AUF STEHEN gegen Vergessen und Unrecht

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Anfang diesen Jahres veröffentlichten Max Liedtke und Wolfgang Sosic eine ganz bemerkenswerte Dokumentation, die die jüdischen Mitglieder des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverband (BLLV) 1861 bis 1945 zum Inhalt hat.

Von Israel Schwierz

Zunächst kommt der Ehrenpräsident  des BLLV Klaus Wenzel in Bild und Wort zum Zuge – indem er auf einem Foto einen Stein auf den Grabstein des Lehrers Samuel Maier auf dem jüdischen Friedhof in Schnaittach/Mittelfranken ablegt und in einem bemerkenswerten Text „Sich der Geschichte stellen“ kurz auf die Rolle des BLLV seinen jüdischen Kollegen gegenüber eingeht.

Es folgt eine sehr tiefschürfende Einführung von Simone Fleischmann, der Präsidentin des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbandes , in dem sie feststellt, dass hier ein vergessenes  Kapitel der Geschichte des BLLV geschrieben wird.

Eine quellenkritische Vorbemerkung über die Schwierigkeiten des BLLV,  sich mit dem Teil der Geschichte seiner jüdischen Mitglieder zu befassen schließt sich an.

Danach kommt ein Kapitel, das über das große Lob von Seiten der jüdischen Lehrerschaft in Bayern und die Realität berichtet. Man kann erfahren, dass der BLLV seit seiner Gründung 1861 für Lehrer aller Glaubensrichtungen und aller Schularten offen war, was ihm übrigens scharfe Kritik von Seiten der christlichen Kirchen einbrachte. Erfreulich ist die Tatsache, dass der jüdische Lehrer Aaron Frankenburger zu den Gründungsmitgliedern des BLLV gehört.

Bemerkenswert ist auch die Tatsache, dass in der Jugendzeitschrift des BLLV als auch in der Zeitschrift des  Verbandes stets eine erfreuliche Offenheit gegenüber Juden„im Geist der Humanität und Bruderliebe“ festzustellen war. Im Presseorgan des BLLV war immer Platz für Anliegen der jüdischen Lehrerkollegen festzustellen.

In einem weiteren Kapitel mit der Überschrift „Das  Lob und die notwendigen Relativierungen – fünf Fragefelder“ wird sehr eindrucksvoll auf das Thema „Die ‚Jugendlunst‘, Schülerzeitschrift des BLLV und die ‚Juden‘, auf die Kooperation zwischen Jüdischem Lehrerverein in Bayern und dem Bayerischen Lehrerverein, auf die Frage, welche Rolle der Bayerische jüdische Lehrerverein im kollektiven Gedächtnis des BLLV gespielt hat sowie auf die Zeit nach 1945: „Die frühe Nachkriegszeit. Aufbruch mit Lasten“ eingegangen.

Ein nachfolgendes Kapitel „Neue Wege“ beschäftigt sich mit dem Verhalten des BLLV gegen Ende des 20. Jahrhunderts unter der Präsidentschaft von Dr. H.c. Albin Dannhäuser und der Vizepräsidentschaft von Dr. Ludwig Eckinger. Ganz besonders bemerkenswert ist die Tatsache, dass trotz vieler positiver Aspekte der Präsident des BLLV Klaus Wenzel im Jahre 2011 bekannte: „Als BLLV schämen wir uns, weil wir Schuld auf uns geladen haben.“

Es folgt dann eine alphabetische Liste der 222 jüdischen Mitglieder des BLLV, der allerdings eine kurze Vorbemerkung über ihre Entstehung vorausgeht. Dabei wird jedes Mitglied mit Nachname, Vorname, Beruf, Regierungsbezirk, Zugangsort (=Dienstort) Jahr, Seite und Anm. vorgestellt. Danach folgen in alphabetischen Reihenfolge Einzelnachweise der verschiedenen Mitglieder in Wort und Bild, beginnend mit Adler, Nathan und endend mit Wormser, Isaak. Hier werden alle wichtigen Fakten über das  jeweilige jüdische BLLV-Mitglied detailliert in Wort und Bild aufgeführt.

Es folgt dann eine Übersicht über die regionale Verteilung der jüdischen Mitglieder, ein Aufsatz über die Unvollständigkeit der Liste, ein Bericht über mit jüdischen Frauen verheiratete Lehrer, „jüdisch versippte Lehrer“, und ihr Schicksal sowie eine Liste möglicher weiterer 63 jüdischer Mitglieder des BLLV. 

Den beiden Autoren, Prof. (em.) Dr. Max Liedtke, Universität Erlangen-Nürnberg und Dipl. Ing. Wolfgang Sosic, ehem.Leiter/Koordinator Exportkontrolle der DIEJKHL Gruppe; Schriftführer des Geschichtsvereins der Stadt Schwabach, ist es in der Tat gelungen, den jüdischen Mitgliedern des BLLV 1861-1945 ein bleibendes Andenken zu schaffen. Dafür gebührt ihnen und allen, die sie unterstützt haben der Dank und die Anerkennung aller Menschen, denen der ehrliche Umgang mit der Geschichte ein Herzensanliegen ist.

Die Arbeit von Max Liedtkes und Wolfgang Sosic mit dem Titel “VON AUFBRÜCHEN UND TRAGÖDIEN. Jüdische Mitglieder im Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverband (BLLV) 1861 bis 1945“  kann kostenlos bestellt werden unter versand(at)bllv.de.