Deutschland aus jüdischer Sicht

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Die israelische Historikerin Shulamit Volkov erzählt deutsche Geschichte erstmals konsequent aus jüdischer Sicht. Ein faszinierender Shift, der so manches tradierte Bild erschüttert.

Volkov, die ausführlich über jüdisches Leben in Deutschland im 19. und 20. Jahrhundert geforscht hat und dabei auch die Bezeichnung von Antisemitismus als „kulturellem Code“ geprägt hat, erzählt deutsche Geschichte und ihre Highlights, ausgehend von der Aufklärung, über Wiener Kongress und die Revolution von 1848, bis in die Gegenwart. 

Gleichberechtigung und rechtliche Gleichstellung sind dabei zentrale Themen. Oft unterscheiden sich die Wahrnehmungen, denn so ist in jüdischer Perspektive die Aufklärung „unverfroren“ intolerant und der politische Liberalismus bereits zu Beginn des 19. Jahrhunderts „modern und traditionell, egalitär und ausgrenzend zugleich“. Zugehörigkeitsgefühl und deutliche Zurückweisung von Juden im Kaiserreich zeigen „die Größe und Schwäche des Reichs im Allgemeinen“.

Kenner der jüdischen Geschichte werden im Buch vielen bekannten Biografien begegnen, von Moses Mendelssohn, über Bertha Pappenheim bis zu Fritz Bauer und Ignatz Bubis. Daneben lässt Volkov viele unbekannte Stimmen zu Gehör kommen. Die engen Verknüpfungen mit der allgemeinen deutschen Geschichte arbeitet Volkov dabei pointiert heraus. Ihr Ansatz zeigt die Untrennbarkeit von deutscher und deutsch-jüdischer Geschichte.

Shulamit Volkovs Buch ist damit für alle relevant, die sich für deutsche Geschichte interessieren. Unbedingte Leseempfehlung.

Shulamit Volkov, Deutschland aus jüdischer Sicht. Eine andere Geschichte, C. H. Beck 2022, 336 S., Euro 28,00, Bestellen?