„Dialog in angespannten Zeiten“

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In Anbetracht der Lage seit dem 7. Oktober veröffentlicht die „Denkfabrik Schalom Aleikum“ vom Zentralrat der Juden in Deutschland erstmals Empfehlungen für Leitplanken des jüdisch-muslimischen Dialogs.

Der antisemitische Angriff der Hamas auf Israel und dessen Folgen in Europa stellt auch in Deutschland die Möglichkeit des jüdisch-muslimischen Dialogs massiv in Frage. Als „Denkfabrik Schalom Aleikum“ sind wir uns sicher: Der Dialog ist alternativlos und muss daher weitergeführt werden. Die Handreichung wurde von der „Denkfabrik Schalom Aleikum“ nach vertrauensvollem Austausch mit verschiedenen jüdischen, muslimischen und gesellschaftlich engagierten Organisationen, Vereinen, Institutionen sowie einzelnen Akteurinnen und Akteuren ausgearbeitet.

–> Zur Handreichung

Die zentralen Ergebnisse sind:

1. Die subjektiven Bedürfnisse und organisationalen Bedarfe der Communities müssen erhoben und analysiert werden, damit die Frage beantwortet werden kann, wie Dialog aus Sicht der Betroffenen möglich ist – und ob er möglich ist.

2. Der Nahostkonflikt und seine Bedeutung für jüdisch-muslimischen Dialog in Deutschland darf kein „Elefant im Raum“ bleiben, sondern muss qualifiziert und differenziert, vordergründig in geschützten Räumen (Safer Spaces), besprochen werden.

3. Es gibt kein allgemeines, universelles Konzept des jüdisch-muslimischen Dialogs. Demnach müssen verschiedene Zielgruppen und zivilgesellschaftliche Bereiche analytisch differenziert und Dialogformate daran angepasst werden. Bildung und Internet bleiben dabei wichtige, aber nicht alleinige Austragungsorte des Dialogs.

4. Nachhaltigkeit ist von enormer Bedeutung. Es müssen langfristige Konzepte durchgesetzt werden, die Herausforderungen in Krisenzeiten zumindest teilweise auffangen können.

5. Wenn Menschen Angst davor haben, unbewusst ein „falsches Wort“ zu sagen, durch das sie öffentlich diskreditiert werden, ist Dialog nicht möglich. Es muss sich eine vertrauensvolle Gesprächs- und Fehlerkultur entwickeln, die nicht denunziatorisch ist.

6. Dialogprojekte und –initiativen müssen bundesweit gefördert werden.

7. Von Anfang an müssen Dialoge als gegenseitige Lernprozesse verstanden und realistische Erwartungen zielgerichtet verfasst werden, um Enttäuschungen abzufedern und im Dialog zu bleiben.

Dr. Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland: „Ich freue mich, dass die „Denkfabrik Schalom Aleikum“ in dieser krisenhaften und von Krieg bestimmten Zeit einen kühlen Kopf bewahrt. Die jetzt von der Denkfabrik veröffentlichte Handreichung ist eine empathische, kundige Stimme, die eine offene Bestandsaufnahme der Lage des jüdisch-muslimischen Gesprächs in unserem Land vorlegt und seine Perspektiven klar aufzeigt. Die Handreichung macht unmissverständlich die grundlegenden Anforderungen und Optionen klar, ohne die ein Dialog zwischen Juden und Muslimen nach dem 7. Oktober nicht funktionieren kann.“

Die „Denkfabrik Schalom Aleikum“ wird von der Staatsministerin (beim Bundeskanzler) und Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration sowie Beauftragten der Bundesregierung für Antirassismus Reem Alabali-Radovan gefördert.

Berlin, 19. Dezember 2023 / 7. Tewet 5784