Neue digitale Informationen zur Judenverfolgung in München

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In Deutschland und insbesondere auch in München ist der 9. November ein fest etablierter Gedenktag. Zum 85. Jahrestag veröffentlicht das Stadtarchiv München dieses Jahr zum 9. November rund 10.000 neue Quellenhinweise und erstmalig auch digitale Scans von personenbezogenen Dokumenten Münchner Jüdinnen und Juden. Darunter befinden sich Kennkarten und Reisepässe, die Fotos und Unterschrift der Passinhaberinnen und Passinhaber enthalten.

Archivleiter Dr. Daniel Baumann: „Die Nationalsozialisten wollten das jüdische Leben auch in München auslöschen. Indem wir wichtige Unterlagen über das Leben der verfolgten Jüdinnen und Juden digitalisieren und der Öffentlichkeit zugänglich machen, tragen wir dazu bei, die verblassten Spuren dieser Menschen wieder sichtbar zu machen.“

Erfasst und digitalisiert werden die Unterlagen in Zusammenarbeit mit Public History München im Kulturreferat der Landeshauptstadt München. Dort wird das Biographische Gedenkbuch der Münchner Jüdinnen und Juden 1933-1945 betreut und laufend aktualisiert. Die Daten aus dem Gedenkbuch dienten dem Stadtarchiv als Grundlage für die Erfassung der Archivalien. Durch die Digitalisierung der Unterlagen im Stadtarchiv wiederum können nun zahlreiche neue Fotos in das Gedenkbuch aufgenommen werden.

Dr. Sabine Schalm, Leiterin von Public History München, weiß um die Bedeutung des Gedenkbuches: „Viele historisch Interessierte in München und darüber hinaus schätzen das Gedenkbuch der Münchner Jüdinnen und Juden als wertvolle Quelle. Die enthaltenen Biografien und Fotos machen die Verbrechen der Nationalsozialisten sichtbar. Mit der Onlinedatenbank arbeiten sowohl Laien als auch Expert*innen, Kulturakteur*innen, Stadtteilparlamente, Geschichtsinitiativen und Schulklassen. Die Vernetzung der digitalisierten Quellen des Stadtarchivs mit dem Gedenkbuch ist für uns ein wichtiger Schritt, den wir im Sinne unserer Digital Memory Strategie auch weiterführen.“

Schon die diesjährige Namenslesung am 9. November im Alten Rathaus wird durch die ersten neuen Fotos bereichert. Unter ihnen sind die Fotos von Hans Schloß und seiner Mutter Cornelia.

Wer waren Hans und Cornelia Schloß?

Cornelia Rosenthal stammte aus Nürnberg und zog kurz vor ihrer Hochzeit nach München. Als ihr Mann Karl Schloß 1911 starb, war sie 35 Jahre alt. Seitdem sorgte sie allein für ihren am 2. Mai 1901 geborenen Sohn Hans, der als Diabetiker vom Typ I auf Insulin angewiesen war. Wie sein Vater betrieb auch Hans Schloß einen Metallwarengroßhandel; daneben interessierte er sich als Privatstudent für Musik. Er war einer der ca. 1.000 jüdischen Männer, die die Nationalsozialisten im November 1938 in München verhafteten und in das Konzentrationslager Dachau verschleppten. Dort wurde er unter der Nummer 21.152 registriert. Weil der 37-Jährige im Lager kein Insulin bekam und wie die anderen Mitgefangenen schlimmen körperlichen Schikanen ausgesetzt war, starb er innerhalb kurzer Zeit am 13. November 1938, einem Sonntag. Nach der Nachricht vom Tod ihres geliebten Sohnes nahm sich seine Mutter, Cornelia Schloß, das Leben. Sie wurde am 29. November 1938 um 10.30 Uhr in der Anglerstraße tot aufgefunden.

Die neuen Quellen und Scans im Stadtarchiv sind hier zugänglich:
https://stadtarchiv.muenchen.de

Zugang zum Gedenkbuch der Münchner Jüdinnen und Juden erhalten Sie hier:
https://gedenkbuch.muenchen.de

Bild oben: Foto von Hans Schloß auf dem Kennkartenantrag © Stadtarchiv München, KKA-B-0296-b und Foto von Cornelia Schloß auf dem Kennkartenantrag © Stadtarchiv München, KKA-B-0296-a