73 Prozent mehr dokumentierte antisemitische Vorfälle in Bayern

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Die Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus (RIAS) Bayern dokumentierte für 2023 im Freistaat 733 antisemitische Vorfälle. 2022 waren es 424 – ein Zuwachs von 73 Prozent. Auffallend ist der Anstieg registrierter Vorfälle mit Bezug auf die Ereignisse in Israel und den Palästinensergebieten seit dem 7. Oktober.

Fast die Hälfte aller Vorfälle wurde nach dem antisemitischen Massaker der Hamas im Süden Israels bekannt. 70 Prozent davon zeichneten sich auch durch israelbezogenen Antisemitismus aus. Diese Erscheinungsform des Antisemitismus spielte in 46 Prozent aller Fälle 2023 eine Rolle, im Vorjahr waren es nur 26 Prozent.

2023 wurden sieben Angriffe, 31 gezielte Sachbeschädigungen und 31 Bedrohungen dokumentiert – Vorfallsarten, die eine besonders schwerwiegende Wirkung auf Betroffene haben können. 2023 waren in 103 Fällen jüdische und israelische Einzelpersonen betroffen, in 42 Fällen waren es jüdische und israelische Institutionen.

Des Weiteren wurden 23 Massenzuschriften sowie 641 Fälle verletzenden Verhaltens, darunter 260 Versammlungen, dokumentiert. 81 Prozent der dokumentierten Fälle spielten sich Offline ab, 20 Prozent waren „Face-to-Face“-Situationen. Regionale Schwerpunkte waren die Metropolregionen München und Nürnberg.

„2023 war ein einschneidendes Jahr. Wir haben so viele antisemitische Vorfälle wie nie zuvor dokumentiert. Neben dem Schock über die Massaker der Hamas, hat die antisemitische Agitation auf Bayerns Straßen und im Netz seit dem 7. Oktober viele Jüdinnen und Juden tief verunsichert.“, sagte RIAS-Bayern-Leiterin Annette Seidel-Arpacı.

In 56 Prozent der Fälle war für RIAS Bayern ein bestimmter politisch-weltanschaulicher Hintergrund der Täter:innen nicht eindeutig zu erkennen. Oftmals handelt es sich um Vorfälle, bei denen außer beispielsweise der abschätzig intendierten Aussage „Du Jude!“ keine weiteren Informationen vorliegen, anhand derer ein bestimmter politischer Hintergrund ersichtlich wird. Bei den Vorfällen mit einem festgestellten bestimmten politischen Hintergrund steht an erster Stelle mit 137 Fällen (19 Prozent aller Fälle) das verschwörungsideologische Milieu. Bei 74 Vorfällen wurde ein antiisraelisch-aktivistischer Hintergrund bekannt, der Anteil stieg von sechs auf zehn Prozent.

RIAS Bayern weist darauf hin, dass von einem großen Dunkelfeld auszugehen ist.

Antisemitische Vorfälle, auch solche unterhalb der Strafbarkeitsschwelle, können unter www.rias-bayern.de oder unter 089 1 22 23 40 60 gemeldet werden.

RIAS Bayern existiert seit 2019, befindet sich in der Trägerschaft des Vereins für Aufklärung und Demokratie e.V. (VAD) und wird vom Bayerischen Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales gefördert.

Zur Veröffentlichung (PDF): „Bayern 2023 – Antisemitische Vorfälle in Bayern“