Am letzten Sonntag fand im Würzburger Friedrich-König-Gymnasium eine Veranstaltung statt, die allen, die daran teilnahmen, noch lange in bester Erinnerung bleiben wird: die Verleihung des mit 3000 EUR dotierten Würzburger Friedenspreises an die Geschichtswerkstatt der Stadt Aub.
Von Israel Schwierz
Der letzte noch lebende Augenzeuge des Geschehens, Hans-Rainer Eck, ist tief bewegt. Mit wenigen Worten beschreibt er, wie wohl es ihm und der Familie Eck dabei ist, dass sein Onkel Alfred im Mittelpunkt steht und nun „endlich in das richtige Licht gerückt wird.“ Der 73-Jährige schildert tief gerührt, als er als Kind und andere Mitglieder seiner Familie erleben mussten, wie diffamierend und beleidigend über Alfred Eck geredet wurde: „Das hat uns allen sehr weh getan!“. Denn seinem Onkel, dem jungen deutschen Soldaten Alfred Eck, der am 7. April 1945 im Alter von 34 Jahren von einem Standgericht der Wehrmacht wegen Kriegsverrats, Sabotage und Fahnenflucht zum Tode verurteilt und hingerichtet worden ist, blieb über eine ganz lange Zeit die ihm tatsächlich zustehende Anerkennung verwehrt.
Es war Alfred Eck, der kurz vor Kriegsende im April 1945 zusammen mit Bürgermeister Franz Engert und Georg Neeser auf Soldaten der US-Armee zuging und ihnen die Minensperren der Wehrmacht verriet. Eck sorgte dafür, dass die deutschen Soldaten sich aus Baldersheim entfernten und dass der Ort friedlich an die US-Armee übergeben wurde. Dafür musste er mit seinem Leben bezahlen.
Trotzdem wurde er ganz viele Jahre nicht als Retter von Baldersheim angesehen, sondern im Gegenteil – als Verräter und als Deserteur. Dieses falsche Denken hielt sich lange – nicht nur im Ort, sondern in der ganzen Gegend. Noch 2015 weigerte sich der damals verantwortliche Schulamtsdirektor, die Auber Schule nach ihm zu benennen – eine Schule dürfe nicht den Namen eines Kriegsverräters tragen! Ausschlaggebend dafür war eine erneute Diskussion im Stadtrat, dieses Mal auf Anregung von Bernhard Mader, die Schule nach Alfred Eck zu benennen. Dass sich die Auber Stadträtinnen und Stadträte dagegen entschieden hatten, sorgte damals für große öffentliche Empörung, weil in der Debatte auch noch leichte Untertöne zu hören waren, die an Ecks Integrität Zweifel aufkommen ließen.
In der Zwischenzeit hat sich die Situation grundlegend geändert, über Alfred Eck wird jetzt voller Hochachtung gesprochen, am Markplatz in Aub erinnert eine Gedenktafel an ihn – all das ist das Verdienst der Geschichtswerkstatt, die vom Auber Stadtrat auf Anregung von Sonderschulrektor i.R. und Ehrenmitglied der Humanistischen Vereinigung, Frank Stößel, angestoßen wurde.
Heute steht fest: „ Alfred Eck hat durch seine persönliche Entscheidung dafür gesorgt, dass sein Heimatdorf nicht zerstört wurde. Er hat Leben gerettet und dadurch sein eigenes verloren,“ sagt Thomas Schmelter vom Komitee Würzburger Friedenspreis. Zwei Aspekte waren dafür ausschlaggebend, dass die mit 3.000 EUR dotierte Auszeichnung in diesem Jahr an die Geschichtswerkstatt Aub vergeben wurde: zum einen, weil historisch genau beleuchtet worden sei, was geschehen war, zum anderen sei es der Geschichtswerkstatt gelungen, einen Dialog in Baldersheim und in Aub herzustellen – nicht immer ohne Kontroverse. „Es ist ihr Verdienst, dass sich mittlerweile die Würdigung Alfred Ecks vollständig gewandelt hat“, ergänzt die stellvertretende Landrätin Karen Heußner. Die Arbeit der Geschichtswerkstatt nimmt Heußner als Beispiel dafür, wie gesellschaftlicher Friede entstehen und Schule machen kann. Würzburgs Kulturreferent Achim Könnecke würdigt die erinnerungskulturelle Arbeit der Geschichtswerkstatt. „Alfred Eck ist ein Vorbild, das ins Rampenlicht gehört!“.
Kilian Angermaier, nach dessen Vater Georg die Angermaierstraße in Würzburg benannt ist, war schon als junger Jurastudent von Alfred Eck hingerissen und von dessen Schicksal erschüttert. Daher rührt auch sein Vorschlag 1985, die Auber Schule nach Eck zu benennen, und 2021 die Initiative, die Geschichtswerkstatt für den Friedenspreis vorzuschlagen.
Angermaier erinnert sich noch sehr gut and den „ehrverletzenden, unsachlichen, falschen und verleumderischen Protest“ und schätzt daher die Arbeit der Geschichtswerkstatt nicht als „Pappenstiel“ ein . „Sie haben den historisch gesicherten Beweis geführt, dass alle Ehrverletzenden Behauptungen nicht der Wahrheit entsprechen“.
Belegt sei nun auch, dass die damals maßgebliche Meinung des Schulamtsdirektors „eine Falschbehauptung“ gewesen sei, die sich „zur Mär entwickelte“. Dass die staatliche Schulverwaltung sich von dieser Mär distanzieren und sich für das so lange Warten auf diese Geste bei den Angehörigen Alfred Ecks entschuldigen möge, wie das 2021 Roman Menth für die Stadt Aub und Bernd Rützel für die SPD getan hatten, gibt Frank Stößel, der sich in seiner Rede von der Geschichtswerkstatt als deren Moderator verabschiedete, Landrat Thomas Eberth mit auf den Weg. Noch in diesem Herbst bietet sich dazu die Gelegenheit, wenn er die Wanderausstellung „Die Retter von Baldersheim“ im Landratsamt Würzburg feierlich eröffnen wird.
Alfred Eck weiter zu ehren, diese Aufgabe möchte der Auber Stadtrat nun auch in Baldersheim umsetzen, beschreibt Bürgermeister Roman Menth den nächsten Schritt. Von einer immer noch möglichen „Alfred-Eck-Schule“ spricht er leider nicht.