männlich bestimmten jüdischen Religion weiblich oder doch weiblicher konnotiert und wurde eher dem Haus als dem Ort bürgerlich-weiblichen Wirkens zugeordnet.168 Ganz ähnlich predigte dann 1936 Jonas bei kleineren Veranstaltungen, die weniger Widerspruch auslösten, u.a. für Kinder im Trausaal der Neuen Synagoge, und auch in den jüdischen Altersheimen Berlins, in Krankenhäusern etc. Bei beiden Frauen gehörten Aufrufe zur Thora, oder religionsgesetzliche Entscheidungen etc., die sich Jonas für Rabbinerinnen durchaus vorstellen konnte, noch nicht zu ihren Aufgaben.169

Die Gemeindeabende

Zum Gemeindeleben gehörten seit 1925/26 in den Wintermonaten auch regelmäßige monatliche „Gemeindeabende“, die nur die Reformgemeinde, aber keine der sonstigen Gemeindesynagogen anboten.170 Sie beinhalteten Vorträge zu religiösen und historischen Themen, Konzerte oder auch die Gemeindearbeit. Dazu holte sich die Gemeinde auch Referenten und Musiker von außerhalb. Unter dem Druck des Nationalsozialismus mit seinen zunehmenden Einschränkungen und Ausschlüssen für Juden und Jüdinnen erhielten jüdische Kulturveranstaltungen zwischen 1933 bis 1938 vermehrten Zulauf. Im Frühjahr 1935 leitete neben anderen Kurt Jakubowski mit dem volkstümlich-traditionellen Lied „Jaum zeh l’Israel“, dieser Tag ist für Israel (für das israelitische/jüdische Volk) für den Freitagabend eine „Weihestunde“ für den Schabbat in der Liberalen Synagoge Norden ein. Das bekannte Lied, von dem es verschiedene Melodien gibt, nach Idelsohn (1931) aber keine traditionellen,171 beschreibt den Schabbat als Tag der Ruhe (menucha), des Lichts (or(ah)) und der Freude (simcha). Das von den Verantwortlichen modellhaft präsentierte Pogramm für den Schabbatausgang (Hawdala) spiegelte die Fähigkeiten und Interessen der Akteure, wollte dem Geschmack verschiedener Besucher etwas bieten und war durchaus anspruchsvoll. Es enthielt u.a. eine Lesung eines Textes von Leo Baeck, eine Predigt von Rabbiner Dr. Manfred Swarzensky zur Bedeutung des Schabbats, den Vortrag des 2. Satzes des A-Dur-Konzertes von Mozart, ein jiddisches Lied, eine jüdische Legende, zwei Hawdala-Gebete und abschließend das Andantino des damals populären Geigers und Komponisten Fritz Kreisler. Die Rezension des Schreibers „H Fg.“, vermutlich Hermann Falkenberg, zeigte jüdisches Selbstbewußtsein in der Kritik an einem verkürzten Schabbat in einer nichtjüdischen zunehmend feindlichen Umgebung „hier“, also in Deutschland, aber auch an einem verkürzten Schabbat im nichtreligiösen damaligen britischen Mandatsgebiet Palästina. Letzteres signalisierte auch Distanz zum unter dem Druck des Nationalsozialismus zunehmenden Zionismus.172 Am 14. Mai 1936 veranstaltete die Liberale Synagoge Norden erneut einen Gemeindeabend, an dem neben Oberkantor Hanss John173 auch Kurt Jakubowski als Kantor mitwirkte.

Die Verbreitung der Idee und das Ende

Andere Äußerungen weisen darauf hin, dass es in einer Zeit zunehmender Säkularisierung nicht so einfach war. Jugendliche, junge Erwachsene und Familien für den Gottesdienst und die Gemeinde zu interessieren. Sie spiegelten die zeittypischen Befürchtungen. In einem Artikel von 1927 von Rabbiner Dr. Martin Solomonski über „Das Problem des Jugendgottesdienstes“ hieß es: „In einer Zeit, wo starke Reize alle Altersklassen aus dem Gebäude der Religion herauslocken, muß sehr viel versucht werden, um die schon bald Fernstehenden zu fesseln.“ Er beklagte „die Tragik unseres Sabbats“ und empfahl mit einer recht militärischen Formulierung für Menschen, die „eine Andacht an arbeitsfreien Tagen ablehnen, neue Gottesdienste, die „Familien geschlossen ins Bethaus führen.“174

Trotz aller Neuerungen blieb die Liberale Synagoge Norden als Gemeinschaft vergleichsweise klein. 1923 hatte sie 101 Mitglieder, zwei Jahre später 138 und 1928 etwa 200.175 Bald aber gewann das Konzept des gekürzten und modernisierten aktiven Gottesdienstes mit traditionellen Anteilen in Berlin Anhänger. 1927 wurde ein Freitagabend-Gottesdienst in Wilmersdorf eröffnet, der 1930 in den Gottesdienst der neu erbauten Synagoge Prinzregentenstraße überging. Hier saßen nun auch Männer und Frauen im Gottesdienst zusammen. 1928 wurde die Liberale Synagoge Westend und noch ein Jahr später die Liberale Synagoge Osten eröffnet, wo „der Erfolg alle Erwartungen übertraf“, zumal der Stadtteil als besonders konservativ-orthodox galt. In weiteren Bezirken , so in „Nordosten“ und in Wedding-Reinickendorf konnten Anfang 1933 Freitagabend-Gottesdienste eingerichtet werden. Der Beginn des Nationalsozialismus bedeutete jedoch das Aus für die meisten dieser Ableger, weil die neuen Machthaber der Gemeinde nun die Nutzung der städtischen Aulen untersagten, so dass der Gottesdienst jetzt in Privatwohnungen stattfinden musste. Allerdings gelang es noch in „Nord-Ost“ im Frühjahr 1934 an der Prenzlauer Promenade 176 erneut einen Gottesdienst und Gemeindeabenden einzurichten. In den Synagogen-Vorständen dieser Synagogen gab es nun auch Frauen, wie schon zuvor in England und Amerika.176

Bis zur Pogromnacht 1938 fanden in der Liberalen Synagoge Norden regelmäßig Gottesdienste statt.177 Nach dem Novemberpogrom 1938 hatte die Berliner jüdische Gemeinde im Sommer 1941 von 1937 ehemals 17 Synagogen noch elf, dazu einige Betsäle in geschlossenen Institutionen wie den jüdischen Altersheimen und den Repräsentantensaal der Neuen Synagoge in der Oranienburger Straße.178 Auch die Liberale Synagoge Norden zählte dazu. In sie waren SA-Leute eingedrungen, die das Gas der ewigen Lampe anstellen und die Fenster verschließen, was jemand noch rechtzeitig bemerkte.179 Im Herbst 1939 gab es hier von der Gemeinde veranstaltete Hohe Feiertage nach liberalem Ritus. Ab Februar 1940 wurden in der Hermann-Falkenberg-Synagoge – statt in der Synagoge Rykestraße – Gottesdienste nach „altem Ritus“ gehalten.180 Heinz Abrahamsohn, später Zvi Aviram, hatte hier Anfang 1940 seine wohl eher traditionelle Bar Mizwah.181Und noch am 21. September 1942, am Tag des Beginns von Jom Kippur, feierten in der kleinen Synagoge und dann im größten Spielzimmer des Waisenhauses die 22jährige Säuglingsschwester Ilse Moses und der 23jährige Maurer, Maler und Luftschutzverdunkler der Gemeinde Hans-Peter Messerschmidt ihre Hochzeit. Sie hatten sich ineinander verliebt und waren so sicher, dass man sie als Ehepaar bei der Deportation nicht trennen würde.182

Um den vielen Zwangsarbeitern Gelegenheiten zu geben, den Gottesdienst zu besuchen, veranstaltete die Hauptgemeinde seit Anfang der 40er Jahre Andachten, die mit ihren Arbeitszeiten vereinbar waren. Religion war „das einzige, was den Juden geblieben ist“ und „der Anker in der Not“, beobachtete ein jüdischer Zeitgenosse.183 Eine dieser Synagogen war die Liberale Synagoge Norden.184 Noch Ende 1942 gab es hier, wie sich Martin Riesenburger erinnerte, der sie als Rabbiner leitete, am Samstagnachmittag für die jüdischen Zwangsarbeiter Gottesdienste, die „sehr gut besucht waren.“185 Bis Ende 1942 verzeichnete das „Jüdische Nachrichten Blatt“ Gottesdienste in der Liberalen Synagoge Norden.186 Der Gottesdienstbesuch war nun gefährlich, denn die Gestapo erschien regelmäßig, um Besucher unter Beschimpfungen festzunehmen. Religionsausübung fand daher zunehmend in privaten Wohnungen und heimlich statt. Ab dem 15.12.1942 durften die Gottesdienste schließlich nichtmehr angekündigt werden.187 Ende 1942 wurden die letzten 89 Lehrer und Zöglinge des Auerbach‘schen Waisenhauses ins Rigaer Ghetto deportiert. Das Gebäude bekam die Hitler-Jugend.188

Die Statistik des Überlebens bzw. Sterbens der Beteiligten am Konzept der Liberalen Synagoge Norden fördert, wie soll es auch anders sein, gemischte Ergebnisse zu Tage. Von den Rabbinern der Liberalen Synagoge Norden emigrierten die meisten nach England oder in die USA. Werner van der Zyhl wurde in London u.a. Mitbegründer und erster Direktor des späteren Leo Baeck Colleges, Manfred Swarsenski schließlich Militärrabbiner in Madison. Erwin Zimet wurde Rabbiner in den USA im kleinen Poughkeepsie im Bundesstaat New York, Louis Graf nach seiner Emigration 1940 Rabbiner an der Reformsynagoge Bradford in England, später in Leeds und u.a. Gründer und Vorsitzender der Interfaith Association Cardiff. Dr. Benno Gottschalk gelangte 1938 nach England und von dort ein Jahr später in die USA, wo er u.a. Rabbiner der assimilatorisch eingestellten Dr. Gottschalk-Kongregation wurde. Den Rabbinern Plotke, Mehler und Dr. Hugo Klein gelang dagegen die Emigration nicht. Sie wurden nach Bergen-Belsen bzw. Riga deportiert. Der erste Rabbiner der Liberalen Synagoge Norden Dr. Salomonski wurde 1942 mit seinen beiden Kindern aus seiner 2. Ehe nach Theresienstadt deportiert und zwei Jahre später in Auschwitz ermordet.

Hermann Falkenberg starb bereits 1936. Jonas Plaut konnte mit seiner Frau 1939 England erreichen und 1945 seine bereits in die USA emigrierten Söhne. Der sprachbegabte Gymnasiallehrer und Laienprediger Joshua Friedländer, ehemals zuständig für die ersten Gebetbücher der Liberalen Synagoge Norden, starb jedoch im Ghetto Theresienstadt. Leo Rosenblatt, Lehrer, Laienprediger und später Direktor der jüdischen Gartenbauschule in Ahlem, wurde wie auch sein Sohn 1944 in Auschwitz ermordet. Der langjährige Chorleiter und Kaufmann Max Kohn kam mit seiner Familie im Ghetto Riga um.189

Oberkantor Aron Friedmann190 und Kantor Alfred Gordon191 hatten 1930 bei Pessach-Gottesdiensten der Liberalen Synagoge Norden im Zentrum der Stadt amtiert. Friedmann starb bereits 1936 in Berlin. Gordon wurde dagegen ins KZ Chelmno deportiert, Oberkantor Hanss John im KZ Sachsenhausen und Kantor Kurt Jakubowski mit seiner Familie in Auschwitz ermordet. Sein drei Jahre älterer Bruder William (Willy), mein anderer Großonkel, der in der Administration der Berliner Gemeinde in der Oranienburgerstraße arbeitete, und gelegentlich als Kantor, u.a. in der Filiale Wedding-Reinickendorf-West der Liberalen Synagoge Norden, so bei der Chanukka-Feier 1932, emigrierte 1939 mit Frau und Tochter in die USA,192 Hanna Gerson Anfang 1940 ins damalige Palästina. Lucie Jacobson, die sich 1923 für Reformen im bisherigen Gottesdienst stark gemacht hatte, kam in Minsk um. Ihr Co-Autor Amandus Abraham flüchtete 1938 nach Australien.

Anmerkungen:

1      https://www.gedenktafeln-in-berlin.de/gedenktafeln/detail/baruch-auerbachsches-waisenhaus/2544; Lara Dämmig: Jüdisches in Pankow. Rundgänge durch Prenzlauer Berg, Pankow und Weißensee, Berlin, 2013, S. 34 f.

2 Larissa Dämmig: Die Liberale Synagoge Norden, Schönhauser Allee 162, in: Kulturamt Prenzlauer Berg (Hg.): Leben mit der Erinnerung, Berlin, 1997, S. 284.

3      https://www.gedenktafeln-in-berlin.de/gedenktafeln/detail/baruch-auerbachsches-waisenhaus/2544http://www.susanne-ahner.de/pdf/erinnerungsort_auerbachsches_waisenhaus-faltblatt.pdf.; Lara Dämmig: Jüdisches in Pankow. Rundgänge durch Prenzlauer Berg, Pankow und Weißensee, Berlin, 2013, S. 34 f.; Matthias Frühauf: Ein Elternhaus für Waisen. Die Geschichte der Baruch-Auerbachschen Waisenerziehungsanstalten von 1832 bis 1942, Schönhauser Allee 162, in: Kulturamt Prenzlauer Berg (Hg.): Leben mit der Erinnerung, Berlin, 1997, S. 236.

4      Michael A. Meyer: Gemeinschaft within Gemeinde. Religious Fermant in Weimar Liberal Judaism; in: Michael Brenner u. Derek J. Penslar (Hg.): In Search of Jewish Community, Bloomington, Ind. u.a., 1998, S. 15-35; Dämmig: Die Liberale Synagoge Norden. S. 277-285; Klaus Hillenbrands kurze Darstellung der Liberalen Synagoge Norden in seiner Geschichte des Auerbachschen Waisenhauses enthält jedoch Fehler (Klaus Hillenbrand: Die Geschützte Insel. Das Jüdische Auerbachsche Waisenhaus in Berlin, Leipzig, 2024, S. 30 f.).

5  Hermann Falkenberg war zuerst an der jüdischen Mädchenschule, dann an der „Jüdischen Knabenschule“ Lehrer für Naturwissenschaften, Deutsch und jüdische Religion, dann auch Leiter der Religionsschulen der Jüdischen Gemeinde. An der Liberalen Synagoge Norden fungierte er als Laienprediger. Er war aber ebenso wie Josua Falk Friedländer kein ausgebildeter Rabbiner. Hier irrt Klaus Hillenbrand, der seine Information offenbar von Matthias Frühauf übernommen hat. Falkenberg und ebenso Friedländer erscheinen nicht im „ „Biographischen Handbuch der Rabbiner.“ Er wird auch in keinem der über ihn erschienenen Artikel von seinen Zeitgenossen als Rabbiner bezeichnet, wohl aber als sehr engagierter Lehrer, wesentlicher Initiator der „Liberalen Synagoge Norden“ und Vorsitzender des zugehörigen „Liberalen Synagogenvereins Norden“. Zudem betätigte er sich als einer der Laienprediger der Liberalen Synagoge Norden. (Siehe u.a.: Jüdische Schulzeitung, vom 02.05.1936, S. 6f.; Direktor Jonas Plaut: Das Werden eines Gottesdienstes. Zum 10jährigen Jubiläum einer  Ausgangsstätte des religiös-liberalen Judentums; in: Jüdisch-liberale Zeitung, Nr. 13, vom 24.11.1933, S. 2; Dr. Martin Solomonski: Hermann Falkenberg – 60 Jahre; in: Jüdisch-liberale Zeitung, Nr. 47, vom 20.11.1929,S. 2; Der Gemeindebote, vom 27.01.1911, Berlin, S. 1, Jüdische Allgemeine Zeitung. Neue Folge der Jüdisch-Liberalen Zeitung, vom 25.03.1936, S. 1-3; Fritz Aronstein: Hebräische Lektüre: Lesen, Lernen, Beten, in: Der Morgen, Nr. 12, (1936-1937), Heft 1 (April 1936), S. 46; Dämmig: Die Liberale Synagoge Norden, S. 279; ohne Beleg: Matthias Frühauf: Ein Elternhaus für Waisen. Die Geschichte der Baruch Auerbach’schen Waisenerziehungsanstalten, in: Kulturamt Prenzlauer Berg (Hg.): Leben mit der Erinnerung, Berlin, 1997, S. 243, zu Hillenbrand, siehe Anmerkung Nr. 4. In Hillenbrands Beleg, dem Aufsatz von Jonas Plaut von ca. 1933 ist allgemein von „Vertretungen“ die Rede, die wegen des schlechten Gesundheitszustandes des damaligen Direktors Gustav Altmann und seiner Frau im Waisenhaus nötig waren. (Manuskript: Geschichte der Baruch Auerbach’schen Waisenerziehungsanstalten für jüdische Knaben und Mädchen in Berlin, anlaesslich ihres  hundertjährigen Bestehens, dargestellt vom derzeitigen Direktor Jonas Plaut, mit einem Nachwort von Alfred Lipschitz, Berlin, ca. 1933, S. 39. (LBI, la-me503pdf.))

6      Dazu zählte der Lehrer und Direktor des Auerbachschen Waisenhauses Jonas Plaut und der Gymnasiallehrer für Englisch, Französisch und Latein sowie jüdische Religion Joshua Falk Friedländer. Zeitweilig war hier auch Leo Rosenblatt Laienprediger, ebenfalls Lehrer und schließlich der letzte Direktor der Israelitischen Gartenbau-Schule in Ahlem (zu Joshua Friedländer siehe: Wegweiser durch das jüdische Berlin, Berlin, 1987, S. 194; E. G. Löwenthal: Bewährung im Untergang. Ein Gedenkbuch, Stuttgart, 1967, S. 51-53; Jonas Plaut: Persönliches, in: Die Gemeinschaft, Beilage zu Heft Nr. 21/22, Jg. 1933, S. 33; Dämmig: Die Liberale Synagoge Norden, S. 281; mit weiteren Literaturangaben zu Friedländer: Meyer: Gemeinschaft, S. 25; https://www.stolpersteine- hamburg.de/index.php?MAIN_ID=7&BIO_ID=1810; https://www.stolpersteine-berlin.de/de/siegmunds- hof/15/josua-falk-friedlaender.; zu Jonas Plaut siehe: https://mjhnyc.org/blog/jonas-and-selma-plaut-a-family- portrait/ ; zu Leo Rosenblatt siehe: Löwenthal: Bewährung, S. 141; https://de.wikipedia.org/wiki/Levy_Rosenblatt; Die Gemeinschaft vom 18.08.1928, S. 24.

7      Neben Lehrern zählt Simone Lässig dazu weitere Laien und auch Prediger. (Simone Lässig: Jüdische Wege ins Bürgertum. Kulturelles Kapital und sozialer Aufstieg, Göttingen, 2004, S. 372)

8      Michael Brocke/Julius Carlebach (Hrg.): Biographisches Handbuch der Rabbiner, Teil 2 (Die Rabbiner im Deutschen Reich 1871-1945), München, 2009, S. 604; Nathan Peter Levinson: Ein Ort ist, mit wem du bist. Lebensstationen eines Rabbiners, Berlin 1996, S. 35 f.;  https://en.wikipedia.org/wiki/Manfred_Swarsensky.

9      Brocke/Carlebach: Biographisches Handbuch, S. 619; Levinson: Ein Ort ist, S. 40.

10    Brocke/Carlebach: Biographisches Handbuch, S. 485.

11  Brocke/Carlebach: Biographisches Handbuch, S. 427.

12    Brocke/Carlebach: Biographisches Handbuch, S. 14 f.

13   Brocke/Carlebach: Biographisches Handbuch, S. 280 f.

14   Brocke/Carlebach: Biographisches Handbuch, S. 539 f.

15     Brocke/Carlebach: Biographisches Handbuch, S. 671; Levinson: Ein Ort ist, S. 37 f. https://www.jmberlin.de/1933/de/07_05_zwischenprufungszeugnis-der-hochschule-fur-die-wissenschaft-des- judentums-fur-erwin-zimet.php.

16  Brocke/Carlebach: Biographisches Handbuch, S. 241 f.; Erwin Pantauer: Ich hatte sieben Leben, in: Kulturamt Prenzlauer Berg (Hg.): Leben mit der Erinnerung, Berlin, 1997, S. 251.

17    Jüdische Allgemeine Zeitung, Berlin, vom 25.03.1936, S. 1.

18    Die Namen der Kantoren zu erfahren ist im allgemeinen schwieriger, denn die jüdischen Nachrichtenblätter listeten bei der Ankündigung der Gottesdienste im allgemeinen die Rabbiner, nicht jedoch die Kantoren auf.

19    Siehe u.a.: Plaut: Das Werden eines Gottesdienstes. Zum 10jährigen Jubiläum, S. 2; Jonas Plaut: Persönliches, in: Die Gemeinschaft, Beilage zu Heft 21/22, Jg. 1933, S. 33; Berlin-Norden, Simchas-Tauro-Feier, in: Jüdisch-Liberale Zeitung vom 14.10.1931, S. 4; https://zwangsraeume.berlin/de/houses/charlottenburger-strasse-1; zum Bar Mizwah- Unterricht bei Kurt Jakubowski: https://audio.com/historische-synagogen-musik/audio/w-frankenstein-teil-3;

20   Brocke/Carlebach: Biographisches Handbuch, S. 235-240.

21    „Die zehnjährige Tätigkeit der Liberalen Synagoge Berlin“, in: Die Gemeinschaft, Beilage zu Heft Nr. 21/22, Jahrg. 1933, S. 37.)

22    Meyer: Gemeinschaft, S. 27; Dämmig: Die Liberale Synagoge Norden, S. 278.

23   „Aus der Bewegung“, in: Jüdisch-Liberale Zeitung vom 20.03.192, S. 5;

24    Die Gemeinschaft: Hefte für die religöse Erstarkung des Judentums, Berlin, 1925-1930, Die Gemeinschaft, Beilage Nr. 21/22, 1933. Zur Idee der Gemeinschaft: Meyer: Gemeinschaft, S. 18-24, S. 29 f. ; Ulrike Pilarczyk: Gemeinschaft. Jüdische Jugendfotographie 1924-1938, in: Yotam Hotam (Hg.): Deutsch-Jüdische Jugendliche im „Zeitalter der Jugend“, Göttingen, 2009, S. 75 ff.

25    „Wünsche der Jugend zur Gottesdienstreform“ in: Jüdisch-Liberale Zeitung vom 28.12.1923, S. 4

26   https://de.wikipedia.org/wiki/Ismar_Elbogen

27    Biographisches Handbuch, Bd. 2, S. 564-570; https://de.wikipedia.org/wiki/Caesar_Seligmann.

28   Biographisches Handbuch, Bd. 2, S. 621-624; https://de.wikipedia.org/wiki/Hermann_Vogelstein.

29    Es erschien letztlich doch in drei unterschiedlichen regionalen Ausgaben für Berlin, Breslau und Frankfurt. (Jacob J. Petuchowski: Prayerbook Reform in Europe. The Liturgie of European Liberal and Reform Judaism, New York, 1968, S. 35, 208-213; Artikel „Einheitsgebetbuch“ in: Jüdisches Lexikon, Bd. 2, Sp. 309-311.)

30   Lässig: Jüdische Wege ins Bürgertum, S. 243 ff.

31 Er meinte, die neuen Gebetbücher könnten nicht die Unkenntnis des Hebräischen und vor allem die Gleichgültigkeit gegenüber dem Gottesdienst verhindern. Nur Engagement der Gottesdienstbesucher könne dies ändern. (I. Elbogen: Das Hebräische als Gebetssprache, in: Die Gemeinschaft, Beilage Nr. 21/22, 1933 , S. 15 f.

32    Responsionen sind hier wohl traditionelle abwechselnde Textvorträge eines Gebetsstückes durch Vorbeter und Gemeinde bzw. Einwürfe der Gemeinde wie „Amen“ etc.. Normalerweise beziehen sich Responsionen auf Wiederholungen im Gedicht, siehe: https://de.wikipedia.org/wiki/Responsion ) .

33Entsprechend verzichtete auch das Einheitsgebetbuch auf die Wiederholungen von Kaddisch, Ashre und Keduscha in einem Gottesdienst. Andere Teile der Liturgie, wie die Hymne Yigdal wurden sollten nur zu bestimmten Festtage vorgetragen werden. Die Gemeinden konnten den ersten Teil des Wochengottesdienstes bis „Baruch she-amar“ auf das Gebet zu Haus verlegen, die Hoshanoth wurden gekürzt und vor das Ausheben der Thora gestellt etc. („Vorrede“ von Seligmann, Elbogen und Vogelstein zum Einheitsgebetbuch von 1929; in Caesar Seligmann/Ismar Elbogen/Hermann Vogelstein (Hrsg.): Tefillot lekhol hashanah. Gebetbuch für das ganze Jahr bearbeitet im Auftrag des Liberalen Kultus- Ausschusses des Preussischen Landesverbandes der jüdischen Gemeinden, erster Teil (Werktag, Sabbat und Festtage), Frankfurt am Main, 1929. (liberales Einheitsgebetbuch), S. XV. (https://mss.huc.edu/phpviewer/index.php? path=printed_material/RBR_BM_675_D3_Z6_66_1929_v_1); siehe auch: Petuchowski: Prayerbook Reform, S. 209 f.)

34      Klaus Herrmann: Liberale Gebetbücher von Die duetsche Snagoge (1817) bis zum Das Einheitsgebetbuch 1929, in: Walter Homolka (Hg.): Liturgie als Theologie, Berlin, 2005, S. 83.

35   Die Gemeinschaft vom 14.05.1925, S.5.

36 Im Einheitsgebetsbuch hatte die liberale Kommission so u.a. „die schönsten Psalmen“ in den Gottesdienst für die Abende von Channukah , Purim und Tischa beAv eingeführt. („Vorrede“ von Seligmann, Elbogen und Vogelstein zum Einheitsgebetbuch von 1929, zitiert nach: Petuchowski: Prayerbook Reform, S. 210.)

37  Lässig: Jüdische Wege ins Bürgertum, S. 258 f.

38   Direktor Jonas Plaut: Ein Jahrfünft Liberale Synagoge Norden, in: Die Gemeinschaft vom 18.08.1928, S. 9. Nur der

„in jüdischen Dingen gründlich durchgebildet zur Verantwortung Erzogene“ dürfe auch einmal reden. Dauerhafte Laienpredigt würde aber „mehr Schaden als Nutzen bringen“, meinte so der Offenbacher Rabbiner Dienemann. (Rabbiner Dr. Dienemann: Die Stellung des Laien im Gottesdienst, in: Die Gemeinschaft vom 18.08.1928, S. 20.)

39    Ernst Heinrich Seligsohn: Der Laie, in: Die Gemeinschaft vom 25.03.1926, S. 10.

40    Hermann Falkenberg: Unser Gottesdienst; in: Die Gemeinschaft, vom 19.09.1925, S. 6; Plaut: Das Werden eines Gottesdienstes. Zum 10jährigen Jubiläum, S. 2; „Aus der Bewegung“ in: Jüdisch-Liberale Zeitung vom 20.03.1925, S. 5; Meyer: Gemeinschaft, S. 27.

41    Brocke/Carlebach: Biographisches Handbuch, Bd. 2, S. 529-532; Dämmig: Die Liberale Synagoge Norden, S. 282;; Levinson: Ein Ort ist, S. 31 f.; Wegweiser, S. 194; Löwenthal: Bewährung, S. 142-145.

42    Plaut: Ein Jahrfünft Liberale Synagoge Norden, S. 9 f.; derselbe: Das Werden eines Gottesdienstes. Zum 10jährigen Jubiläum, S. 2 f.; Falkenberg: Unser Gottesdienst; in: Die Gemeinschaft vom 19.09.1925, S. 7.

43   Meyer: Gemeinschaft, S. 26.

44    Die Gemeinschaft vom 18.08.1928, S. 14-16; Rabbiner Martin Salomonski: Was bedeutet der Gottesdienst, Exodus 12,27, in: Die Gemeinschaft vom 25.09.1927, S. 1 f.; Dämmig: Die Liberale Synagoge Norden, S. 280;

45    Siehe u.a.: Hillenbrand: Die geschützte Insel, S. 31.

46   Meyer: Gemeinschaft, S. 26.

47    Meyer: Gemeinschaft, S. 29. Siehe auch die Gottesdienst-Ordnung der Liberalen Synagoge Norden, in: Die Gemeinschaft vom 18.08.1928, S. 24; zur Forderung nach Pünktlichkeit: Jakob J. Petuchowski: Liturgiereform im Judentum heute; in: Hans Hermann Henrix (Hrsg.): Jüdische Liturgie. Geschichte-Struktur-Wesen, Freiburg/Basel/Wien, 1979, S.113.

48    Lässig: Jüdische Wege ins Bürgertum, S. 263, 268; Petuchowski: Liturgiereform im Judentum, S.113.

49   Dämmig: Die Liberale Synagoge Norden, S. 282 f.

50    Siehe u.. a.: https://jwa.org/encyclopedia/article/jewish-feminism-in-post-holocaust-germany; http://www.annette- boeckler.de/aboeckler/juedische_frauen_beten.htm; Lara Dämmig: Jüdisches in Pankow. Rundgänge durch Prenzlauer Berg, Pankow und Weißen See, Berlin, 2013, S. 37; Dämmig: Die Liberale Synagoge Norden, S. 285.

51 Siehe dazu: Sharon Gillerman: The Crisis of the Jewish Family in Weimar Germany, in: Michael Brenner u. Derek J. Penslar (Hg.): In Search, 1998, S. 176-199; Yael Kupferberg: The Discourse of the Other. The Transformation of the Jewish Woman in Ninetheenth-Century Germany, in: Hartmut Bomhoff, Denise L. Eger u.a. (Hg): Gender and Religious Leadership. Women Rabbis, Pastors and Ministers, London, 2019, S. 13-25.

52  Hermann Falkenberg: Ausbau und Fortschritt; in: Die Gemeinschaft vom 11.12.1925, S. 8 f.

53    Liberale Synagoge Norden in Berlin (Hg.): Abendgebete für Sabbat und Festtage, zweite vermehrte und veränderte Auflage, 1935.

54    Das Freitagsabend-Gebet (Chanukka-Heft), in: Die Gemeinschaft vom 18.12.1927; Meyer: Gemeinschaft, S. 25.

55  Klaus Hillenbrand schreibt, dass die Gebetssprache im Gottesdienst der „Liberalen Synagoge Norden“ Deutsch gewesen sei, dies entspricht, wie im Folgenden gezeigt wird, nicht den gemischten Tatsachen. (Hillenbrand: Die geschützte Insel, S. 30)

56    Meyer: Gemeinschaft, S. 26.

57    Dämmig: Die Liberale Synagoge Norden, S. 281; Meyer: Gemeinschaft, S. 26.

58    Plaut: Ein Jahrfünft Liberale Synagoge Norden, S. 9.

59   Dämmig: Die Liberale Synagoge Norden, S. 281; Meyer- Gemeinschaft, S. 26.

60   Hermann Falkenberg: Arbeiten und Sorgen, in: Die Gemeinschaft vom 25.03.1926, S. 12 f.; Plaut: Ein Jahrfünft Liberale Synagoge Norden, S. 9; Dämmig: Die Liberale Synagoge Norden, S. 281; zur zeitgenösischen Idee des Gesamtkunstwerks: https://de.wikipedia.org/wiki/Gesamtkunstwerk. .

61   Meyer: Gemeinschaft, S. 27 f.

62    Vgl.:Klaus Herrmann: Liberale Gebetbücher von Die deutsche Synagoge der Erstgeburt der Ägypter ausgelassen. (1817) bis zum Einheitsgebetbuch (1929), in: Walter Homolka (Hg.): Liturgie als Theologie, Berlin, 2005, S. 88 f.; S. 93.

63   In Geigers Gebetbuch von 1854 ist das Erschlagen der Erstgeburt daher in „ezrat“nur im Hebräischen da, und nicht im Deutschen. In seinem Gebetbuch von 1870 gibt es das „ezrat“ in Hebräisch, aber ohne das Erschlagen der Erstgeburt und dem Vernichten der Feinde. Die Beracha „az“ ließ er komplett aus. „Psalm 136“begann mit dem Anfang von Psalm 117, dann folgen vier veränderte Strophen ohne das Erschlagen der Erstgeburt und die Vernichtung der Feinde. Geiger kürzte 1854 Psalm 136 und lässt dabei den Tod der Ägypter im Schilfmeer zusammen mit der Rettungsgeschichte aus. 1870 verzichtete er dann komplett auf Psalm 136. (siehe: Abraham Geiger: Israelitisches Gebetbuch für den öffentlichen Gottesdienst im ganzen Jahr. Mit Einschluss der Sabbathe und sämmtlicher Feier- und Festtage, Breslau, 1854, S. 96 ff.,110; Abraham Geiger: Israelitisches Gebetbuch für den öffentlichen Gottesdienst im ganzen Jahre, Berlin, 1870, S. 85 u. S. 99). Das Gebetbuch von 1929 folgt hier stärker Geiger (Gebetbuch für das ganze Jahr, bearbeitet im Auftrag des Liberalen Kultus-Ausschusses des Preußischen Landesverbandes jüdischer Gemeinden, Erster Teil: Werktag, Sabbat und Festtage, Frankfurt am Main, 1929, S. 9 ff., S. 14, S. 18-20.)

64    Herzlichen Dank an Jochen Fahlenkamp, Kantor der Synagoge Rykestraße in Berlin, fürs Gegenlesen des Gebetbuchkapitels und Mutmachen zur Veröffentlichung.

65    Siehe auch: Petuchowski: Prayerbook Reform, S. 277-297; Rabbiner Prof. Dr. Jonathan Magonet: Vorwort, in: ders.: Seder Ha-Tefillot. Das jüdische Gebetbuch. Gebete für Schabbat, Wochentage und Pilgerfeste, Gütersloh, 1997, S. 12 f.

66    Petuchowski: Prayer Book, S. 285, 288, 291; Herrmann: Liberale Gebetbücher, S. 80 f., S. 84, 88-91, 96; John D. Rayner: Partikularismus und Universalismus in der Liturgie des Progressiven Judentums, in ebd. , S. 164 ff.

67    Gebetbuch für die Synagoge in der Fasanenstraße, Berlin 1925,S. 53-56; sehr ähnlich: Gebetbuch für die neue Synagoge in Berlin, Berlin, 1909, S. 52-55, vgl: Petuchowski: Prayer Book, S. 217 ff.

68    Gebetbuch für die neue Synagoge in Berlin, Berlin,1909, S. IV (Inhaltsverzeichnis), S. 38, S. 46 f.; Gebetbuch für die Synagoge in der Fasanenstraße, 4. Aufl, Berlin 1925, S. 39, 48, vrgl. dagegen für das Gebetbuch der neuen Synagoge von 1881: Herrmann: Liberale Gebetbücher, S. 89

69    Gebetbuch für die neue Synagoge in Berlin, S. 21 f.; Gebetbuch für die Synagoge in der Fasanenstraße, S. 22, insbes. 23.

70      Gebetbuch für die neue Synagoge in Berlin, S. 23 f; Gebetbuch für die Synagoge in der Fasanenstraße, S. 24, insbes.25.

71    Jeffrey Hoffman: The Image of The Other in Jewish Interpretations of Alenu. Studies in Christain-Jewish Relations, insbes. S. 23 ff.(https://www.google.com/url? sa=t&rct=j&q=&esrc=s&source=web&cd=&ved=2ahUKEwi3_9rd6rLwAhXQMewKHTFxC- 8QFjANegQICBAD&url=https%3A%2F%2Fejournals.bc.edu%2Findex.php%2Fscjr%2Farticle%2Fdownload%2F5904%2F5230%2F&usg=AOvVaw1Hs7IRjjLFIlDG-pc7cGTA; Petuchowski: Prayerbook Reform, S. 298 ff., 302 f., 305; Rayner: Partikularismus, S. 168 f.; Jüdisches Lexikon, Bd. A-C, Berlin 1927, Sp. 201-203; Klatzkin/Elbogen: Encyclopaedia Judaica, Bd. 2, Berlin, 1928, Sp. 180f.; Singer: The Jewish Encyclopedia, Bd. 1, 1901, S.336-339; Idelsohn: Jewish Liturgy, S. 116. Neuere deutsche Liberale Gebetbücher haben wieder das Gebet aufgenommen und als unpassend erachtete Passagen ersetzt. Das Seder Ha-Tefillot schreibt „asher bahar-banu mi col haamin ve natan lanu et thorato“/ Gott hat uns aus allen Völkern erwählt und uns die Thora gegeben. Das „Jüdische Gebetbuch“ von 2009 ersetzt die fragliche Passage mit „sche-ssam chelkenu l‘ owdo be-emet/zusammen mit allen Gottgläubigen“. (Seder Ha-Tefilot, Bd. 1, 1997, S. 118 f.; Jüdisches Gebetbuch, Bd. 1, S. 180 f.)

72   Zitiert und übersetzt nach: Petuchowski: Prayerbook Reform, S. 300.

73    In beiden lautet der hebräische Text wie schon im Gebetbuch für die Neue Synagoge von 1881 (Gebetbuch für die Synagoge in der Fasanenstraße, S. 75, Gebetbuch für die neue Synagoge, S. 74, vgl. zum Gebetbuch für die Neue Synagoge von 1881: Petuchowski: Prayerbook Reform, S 303.) Diese besondere Rolle wird in den Berliner Gebetbüchern von 1909 und 1925 wieder stärker hervorgehoben.

74    In der Variante von Geiger von 1854 heißt es: „schenizlah leavoteinu vehodiam et rizono item vekarat et brito ve ´nehilanu torato“/“der sich unseren (Stamm)vätern offenbart hat und ihnen seinen Willen kundgetan hat und den Bund mit ihnen geschlossen hat und uns seine Lehre (seine Thora) zum Erbe gegeben hat/vererbt hat.“ In der deutschen Übertragung Abraham Geigers: „Uns liegt es besonders ob, dem Herrn des Weltalls Ruhm und Ehre darzubringen. Er hat unsern Vätern sich offenbart. Seinen Willen ihnen kund gethan, den ewigen Bund mit ihnen geschlossen, uns aber als Erbe die heilige Lehre gegeben.“ Der Bund Gottes mit seinem Volk ist dabei eine Sache der Vergangenheit. Übrig bleibt für die Juden der Gegenwart das Erbe der „heiligen Lehre“, der Torah. Der Bund Gottes mit seinem Volk ist dabei eine Sache der Vergangenheit. Übrig bleibt für die Juden der Gegenwart das Erbe der „heiligen Lehre“, der Torah. Petuchowski irrt daher, wenn er schreibt, dass der Bund nicht mehr erwähnt wird. Er wird historisiert. (Abraham Geiger: Israelitsches Gebetbuch, 1854, S. 61 f (Nr. 26, Petuchowski: Prayerbook Reform, S. 302). In Geigers Gebetbuch von 1870 liest sich die Passage als „schesam helkenu lejachad et-schemo vekaravnu leavodato“/ Der uns zusammen zu seinem Namen berufen hat und zu seinem Dienst“/ In der Übersetzung in Deutsch: „Uns liegt es besonders ob zu preisen den Herrn des Weltalls … als Bekenner seiner Einheit, als berufen Seinem Namen und Seinem Dienste uns zu weihen.“ (Abraham Geiger: Israelitisches Gebetbuch, 1870, S. 39.) Der Bund Gottes mit dem israelitischen Volk ist nun sowohl im hebräischen Gebet als auch in der deutschen Übersetzung nicht mehr vorhanden. Die Besonderheit des jüdischen Volkes nahezu getilgt.

75     Im Gebetbuch von 1929 schreiben die Verantwortlichen „schebaharbanu lejahed et schemo vekerevanu leavodato.“/der uns zusammen erwählt hat und uns zu seinem Dienst kommen ließ“ und übersetzen recht wörtlich und wieder zurückhaltender in Bezug auf eine besondere Rolle der jüdischen Gemeinschaft mit: „daß er uns gewürdigt, seine Einheit zu bekennen, und daß er uns zu seinem Dienst berufen hat.“ (Gebetbuch für das ganze Jahr, 1929, S. 48 f.)

76     Herrmann: Liberale Gebetbücher, S. 82. Siehe auch : Abraham Geiger: Israelitisches Gebetbuch, 1970, S. 10; Gebetbuch für die neue Synagoge, S. 42; Gebetbuch für die Synagoge in der Fasanenstraße, S. 43.

77    Ismar Elbogen, zuständig für den hebräischen Teil des Einheitsgebetsbuches von 1929 hatte aus dem Psalm 135 und der Beracha von „Leel“ ein neues Ende gebastelt. Darin wird Gott gedankt als Schöpfer der Welt, des Lichtes und der Finsternis sowie des Friedens. (Gebetbuch für das ganze Jahr, 1929, S. 14-17) Noch ohne „or hadasch“ ist dann: Jonathan Magonet/ Walter Homolka: Das Jüdische Gebetbuch, Gütersloh, 1997, S. 86; Mit „or hadasch“: Andreas Nachama/Jonah Sievers: Jüdisches Gebetbuch. Schabbat und Werktage, Gütersloh, 2009, S. 54.

78  Gebetbuch für die neue Synagoge, 1909, S. 164. Gebetbuch für die Synagoge in der Fasanenstraße, S. 163; Liberale Synagoge Norden (Hg.): Abendgebete für Sabbat und Festtage, S. 66 f., 126 (Mit Melodie); Petuchowski: Prayer Book,
S. 289 ff.; Nachama/Sievers: Jüdisches Gebetbuch, S. 78 Bei Magonet und Homalka wird „thora“ als „Thora“ übersetzt: Magonet/Homolka: Das Jüdische Gebetbuch, S. 104) Aber auch im einflussreichen, traditionellen Siddur „Sefat Emet“, der im Deutschland der Nachkriegszeit überwiegend benutzt wurde, steht und stand „Lehre“. (Siehe: Siddur Sephat Emeth: Gebetbuch der Israeliten, neu übersetzt von Rabbiner Dr. Selig Bamberger, Rödelheim, 1922, S. 57; Siddur Sefat Emet. Mit deutscher Übersetzung von Rabbiner Dr. S. Bamberger, Basel, 1993, S. 57.)

79    Petuchowski: Prayerbook Reform, S. 216.; Klaus Herrmann: Liberale Gebetbücher, S. 76, 78, 85. Vor dem Schma sind die Ophanim, die heiligen Chajot und die Seraphim daher in den Berliner Gebetbüchern gestrichen. „Liebliche Gesänge“ stimmen deswegen im Hebräischen nur „sie“ an und in der deutschen Übersetzung „wir“, also die Betenden. ( Gebetbuch für die neue Synagoge, 1909, S. 41 f; Gebetbuch für die Synagoge in der Fasanenstaße, S. 42 f..) In „leel“ müsste es nach Gesenius anstatt „“nimot jitenu“ (Sie boten liebliche Gesänge dar) „nimot jitennu“ mit zwei „nun“ (Wir brachten liebliche Gesänge dar) bzw. besser „nimot netannu“ (Wir bringen liebliche Gesänge dar ) wohl heißen und anstatt „smirot jamru“ sicherlich “smirot nomer“.(Wir singen Lieder) (Wilhelm Gesenius: Hebräisches und Aramäisches Handwörterbuch über das Alte Testament, 15. Aufl, Berlin/Göttingen/Heidelberg, 1962, S. 50, 529, vgl.: Herrmann: Liberale Gebetbücher, S. 85)

80    Abraham Geiger: Israelitisches Gebetbuch für den Gottesdienst im ganzen Jahre. Gebete für Wochentage, Sabbat, und Festtage nebst einem Anhange für häusliche Andacht, Berlin, 1870, S. VIII.

81    Liberale Synagoge Norden (Hg.): Abendgebete für Sabbat und Festtage, S. 83. „Schalom aleichem“ gehörte zu den häuslichen Liedern und Gebeten und wurde nach der Rückkehr on der.. Synagoge am Freitagabend vor dem Kiddusch gesungen, siehe: Herlitz/ Elbogen (Hg.): Jüdisches Lexikon, Berlin, 130, Bd. 4, Sp. 143; Werner Weinberg: Lexikon zum religiösen Wortschatz und Brauchtum der deutschen Juden, Stuttgart/Bad Cannstadt, 1994 f., S. 243; https://de.wikipedia.org/wiki/Schalom_aleichem_(Lied).

82     Hagada für die Sederabende, ausgewählt und bearbeitet von Hermann Falkenberg, Berlin, 1929, S. 36. Nicht als Engel, sondern eher als mittelalterliche Personifikation ist der Tod dagegen in der etwa zeitgleichen Berliner Pessach-Haggadah von 1928 dargestellt. Hier heißt es in der deutschen Übersetzung: „Es naht der Tod, winkt ihm„Hinab!“ Der Schlächter sinkt entseelt ins Grab.“ ( Pessach-Haggadah, Anordnung und Buchschmuck Otto Geismar, Übersetzung Sonja Gronemann, nach der Ausgabe von 1928, Berlin, 2006,S. 90.) Zu „Chad gadyah“ siehe u.a.: A. Z. Idelsohn: Jewish Liturgy and Its Development, New York, 1967, S. 186 f.; Chad Gadya – Wikipedia

83    Zu den Kompositionen von Moritz Deutsch und Louis Lewandowski meinte Tina Frühauf: „Prinzipiell zeugen diese Werke dennoch von einer äußersten Vorsicht, mit Stilmerkmalen jüdischer Musik zu experimentieren. Ein Grund dafür liegt wahrscheinlich darin, dass sich die Orgel als Instrument der Synagoge noch nicht vollkommen etabliert hatte.“ (Tina Frühauf: Orgel und Orgelmusik in deutsch-jüdischer Kultur, Hildesheim/ Zürich/ New York, 2005 S. 135; siehe auch: Herrmann: Liberale Gebetbücher, S. 89.)

84    Kol Rinnah uT’fillah: ein- und zweistimmige Gesänge für den israelitischen Gottesdienst, componirt und herausgegeben von L. Lewandowski, 2. Aufl., Berlin, 1882;

85Todah w‘ Simrah: vierstimmige Chöre und Soli für den israelitischen Gottesdienst, mit und ohne Begleitung der Orgel (ad libitum), componirt und herausgegeben von L. Lewandowski, Berlin,1876.

86   Meyer: Gemeinschaft, S. 26.

87    Zu den bisherigen liberalen Gebetbüchern: vgl.: Petuchowski: Prayerbook Reform, S. 42.

88    Artikel „Gebetbücher“ in: Georg Herlitz u. Ismar Elbogen (Hg.): Jüdisches Lexikon, Bd. 2 (D-H), Berlin, 1928, Sp. 911 f.; Vor allem Frauengebetbücher wurden ins Deutsche übersetzt, siehe: Yael Kupferberg: The Discourse of the Other, S. 19; Lässig: Jüdische Wege ins Bürgertum, S. 333; Bettina Kratz-Ritter: Für „fromme Zionstöchter“ und „gebildete Frauenzimmer“. Andachtsliteratur für deutsch-jüdische Frauen im 19. und frühen 20. Jahrhundert, Hildesheim/Zürich/New York, 1995, S. 31 ff; http://www.annette- boeckler.de/aboeckler/juedische_frauen_beten.htm; Rabbiner Dr. Martin Salomonski: Das Problem des Jugendgottesdienstes, in: Die Gemeinschaft, 18.08.1928, S. 16; .

89    Petuchowski: Prayerbook Reform, S. 14 u. S. 357 (Anmerkung Nr. 5), S. 211. Der Text des hektographierten Hefts für den Jugendgottesdienst zuvor war dagegen fortlaufend angeordnet und „Das Freitagsabend-Gebet“ von 1927 kombinierte beide Formen auf nur 24 Seiten, vermutlich um nicht zu viel Papier für die Publikation zu verbrauchen. Für die Gebetbücher (Machsorim) für die Feiertage scheint es dagegen üblicher gewesen zu sein, hebräischen und deutschen Text auf gegenüberliegenden Seiten anzuordnen, siehe z.B.: Hagada für die Sederabende, ausgewählt und bearbeitet von Hermann Falkenberg, Berlin,1929; Pessach-Haggadah, Anordnung und Buchschmuck von Otto Geismar, nach der Ausgabe von 1928, Berlin, 2006.

90    Vorrrede, in: Gebetbuch für das ganze Jahr, 1929, S. XVII ff.; Rabbiner Prof. Dr. Jonathan Magonet: Vorwort, in: ders. (Hersg.): Seder Ha-Tefillot. Das jüdische Gebetbuch. Gebete für Schabbat, Wochentage und Pilgerfeste, Gütersloh, 1997, S. 14.

91   Petuchowski: Prayerbook Reform, S. 211; Vorrede, in: Gebetbuch für das ganze Jahr, 1929, S. XVII f.

92    Gebetbuch für das ganze Jahr, 1929, S. 9-15.

93    In protestantischer Tradition werden die sogenannten „Predigtlieder“ vor und insbesondere nach der Predigt gesungen und sollen das Thema des Gottesdienstes unterstreichen und für die Gemeinde vertiefen, auch im katholischen Gottesdienst kann es ein Predigtlied geben. Diese Idee griff die Liberale Synagoge Norden auf und modifizierte sie. Predigtlieder sind hier Teile der gesungenen Liturgie. (https://www.der-evangelische- gottesdienst.de/lied-nach-predigt.htm; https://www.herder.de/gd/lexikon/predigtlied/, https://www.logo- buch.de/logo-aktiv/wissensbibliothek/christliches-lexikon/predigtlied)

94     Das neuartige Konzept wurde Gottesdienstbesuchern und Interessenten 1927 im Chanukka-Heft von 1927 vorgestellt. Es bestimmte auch noch 1935 mit der Kennzeichnung von den Alternativen A und B und gelegentlich C für Einleitungs- und Schlussgebete und den „Predigtliedern“ für Schabbat und Festtage das erweiterte Gebetbuch. (Das Freitagsabend-Gebet (Chanukka-Heft), in: Die Gemeinschaft vom 18.12.1927, S. 16; Liberale Synagoge Norden in Berlin (Hg.): Abendgebete für Sabbat und Festtage, S. 2 f., S. 45 ff., S. 54 f.) . Wechselnde Anfänge nach Gusto schlägt Ende der 90er Jahre erneut der „Seder Ha-Tefillot“ vor, der im Wesentlichen auf einer Übersetzung englischer liberaler Gebetbücher beruht. ( Magonet: Vorwort, in ders. : Seder Ha-Tefillot. Das jüdische Gebetbuch, S. 14; Seder Ha-Tefillot, S. 16-18)

95    Einen ähnlichen Einstieg in den Schabbat mit „Ma towu“, keinen Wiederholungen des Kaddischs, „L’chu n’ranneno“ sowie ein gekürztes „L’cho dodi“ (s.u.) schlägt so Ende der 20er Jahre auch E. Ehrenreich für einen reformierten liberalen Gottesdienst mit mehr Gemeindegesang vor. Er erwähnt in seinem Artikel allerdings nicht die Liberale Synagoge Norden (E. Ehrenreich: Neugestaltung des Synagogengesanges. Erwiderung und Vorschläge; in: Jüdisch- liberale Zeitung vom 13.111929, S. 315 f.) Jacob J. Petuchowski konzipierte offenbar bei seinem Aufenthalt am neugegründeten liberalen Rabbinerseminar in Jerusalem Anfang der 60er Jahre eine solche Liturgie für das Hebrew Union College in Jerusalem, zunächst nur für den Freitagabend-Gottesdienst, vermutlich inspiriert von den Gebetbüchern der Liberalen Snagoge Norden (Petuchowski: Liturgiereform im Judentum, S. 116.)

96    In Deutsch mit einer vereinfachten Melodie, siehe: Liberale Synagoge Norden in Berlin (Hg.): Abendgebete für Sabbat und Festtage, S. 113; Das Freitagsabend-Gebet, S. 18; Todah W’Simrah, S. 10; Kol Rinnah, S. 7; Idelsohn: Jewish Liturgy, S. 73 f.

97    „nschmas“ bzw. „nischmas“ oder „nischmat col chai“, „Die Seele aller Lebenden“ in der Übersetzung im Gebetbuch der Neuen Synagoge Berlin von 1909 und der Synagoge Fasanenstraße von 1912, ist ein Gebet, das zu Beginn am Samstagmorgen am Shabbat vom Kantor vorgetragen wird. Es gehört ebenso zum Ende der Pessach-Haggadah. Im liberalen Einheitsgebetbuch war es Teil des privaten Gebets, nicht mehr des öffentlichen Gottesdienst. In den Gebetbüchern der Liberalen Synagoge Norden, die ja Gebetbücher für den Freitagabend waren, aber auch in  Hermann Falkenbergs Pessach Haggadah ist es überhaupt nicht mehr enthalten. Es scheint also vom Kantor bei Bedarf für den Samstags- und Festgottesdienst ergänzt worden zu sein.(Gebetbuch für die neue Synagoge in Berlin, Berlin, 1909, S. 151; Gebetbuch für die Synagoge in der Fasanenstraße, Teil I, Berlin, 1912, S. 154; Gebetbuch für das ganze Jahr, 1929, S. 194; Artikel „nischmas“ in: Weinberg: Lexikon zum religiösen Wortschatz, S. 201 f.; Artikel „Nishmat“ in: The Jewish Encyclopedia, Bd. 9, 1905, (Neudruck: 1965), S. 313 f.)

98   Die Gemeinschaft vom 19.09.1925, S. 7.

99    Jüdisches Gebetbuch, Bd. 1, S. 286 ff.

100 Zum „Hallel“ siehe: Klatzkin/Elbogen: Encyclopaedia Judaica, Bd. 7, Berlin, 1931, Sp. 875 ff.; Singer: The Jewish Encyclopedia, Bd. 6, 1904, S. 176-178.

101 Singer: The Jewish Encyclopedia, Bd. 1, S. 201-203.

102 Und ebenfalls als fakultatives Gebet für Schawuot, siehe: Liberale Synagoge Norden: Abendgebete für Sabbat und Festtage, S. 48 f., 127 f. (mit Melodie); Singer: The Jewish Encyclopedia, Bd. 8, 1904, S. 315 f.

103 Zu „Addir hu“ bzw. „Adir hu“siehe: Liberale Synagoge Norden in Berlin (Hg.): Abendgebete für Sabbat und Festtage, S.124 f.; Jüdisches Lexikon, Bd. 1, Berlin, 1927, Sp. 92 f.; Singer: The Jewish Encyclopedia, Bd. 1, 1901, S. 806-808; A.Z: Idelsohn: Jewish Liturgy, S.185 f.; zum Mitsingen, z.B. bei: https://www.youtube.com/watch? v=QTP8DlXoeQI .

104 Meyer: Gemeinschaft, S. 25, 33 (Anmerkung Nr. 45); Jonas Plaut: Persönliches, in: Die Gemeinschaft, Beilage zu Heft 21/22, Jg. 1933, S. 33.

105 In liberalen Gebetbüchern wurden bis dahin offenbar keine Angaben über die Musik gemacht, die wenn überhaupt separat publiziert wurden. (Siehe das Beispiel aus dem Seesener Tempel von 1810, in Herrmann: Liberale Gebetbücher, S. 65.)

106 Petuchowski: Prayerbook Reform, S. 324.

107 Liberale Synagoge Norden in Berlin (Hg.): Abendgebete für Sabbat und Festtage, S. XII f, S. 6, S. 74 f.; Üblich ist nach traditionellem aschkenasischen Ritus, dass es viermal, das heißt auch an Jom Kippur, am letzten Tag von Pessach und am zweiten Tag von Schawuot gesagt wird. (vgl.: https://de.wikipedia.org/wiki/Schmini_Azeret.)

108 Liberale Synagoge Norden in Berlin (Hg.): Abendgebete für Sabbat und Festtage, S. XIII f., S.50, S. 85-89, 147- 151; nicht gekürzt und mit einer anderen Melodie: Das Freitagsabend-Gebet, S 21 f.. Elbogen: Der jüdische Gottesdienst, 1931, S. 111 f.; Klatzkin/Elbogen: Encyclopaedia Judaica, Bd. 9, Berlin, Sp. 1201-1212; Singer: The Jewish Encyclopedia, Bd. 7, 1904, S. 483 f.; https://de.wikipedia.org/wiki/Kiddusch .

109 Zu L’cha dodi siehe: Liberale Synagoge Norden in Berlin (Hg.): Abendgebete für Sabbat und Festtage, S. XI f.; S. 4, S. 114-118; siehe auch: Das Freitagsabend-Gebet, S. 18; Ismar Elbogen: Der jüdische Gottesdienst in seiner geschichtlichen Entwicklung, Leipzig, 1913, S. 112; Jacob Klatzkin/Ismar Elbogen (Hg.): Encyclopaedia Judaica, Berlin, 1934, Bd. 10, Sp. 723-728;; https://de.wikipedia.org/wiki/Lecha_Dodi. Zur Melodie vergl. Louis Lewandowski: Todah weSimrah, Berlin, 1876, S. 22.; ders.: Kol Rinnah, Berlin, 2. Aufl.,; 1882, S. 6 u. 8. .

110 Es ist mir nicht gelungen, die Herkunft dieser Melodien oder ihre Komponisten zu ermitteln,. Möglich ist, dass sie von Personen aus dem Kreis der Aktiven der Liberalen Synagoge stammen. So ist von Rabbiner Martin Salomonski bekannt, dass er auch für die Synagoge komponierte. Abraham Zvi Idelsohn erklärte 1931 zu Lecha Dodi, dass es zu diesem beliebten Stück für Synagogalmusik-Komponisten über 2000 Melodien gäbe. (Idelsohn: Jewish Liturgy, S. 129)

111 Zu Adon Olam siehe: Liberale Synagoge Norden in Berlin (Hg.): Abendgebete für Sabbat und Festtage, S. XV, S.54, S. 128 f.; Das Freitagsabend-Gebet, S. 23; Ismar Elbogen: Der jüdische Gottesdienst in seiner geschichtlichen Entwicklung, Leipzig, 1913, S. 112; Ismar Singer (Hg.): The Jewish Encyclopedia, Bd. 1, New York/London, 1901, S. 205-207; Klatzkin/Elbogen: Encyclopaedia Judaica, Berlin,1928, Bd. 1, Sp. 894-897; Idelsohn: Jewish Liturgy, S. 7; https://de.wikipedia.org/wiki/Adon_Olam. Zur Melodie vergl.: Lewandowski: Todah wSimrah, S. 102; ders.: Kol Rinnah, S. 23.

112 Von ursprünglich 8 auf 4 Strophen. Allerdings nicht so kurz wie im Reformgottesdienst, in dem es drei Strophen hatte. Vgl.: Ismar Elbogen: Der jüdische Gottesdienst in seiner geschichtlichen Entwicklung, Leipzig, 1913, S. 108.

113 Ein weiteres Schlusslied im Gottesdienst war „En Kelouhenu“ bzw. „En Kelohenu“, das im deutschen und polnischen Ritus als Abschluss des Mussaf-Gebetes am Schabbat und an Feiertagen gesungen wurde, sonst als Abschluss des täglichen Morgengebets. Möglicherweise waren es Eigenkompositionen der Aktiven der Liberalen Synagoge Norden. (Liberale Synagoge Norden in Berlin (Hg.): Abendgebete für Sabbat und Festtage, S. 56; Jüdisches Lexikon. Ein enzyklopädisches Handbuch des jüdischen Wissens in vier Bänden, Bd. 2, Berlin, 1928, Sp. 422.) Auch Lewandowskis „Kol Rinnah“ bzw. „Todah weSimrah“ enden am Schabbat-Abend mit „Adon Olam“, aber er listet andere Schlussgebete auf. Die Gebete „“Waj‘ chullu“ und „W’Schomru“ entsprechen darüberhinaus mit einer von verschiedenen Melodien ebenfalls Lewandowskis Notation. (Siehe: Liberale Synagoge Norden in Berlin (Hg.): Abendgebete für Sabbat und Festtage, S. 122 f. u. S.121 f.; Lewandowski: Kol Rinnah, Nr. 24 , S. 18 u. Nr. 26 S. 19.)

114 „lainen“ oder „leinen“ bedeutet die Thora in ihrer vorgeschriebenen Melodie vorzulesen ( Weinberg: Lexikon zum religiösen Wortschatz, S. 158.)

115 Hermann Falkenberg: Ausbau und Fortschritt, S. 8 f.; zum Bar Mizwah-Unterricht 1936/37 der Liberalen Synagoge Norden: https://audio.com/historische-synagogen-musik/audio/w-frankenstein-teil-3.

116  Die Gemeinschaft vom 11.12.1925, S. 8-10.

117 „P.“: Einsegnung, in: Die Gemeinschaft vom 28.11.1926, S. 7.

118 Artikel „Gebetbücher“, in: Jüdisches Lexikon, Bd. 2, Berlin, 1928, Sp. 906-913; Artikel „Vitry-Machsor“, in: Jüdisches Lexikon, Bd. 4, Berlin, 1930, Sp. 1219; https://de.wikipedia.org/wiki/Machsor.

119 Leopold Wolff: Aufgang oder Untergang, in: Jüdisch-Liberale Zeitung vom 06.11.1925, S. 3; Michael A. Wolff: Gemeinschaft, S. 28. Der Ausspruch „bald in unseren Tagen“ ist Teil der Amida, des stehend gebeteten Gebets, im jüdischen Gottesdienst und drückt die Hoffnung auf die Wiedererrichtung des Heiligtums in Jerusalem aus. (Zur Amida siehe: https://judentum.hagalil.com/amidah/ )

120 Meyer: Gemeinschaft, S. 28; J. Friedländer: Sondergottesdienste, in: Die Gemeinschaft, Beilage zu Heft 21/22, Jg. 1933, S. 26 f.

121 Hagada für die Sederabende, 1929, S. 24 f.; John D. Rayner: Partikularismus, S. 168; Siehe auch die Predigt von Adolf Jellinek von 1880 in Wien, zitiert nach: Herrmann: Liberale Gebetbücher, S. 96. Nicht in jedem Fall ist wohl in solchen häufigen pazifistischen Äußerungen wie Herrmann meint ein Zurückweichen vor dem Antisemitismus zu sehen. (Hermann: Liberale Gebetbücher, S. 89-91, 96) Im Beispiel oben zeigt sich, dass die Auseinandersetzung mit der Umwelt auch die moralische Höherwertigkeit der eigenen Gruppe darstellen und eine kluge Reaktion auf antisemitische Angriffe beinhalten kann.

122 Hagada für die Sederabende, 1929, S.22.

123 Hagada für die Sederabende, 1929, S.31f.; vgl. dagegen die traditionelle Pessach-Haggadah: Hagada shel Pessach. Die Pessach-Hagada. Übersetzt von W. Heidenheim, S. 57, Otto Geismar u. Sonia Gronemann: Pessach-Haggadah, nach der Ausgabe von 1928, Berlin 2006, S. 77 f.. Bei Meyer sind es nicht ganz zutreffend die Kinder Israels, die von Gott wegen ihrem Jubel gescholten werden: Meyer: Gemeinschaft, S. 28, S. 34 (Anm. Nr. 57)

124 Siehe dazu u.a. mit weiteren Literaturangaben: Avraham Barkai: Between Deutschtum & Judentum. Ideological Controversies within the Centralverein,in: Michael Brenner u. Derek J. Penslar (Hg.): In Search, 1998, S. 75, S. 86; Herrmann: Liberale Gebetbücher, S. 91-93.

125 Dämmig: Die Liberale Synagoge Norden, S. 278.

126 Darin kritisiert Gott die Engel, weil sie singen, „während „Menschen mit dem Tode ringen… Jedes Rachegefühl gegen frühere Bedränger und Bedrücker soll dem Herzen Israel’s fremd bleiben. Ein jüdisches Herz sei weich, sanft, milde, versöhnlich, friedfertig, verzeihe heute dem Ägpter und morgen dem Antisemiten!“ Jellinek verspricht „Einst…wird auch für (Israel) ein Morgen anbrechen“ ,in dem die „Wolken des Wahnes und des Hasses…schwinden“ werden und die „Sonne der Gerechtigkeit in ihrem reinsten Glanze“ aufgehe. (Adolf Jellinek, in: M. Kaserling: Die jüdische Litteratur von Moses Mendelssohn bis in die Gegenwart, in: die jüdische Litteratur seit Abschluss des dritten Kanons. Dritter Band: Die Poetische, Kabbalistische, Historische und neuzeitliche Litteratur, hrsg. Von J. Winter und A. Wünsche, Berlin, 1897, S. 819, zitiert nach: Herrmann: Liberale Gebetbücher, S. 96.)

127 Meyer: Gemeinschaft, S. 28; Hagada für die Sederabende, S. 17, 22.

128   Rabiner Martin Salomonski: Was bedeutet der Gottesdienst, Exodus 12,27; in: Die Gemeinschaft vom 25.09.1927, S. 1 f.; Rabiner Martin Salomonski: Das Problem des Jugendgottesdienstes, in: Die Gemeinschaft vom 18.08.1928, S. 16 f.; I. Elbogen: Das Hebräische als Gebetssprache; in: Die Gemeinschaft, Beilage zu Heft Nr. 21/22, 1933, S. 15 f.; siehe auch: Yael Kupferberg: The Discourse of the Other, S. 18.

129 Rabbiner Dr. Martin Salomonski: Das Problem des Jugendgottesdienstes, in: Die Gemeinschaft, 18.08.1928, S. 14.

130 Hermann Falkenberg: Vom Jugendgottesdienst der Liberalen Synagoge Norden in Berlin; in: Jüdisch-Liberale Zeitung vom 02.09.1931, S. 7; Larissa Dämmig: Die Liberale Synagoge Norden, S. 283.. Das Heft für den Jugendgottesdienst verzichtete zu den Hohen Feiertagen auf Notenschrift und hebräische Schrift. Es präsentiert die Gebete in lateinischer Umschrift in aschkenasischer Aussprache. Für den Vorbeter ist nur der Anfang der Gebete angegeben, vollständig, aber gekürzt sind dagegen die Antworten der Gemeinde ausgeführt und Gemeindegesänge. Das lange litaneiartige „Owinu Malkenu“ mit 25 Strophen ist auf acht bzw. 9 Strophen reduziert, ohne die Erinnerung an vergangene Verfolgungen, und „Adaun olam“ gibt es mit Auslassung der 3. Strophe. Vollständig ist dagegen das sowieso kurze „ki onu“. Das „Sch’ma jisroel“ ist auf die Anfangszeile aus Moses, 6,4 mit dem Segen ohne 5 Moses 11, 13-21 reduziert. Auch das Kaddisch ist gekürzt. Dazu kommen deutschsprachige Gebete. (Liberale Synagoge Norden, Schönhauser Allee 162: Jugendgottesdienst. Gemeindegesänge, oJ., S. 3, 5, 13, 15, 21; Artikel „Awinu Malkenu“ in: Elbogen u. Herlitz: Jüdisches Lexikon, Bd. 1 (A-C), Berlin, 1927, Sp. 625, Artikel „Adon olam“ in: ebd., Sp. 106. (kein Ki Onu oder Ki Anu darin)

131 Siehe: Erwin Pantauer: Ich hatte sieben Leben, S. 251.

132 Als Maftir wird der letzte Teil des wöchentlichen Thoraabschnitts bezeichnet. Der als Maphtir zur Thora Aufgerufene liest den letzten Teil des wöchentlichen Thora-Abschnittes und die anschließende Haftara, den zugehörigen Propheten-Abschnitt, bzw. die einleitenden Segensformeln dazu. (Artikel „Haftara“ in: Jüdisches Lexikon, Bd. 2, Berlin, 1926, Sp. 1325; https://de.wikipedia.org/wiki/Maftir, https://en.wikipedia.org/wiki/Maftir).

133 Plaut: Das Werden eines Gottesdienstes. Zum 10jährigen Jubiläum, S. 2;

134 Hermann Falkenberg: Ausbau und Fortschritt, S.8 f.; Hermann Falkenberg: Vom Jugendgottesdienst der Liberalen Synagoge Norden in Berlin, in: Jüdisch-liberale Zeitung vom 02.09.1931, S. 7; Leo Rosenblatt: Aus unseren Gemeinden, in; Die Gemeinschaft vom 07.12.1928, S. 11 f.; Meyer: Gemeinschaft, S. 28 f.

135 Hillenbrand: Die geschützte Insel, S. 31.

136 Leo Rosenblatt: Aus unseren Gemeinden, in; Die Gemeinschaft vom 07.12.1928, S. 13.

137   Die Gemeinschaft vom 17.12.1928, S. 13.

138 Marion Kaplan: Die jüdische Frauenbewegung in Deutschland, S. 46ff.; zu den christlichen Frauenverbänden: Herrad Schenk: Die feministische Herausforderung, S. 53 ff.

139 Larissa Dämmig: Bertha Falkenberg: Eine Spurensuche, in: Kulturamt Prenzlauer Berg (Hg.): Leben mit der Erinnerung, Berlin, 1997, S. 24-26.

140 Else Dormitzer, in: Jüdisch-Liberale Zeitung vom 05.11.1926, S. 1.

141 Meyer: Gemeinschaft, S. 21.

142    Hartmut Bomhoff: „The Women in the House of God“ (1926), , in: Hartmut Bomhoff/ Denise L. Eger u.a. (Hg): Gender and Religios Leadership. Women Rabbis, Pastors and Ministers, London, 2019, S. 74; Katharina von Kellenbach: Remenbering Regina Jonas. On the Intersectionality of Women’s, Jewish, German, and Holocaust History, in: ebd., S. 153 f.

143 Leo Rosenblatt: Aus unseren Gemeinden, in; Die Gemeinschaft vom 07.12.1928, S. 11 f.

144 https://www.stolpersteine-berlin.de/de/englerallee/6/bianka-irma-hamburger; Hartmut Bomhoff: „The Woman in the House of God, S. 75.

145 Esther Seidel: Women Students at the Berlin Hochschule für die Wissenschaft des Judentums, in: Hartmut Bomhoff, Denise L. Eger u.a. (Hg): Gender and Religios Leadership. Women Rabbis, Pastors and Ministers, London, 2019, S. 57; Etwas andere Zahlen für den Anteil weiblichen Studentinnen finden sich bei: Shoshana Ronen: Die Hochschule für die Wissenschaft des Judentums 1872-1942, in: https://www.hagalil.com/bet-debora/journal/ronen.htm.; Hartmut Bomhoff: „The Women in the House of God“, S. 76.

146 Esther Seidel: Women Students, S. 62.

147 Esther Seidel: Women Students, S. 59; https://en.wikipedia.org/wiki/Ellen_Littmann.

148 https://de.wikipedia.org/wiki/Hochschule_f%C3%BCr_die_Wissenschaft_des_Judentums, zu weiteren akademisch erfolgreichen ehemaligen Studentinnen der Hochschule siehe: Esther Seidel: Women Students, S. 59 ff.

149 Jonas Ordination war gültig, aber nicht unumstritten. Rabbiner Dr. Max Dienemann, Geschäftsführer des Liberalen Rabbiner-Verbandes, hatte die mündliche Prüfung abgenommen, sie aber nur mit seinem privaten Stempel gesiegelt, nicht mit dem Verbandsstempel. Die Urkunde enthielt auch nicht die traditionelle Anerkennung von drei Rabbinern oder die an der Hochschule vorgesehene Prüfung durch den Talmud-Lehrer der Hochschule. Zu ihrer Ordination erhielt sie allerdings die Glückwünsche von Leo Baeck, anderen Hochschullehrern, liberalen Rabbinern und sogar mit Felix Singermann einem orthodoxen Rabbiner. Um Regina Jonas hatte sich ab 1930 zudem ein Unterstützer- Kreis gebildet. Der Anerkennung Regina Jonas folgten schon bald in den USA zwei weitere Frauen. (Zu Regina Jonas: Elisa Klapheck: Der Mythos Regina Jonas, in: dies.: Fräulein Rabbiner Jonas, S. 38 ff., S. 59, 62. Siehe zu Regina Jonas: https://jwa.org/encyclopedia/article/jonas-regina; https://de.wikipedia.org/wiki/Regina_Jonas; Bomhoff: „The Women in the House of God“, S. 75; Dämmig: Bertha Falkenberg, S. 33, zur Rezeption von Regina Jonas siehe mit weiteren Literaturangaben: Stefanie Synclair: Memory and Identity. Female Leadership and the Legacy of Rabbi Regina Jonas, in: Hartmut Bomhoff, Denise L. Eger u.a. (Hg): Gender and Religios Leadership. Women Rabbis, Pastors and Ministers, London, 2019, S. 163-182; Kellenbach: Remembering Regina Jonas, in: ebd., S.145-162;( https://media- podcast.open.ac.uk/feeds/2334_reginajonasthefirstfemalerabbi/transcript/23391_a332rj02.pdf. ); Ted-Talk von Bridgit Bard: Here I am: Rediscovering the First Female Rabbi, in: https://www.bing.com/videos/riverview/relatedvideo?q=REgina%20Jonas%20the%20first%20female%20rabbi&mid=C682759E38BE101D37C3C682759E38BE101D37C3&ajaxhist=0; Gabriel Popkin: Overlooked No More: Regina Jonas, on Whose Shoulders ‚All Female Rabbis Stand‘ , in: New York Times vom 19.09.2022; https://www.berlin.de/ba-friedrichshain-kreuzberg/ueber-den-bezirk/ehrungen-und-auszeichnungen/eine-strasse- fuer-regina-jonas-1056643.php. Zu Felix Singermann (1888-1942) siehe: Brocke/Carlebach: Biographisches Handbuch S. 576 f.

150 Regina Jonas: Kann die Frau das rabbinische Amt bekleiden, in: Elisa Klapheck (Hg.): Fräulein Rabbiner Jonas. Kann die Frau das rabbinische Amt bekleiden?, S. 301.

151 Regina Jonas: Kann die Frau das rabbinische Amt bekleiden, S. 245-285.

152 Bianka Hamburger, in: Jüdisch-Liberale Zeitung vom 05.11.1926, S. 4.; https://www.stolpersteine- berlin.de/de/englerallee/6/bianka-irma-hamburger

153 Hermann Falkenberg: Ausbau und Fortschritt; in: Die Gemeinschaft, S. 8 f.; Dämmig: Die Liberale Synagoge Norden, S. 280; Lara Dämmig: Jüdisches in Pankow. Rundgänge durch Prenzlauer Berg, Pankow und Weißen See, Berlin, 2013, S. 36; zum Zusammensitzen auch: Meyer, Gemeinschaft, S. 26.

154 Dämmig: Die Liberale Synagoge Norden, S. 283; Lässig: Jüdische Wege ins Bürgertum, S. 329-331.

155 Siehe: CAHJP D-Be4-157-01-04). Ob die Konfirmationskurse wie geplant begannen, konnte ich nicht herausfinden. Aber unter „Einsegnungen im Monat April“ werden 1913 mehrere Schülerinnen von Rabbiner Dr. Bergmann „eingesegnet“ und am 31. März von Rabbiner Dr. Blumenthal in der Synagoge Lindenstraße. Auch während und nach dem 1. Weltkrieg gab es regelmäßig kostenlose „Konfirmationskurse“ für Mädchen und Einsegnungen. (Gemeindeblatt der Jüdischen Gemeinde zu Berlin vom 9.05.1913, S. 63, vom 6.04.1917, S. 41, S. 47, vom 7.06.1918, S. 66,  vom 7.11.1919, S. 102, vom 8.04.1921, S. 37, vom 5.04.1922, S. 21)

156 Rechtsanwalt Dr. Moritz Galliner, in: Jüdisch-Liberale Zeitung vom 05.11.1926, S. 2.; Meyer: Gemeinschaft, S. 21.

157 Hermann Falkenberg: Ausbau und Hoffnung; in: Die Gemeinschaft vom 05.09.1926, S. 10, Meyer: Gemeinschaft, S. 21, 28

158 Leo Rosenblatt: Aus unseren Gemeinden, in; Die Gemeinschaft vom 07.12.1928, S. 12.

159 Gertrud Seligsohn: Mädcheneinsegnung un Gottesdienst“; in: Jüdisch-Liberale Zeitung vom 03.05.1929, S. 4.

160 Elisa Klapheck: Der Mythos Regina Jonas, S. 35.

161 Lässig: Jüdische Wege ins Bürgertum, S. 414, 660-673, insbes. S.663-667.

162 Elisa Klapheck: Der Mythos Regina Jonas, S. 34, 46 f, S. 57.

163 Hanna Gerson, geb. 17.06.1913 in Berlin, später Hochmann, war die Tochter des Kaufmanns und Inhabers des Grabmahlbetriebes „Altmann& Gerson“, Lothringerstraße 23, Jakob Gerson. Ihre Mutter Margarete, geb. Gottschalk war Hausfrau. Zeitweise war ihr Vater im Vorstand der Liberalen Synagoge Norden aktiv. Hannas drei Jahre älterer Bruder Heinz, später Harry Heinz, hatte die jüdische Knabenschule besucht, und wurde danach ebenfalls Kaufmann. Er machte nach dem „Einjährigen“, heute der 10. Klasse, ab 1925 eine Ausbildung im Kaufhaus N. Israel und blieb dort als Verkäufer und Lagerist sowie als „Acquisitör für Gruppeneinkäufe von Konzernen“ (LABO, Nr. 55.844, Bl. E 3) bis 1937. Als 1934 bei N.Israel eine Abteilung für Auswanderer-Equipment eingerichtet wurde, wurde er ihr zugeteilt. Der Grabmahls-Betrieb des Vaters, indem von 1937 bis Ende 1938 auch Hannas Bruder, mitarbeitete, wurde Ende 1938 zwangsverkauft an die Firma Karl Schwarz, Lothringerstraße 6. Hanna Gerson hatte wie Jonas die Mädchenmittelschule der Jüdischen Gemeinde in der Kaiserstraße besucht. Danach machte sie von 1929 bis 1931 eine Ausbildung zur Kindergärtnerin und Hortnerin beim angesehen nichtjüdischen Verein Jugendheim in Berlin- Charlottenburg, Goethe-Straße 22, wurde Praktikantin im jüdischen Kinderheim in Berlin N, Ferbellinerstraße und arbeitete von November 1932 bis Februar 1933 im Rahmen des freiwilligen Arbeitsdienstes beim Wohlfahrtsamt der jüdischen Gemeinde. Von Anfang 1933 bis Mitte 1938 war sie Hortnerin der jüdischen Gemeinde. Zur Vorbereitung ihrer Auswanderung nach Palästina besuchte sie einen Auswanderungskurs in Schniebinchen bei Sommerfeld. Im Frühjahr 1939 wurde sie Leiterin der „mittleren Hachschara“ (Mi-Ha) der 15 bis 17jährigen in Urfeld bei Köln. Nach einem kurzen Aufenthalt bei den Eltern in Berlin emigrierte sie schließlich Anfang 1940 nach Palästina. Hannas Eltern und ihr Bruder Heinz mit seiner damaligen Frau emigrierten Ende 1940 nach Shanghai. Ende der 1990er Jahre besuchte Hanna Hochmann auf Einladung von Bet Debora zu einer Konferenz jüdischer Frauen Berlin und berichtete von ihren Erfahrungen als junge, religiös und sozial engagierte Frau. (LABO, Nr. 358.763, Bl. E4, E 18; LABO, Nr. 54.701, Bl. M 3, M 13, M15, D1, D18, D 20, E1, E 5 f., F 4.; LABO, Nr. 55.844, Bl. E3, F3, C1, C8; LABO, Nr. 54.702, Bl. M1, M20) https://www.hagalil.com/bet-debora/journal/weiss.htm; https://www.jigsaw- navi.net/de/content/hochmann-hanna-born-gerson).

164 Jüdisch-Liberale Zeitung vom 01.11.1932, S. 6.

165 Jüdisch-Liberale Zeitung vom vom 14.10.1931, S. 4; vrgl. Yonathan Gershon: On Women joining a Zimmun: https://library.yctorah.org/files/2016/07/Gershon-et-al-Zimmun-10-5.pdf.

166 Jüdisch-Liberale Zeitung vom 15.01.1933, S.6.

167 http://ohd.huji.ac.il/holocaust/project175/project175pdf/175-33.pdf , S. 2. Herzlichen Dank an Gabriella Kofmansky für Übersetzungshife aus dem Hebräischen. Larissa Dämmig meinte, dass dieser Gottesdienst 1933 stattgefunden habe mit der Unterstützung des damaligen Rabinatskandidaten Erwin Zimet. Leider belegt sie diese Information nicht. (Dämmig: Die Liberale Synagoge Norden, S. 283.)

168 Lässig: Jüdische Wege ins Bürgertum, S 290-326, insbes. S322 ff., S. 326-335, insbes. S. 332 -335, S. 351 f., 355- 361.; Bettina Kratz-Ritter: Für „fromme Zionstöchter“, S. 36ff.

169 Ansprachen in den großen Synagogen, Trauungen und Scheidungen, aber auch der Aufruf zur Thora wurden Jonas daher nicht übertragen. (Elisa Klapheck: Der Mythos Regia Jonas, S. 47-49, 57-59; Regina Jonas: Kann die Frau das rabbinische Amt bekleiden, S. 15 f., 215 f., 245 f., 251 ff.)

170 Meyer: Gemeinschaft, S. 29.

171 Liberale Synagoge Norden in Berlin (Hg.): Abendgebete für Sabbat und Festtage, S. 96-99, S. 154 f.; Das Lied erscheint ebenfalls in: Seder Ha-Tefillat, S. 18 f.; Idelsohn: Jewish Liturgy, S. 153, 313.

172 Jüdische Allgemeine Zeitung, Neue Folge der jüdisch-liberale Zeitung, 2. Beilage, vom 27.03. 1935, S. 5. Zum Geigenvirtuosen und Komponisten Fritz Kreisler (1875-1962 USA) siehe: https://de.wikipedia.org/wiki/Fritz_Kreisler ; zum Rabbiner Dr. Martin Swarsensky (1906-1981 USA) siehe: https://en.wikipedia.org/wiki/Manfred_Swarsensky.

173 Siehe: https://de.wikipedia.org/wiki/Johannes_Jacobsohn ; https://www.aviva-berlin.de/aviva/content_Juedisches%20Leben.php?id=725; Jascha Nemtsov: Deutsch-jüdische Identität und Überlebenskampf, Wiesbaden, 2010, S. 136; https://www.lexm.uni-hamburg.de/object/lexm_lexmperson_00002791.

174 Die Gemeinschaft vom 18.08.1928, S. 14-16; Martin Salomonski: Was bedeutet der Gottesdienst, Exodus 12,27; in: Die Gemeinschaft vom 25.09.1927, S. 1 f.; Hermann M. Sänger: Kult und Form im religiösen Erleben der Jugend, in: Die Gemeinschaft, Beilage zu Heft 21/22, Jg. 1933, S. 27 f.

175 Jüdische Allgemeine Zeitung, Neue Folge der jüdisch-liberale Zeitung, 2. Beilage, vom 27.03. 1935, S. 5. Zum Geigenvirtuosen und Komponisten Fritz Kreisler (1875-1962 USA) siehe: https://de.wikipedia.org/wiki/Fritz_Kreisler ; zu Rabbiner Dr. Manfred Swarsensky (1906-1981 USA) siehe: Anmerkung Nr. 8.

176 Artikel „Die zehnjährige Tätigkeit der Liberalen Synagoge Berlin“, in: Die Gemeinschaft, Beilage zu Heft Nr. 21/22, Jahrg. 1933, S. 37; Plaut: Das Werden eines Gottesdienstes. Zum 10jährigen Jubiläum, S. 2; Dämmig: Die Liberale Synagoge Norden, S. 284; Meyer: Gemeinschaft, S. 29 f.; Dämmig: Bertha Falkenberg, S. 32 f..

177 Meyer: Gemeinschaft, S. 35 (Anmerk. Nr. 67).

178 CJA, 2 B1/2, Aktennotiz Nr. 109 vom 16.07.1941, nach: Beate Meyer: Gratwanderung zwischen Verantwortung und Verstrickung. Die Reichsvereinigung der Juden in Deutschland und die jüdische Gemeinde zu Berlin 1938-1945; in: Beate Meyer/Hermann Simon (Hg.): Juden in Berlin 1938-1945, Berlin, 2000, S. 294, S. 333 (Anmerkung Nr.26); Robert Brechnick: Berlin und die Juden, Blatt 2; Yitzhak Arad, Yisrael Gutman, Abraham Margaliot (Hg.): Documents on the Holocaust; S. 152.

179 Hillenbrand: Die geschützte Insel, S. 51 f.

180 Dämmig: Die Liberale Synagoge Norden, S. 284.

181 Zvi Aviram: Mit dem Mut der Verzweiflung. Mein Widerstand im Berliner Untergrund 1943-1945, hrgs. von Beate Kosmala und Patrick Siegele, Berlin, 2015, S. 36.

182 Hans- Peter Messerschmidt: Wie ein Optimist das sogenannte tausendjährige Reich überlebte, Typosskript, August 1993, S. 48; Hans Peter Messerschmidt, Interview 13856 by Alice Brauner, vom 24.04..1996, Take, 1:08:00 ff. Herzlichen Dank an Matthias Schirmer für die Zusendung des Typosskripts und des Videos. Hillenbrand: Die geschützte Insel, S. 208-210, 244. Der gemäßigt konservative Dr. Siegfried Alexander, der 1918 an der Hochschule für die Wissenschaft des Judentums sein Rabbinerdiplom erworben hatte, fungierte als Rabbiner, Kantor war Kurt Messerschmidt, ein Verwandter des Bräutigams, der als Möbelpacker arbeitete und dann für die Reichsvereinigung, denn er durfte als Jude nicht mehr studieren. (zu Rabbiner Siegfried Alexander: Brocke/Carlebach: Biographisches Handbuch, S. 4 f.; Kantor Kurt Messerschmidt, vermutlich geb. 02.01.1915 in Werneuchen/Oberbarnim/Mark Brandenburg, verschied. Clips und biographische Informationen: https://sfi.usc.edu/content/kurt-messerschmidt.)

183 Interview mit Lutz Ehrlich, zitiert nach: Meyer: Gratwanderung zwischen Verantwortung und Verstrickung; S. 294.

184 Meyer: Gemeinschaft, S. 35 (Anmerk. Nr. 67).

185 Martin Riesenburger: Das Licht verlöscht nicht. Ein Zeugnis aus der Nacht des Faschismus; abgedruckt in: Andreas Nachama u. Hermann Simon (Hg.): Das Licht verlöschte nicht, 1. Auflage, 2003, S. 59 f.

186Jüdisches Nachrichtenblatt vom 13.11.1942

187 Meyer: Gratwanderung zwischen Verantwortung und Verstrickung, S. 294, S. 333 (Anmerkungen Nr. 27, 28); Robert Prochnik beschreibt, dass die Gestapo jüdische Gottesdienste gezielt nutzt, um Menschen die „nur beten“ und nicht arbeiten zu deportieren. (Robert Brechnick: Berlin und die Juden, Blatt 2 zum Bericht von der Lage der Juden in Berlin im Dezember 1942.) Zu privaten Festen in der Familie siehe u.a.: Chana C. Schütz: „Trotzdem“. Zionisten in Berlin; S. 141.

188 Matthias Frühauf: Ein Elternhaus für Waisen. Die Geschichte der Baruch-Auerbach‘ schen Waisenerziehungsanstalten von 1832 bis 1942. Schönhauser Allee 162; in: Kulturamt Prenzlauer Berg (Hg.): Leben mit der Erinnerung, Berlin, 1997, S. 248.

189 Levinson: Ein Ort ist, S. 15 f., S. 37, Jonas Plaut: Persönliches, S. 31; Plaut: Das Werden eines Gottesdienstes. Zum zehnjährigen Jubiläum, S. 3.

190 Jüdisch-liberale Zeitung, Nr. 15, vom 09.04.1930, S. 3; https://de.wikipedia.org/wiki/Aron_Friedmann.

191 Jüdisch-liberale Zeitung, Nr. 15, vom 09.04.1930, S. 3; vgl: https://www.lexm.uni- hamburg.de/object/lexm_lexmperson_00004327.

192 Jüdisch-Liberale Zeitung vom 01.05.1932, S. 7; Jüdisch-Liberale Zeitung vom 15.01.1932, S. 6; Central Archives of the History of the Jewish People, D-Be4-208; LABO, Nr. 264.409; LABO, Nr. 317.653; Nr. 265.668.