Antimuslimischer Populismus

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Antimuslimischer Populismus ist der Treibstoff des Rechtspopulismus in Deutschland und Europa. Der Islam dient dabei als Projektionsfläche für Feindbildkonstruktionen, die bis in die Mitte der Gesellschaft hinein Wirkung entfalten. Sie sind Ausdruck einer neuen Form des Rassismus, in der die tatsächliche oder auch nur zugeschriebene religiöse Zugehörigkeit ethnisiert wird.

Der Sozialwissenschaftler Alexander Häusler stellt in diesem Baustein zentrale Merkmale und aktuelle Ausdrucksformen des antimuslimischen Populismus dar.

Die Publikation wurde von der Bundeskoordination von Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage herausgegeben. Sie steht als PDF zum Download zur Verfügung und kann für 2,95 Euro bestellt werden:
https://www.schule-ohne-rassismus.org/produkt/baustein-7-antimuslimischer-populismus/

LESEPROBE:

Einleitung

Von Alexander Häusler 

Die Muslimfeindlichkeit hat seit den Terroranschlägen vom 11. September 2001 sowohl in Deutschland wie auch insgesamt in Europa massiv zugenommen. Dabei werden Ressentiments gegenüber Muslimen in öffentlichen Debatten undifferenziert vermengt mit der Angst vor der realen Gefahr, die von dem terroristischen islamistischen Fundamentalismus ausgeht. Aus populistischen Kampagnen gegen den Islam und gegen Muslime lässt sich deshalb auch politisch Kapital schlagen. Besonders für die europäischen Rechtsaußenparteien bietet sich das politische Schreckgespenst „Islamisierung“ als Chiffre für einen rassistischen Populismus geradezu an. Denn mit populistischen Kampagnen gegen Muslime lassen sich rassistische Weltanschauungen weit über den rechtsextremen Rand hinaus verbreiten. Hierbei werden völkisch-rassistische Stereotype auf die Ebenen der Kultur und der Religion übertragen: Der „Untergang des Abendlandes“ aufgrund einer angeblichen „kulturellen Landnahme“ durch die Muslime, die in Form einer „schleichenden Islamisierung“ stattfindet, wird dabei öffentlichkeitswirksam beschworen.

Ein solcher muslimfeindlicher Populismus gehört mittlerweile zu den zentralen Merkmalen rechter Propaganda und stellt ein länderübergreifendes Kampagnenthema des parteipolitischen Rechtsaußenspektrums dar. Auch in der bewegungsorientierten extremen Rechten haben sich mit Pegida oder der Identitären Bewegung rassistische Netzwerke entwickelt, die mit ihrem muslimfeindlichen Populismus öffentliche Wirksamkeit entfaltet haben. In Deutschland hat sich die rechte Partei Alternative für Deutschland (AfD) zur
stärksten Oppositionskraft im Deutschen Bundestag entwickelt, die ihren völkisch-autoritären Populismus mit exzessiver Muslimfeindlichkeit propagandistisch befeuert. Mit völkisch-autoritärem Populismus ist eine spezifische Ausdrucksform des Rechtspopulismus gemeint, die geprägt ist von einem völkischen Nationalismus und einem autoritären Staatsverständnis.(1)

Wir haben es also mit der zunehmenden Verschmelzung zweier politischer Phänomene zu tun – dem rechten Populismus und dem antimuslimischen Rassismus. Dabei erfährt der Rechtspopulismus in Deutschland und Europa seine Anziehungskraft in steigendem Maße auch durch die Verbreitung antimuslimischer Ressentiments, die sich als propagandistisch breit anschlussfähig erweisen und gefährliche Ausmaße für das interkulturelle Zusammenleben angenommen haben. Die zentralen Merkmale und aktuellen Ausdrucksformen des antimuslimischen Populismus werden in den folgenden Kapiteln dargestellt und kritisch analysiert.(2)

Fußnoten

(1) Vgl. Häusler, Alexander (Hrsg.): Völkisch-autoritärer Populismus. Der Rechtsruck in Deutschland und die afd, Hamburg 2018.
(2) Die folgenden Ausführungen basieren in Teilen auf von mir bereits veröffentlichten Vorarbeiten, hier besonders „Feindbild Moslem: Türöffner von Rechtsaußen hinein in die Mitte?“, in: Botsch, Gideon / Glöckner, Olaf / Kopke, Christoph / Spieker, Michael (Hrsg.): Islamophobie und Antisemitismus – ein umstrittener Vergleich, Berlin/Boston, S.169-190; „Muslimfeindlichkeit als rechtsextremes Einfallstor“ vom 17.03.2014, unter www.bpb.de/politik/extremismus/rechtsextremismus/180773/muslimfeindlichkeit-als-rechtsextremes-einfallstor (abgerufen am 06.02.2019) und „ afd, Pegida & Co. Die Formierung einer muslimfeindlichen rechten Bewegung“, in: Antes, Peter/Ceylan, Rauf (Hrsg.): Muslime in Deutschland. Historische Bestandsaufnahme, aktuelle Entwicklungen und zukünftige Forschungsfragen, Wiesbaden 2017, S.59-76.