Spott-Light: Meine Wahlempfehlung

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Mit Seitenblick auf jene für die AfD aus der Feder des leicht durchgeknallten Einstein II., genannt Elon Musk, Raketenwissenschaftler

Von Christian Niemeyer

Seitdem ich hier vor gut einem Jahr[1] recht unverblümt über Elon Musk (*1971) urteilte, erreichen mich gehäuft, wenn auch durchaus noch tröpfelnd, Anfragen, nicht nur aus Hessen oder Bayern, sondern auch aus Norwegen, wohl weniger von Kriegsflüchtlingen, sondern von in Hessen oder Bayern tätigen E-Auto-Experten, was ich denn wählen würde am 8. Oktober 2023; und ob auch ich einen Tesla S führe, und wenn ja: Wohin? Etwa return to sender? Oder, sollte ich kürzlich einen Kaufvertrag unterzeichnet haben: ob ich diesen aus Protest öffentlich zerrisse – ungeachtet der Gefahr, mittels des dadurch dokumentierten Spruchs „Kauft nicht bei Gegen-Juden!“ von Kolleg*innen an die Wand gefahren zu werden.

Gemach Leute, erst einmal sondieren: Was ich für ein Auto fahre, tut nichts zur Sache; gesetzt, es handele sich um einen vollelektrischen VW ID. 3, geht dies niemanden etwas an; wenngleich: Ich würde mich nicht scheuen, diesen nach der Wahl in Hessen oder Bayern reparieren zu lassen, unabhängig vom Wahlausgang, für den ich, was Bayern angeht, recht schwarz sehe, deutlicher: braun-schwarzbraun, zur Not auch als Minderheitsregierung, mit Hubert Aiwanger (FW) als Ministerpräsident und Stephan Protschka (AfD) als sein Vize; mit dem er sich recht gut verstehen dürfte eingedenk seiner jüngsten Fürsprache für Friedhelm Merz‘ „Zahnarzt-Touristen“-Bashing in Richtung ukrainischer Kriegsflüchtlinge sowie der dadurch dokumentierten Fortdauer jenes (Un-) Geistes, den die KZ-Witzeleien, angeblich zu verantworten von seinem Bruder Abel, sorry: Helmut Aiwanger; die fraglos auch bei seinem Mit-Wahlsieger Protschka Anklang fänden.

Was ich damit meine? Nun, vielleicht haben Sie’s noch nicht gehört, aber Stephan Protschkas Herkunfts- und Beschulungsort lautet auf Dingolfing (Bayern), und auch sein Eintritt in die Junge Union Bayerns als 16-jähriger (1993; 2010 war Schluss wegen wachsender Euroskepsis) weist Nähen auf zum Agieren seines künftigen Chefs; ganz zu schweigen von Protschkas Beteiligung an einem Denkmal in Polen für deutsche „Selbstschutzkämpfer“ – denen tatsächlich die Ermordung zehntausender Juden und Polen anzulasten ist.

Kein Thema für Elon Musk?

Richtig: Kein Thema für Elon Musk, der ersatzweise im Vorfeld der Hessen- wie Bayernwahl einen Wahlaufruf zugunsten der AfD verbreitete, basierend auf Fake News zur deutschen Seenotrettung und Flüchtlingspolitik; selbstredend zur Begeisterung von Alice Weidel sowie der Jungen Freiheit[2]; und zum Entsetzen von Grünen-Wahlkämpfern in Bayern, die, wie am 16. September 2023 zu notieren beim Auftritt der grünen Spitzenkandidatin Katharina Schulze in Neu-Ulm, offenbar damit leben müssen, zur Not auch sterben zu können, weil sie von à la Aichwanger oder Protschka oder Musk Verhetzten auf der Bühne mit massiven Steinen beworfen werden. (vgl. Schaumburger Zeitung 261 (2023), Nr. 261, S. 5).

Wie es soweit mit Elon Musk hat kommen können?[3] Denn bedenken wir doch: Vor gut einem Jahr hätte ich mir ohne weiteres einen Tesla gekauft, war dieser Typ aus Südafrika mir beinahe sympathisch. Gewiss: Da war die Geschichte vom reichste Mann der Welt, der die Sache mit Putin nach Männerart im Boxkampf klären wollte – eine Unhöflichkeit gegenüber den Klitschko-Brüdern, wie mir schien; aber immerhin: sich mit Putin prügeln statt für ihn, war doch schon mal etwas. War Musk vielleicht sogar der einzig Normale im damals zu besichtigenden Zirkus – derjenige  also, der weiß, worauf es wirklich ankommt: nämlich auf SpaceX, also auf eine (Flucht-) Rakete via Mars?

Dann aber kam das Attentat vom 27. Oktober 2022 auf den 82-jährigen Geschäftsmann Paul Pelosi, das eigentlich seiner Frau Nancy, einer berühmten Demokratin, gegolten hatte. Und auf einmal wusste Musk als neuer Twitter-Besitzer nichts Dringlicheres zu tun, als in einer Antwort auf Nancys Freundin Hillary Clinton ohne jeden Beleg zu mutmaßen, „dass Pelosi in einen Streit mit einem Mann geraten sein könnte, den er selbst ins Haus gelassen habe“[4] – und bei dem es sich, wie spiegel.de am 30.10.2022 um 20:36 ergänzte, um einen „männlichen Prostituierten“ gehandelt haben soll. Wodurch Trumps Sohn Don Jr. auf Instagram (gleichfalls bald gelöscht) das Bild von einem Hammer und einer Unterhose postete und dem Text dazu:

„Ich habe meine Paul-Pelosi-Halloween-Verkleidungen fertig.“ (zit. n. Der Spiegel 45/2022: 91)

Wenn beides stimmt und Don („Trumpier than Trump“) Trump Jr. (*1977) sowie der offensichtliche Trump-Verehrer Musk zur Tatzeit nicht besinnungslos betrunken waren, Letzterer vielmehr ein Beispiel dafür geben wollte, welche Art Hate Speech in Zukunft auf Twitter zu erwarten sei, kann ich nur hoffen, dass sich beide bald per SpaceX auf den Weg machen. Ich jedenfalls wurde nun langsam doch des Umstandes froh, mir keinen Tesla zugelegt zu haben, sondern einen VW ID. 3. Mit dem ich zur Not bis zum Mars fahren würde. Um ehrlich zu sein, so schien es mir jedenfalls zunächst: Eine Sorge weniger, nach dem Ausgang der Midterms-Election und der krachenden Niederlage für Kari Lake in Arizona. Und deswegen ein Prost auf den Pelosi-Attentäter David dePape, den besten Wahlhelfer, den die Demokraten je hatten!

Zum Schluss die zentrale Lektion: Der Trumpismus mag ja dumm sein sowie Dummheit bewirken. Aber dass Trump so dumm war, nicht zu erkennen, dass die Ausrufung seiner erneuten Kandidatur, trotzig mitten hineinerklärt in seine größte Niederlage, die Justiz erst recht auf den Plan rufen würde, war eine neue, durchaus ermutigende Botschaft im Blick auf die Ukraine. Wo man aktuell das Absterben des Putinismus aus ähnlichen (Dinosaurier-) Gründen beobachten kann, wie sie Trump mit der dümmsten aller seiner Inszenierungen vormachte: Jener von Mitte November 2022 mit dem Holocaust-Leugner Nick Fuentes sowie dem Rapper Kanye West (= „Ye“) im Gepäck. Der seinen Untergang nachfolgend mit Sprüchen wie „Ich mag Hitler“ und „Ich liebe Nazis“ besiegelte.[5] Damit Trump in den Sog seines eigenen Untergangs hineinziehend.

Der nächste Schachzug in dieser Schmierenkomödie gebührte Elon Musk. Der auf einmal, wie Bettina Sauer am 3.12.2022 um 13:00 auf journalistenwatch kundgab[6], in der erkennbaren Absicht, seine neu aufgekaufte Firma Twitter, die durch seine eigene Hate Speech ad Paul Pelosi in Misskredit gebracht hatte, The Twitter Files ins Netz stellte. Durch sie stehen zwar beide im Zwielicht: Bidens Sohn Hunter – vor allem aber sein Vater, weil Twitter damals, in der Zeit vor dem Ehrenmann namens Musk, erkennbar im Interesse Joe Bidens, die Veröffentlichung des „gehackten Materials“ um den Vater ablehnte. Ob es eines IQ von 180 braucht, wie er dem Schauspieler James Woods eigen ist, um zum Schluss zu kommen:

Elon Musk hat mutmaßlich Amerika gerettet!

 Sorry, dass ich als dreifacher Sitzenbleiber bei derlei Lamento eines der wenigen Trump-Fans aus Holly-resp. James-Wood dazwischen rede – aber das Gegenteil wäre diesem deutlich in die Jahre gekommenen Schwätzer ohne Jim Bean vielleicht leichter über die Lippen gekommen. Und als Diagnose etwas wahrscheinlicher, wenn man Elon Musks Schweigen als unabhängige Variable zu setzen versteht und also eines bitte nicht allzu fernen Tages titeln könnte:

Elon Musks Schweigen hat mutmaßlich Amerika gerettet!

Wie man das macht, dieses Schweigen! Nun, ganz einfach, wie im Kindergarten. Man muss diesem Schwätzer mit IQ 155 endlich seinen eigenen Twitter-Account, jetzt: X genannt, sperren! Chef hin, Chef her!

Klar: Die AfD, an sich der ‚Schwarzen Pädagogik‘ sehr zugetan, wird sich einem derartigen Antrag widersetzen. Weil ihr ja derart viel am freien Wort liegt. Und nichts an Amerika. Und uns, den Demokraten: Was liegt uns an Amerika und den Demokraten dort?

Eben: Zum Schweigen bringen ist zur Not eben doch eine Lösung, metaphorisch geredet, selbstverständlich; und dabei denkend an das leichte Säuseln eines E-Autos, und sei es eines VW ID 3; sowie das Bild eines filigran über das Flüchtlingsproblem und den Klimawandel debattierenden neuen Elon Musk vor Augen; eines Musk, der Probleme als solche klar anspricht und sie einer rationalen Lösung zuzuführen gedenkt; statt – dies die Kunst der AfD – Probleme wie die genannten rundweg in Abrede zu stellen, um jene, die über Lösungen nachdenken, als solche diffamierbar zu machen, die uns grundlos teure Lösungsoptionen im Bereich insbesondere des Klimaschutzes sowie des Fahrens auf der Autobahn, des Tragens einer Maske, der Länge des Duschens vorschreiben; grundlos, also: aus Jux und Tollerei, deutlicher: aus purem Sadismus sowie Paternalismus, kurz: aus Begeisterung für die Diktatur, ob nun à la Merkel oder qua Meinung. Wogegen es selbstredend und à la Stauffenberg und Sophie Scholl aufzubegehren gelte, und sei es der freien Fahrt für freie Bürger wegen….

Ich weiß nicht, ob Sie es bemerkt haben, aber ich beschrieb soeben das der FDP entlehnte Erfolgsrezept  der AfD – eine Suppe letztlich, in die es am 8. Oktober 2023 zu spucken gilt, damit wir am 9. Oktober nicht, so wir in Bayern leben, in einem Alptraum aufwachen. Der übrigens neu an Fahrt gewinnen dürfte im Rückblick auf Musks allerneuestem Streich, womit ich jetzt nicht jenen vom 11. März 2023 mit der „Free-Willy-Parole“ für Jacob Chansley, einen der QAnon-Capitol-Stürmer (der mit dem Bärenfell), meine. Sondern ich rede von Musks 24. Februar 2023: Die USA seien schuld, auch am (angeblichen) Putsch am Maidan 2014, inszeniert von der damaligen stellvertretenden US-Außenministerin Victoria Nuland, zusammen mit „rechtsextremen Kräften“ vor Ort.[7] Old stuff an sich, basierend auf einem am 4. Februar 2014 von Russland publizierten und zuvor abgehörten Telefongespräch Nulands. Für Putin allerdings heute, neun Jahre später, eine Art Weckruf plus Tadel des Inhalts, nicht sehr viel früher losgeschlagen zu haben als im Februar 2022 und sehr viel gezielter mitten ins Herz der Finsternis.

Die sich, wenn nicht alle Anzeichen täuschen und hier schon am 7. Oktober 2022 prognostiziert[8], bald auch um Putin herum verbreiten dürfte.

So betrachtet wäre die Flucht nach Moskau unserem Einstein Nr. 2 jetzt sehr anzuraten. Aber bitte, Elon, auch dies ist Relativitätstheorie: Du musst diese Reise antreten ohne Deine Rest-Milliarden, auf die Dein Freund Putin jetzt so dringend angewiesen ist, und sei es bei der Suche nach einem bombensicheren Asylort. Ersatzweise hilft ihm vielleicht ja Deine Rakete zum Mars. Auf dass ihr beide dann dort ein Schwätzchen halten könnt mit David Bowie und seiner Crew aus Space Oddity. Alles besser als die Hölle, oder?

Autor: Prof. Dr. Christian Niemeyer, Berlin

 

[1] www.hagalil.com/2022/10/bloodymir-kyrill/
[2] https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2023/heftige-attacke-auf-baerbock-ministerium-wuerde-elon-musk-die-afd-waehlen/
[3] Ich greife hier auf Überlegungen zurück aus meinem Buch Die AfD und ihr Think Tank im Sog von Trumps und Putins Untergang, Weinheim Basel 2023, S. 295 ff.; dort auch weitere Literaturhinweise.
[4] www.msn.com/de-de/nachrichten/other/nach-angriff-auf-paul-pelosi-musk-leitet-verschwörungstheorie-auf-twitter-weiter/ar-AA13y55r. www.spiegel.de/ausland/elon-musk-verbreitet-auf-twitter-verschwörungstheorie-zu-paul-pelosi-a-803Se300-758b-455a-9954-b8865d993665
[5] www.msn.com/de-de/nachrichten/politik/ich-liebe-nazis-kanye-west-sorgt-mit-neuen-äußerungen-fuer-empörung/ar/AA14Ou76?ocid=msedghp&pc (eingestellt auf Welt am 2.12., 6:55).
[6] journalistenwatch.com/2022/12/03/schauspieler-james-woods-elon-musk-hat-mutmasslich-amerika-gerettet/ (abgerufen am 3.12.2022, 13:44)
[7] www.msn.com/de-de/nachrichten/politik/elon-musk-verbreitet-putin-propaganda/ar-AA17VzGz?ocid=msedghp&pc (abgerufen am 26.2.2023, 7:45)
[8] www.hagalil.com/2022/10/geheimrede-zu-putin/