Haredi-Juden sind Hauptziel antisemitischer Angriffe

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Der Antisemitismus-Jahresbericht für 2022 der Universität Tel Aviv in Kooperation mit der Anti-Defamation League (ADL) liegt vor

Am Vorabend des Jom haShoa wurde der 22. Antisemitismus Bericht des Center for the Study of Contemporary European Jewry an der Universität Tel Aviv in Zusammenarbeit mit der Anti-Defamation League (ADL) veröffentlicht. Dem Bericht zufolge sind vor allem ultraorthodoxe Juden, also sichtbar identifizierbare Juden, Hauptopfer antisemitischer Übergriffe im Westen.

Der Bericht untersucht Dutzende von Übergriffen, die in New York (der Stadt mit den meisten Übergriffen in den Vereinigten Staaten), in London (wo in Europa die meisten Übergriffe verzeichnet wurden) und weiteren Städten gemeldet wurden. Die vergleichende Studie deutet darauf hin, dass körperliche Angriffe auf Juden in der Regel in großen städtischen Zentren stattfinden, normalerweise auf der Straße oder in öffentlichen Verkehrsmitteln und nicht in der Nähe oder in Synagogen oder jüdischen Einrichtungen.

Haredi-Juden sind die Hauptopfer, nicht nur, weil sie leicht als Juden zu identifizieren sind, sondern auch, weil sie als verletzlich wahrgenommen werden und sich weniger wehren. Während die im Bericht untersuchten Angriffe rechtlich als antisemitische Hassverbrechen definiert sind, sind die Beweggründe der Täter nicht leicht zu erkennen und könnten von einem tief verwurzelten Antisemitismus, Hass auf Israel, Mobbing oder einer Kombination der drei getrieben sein.

Dr. Carl Yonker, leitender Forscher am Center for the Study of Contemporary European Jewry an der Universität Tel Aviv sagte dazu: „Es war sehr beunruhigend, während der Feldforschung in London zu entdecken, dass einige Haredim den Antisemitismus als das unausweichliche Schicksal der Juden in der Diaspora betrachten und manchmal sogar Mitglieder ihrer eigenen Gemeinschaften für die Situation verantwortlich machen.“

Jonathan Greenblatt von der Anti-Defamation League (ADL) bemerkte: „Die in dieser Umfrage enthaltenen Daten sind sehr beunruhigend. Es ist alarmierend, die deutliche Zunahme antisemitischer Vorfälle und Tendenzen in den USA und mehreren anderen Ländern zu sehen. Ebenso besorgniserregend ist, dass es im Gegensatz zu 2021 keine konkreten Ereignisse gab, die mit einem Anstieg des Antisemitismus in Verbindung gebracht werden können, was für die tief sitzende Natur des Judenhasses auf der ganzen Welt spricht.“

Dem Jahresbericht zufolge war 2022 ein starker Anstieg der Zahl antisemitischer Vorfälle in den Vereinigten Staaten und anderen Ländern zu verzeichnen, während sie in mehreren anderen Ländern zurückging. Die Anti-Defamation League (ADL) verzeichnete in den Vereinigten Staaten 3.697 antisemitische Vorfälle, verglichen mit 2.717 im Jahr 2021. Das NYPD registrierte 261 Hassverbrechen gegen Juden im Vergleich zu 214 im Jahr 2021, das LAPD verzeichnete 2022 86 im Vergleich zu 79 im Jahr 2021 und die Chicago Police 38 im Jahr 2022 im Vergleich zu 8 im Jahr 2021.

Ein Anstieg der registrierten antisemitischen Vorfälle im Vergleich zu 2021 wurde auch in mehreren anderen westlichen Ländern festgestellt, darunter Belgien, Ungarn, Italien und Australien. In Belgien wurden 2022 17 antisemitische Angriffe registriert, verglichen mit nur 3 im Jahr 2021 – die höchste Zahl seit sieben Angriffen im Jahr 2016.

Andere Länder, darunter Deutschland, Österreich, Frankreich, Großbritannien, Kanada und Argentinien, verzeichneten dagegen einen Rückgang der Zahl antisemitischer Vorfälle im Vergleich zu 2021. In Deutschland wurden 2.649 „politische Straftaten mit antisemitischem Hintergrund“ dokumentiert , weniger als der Rekord von 3.028 im Jahr 2021, aber immer noch deutlich höher als die Zahlen für 2020 und 2019. In Frankreich wurden 436 Vorfälle dokumentiert, verglichen mit 589 im Jahr 2021, 339 im Jahr 2020 und 687 im Jahr 2019.

In einem Rückblick auf die Situation in Russland stellt der Bericht beunruhigende antisemitische Äußerungen von Beamten und Intellektuellen in Nähe der Putin-Regierung sowie die zynische Verzerrung der Erinnerung an den Holocaust durch das Regime fest. Dies lässt Bedenken aufkommen, dass russische Juden zu Sündenböcken für das militärische Versagen des Regimes in der Ukraine werden könnten. „Faschisten sind niemals verlässliche Verbündete für religiöse Minderheiten oder im Kampf für Menschenrechte“, heißt es in dem Bericht.

Zwei der im Bericht enthaltenen ausführlichen Essays behandeln die extreme antisemitische Propaganda der Houthis im Jemen und zwei kleine antisemitische Parteien, die Sitze im Oberhaus des japanischen Parlaments gewonnen haben. „Im Jahr 2022 hat sich erneut gezeigt, dass Antisemitismus keine echte jüdische Präsenz oder direkte Rivalität mit Israel erfordert, um Unterstützer zu finden“, heißt es in dem Bericht. 

Zum Bericht (pdf)