Heute schon deeskaliert?

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Galgenhumor. Galgenhumor wird definiert als vorgetäuschte Heiterkeit, mit der jemand versucht, einer unangenehmen oder verzweifelten Lage, in der er sich befindet, zu begegnen. Jüdischer Humor ist im Grunde das Gleiche, aber gewürzt mit Selbstironie, Wortwitz und Freundlichkeit.

Von Ramona Ambs

Da sich der Galgen aber derzeit so omnipotent in den Vordergrund drängt, wird auch mein Humor immer- nu, wie soll ichs sagen?- galgiger. Und so bleibt die Kommentierung der letzten News auch eher wenig elulig, sondern eher galgig….

Immerhin gabs ja durchaus was zu lachen in den letzten Tagen.

Da war diese hübsche zielgerichtete Terrorangriffsabwehr…
also diese Pager-Plage im Libanon…
und danach gab es die Walkie-Talkie-Makot…

Und was danach folgen könnte, spornte ganze Generationen von Gehirnen zu phantasievollen Spekulationen an…Denn das Ganze war ja quasi beinah eine Wiederauflage der Zehn Plagen – für Spätzünder.

Also für die Leute, die „Let my people go“ bis heute nicht verstanden haben…

Aber gut. Der Humor war ganz einerseits…

Andererseits gab es eine Eskalation von Eskalationsschreien.

Schnappatmung im Feuilleton: Der Jude wehrt sich. Das darf er doch nicht. Das haben wir doch gar nicht erlaubt….

Derlei Geschrei darf man natürlich nicht allzu negativ interpretieren. Das ist ja alles nicht böse gemeint. Tote Juden sind halt einfach viel unkomplizierter zu handhaben. Man kann an ihren Gräbern so schöne Reden halten. Reden, in denen man sie vermisst. Reden, in denen man seine moralische Läuterung mit anschließendem Kranzabwurf beteuert. 
Tote Juden – das ist quasi gelebte Deeskalation.

Es ist ein Akt des Friedens, des Aufeinanderzugehens, des Handausstreckens, – wenn Juden sich abschlachten lassen.

Wehrlos versteht sich!

Richtig gemacht hat das ein Mann in Berlin-Schöneberg letzten Mittwoch. Nachdem er nach einem hebräischen Gruß von mehreren Männern zusammengeschlagen wurde, hat er sich mit mehreren Gesichts-, Arm- und Beinverletzungen selbstständig in eine Klinik begeben.
So sollte das sein. Möglichst geräuschlos. Deeskalierend.

So verhalten sich dann bitte auch tunlichst unsere mosaischen Brüder und Schwestern in den USA.

Denn dort gab gestern Donald Trump noch zum Besten, dass, wenn er die Wahlen verlöre, es „mit den jüdischen Leuten zu tun hat“.

Screenshot New York Times

Immerhin hat er nicht gesagt, dass wir Babys essen.

Dabei wäre das nach den Haustierfressenden Migranten doch nahegelegen, auch die kulinarischen Vorlieben der Juden zu thematisieren.

Aber gut. Kommt ja vielleicht noch.

Vermutlich aber eher hier bei uns. Denn grade hat die AFD in Brandenburg ja gefordert, Asylbewerber von öffentlichen Veranstaltungen, wie zum Beispiel Volksfesten, auszuschließen. Vielleicht hatte man da auch Angst diese Migranten könnten dort einen Hund grillen.

Vermutlich wird irgendjemand diese Volksfest-Ausschluss-Idee auf uns Juden erweitern. Wegen der Deeskalation versteh sich. Nicht böse gemeint.

Dann dürften wir nicht mehr auf Volksfeste.
Und das wär dann richtig doof.

Denn bisher sind wir ja nur an den Universitäten und auf der Straße nicht erwünscht,- wir hatten uns deshalb alle schon voll auf die Volksfeste als unser neuen meeting-point eingeschworen. Das bayrische Bierzelt als innerterrestrisches zionistisches Exil.
Aber gut. Vielleicht kommts ja auch nicht so schlimm.

Und falls doch, können wir uns zumindest damit trösten, dass sie uns lieb haben werden… wenn wir tot sind.