Karl Erich Grözinger, Professor Dr. Emeritus der Universität Potsdam, Judaist, Semitist und Religionswissenschaftler wird am 4. Februar 2022 achtzig Jahre alt, eigentlich müsste man jung sagen, unermüdlich sowieso. Seine Energie, sein Forschungsdrang und sein Ideenreichtum scheinen unerschöpflich.
Von Gabriela Fenyes
Das attestieren ihm seine Kolleginnen und Kollegen und ganz besonders ein Freund und Weggefährte: Der Literaturwissenschaftler Prof. Hans Dieter Zimmermann. In seinen 2021 erschienenen Erinnerungen „Ein Rückblick auf 80 Jahre“. Der Germanist, Kafka-Spezialist und ausgewiesene Kenner der tschechischen Literatur widmet ihm ein ganzes Kapitel, viel Persönliches. Natürlich geht es aber auch um Franz Kafka und Grözingers Standardwerk „Kafka und die Kabbala“ (Erstveröffentlichung 1992), das fünf Auflagen hat und in mehrere Sprachen übersetzt wurde.
Kürzlich hat Karl Erich Grözinger den letzten Band seines fünfbändigen Werks „ Jüdisches Denken: Theologie-Philosophie-Mystik“ fertig gestellt. Auf insgesamt fast 4000 Seiten befasst er sich mit der über 3000 Jahre alten jüdischen Denkgeschichte. Bereits jetzt wird es Grözingers Humasch“ genannt und „ein stolzes Monument der deutschen Judaistik“ (Prof. Dr. Daniel Krochmalnik) und „auf Jahrzehnte hinaus das unüberholbare Standardwerk für alle, die sich mit jüdischen Studien befassen“, (Prof. Dr. em. Micha Brumlik).
An dieser einzigartigen Publikation hat Karl Erich Grözinger 15 Jahre lang gearbeitet, die im Campus Verlag erschienen ist.
Von 30 Büchern ist er Autor und Herausgeber.
An der Universität Potsdam hatte Karl Erich Grözinger zuletzt die Professur für Religionswissenschaft und Jüdische Studien sowie die Direktion des Kollegiums Jüdische Studien von 1994-2007 inne. Er ist Affiliated Professor der Universität Haifa, Fellow des Institute for Advanced Studies Jerusalem und war Gastprofessor, u. a. in Chicago, Krakau und Olmütz. 2007 wurde er emeritiert und war danach von 2012 bis 2013 Seniorprofessor am Zentrum Jüdische Studien Berlin-Brandenburg.
Seine berufliche Laufbahn begann für den 1942 in Stuttgart geborenen Wissenschaftler in Frankfurt a, M., wo er von 1985 bis 1994 als Professor für Judaistik und von 1989-1991 als Gründungs-Ordinarius für Judaistik in Lund (Schweden) wirkte. Als Gastprofessor und Redner hält er auch nach seiner Emeritierung 2007 im In- und Ausland Vorträge.
Karl Erich Grözinger ist kein Gelehrter im Elfenbeinturm. Wenngleich bescheiden und eher ruhig. ist er voller Lebensfreude. Er liebt die mediterrane Lebensweise und so oft er kann, reist er von Berlin, wo er mit seiner Familie lebt, nach Israel. Dort hat er während seines Studiums an der Hebräischen Universität in Jerusalem seine Ehefrau Elvira kennengelernt, wohin er später als Fellow des Instituts for Advanced Studies zurückkehrte.
Politisch steht er fest an der Seite Israels und wird scharfzüngig gegen Boykotteure, nimmt Stellung in den Medien gegen antisemitische Stereotype.
Gegenwärtig gilt sein Augenmerk der von ihm wiederentdeckten jüdischen Stiftung, der Ephraim Veitel Stiftung.
Sie ist wohl die älteste jüdische Stiftung in Deutschland, die seit ihrer Gründung 1799 und ihrem Wirksamwerden 1803, trotz der zwischenzeitlichen Arisierung bis 2000, ununterbrochen bis heute besteht. Die wechselvolle Geschichte der preußisch-jüdischen Hofjuwelierfamilie Ephraim und ihre Spuren bis in die Gegenwart hat er in einem Buch und in zahlreichen Aufsätzen dokumentiert.
Grözinger, seit 2007 Vorsitzender der Stiftung, ist es zu verdanken, dass die Stiftung in ihr Stammhaus, das Ephraim Palais im östlichen Teil Berlins zurückkehrte, in dem das Stadtmuseum seinen Sitz hat.
Mit Vorträgen und Musik-Veranstaltungen als Teil des jüdischen Lebens in Preußen und darüber hinaus sind die lehrreichen Soirees der Ephraim Veitel Stiftung wieder zu einer wichtigen Ergänzung der Berliner Stadtgeschichte geworden und haben den Stifter wieder an den Ort gebracht, wo einst sein segenvolles Engagement seinen Anfang hatte.
Wie heißt es doch in der hebräischen Bibel, dem Tanach, Psalm 90, Vers 10:
„Unser Leben währet siebzig Jahre, und wenn’s hoch kommt, so sind’s achtzig Jahre, und wenn’s köstlich gewesen ist, so ist es Mühe und Arbeit gewesen; denn es fährt schnell dahin, als flögen wir davon.“
Aber, dem Geburtstagskind bis – ad 120. Le Chajim, Masal tov. Herzlichste Gratulation !!